Beim Durchzappen möglicher Ziele für ein SUP-Paddelwochenende mit abwechslungsreichem Rahmenprogramm bleiben wir in der Region Millstätter See – Bad Kleinkirchheim – Nockberge hängen. Die Vorschau auf diversen Webseiten verspricht Action in vier Teilen. Wir haben zwar nur zwei Tage Zeit, aber wir buchen den Trip dennoch ein – und genau wie bei einer fesselnden Netflix-Serie schaffen wir es wieder nicht, eine ganze Woche auf die nächste Folge zu warten und gucken uns an einem Wochenende die komplette Staffel an, die uns von der Drau über den Millstätter See, dann über den Flow Country Trail zum versteckt gelegenen Brennsee führen wird.
Drau, der Paddelfluss
Elke fährt unseren Shuttle. Sie arbeitet beim Veranstalter Draupaddelweg und ist natürlich Kajakfahrerin. „Der Teil, den ihr heute paddelt, wird von Kajaks weniger befahren“, erzählt sie, „ab hier verläuft der Fluss etwas ruhiger.“ Unser Startpunkt in Spittal markiert den Anfang des unteren Drautals. Wildwasseraction für Kajakpaddler mit Helm, Weste und Wurfsack findet sich überwiegend im oberen Drautal. Dennoch gehört auch die von uns gewählte Strecke als fester Bestandteil zum Draupaddelweg, der mit insgesamt 210 Kilometern von Lienz bis Lavamünd durch ganz Kärnten führt. Und für eine entspannte Tour auf dem SUP brauchen wir auch keine reißenden Strömungen und keine dicken Felsbrocken im Weg.
Zwischen Spittal und Feistritz erwarten uns 15 Kilometer üblicherweise ruhig fließendes Gewässer – für Familien und Einsteiger ins Flusspaddeln daher bestens geeignet. „Ohne meine Hilfe könntet ihr auch mit der Bahn fahren, an beiden Endpunkten ist der Bahnhof nicht allzu weit. Das ist mit den SUPs ja machbar“, ergänzt Elke, „Kajakfahrer fahren oft mehrere Tagesetappen und reisen dann mit dem Zug retour, um die Kajaks kümmern wir uns.“ Wir denken aber noch nicht an den Rückweg, sondern wollen erst mal so schnell wie möglich rein ins Vergnügen.
Die Einstiegsstelle liegt auf dem Gelände des Camping Draufluss. „Hier hätten wir uns auch mit dem Camper hinstellen können“, sage ich zu Sonja – „das wäre dann direkt vom Bett aufs Brett.“ Und ganz nebenbei mit unverbautem Blick auf den Fluss. Elke steuert an den Campern vorbei, hält wenige Meter vom Fluss. „Die Betreiber hier sind sehr nett“, erzählt sie uns, „wenn man vorne fragt, darf man sicher hier sein privates Board reintragen oder auch tagsüber mit dem Auto parken.“ Das Abladen vom Dach und die herzliche Verabschiedung sind schneller vorbei, als ich meine Schiebefinnen montieren kann, schon stehen wir alleine da. Ein Blick über den Fluss verunsichert mich ein wenig: „Das fließt aber tatsächlich ganz schön schnell heute, hätten wir doch mal breitere Boards mitgenommen.“ „Geht schon“, sagt Sonja, wir fangen einfach mal im Knien an“, und klemmt sich ihre 28-Inch-Flachwasserrakete unter den Arm. Elke hatte uns auf der Fahrt bereits vorgewarnt: „Es hat zuletzt sehr stark geregnet, und die späte Schneeschmelze in diesem Jahr kommt noch dazu.“
Karibische Farben in Kärnten
Vom kleinen Sandstrand schieben wir unsere Boards also mit ein wenig Ehrfurcht in den Fluss. Die Farben wirken unrealistisch karibisch. Schwupp! Ich stehe plötzlich bis zur Hüfte im Wasser. Klar, das ist zwar Sandstrand, aber nicht das Meer, ein Meter vom Ufer entfernt, kann man bereits nicht mehr stehen. Aus dem anfänglichen Kniepaddeln stehen wir schnell auf, die Drau nimmt uns mit guten zehn km/h mit wie die Zauberteppiche am Flughafen, mit ein bisschen Paddeleinsatz fühlt es sich an wie E-Biken auf dem Wasser. Wir schaukeln mit den Wellen zügig durch die Landschaft. Knieschoner und Helm benötigen wir nicht, der Fluss ist durchgehend breit und tief. Er liegt eingebettet zwischen zwei Höhenzügen, zur rechten Seite geht es über 2000 Meter hinaus. Das Ufer ist durchgehend dicht bewachsen, die Berge dahinter ergänzen das wunderschöne Panorama in unzähligen saftigen Grüntönen.
