Das Jahr der schlanken Näschen
Ein zweigeteiltes Bild bei den ISPO-Neuheiten: Während einige Marken kompromisslos auf No Nose setzen, bleiben andere Firmen bei konservativen Shapes. No Nose ist das Thema des Jahres und Gegenstand unzählige Diskussionen. Weil die surf-Tester mit den ersten Fahreindrücken nicht bis zum großen Herbst-Test warten wollen, werden eine Hand voll Neuheiten schon vorab probegefahren. Der Tiga 286 CX ist “im unteren Windbereich ein Gewinnertyp, ab sechs Windstärken gewinnt die Angst.” Anders der AHD 282, der erst bei mehr Wind richtig gut wird. Der Fanatic Snake hingegen, das erste größere Board mit schlankem Bug, ist “eine interessante Alternative für den Ein- und Aufsteiger mit vielen Vorteilen.”
Fanatic im Höhenflug
Apropos Fanatic: Jüngst wurde der Markenname nach über 40 Jahren weitgehend beerdigt, 1993 war Fanatic gerade dabei, einmal mehr durchzustarten. “Plötzlich ist Fanatic wieder ein Thema und kein Scherzartikel mehr”, schreibt Gerd Kloos in einem Porträt des neuen Lenkers Bernard Hennet. Das Erfolgsrezept: Der bislang vernachlässigte Slalom-Markt wird ausgiebig bespielt, die Entwicklung findet wieder im World Cup statt: “Sogenannte End-’Verbraucher’ wollen Renn-nahe Boards fahren.” Zwar konnte F2-Shaper Peter Thommen nicht abgeworben werden, dafür aber eine Reihe prominenter Worldcupper und mit Marco Copello ein anderer, namhafter Entwickler mit jeder Menge Erfahrung. Die ersten Neuvorstellungen wie Ram und Jag sitzen, Copello hat noch ein Ass im Ärmel: “Wir nennen sie Convertibles (die Verwandlungskünstler). [...] Man muss nur die Finne wechseln und die Fußschlaufen verstellen.”
Brett in der Bahn
surf-Autor Olaf Dohse wagt den Versuch, mit der Bahn in den Windsurf-Urlaub zu fahren. Anfang der Neunziger versucht sich das einstige Staatsunternehmen als modern und flexibel darzustellen, zudem gibt es mit Bahncard und ICE attraktive Optionen. Doch sein Board sorgt am Münchener Hauptbahnhof zunächst für Skepsis und Verwirrung: “Surfbretter werden leider seit 1992 nicht mehr als Reisegepäck anerkannt”, erfährt er - und wird zum Güterbahnhof geschickt. Doch die Preise für Sperrgut (”klingt ähnlich vielversprechend wie Sperrmüll”) sind horrend, zudem dauert der Transport zwei bis drei Wochen und geht im Zweifelsfall auch nur bis zu einem Güterbahnhof, der dem Urlaubziel am nächsten liegt. Jede Auskunft der Bahnmitarbeiter lautet anders, jeder berechnet einen anderen Preis - die meisten Gesprächspartner sind sind aber auch oft nicht sicher, welche Bestimmungen eigentlich gelten. Dohse versucht es auf gut Glück - und gerät an verständnisvolles Zugpersonal, das ihn samt Boardbag in den ICE lässt. Viel hat sich in dieser Hinsicht in den letzten 30 Jahren offenbar nicht verändert.
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Und sonst so?
- Chefredakteur Gerd Kloos schreibt im Editorial über ein nötiges Umdenken aufgrund der No Nose-Boards. Wir “volumenverrückte Deutsche” (Shaper Peter Thommen) sollten und vielmehr an den Proportionen orientieren als an den nackten Zahlen.
- Sportwissenschaftler Christoph Jolk misst den Herzschlag bei World Cup-Profis für ein Forschungsprojekt. Bernd Flessner kommt bei Überpower auf bis zu 207 Herzschläge pro Minute, ein Loop bei Robby Seeger ist hingegen mit 160 Schlägen fast eine Erholungsphase.
- Um gute Windsurf-Szenen für die neue Serie “Gegen den Wind” zu bekommen, veranstaltete die ARD in St. Peter-Ording den “Bavaria-Slalom-Cup”. Bernd Hiss gewann bei den Herren vor Philipp Richter und Christian Kohl, bei den Damen gewann Nanni Deubzer vor Tanja Hinkelbein.
- Kutte Priessner und Werner Buschmann fahren in Griechenland bei der Team-Regatta “Odysseus Crossing” ein Rennen in der griechischen Inselswelt. Basis ist ein Dreimaster, jeden Tag wird ein Rennen zur nächsten Insel gefahren. Was als Leichtwind-Dümpelei beginnt, wird bei auffrischendem Meltemi zur Vollgas-Heizerei, die abends bei Ouzo noch einmal durchdiskutiert wird.
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