“Fußschlaufen gehören heute zu einem Starkwindbrett wie breite Reifen zum Sportwagen”, heißt es im Rückblick die boot. Die verschiedenen Befestigungs-Systeme, die sich die Hersteller ausgedacht hatten, wirken jedoch äußerst fragil. Ansonsten waren die ersten Serien-Gleitboards der Renner der Saison, gleichzeitig sinken die Gewichte der Boards auf “nur” noch 14 bis 18 Kilo. HiFly zeigt den neuen “Volksgleiter” 444, die neue Firma Surflight hat ein Modell mit Alu-Gerippe und einem von unten steckbaren und verstellbaren Schwert dabei. Hersteller Shark montiert zwischen den beiden Finnen eine dritte Flosse mit eine kleinen horizontale Tragfläche zur Stabilisierung. Hat hier jemand Foil gesagt? Der Tornado 36 hat hingegen ein stufiges Unterwasserschiff, das an heutige Cutouts erinnern. Auffällig ist die Zahl der kleinen Marken, die entweder ganz neu sind oder aber den Schritt vom Custom zur Kleinserie wagen. Gleichzeitig wächst die Selbstbau-Szene: Am surf-Stand wird die legendäre Speedmachine erstmal öffentlich gezeigt und hundertfach begutachtet, viele Marken haben Selbstbau-Sätze und -Materialien im Angebot.
Juristen-Treff auf der boot und misslungene Selbstbauten
Die Wassersport-Messe wurde aber stellenweise zum Juristen-Kongress: Wie immer damals schnüffelten auch Hoyle Schweitzers Patent-Anwälte auf der Suche nach Verstößen über die Messe und wurden bei Mistral fündig: Dort waren in einem Film (!) komplette Riggs zu sehen, die gegen das Patent verstießen, der Streifen durfte danach nicht mehr gezeigt werden. Alpha hingegen kam ungeschoren davon, weil die Juristen den Stand übersehen hatten. Ein angeblich patentfreies Rigg mit Griff-Latte statt Gabelbaum durfte erst aufs Vorführbecken, nachdem der Messe-Anwalt sich bei den Schweitzer-Anwälten grünes Licht geholt hatte. Gleichzeitig nahm eine Abordnung der EG aus Brüssel Schweitzer und seine sieben Lizenznehmer wegen des Verdachtes der Kartellbildung unter die Lupe. Der Patent-Papst selber war in Begleitung seiner Frau Diane erstmals auch selbst vor Ort, “um den explosiven deutschen Markt mit eigenen Augen zu begutachten”. Gesprächsstoff gab es ja genug.
Auch außerhalb der Messehallen ist das surf-Selbstbau-Projekt “Speedmachine” in aller Munde: Mehrere Leser monieren die lange Ausdehnung der Serie, einer hat voreilig weitergebaut und dabei “bereits das vierte Blank verunstaltet”. Concrete Wave bewirbt das eigene Sortiment an Materialien, weist aber gleichzeitig auch auf fertige Boards für gescheiterte “Custom-Maker” hin. Passend dazu gibt es im Heft den letzten Teil, in dem Finnenkästen, Mastfuß-Buchse und Fußschlaufen-Plugs eingesetzt werden.
Die Windsurfer-Story
“Am Anfang war der Windsurfer” beginnt eine große Geschichte über das Brett, das dem Sport seinen Namen gab - oder ihn zumindest verankerte (trotz der ebenso hartnäckigen wie erfolglosen Bemühungen des Deutschen Segler-Verbandes, die Bezeichnung “Segelsurfen” zu etablieren). Warum ist dieses damals schon zwölf Jahre alte Fossil auch in den erfindungsreichen Boom-Jahren immer noch der Bestseller? Trotz behutsamer Modernisierungen - der legendäre Holzgabelbaum wurde durch Alu ersetzt, das Schwert ist inzwischen aus Kunststoff - ist das Board eigentlich hoffnungslos veraltet. Auch die Fahreigenschaften sind nicht ideal, zumindest bei stärkerem Wind: Es dreht in den Wind, es stellt plötzlich die Luvkante auf. Der Erfolg - 1980 wurden in Deutschland mehr Windsurfer verkauft als je zuvor, insgesamt sollen damals rund 30.000 der prähistorischen PE-Planken auf deutschen Gewässern herumdümpeln - liegt vielmehr in seiner Durchschnittlichkeit: “Der Windsurfer ist nichts Besonderes, nichts Extremes”, resümiert der surf-Autor. Auch wer schon Mitte der Siebziger surfen gelernt habe, finde sich auf dem Dino gut zurecht.