Bei unserer hohen Geschwindigkeit wirkt es, als würden die Berge wie eine gigantische Theaterkulisse hinter der Ufervegetation vorbeigezogen. Vor allem am linken Ufer sind immer wieder größere Natursteine in den Fluss eingebracht, hinter denen sich kleine Kehrwasser und Mini-Sandstrände gebildet haben, an denen wir in die Kehrwasser einfahren und kurze Pausen einlegen – für Fotos und um den Ausblick auf die durchgehend saftig grün bewaldeten Berge mit nur sehr vereinzelten Gehöften zu genießen. Am rechten Flussufer verläuft streckenweise eine Straße, die aber nahezu nicht wahrnehmbar ist. Über geschätzte 40 Meter Breite zu Beginn, dehnt sich der Fluss im Verlauf der Tour auf sicherlich 60 Meter aus. Nach etwa fünf Kilometern ist die Wasserfläche dann, selbst bei dem gerade ungewöhnlich hohen Wassserdurchfluss, wie glatt gebügelt und die gewaltige Wasserader strahlt eindrucksvolle Ruhe aus. Jetzt ist auch, nachdem wir auf dem ersten Drittel nahezu nur gesteuert hatten, bis zum Ausstieg Selberpaddeln angesagt. Vom Ausstieg an der Slipanlage Ferndorf starten wir gleich durch zur zweiten Episode: Sightseeing am Millstätter See.
Natur und Kultur am Millstätter See
In Seeboden, wo wir unser Lager aufgeschlagen haben, fühlen wir uns gleich wie in SUP-City. Es gibt mehr Schilder zum SUP-Verleih als anderswo Halteverbote und auf dem Wasser tummeln sich einige Paddler. Der Zugang zum Wasser erfolgt hier wie auch in Millstatt üblicherweise über die zahlreichen Strandbäder. „Die öffentlichen Strandzugänge sind in erster Linie für eine kurze Erfrischung im See gedacht, aber mit dem SUP kann man da auch ins Wasser“ erfahren wir augenzwinkernd von einem lokalen Insider. Das haben sich sicher die Betreiber der zahlreichen kostenpflichtigen Strandbäder ausgedacht.
Allerdings wirken diese kostenpflichtigen Bäder (mit SUP-Verleih) mit bester Infrastruktur äußerst gepflegt und sind für maximalen Liegekomfort für einen langen Badetag ausgelegt – teilweise leicht terrassiert, der Rasen immer perfekt gepflegt – von deren Green Keeper würde ich mir bedenkenlos die Haare schneiden lassen. Klingerpark und Klaubergpark sind die beiden öffentlichen Zugänge in Seeboden. Zum Sightseeing-Paddeln ist das Nordufer entlang Seeboden oder Millstatt empfehlenswert. Am westlichen Ortsrand von Millstatt beispielsweise schwimmt das Café-Bistro Kap 4613 – allerdings direkt am Ufer – auf dem Wasser und bietet sogar Anlegemöglichkeiten für kleine Boote oder SUPs. Tische und Stühle an Deck stehen großteils in aufgeschüttetem feinem Sand.
