Auf dem Titel springt Robby Naish mit einem Board, das ausnahmsweise mal nicht von Vater Rick stammt, sondern vom australischen Shaper Mark Paul. Down Under hatte sich, nach einem vergleichsweise späten Start, eine innovative Windsurf-Szene entwickelt, die 1980 den Rest der Welt mit stark gebogenen Finnen überraschte. Die “Kanga-Cock”-Finnen (Känguru-Schwanz) sind heutigen Wave-Finnen schon sehr nahe und überzeugen auch damals schon mit einem durchdachten Flex und weniger Spin-Outs. In Interview philosophiert Shaper Mike Maguire über Stufen in der Gleitfläche und erklärt quasi nebenbei, was bei einem Spin Out passiert. Auch in Sachen Shapes hängen die Australier Europa damals ab: Mit Swallow Tails, Fußschlaufen, weit hinten liegender Breite und durch Weglassen der Schwertkästen wirken die Boards deutlich moderner als die damals populären Modelle bei uns. Robby Naish jedenfalls murmelte laut surf nach dem Test eines Aussie-Boards: “Das ist eines der besten Bretter, das ich je gefahren habe!”
Besser als gedacht: Bretter aus Schaum
Eine ganz andere Zielgruppe haben Boards aus geschäumtem Polyethylen, die ganz ähnlich gebaut werden wie Bodyboards. Nur halb so schwer wie “richtige” Bretter, dafür sehr robust und weich, sind Modelle wie der “California Sidewinder” und der “California Windjammer” spannende Alternativen für Neueinsteiger und Familien. Im Test attestiert surf den Boards bei Starkwind sehr gute Eigenschaften in der Welle, wobei man sich wohl zunächst an die deutlich sensiblere Steuerung gewöhnen muss. Trotz noch bestehenden Fertigungsproblemen überzeugt das Konzept: “Wenn sich also die technischen Probleme [...] beseitigen lassen, sollte die ‘weiche Welle’ an unseren Seen schnell um sich greifen, auch wenn man sich an das Gefühl, ‘bis zum Knöchel im Brett zu stehen’, erst gewöhnen muss”, so die Prophezeiung.
Windsurfen wird olympisch
Im Sommer 1980 war es soweit: Das IOC entschied, dass Windsurfen ab 1984 olympische Disziplin sein sollte. Trotz Widerstand aus elitären Segler-Kreisen (”Ein Brett unter die Besegelung einer Yacht zu stellen, ist ungefähr das Gleiche, wie bei einem Auto das Fahrwerk durch Rollschuhe zu ersetzen.”) stimmt die große Mehrheit der Delegierten in Moskau für die Aufnahme. Das ist gleichzeitig der Startschuss für Diskussionen, die lange andauern sollen: Gibt es auch eine Damen-Wertung (nein), gibt es Gewichtsklassen (nein), welche Kurse werden gefahren, und vor allem: Was für ein Material soll zugelassen sein? Sowohl Ostermann Windglider als auch die Offene Klasse sehen ihre Chancen bei “60 zu 40”, auch Windsurfer und Mistral haben Ambitionen. surf startet eine Umfrage unter den Lesern, damals natürlich noch mittels Einsendung einer Postkarte. Letztendlich wurde es bekanntlich der Windglider, eine damals schon mehrere Jahre alte Konstruktion.
Die Verdränger-Diskussion
surf lädt einige meinungsstarke Vertreter der Surf-Branche zum Streitgespräch in die Redaktion. “Was ist besser - Verdränger oder Gleiter?” lautet die Frage, die heiß diskutiert wird. Niko Stickl auf der Seite der Verdränger-Fans bezeichnet es als “gefährlich, Boards zu verkaufen, mit denen ich nicht mehr richtig zurückkreuzen kann.” Er wirft surf vor, die Szene mit Hawaii-Berichten heiß auf Gleit-Bretter zu machen, die aber kaum erhältlich seien, die kaum jemand fahren könne und die dann schnell kaputt gehen. Fabrikant Hannes Marker macht sich für Gleitboards stark: “In Europa hat man den Irrtum begangen, den Sport nicht nach den ihm eigenen Gesetzen aufzuziehen (er bezieht sich auf die Verwandtschaft zum Wellenreiten, d. Red.), sondern man ist vom Segelsport, der schon vorhanden war, ausgegangen.” Vor allem die Betonung der Kreuz auf Dreieckskursen habe die Boards beeinflusst, so Marker weiter. Als Zukunfts-Ausblick hofft die Verdränger-Fraktion auf Mischformen für die breite Masse, während die Gleiter-Ecke aus heutiger Sicht den richtigen Riecher hatte: Eine Mischform als Übergang zu reinen Gleitboards: “Diese Funboards sind, wie der Name schon sagt, Bretter, mit denen man Spaß hat”, so Sigi Hofmann. “Den sollte man doch eigentlich mit allen erhältlichen Brettern haben. [...] Und mit den Gleitern geht alles leichter.”
Und sonst so?
- Damals wie heute üben Abgänge und Wipeouts eine sonderbare Faszination aus. Während heute vor allem spektakuläre Crashes der Profis echte Hingucker sind (siehe unsere große Galerie), hat surf 1980 einen Fotowettbewerb der beste Abgänge der Leser ausgeschrieben
- Ein verregneter Sommer stürzt die Branche in etwas, was damals als Krise durchgeht. Statt 100% Wachstum geht man für 1980 nur noch von 20% aus, die Preise für Bretter fallen um teils mehrere hundert Mark, der Absatz geht beispielsweise bei Sailboards um 2.500 Stück zurück. Davon können die Hersteller heute nur träumen...
- Fußsteuerung ist der neueste Trend: Statt nur geradeaus zufahren, zeigt “Starkwind-Experte” Klaus Simmer, wie man übers Wasser wedelt
- Windglider-Hersteller Ostermann bringt mit dem “Jumping Board” eine neue Starkwind-Alternative mit Schlaufen und konturiertem Heck. surf-Fazit nach dem ersten Test: Leicht zu fahren, mit fast 24 kg aber noch deutlich zu schwer.
- “Was ist eigentlich Windsurfen?” fragt surf Passanten auf dem Münchener Stachus. Fast alle haben zumindest eine grobe Vorstellung davon, einige jüngere haben es auch selber schon probiert
- surf startet eine Serie mit Test von Club-Urlauben zum Windsurfen. Zum Auftakt geht es in einen Club Mediterranée nach Korsika. Nach “Absingen des Clubliedes” - Club Las Piranhas lässt grüßen - steht “der Teutone” etwas verwirrt da, weil sämtliche Erklärungen nur auf Französisch erfolgten. Steckdosen gibt es nur wenige, wer sich elektrisch rasieren möchte, muss früh aufstehen und sich in die Schlange einreihen. “Sehr bescheidene Unterkünfte ohne jeglichen Komfort”, lautet das Fazit, allerdings können Sport-Angebot und Verpflegung überzeugen
- Wie transportiere ich mein Windsurf-Zeug im Cabrio? surf stellt mehrere, teils abenteuerliche Konstruktionen vor
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Weitere surf-Rückblicke:
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