Seit Tagen schon war der Sturm angekündigt - Code Red in den Windvorhersagekarten. Termine wurden verlegt, das Auto am Vorabend gepackt und auf dem Weg von Kiel hinüber nach Dazendorf so manchem Ast auf der Straße ausgewichen. Der Kieler Leuchtturm meldete bereits am Morgen über 40 Knoten Grundwind und Böen bis 60 Knoten. Der erste Blick vom Hügel auf die Ostsee katapultierte mein Vorfreude-Niveau endgültig auf die höchste Stufe: Solide Ostseewellen brachen über die Sandbank, die ersten Backloops wurden in den grauen Himmel geschraubt - alles schien bereitet für einen richtig guten Sturmtag auf der Ostsee.
Die Euphorie hält bis zum Öffnen der Heckklappe. Statt des 3,7ers habe ich beim Packen neben meinem 4,0er versehentlich das 4,5er eingepackt. Dass mein Kumpel Klaus gerade an seinem 3,4er zerrt und ein paar Meter weiter Leon Jamaer beim Segelaufbau zwischen 3,5 und 3,7 schwankt, macht meine Laune nicht gerade besser. Nach einigen Flüchen ziehe ich also mein 4,0er flach und stürze mich in die drei Grad kalte Ostsee. Einige Schläge lang bin ich am Limit, dann hat der Windgott tatsächlich ein wenig Mitleid und schraubt, entgegen der Vorhersage, mal ein paar Knoten runter.
Mit einer Hand voll Mitstreiter kommen wir einige Stunden lang in den Genuss von Dazendorf at it’s best. Über der Sandbank brechen steile Rampen, über die man sich in den grauen Himmel jagen kann. Wer sich traut, kann auch den Beachbreak für Turns oder Wavemoves nutzen - hier saugt die Welle auf der flachen Sandbank richtig an und bricht hohl ins knietiefe Wasser. Leute wie Leon stört das freilich nicht, er zwirbelt routiniert sein komplettes World-Cup-Repertoire mit eng gecarvten Cutbacks und Wave-360s in die hohl brechenden Wellen.
Dass der Wind an diesem Tag, entgegen der Vorhersage, tatsächlich dauerhaft einige Knoten schwächer weht als angesagt, verbuche ich einfach mal als Sechser im Surf-Lotto. Und so war es (zum Glück) nicht der ganz große Sturm, sondern einfach nur ein schöner Tag auf der Ostsee. Die Bilder des Tages, seht ihr in der Bilderstrecke am Anfang des Artikels.