Viele Freizeit-Angebote am Millstätter See
Am Ostende von Millstatt beeindruckt die Villa Verdin. In Seeboden entdecken wir unweit des herrlichen Klingerparks die kleine Meerjungfrau am Abfluss des Seebaches. Das Südufer des Sees ist dagegen naturbelassen und unbebaut. Von Seeboden ist man mit dem SUP schnell rübergepaddelt. Dann laden kleine Buchten zu Picknicks ein. Das haben auch örtliche Veranstalter erkannt und bietet unter dem Motto „Zeit zu zweit“ ein vorbereitetes Dinner für zwei zur Buchung an: mit Ruderboot, Picknickkorb inklusive reservierter Bucht. Nachpaddeln ist erlaubt, aber mit der Bitte, zahlenden Bootspaaren bei einer Doppelbelegung den speziellen Platz zu überlassen. Darüber hinaus sind sowohl Seeboden als auch Millstatt für den Familienansturm mit Kindern gerüstet: Mit Sprungtürmen, Bike Parks, Volleyballfeldern und noch viel mehr Freizeitangebote – eingerahmt in das beeindruckende Bergpanorama.
Biken für alle Könnenstufen
Die dritte Folge beginnt früh am nächsten Morgen am Brennsee, bei der Sportschule Krainer. Manfred Krainer hat als MTB-Pionier die umliegenden Berge erkundet, der Sohn Adrian, Snowboard-Olympiateilnehmer in Sotschi 2014, bringt neue Trendsportarten wie Wingfoilen an den See. Wir steigen aber auf die E-MTBs und legen den Turbo ein. Unser Guide Miro führt uns erst über eine unbelebte, kleine Straße, dann angenehm schattige Forstwege den Berg hinauf. Wir plaudern und spüren die Höhenmeter kaum.
Gut 1000 Meter über dem See liegt der Flow Country Trail vor uns: auf 15 Kilometer Länge perfekt präparierter Strecke kommen auch Trail-Einsteiger ohne störende Wurzeln, Löcher oder Steinbrocken in einen harmonischen Fluss. Wer es eine Stufe kerniger und natürlicher mag, wird auch nicht enttäuscht. Zahlreiche Trails, die sich Biker und Wanderer teilen und natürlich der Rossalmhütten-/Alter-Almweg-Trail sprechen den fortgeschrittenen Biker an. Für alle Biker gleich, folgt nach der letzten Abfahrt die Abkühlung im Brennsee – und der ist ein echter Geheimtipp.
Geheimtipp Brennsee
Wie ein kleiner Gardasee schmiegt sich der Brennsee, nur 18 Kilometer von Millstatt entfernt, zwischen die Berge und profitiert von einer verstärkten Thermik, die mit „oft bis zu 14 Knoten Wind“ wie Adrian berichtet, für Segler schon sehr sportliche Bedingungen schafft und Wingfoiler aufs Foil liftet. Was Adrian Krainer auf seinem Instagram-Account (@adrian_krainer) zeigt, verspricht jedenfalls einiges.
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Wind kann man aber nicht bestellen wie eine Pizza und deshalb drehen wir noch eine kleine SUP-Runde auf dem heute nur leicht gekräuselten See. „Die allgemeine Nordströmung ist gerade zu stark, da kann sich die Thermik aus Süd nicht durchsetzten“, erklärt uns ein Surflehrer. Auch das ist also wie am Gardasee: Ob Wind kommt oder nicht, dazu gibt es so viele Theorien, dass eine immer passt. Uns ist das egal, der überschaubare, etwa einen Kilometer lange und 600 Meter breite See wirkt ohne Wind einladend lieblich für eine SUP-Runde – und die nehmen wir zum Abschluss noch gerne mit. Müde wie nach einem durchgemachten Serienmarathon und noch ungläubig über die dicht gepackten Eindrücke, treten wir die Heimfahrt an und sind uns einig: eine Folgestaffel, vielleicht sogar auf dem nächsten Level, dann mit einer Tour auf der oberen Drau, einem Abstecher in die Nock-Naturtrails, dazu noch Wingfoil-Action? Die würden wir uns gerne ansehen!
Infos Kärnten
- MBN Tourismusmanagement GmbH: für nahezu alle Infos zu den zahllosen Aktivitäten und zu Unterkünften, von Campingplätzen bis zum 5-Sterne-Hotel.
- Sportschule Krainer: Kontakt am Brennsee für Segeln, Surfen, E-MTB, SUP und weitere Fun- & Trendsportarten.
- Draupaddelweg - Ansprechpartner für SUP-Touren auf der Drau.