Weil aber das, was die bundesrepublikanischen Surfer zufrieden macht, auf Hawaii bestenfalls ein Gähnen hervorruft, gibt es seit 1978 mit dem Windsurfer Rocket eine Starkwind-Version. Entstanden vor dem Hintergrund zahlreicher individueller Umbauten, ist sie aber die Fortführung des bewährten Konzeptes: “Nichts Ausgefallenes, nichts revolutionär Neues, aber solider, von jedermann beherrschbarer Durchschnitt.” Angesichts der Omnipräsenz von Hoyle Schweitzer kommt im Brett-Porträt dessen Name oder das Wort “Patent” dankenswerterweise erst gegen Ende in der Entstehungsgeschichte vor. Dort wird die Erfindung auch ganz klar Jim Drake zugeschrieben (das hatte surf bereits im Jun 1977 enthüllt), allerdings auch mit einer komplett falschen Prognose geschlossen: “Der VW-Käfer unter den Segelbrettern hat sich seit nunmehr einem Dutzend Jahren in der Praxis bewährt. Er wird’s sicherlich noch eine Reihe weiterer Jahre so machen.”
Die Vereinigten Arabischen Emirate als Surf-Destination
Heute ein alles andere als originelles Reiseziel, waren die Vereinigten Arabischen Emirate zu Beginn der Achtziger noch absolut exotisch. surf-Autorin Elfriede Mederer reiste an die früher als “Piratenküste” bekannte Halbinsel, auf der damals gerade erst der Tourismus einsetzte. Zentrum der Surfreisenden ist das Scheichtum Sharjah, wo 1974 Öl gefunden wurde und Klaus Gahmig eine der ersten Surfstationen betreibt. Neben modernen Flughäfen und Luxus-Autos prägen noch strenge Sitten das Leben am Golf: “Das ist kein Land für Urlaubs-Casanovas!” warnt die Autorin, Frauen dürfen keinesfalls fotografiert werden, Männer nur nach Erlaubnis. “Die islamischen Strafen - Finger oder Hand abhacken - sind noch voll in Kraft.” Alkohol ist nur in Hotels erlaubt, lokale Taxifahrer verdienen sich Geld hinzu, indem sie angetrunkene Touristen aufgabeln und der Polizei ausliefern. Gleichzeitig hocken die Einheimischen in ihren Autos und “erfreuen” sich am Anblick westlicher Touristinnen.
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Und sonst so?
- Zwei Franzosen machen es möglich, hinter einem Windsurfer Wasserski zu fahren. Das ist nicht ganz einfach, für einen Langstrecken-Profi und einen nur 40 Kilo schweren Junioren-Weltmeister im Wasserski aber mit etwas Übung machbar. Nur dem Junior wird es dann irgendwann langweilig...
- surf zeigt zwei Erfindungen, die das Aufholen des Segeln erleichtern sollen: Durch eine abklappende Stange am Mastfuß oder eine Schot zum Masttop sollen die Kräfte, mit denen an der Startschot gezogen werden muss, deutlich geringer werden.
- Perlen der Werbung: “Auf Ibiza sind die Mädchen schön, die Nächte heiß und die Winde günstig”. Hauptsache, man kommt dabei nicht durcheinander...
- Seine erste Pazifik-Überquerung glaubte ihm kaum jemand (siehe surf 11/1980), deswegen versuchte es Arnaud de Rosnay Ende 1980 ein zweites Mal. Zur lückenlosen Dokumentation sind zahlreiche Journalisten dabei, darunter auch ein surf-Reporter. Doch wegen Wetter-Kapriolen und technischen Problemen muss er nach drei Tagen aufgeben.
- In lupenreiner Aerobic-Ästhetik der frühen Achtziger zeigt surf zwölf “Gymnastik-Übungen” für das Training vor dem Saisonstart - inklusive Wadenwärmer
- Als Ausweichrevier direkt neben der Autobahn stellt surf den Happurger Stausee nahe Nürnberg vor. Unter Regattafahrern gilt der See jedoch als anspruchsvoll: Zum Einen wegen der vielen Winddreher, zum Anderen wegen der “trinkfesten Nürnberger Recken, denen es oft gelang, Regattakonkurrenz am Abend vor den entscheidenden Wettfahrten am Biertisch zu schwächen”
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