RückspiegelDas waren die Highlights in surf 10/1983

Tobias Frauen

 · 05.09.2023

Die Highlights aus surf 10/1983
Foto: surf-Archiv
Auf dem Titel im Oktober 1983: ”Malte Simmer zeigt Fotograf Guy Motil die Finnen”.
Wir steigen ins Archiv und werfen einen Blick in alte Ausgaben! Hier zeigen wir euch die besten Fundstücke, bemerkenswerte Test-Ergebnisse, skurrile Anekdoten und vieles mehr! Dieses Mal geht es ins Jahr 1983!

Die Bretter werden kürzer und leichter, Powerhalsen und Wasserstart gehören für viele zum Standard - doch die Verdränger-Fraktion ist weiterhin stark. Das zeigen auch einige kritische Leserbriefe, die weniger radikale Sprungfotos fordern und mehr Regatta-Themen (”an 99 von 100 Tagen [ist] der Verdränger das Fun-Board!”). Gleichzeitig macht das Wort “Sinkertote” die Runde, nachdem es mehrere tödliche Surfunfälle gab. Ein Leser schildert in diesem Zusammenhang seine Rettung im Orkan vor Renesse.

Chemiebaukasten auf der ISPO

Die ISPO in München nahm bis in die Neunziger Jahre hinein jeweils im Herbst die Neuheiten des folgenden Jahres vorweg und war damit eine der wichtigsten Trend-Shows. surf widmete sich der Messe mit einem großen Special und Artikeln zu allen größeren Marken. Fortgeschrittene Chemie-Kenntnisse sind dabei von Vorteil, denn die Herstellungsweise ist ein großes Thema: ABS statt ASA, GFK im Vakuuminjektions-Verfahren, Epoxy oder Lexan statt PE. Damit geht auch ein Qualitäts-Schub einher, die Bretter werden leichter und robuster. Gleichzeitig stehen Shapes aus Europa den Hobeleien aus Hawaii gegenüber. Insgesamt 32 Neuheiten stehen auf der ISPO, vom Longboard an der Vier-Meter-Grenze bis zum radikalen Klepper mit 268 Zentimetern.

Neben den Brettneuheiten gibt es Windskier, Skate-Longboards und sogar ein Hydrofoil-System, das in den Schwertkasten geklemmt wird. Schon bei vier Windstärken soll es das Board bis zu einen Meter über die Wasseroberfläche heben. Ebenfalls gesichtet: Diverse Finnen im “Fence”- oder “Strato”-Stil, ein Sicherheits-Neo, der per Mundstück aufgeblasen werden kann sowie Boardbags von Lipsticks im passenden Design zum Brett.

Von einem, der auszog, Regatta zu fahren

surf-Chefredakteur Ulrich Stanciu stieg nach vier Jahren wieder auf ein Longboard, um mal wieder Regattaluft zu schnappen. Mit 500 anderen Windsurfern ging es 42 Kilometer rund um den Silsersee - der legendäre Engadiner Surfmarathon. Die Funboard-Entwicklung hatte die Regatta-Karriere auf dem Windsurfer abrupt beendet, “da brauchte man nicht unbedingt andere Surfer als Maßstab fürs eigene Können. Da steckte eher die Länge des Brettes [...] den Rahmen des Erfolges ab.” Weil die üblichen Dreiecks-Regatten für Stanciu eher Stress, Termindruck und Frust darstellten, ging es ins Engadin. Es muss nicht gerechnet werden, sondern das Ergebnis ist in dem Moment klar, in dem es über die Ziellinie geht. Während die Verdränger mit ihren runden Unterwasserschiffen auf der Kreuz große Vorteile haben, kämpfen deren Piloten raumschots mit den “unwilligen Planken”. Stanciu zieht gleitend vorbei, umschifft noch eine Karambolage und kommt am Ende auf Platz 152. Der Wettkampfgeist ist wieder geweckt.

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“Sinkerfahrt am Abgrund des Todes”

Es ist nicht die Zeitung mit den vier Buchstaben, die dermaßen blutrünstig titelt, sondern tatsächlich surf. “Seit die Bretter kürzer wurden, schnellte die Zahl der tödlichen Surf-Unfälle sprunghaft in die Höhe. Das Surfervokabular wurde um einen traurigen Begriff bereichert: Die Sinkertoten.” heißt es zu Beginn des Textes. Martin Erlmann, 26 Jahre alt und seit sechs Jahren Windsurfer, beschreibt darin sein Erlebnis in Renesse: Bei sechs bis sieben Windstärken und leicht ablandigem Wind aufs Wasser, doch dann ein Wetterumschwung mit schwerem Orkan. Während Erlmann mit aufgerolltem Rigg abgetrieben wird, kippen auf dem Deich die Wohnwagen um. Nur ein plötzlicher Winddreher rettet ihn und treibt ihn wieder in Richtung Ufer. Sein Fazit: “Die richtige Surfbekleidung und eine gute Schwimmweste sind unentbehrlich auf See.”

