Als allparteilicher Auftragnehmer hatte die Beratungsfirma Eisenschmidt Consulting Crew acht Fachworkshops mit unterschiedlichen Interessensgruppen und Branchen sowie einen abschließenden Verzahnungsworkshop organisiert und moderiert. Der Bericht fasst den Ablauf und die Ergebnisse aller Workshops zusammen und enthält eine Gesamtschau des Moderators über den Prozess.
Beauftragt wurde Eisenschmidt vom Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein (MEKUN). Dieses betont, der Bericht gebe ausschließlich die Perspektive des unabhängigen Moderators und nicht des MEKUN wieder.
Überwiegende Ablehnung und wenig Diskurs in den Workshops
In ihrem Fazit halten die Berater fest, dass “die in den Workshops befragten Vertreter:innen der eingebundenen Interessengruppen die Idee eines Nationalparks Ostsee überwiegend ablehnen”, heißt es in dem Bericht. Diese Ablehnung gelte nicht nur insgesamt, sondern auch für jede einzelne Interessengruppe mit Ausnahme des Bereiches Naturschutz sowie in Teilen der Kreise und Kommunen Nord. Die Hauptargumente seien Zweifel an der Wirksamkeit sowie der fehlende Nachweis selbiger durch das Ministerium, die Befürchtung von negativen Auswirkungen auf Wirtschaft, Tourismus und Fischerei sowie das Ausklammern von Themen wie Munitionsräumung und die Entstehung sogenannter Todeszonen durch erhöhten Nährstoffeintrag (Eutrophierung). Die Argumente der wenigen Befürworter seien höhere Akzeptanz für Naturschutz, positive wirtschaftliche Effekte und die Chance auf Stabilisierung von Ökosystemen gewesen.
Die in den Workshops befragten Vertreter:innen der eingebundenen Interessengruppen lehnen die Idee eines Nationalparks Ostsee überwiegend ab.”
Erstaunt zeigen sich die Autoren des Abschlussberichtes über die “deutliche Verweigerung der inhaltlichen Arbeit” und die “Vehemenz, mit der die Ablehnung gegenüber der Idee des Nationalparks zum Ausdruck gebracht wurde”. So habe es kaum Fragen gegeben, die der Meinungsbildung dienten, stattdessen seien in erster Linie Statements abgegeben worden. Echten Diskurs habe es wenig gegeben, die Chance des Konsultationsprozesses sei nicht genutzt worden. Das könnte an mangelndem Vertrauen in die Politik im Allgemeinen und das MEKUN im Besonderen liegen, spekulieren die Berater und beziehen sich dabei auf “heftiges Nicken” auf diese Frage im Rahmen des Verzahnungsworkshops.
Die Eindrücke aus dem Wassersport-Workshop
Im Wassersport-Workshop, der am 11. Juli stattfand, habe es einerseits eine deutliche Ablehnung gegenüber der Idee des Nationalparks gegeben, “andererseits explizite Angebote zur Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium [...], um den Ostseeschutz voranzutreiben”, heißt es in dem Bericht.
Wie auch in anderen Workshops wurde Kritik an der Formulierung der Fragen geäußert, die ein Framing erkennen ließen. Daneben wurden Bedenken vorgetragen, der Prozess sei nicht ergebnisoffen und Unzufriedenheit mit der Kommunikation bestehender Befahrensverbote vorgebracht. Viele Statements aus einer offenen Diskussion wurden in einem “Themenspeicher” aufgenommen.
Abschlussbericht wichtiger Baustein für das weitere Vorgehen
Bei den Workshops hatten Interessensvertreterinnen und -vertreter aus den Bereichen Fischerei, Landwirtschaft, Naturschutz, regionale Wirtschaft, Tourismus und Wassersport die Möglichkeit, sich frühzeitig in den Diskussionsprozess einzubringen. Dabei konnten sie sowohl Chancen als auch mit dem Projekt verbundene Risiken und Befürchtungen in die Diskussion einbringen. Gefragt wurde auch nach der Bereitschaft zu eigenen Schutzbemühungen sowie Alternativvorschlägen zu einem Nationalpark.
Auf rund 90 Seiten werden in dem Bericht nun die Dokumentierten Inhalte der Workshops zusammengestellt und ihre Ergebnisse von der Beratungsfirma eingeordnet und interpretiert. Nun sollen diese Einschätzungen dem Ministerium beim weiteren Vorgehen helfen: “Die Ergebnisse der Konsultationen werden in einen Vorschlag für einen besseren Schutz der Ostsee einfließen!”
„Der Bericht ist ein wichtiger Baustein für die Entscheidungsfindung, wie es mit dem Schutz unserer Ostsee weitergeht”, sagte Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt, dem das Nationalparkvorhaben ein großes Anliegen ist. „Parallel zu dem Konsultationsprozess gingen im vergangenen Jahr im MEKUN zahlreiche Stellungnahmen, Hinweise und Maßnahmenvorschläge zum Ostseeschutz ein. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ich haben zahlreiche Gespräche mit Behörden wie der Bundeswehr und der Wasserstraßen- und Schifffahrtverwaltung sowie der Wissenschaft geführt. All das wird derzeit als Gesamtpaket ausgewertet und in einen Vorschlag für einen besseren Schutz der Ostsee einfließen“, so Goldschmidt zum weiteren Vorgehen.
- Der gesamte Bericht ist hier abrufbar: Abschlussbericht der Konsultationen über einen Nationalpark Ostsee
Eine politische Mehrheit für einen Nationalpark Ostsee ist derzeit nicht in Aussicht, im Oktober hatte sich die CDU auf ihrem Landesparteitag von den Zielen des grünen Koalitionspartners abgewandt. Dort hält man jedoch an den Plänen fest.