Hightech in der Mastspur

In der Theorie klingt es plausibel: Bei hohen Geschwindigkeiten ist ein weiter hinten sitzender Mastfuß sinnvoll, an der Kreuz sollte er möglichst weit vorne sein. Mastspuren mit mehr oder weniger fantasievollen und ausgeklügelten Systemen ermöglichen, die Position während der Fahrt zu verstellen. surf hat zehn Systeme getestet, die nachträglich eingebaut werden können - doch daran “sollte sich nur wagen, wer schon mit allen Selbstbau-Wassern gewaschen ist”. Die Bedienbarkeit der Systeme liegt zwischen “gut” bis “eigentlich unmöglich”, F2 bietet gar eine “Regattataste” für zielgenaues Zutreten. Einstellen lassen sich die Schienen stufenlos, in drei vordefinierten Positionen - oder in gar 37 Schritten. Doch das Fazit ist ernüchternd: “Unterm Strich gibt es mit dem Pertramer-System erst eine wirklich empfehlenswerte verstellbare Mastschiene - nicht eben viel für zwei Jahre Entwicklung.” Inzwischen ist seit fast 30 Jahren die US-Mastschiene Standard, es geht also auch ohne Verstellmöglichkeit.

Segeltest im Windkanal

Im Windkanal von Mercedes-Benz testet surf zehn Seriensegel - die deutlich teureren Spezial-Segel sollen in der folgenden Ausgabe an die Reihe kommen. Dabei werden mit rund 25 km/h Windgeschwindigkeit Vortrieb und Querkräfte wissenschaftlich analysiert. “Sechs der zehn Seriensegel ziehen überdurchschnittlich gut”, so das Ergebnis. Rund 25% Wirkungsgrad werden den besten Modellen attestiert, Schlusslicht Fanatic kommt gerade mal auf 15 %. Das bedeutet, dass im Verhältnis zur Querkraft nur wenig Vortrieb generiert wird.

Auf nach Bermuda!

Nicht gerade ein alltägliches Reiseziel, aber 1983 Austragungsort der Windglider-WM: Die Bahamas. Hier hatte Robby Naish einst seine Karriere gestartet, im Rahmen der WM wird das Eiland im Atlantik auch für Normalsurfende erschwinglich. Ansonsten verkehren hier eher schwerreiche Amerikaner und Briten. surf macht Lust auf einen Besuch und schwärmt von den klimatischen Bedingungen. Das Wasser ist in der Regel wärmer als die Luft, die britischen Gentlemen tragen gleichzeitig kurze Hosen (wegen der Hitze) und Regenschirme (wegen der täglichen Schauer), in Sachen Hurricanes verlassen sich die Einheimischen lieber auf den Trübungsgrad von Haifischöl, das aus den Lebern bei Vollmond gefangener Tiere stammt, als auf meteorologische Ratschläge. Das Tempo ist gemächlich, die Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen liegt bei 48 km/h. Pro Familie, egal wie reich und mächtig, ist nur ein Auto mit maximal zwei Litern Hubraum erlaubt. Knatternde Mopeds sind deswegen fast unentbehrlich - oder man nähert sich den zahlreichen Buchten, Stränden und anderen Sehenswürdigkeiten vom Wasser her auf dem Board.

Das gesamte Heft gibt es oben in der Galerie zum Durchklicken!

Und sonst so?

  • Der schwere Unfall von Jürgen Hönscheid in der Sylter Brandung. Ist eine der ersten Meldungen im Heft. Hönscheid war bei einem Sprung das Segel auf den Kopf geschleudert worden, drei Halswirbel wurden dabei verschoben und waren angebrochen.
  • Hoyle Schweitzer schickt offenbar Testkäufer durch deutsche Shops, die prüfen sollen, ob alle Patent-Bestimmungen eingehalten werden. Laut Aussage einiger Verkäufer wird dabei auch getrickst, später flattert dann eine Anzeige ins Haus.
  • Der französische Trick-Weltmeister Marc Le Ligné reiste nach China, um dort Nachhilfe im Freestyle zu geben. “Die Chinesen werden uns in einem Jahr bei Leichtwind überlegen sein”, staunte Le Ligné ob der Gelenkigkeit seiner Gastgeber.
  • Und nochmal Hoyle Schweitzer und das Patent: Auf der ISPO in München schleicht dessen offenbar bestens bekannter Anwalt durch die Hallen und verteilt munter Abmahnungen - die weitgehend ignoriert werden
  • Bei der von Starkwind (sechs Beaufort) geprägten Windsurfer-EM in Schweden wird der spätere Gewinner Holger Dahlke in einem Lauf wegen Frühstarts disqualifiziert. Die Sicherungsleine war kurz vor dem Start gerissen, das Board schwamm davon, Dahlke hinterher - und über die Startlinie.

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