Interview“Gekommen, um zu bleiben” - We One, ein Jahr nach dem Start

Manuel Vogel

 · 02.03.2024

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Foto: Tobias Frauen
Vor einem Jahr trat We One bei der boot Düsseldorf erstmals in Erscheinung. Was man sich bei der österreichischen Marke von der Kooperation mit GunSails verspricht und welche Herausforderungen gemeistert werden müssen, um sich dauerhaft am Markt zu etablieren, verrät Firmengründer Gerhard Scharl im Interview.

Als sich im Januar 2023 We One auf der boot Düsseldorf erstmals der Öffentlichkeit präsentierte, war die Überraschung geglückt - quasi unbemerkt hatten Firmengründer Gerhard Scharl und sein Team eine neue Marke ins Leben gerufen und offensichtlich eine komplette Boardpalette von Wave über Freeride und Freestyle bis hin zu Foil auf die Beine gestellt. Seit der Saison 2024 gibt es jetzt eine Kooperation mit GunSails. Wir haben Gerhard Scharl und GunSails-Marketingchef Jörg Müller zu den Zielen der Kooperation befragt.

Gerhard, vor genau einem Jahr ging es mit We One los. Was sind die Herausforderungen, wenn man mit einer neuen Marke auf dem Markt kommt?

Gerhard Scharl: Eine komplette Produktpalette auf die Beine zu stellen ist nur ein Teil einer solchen Markengründung. Die größte Herausforderung liegt darin, eine Marke bekannt zu machen. Dazu braucht man erstmal eine Identität, angefangen vom Logo, dem Namen, den Designs und der Markenphilosophie.

Jörg Müller (links) und Gerhard Scharl von We OneFoto: Manuel VogelJörg Müller (links) und Gerhard Scharl von We One

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Seit dieser Saison gibt es eine Kooperation zwischen We One und GunSails. Warum macht das Sinn?

Jörg Müller: Wir haben ja generell eine ähnliche Vertriebsstrategie über den Direktvertrieb. Bereits kurz nach der Messe 2023 gab es diesbezüglich Kontakt. Eine Kooperation macht für uns als Segelmarke vor allem deshalb Sinn, weil wir dann als Vollsortimenter auftreten können. Der Kunde hat dann nur einen Ansprechpartner, zum Beispiel wenn es um den Service für die Produkte geht. Somit gibt es alle Angebote von We One auch auf der Website von GunSails, umgekehrt vertreibt We One auch die GunSails-Produkte mit.

Gerhard Scharl: Natürlich profitieren wir auch gegenseitig von bestimmten Kontakten - das ist wichtig, um ein funktionierendes Vertriebsnetz auch außerhalb Deutschlands aufzubauen. Nicht vergessen sollte man auch, dass es durchaus Endkunden gibt, die alles aus einer Hand haben und nicht bei mehreren Anbietern im Netz nach passenden Angeboten suchen wollen - insofern kann auch hier jede Marke von der anderen profitieren. Auch für die Ausstattung von Shops oder Surfstationen ist es immer von Vorteil, wenn man komplette Produktpaletten anbieten kann, damit gelingt der Einstieg leichter. Weitere Aspekte sind die Materialentwicklung oder auch gemeinsame Fotoshootings. Hier kann man gemeinsam effizienter werden. Diesen Weg gehen eigentlich alle großen Marken.

Wie entwickelt sich die We One Produktrange aktuell weiter?

Gerhard Scharl: Wir entwickeln große Teile unserer Range fortlaufend weiter. Dazu holen wir aktuell etablierte Fahrer ins Team, die eine Menge Input und Wissen mitbringen - so wie zuletzt Freestyler Jacopo Testa. Auch in Zukunft wird es unser Konzept sein, sehr hochwertige und haltbare Bauweisen anzubieten. Alle Boards werden weiterhin in Doppel-Sandwich-Bauweise gebaut. Der günstigere Preis ist also nur ein Resultat der Direktvermarktung und der kompakten Firmenstruktur.

Werden die Boards nach wie vor in China produziert?

Gerhard Scharl: Genau, wir sind dort sehr zufrieden. Es handelt sich um eine Firma, die Composite-Teile fertigt, wie Wellenreiter, Race-SUPs und so weiter. Unser Produktionspartner legt hohen Wert auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Die chinesische Wirtschaft hat in einigen Bereichen bereits eine positive Vorreiterrolle übernommen. Ich bin jedes Jahr drei bis vier Mal für mehrere Wochen vor Ort, denn es ist wichtig, die Produktionsabläufe zu kontrollieren und darauf zu achten, dass die Arbeiter dort das entsprechende Wissen bekommen, um die Bretter entsprechend der Vorgaben zu bauen. Der Bau eines Windsurfbretts ist durch die ganzen Verstärkungen, Plugs und Finnenboxen schon deutlich komplexer als es zum Bespiel bei SUPs oder Wellenreitern der Fall ist.

Ein gutes Produkt zu bauen, ist wichtig - aber du musst vor allem auch ein guter Unternehmer sein

Für viele professionelle Windsurfer und Windsurferinnen ist die Situation derzeit nicht gerade leicht - selbst Topfahrer wie Ricardo Campello oder Marc Paré bekamen das zu spüren und mussten sich neue Arbeitgeber suchen. Euer Team ist weiter am wachsen...

Gerhard Scharl: Erstens muss die Marke erwachsen werden, dazu braucht man bekannte Gesichter. Der zweite Aspekt ist, sich Knowhow über Shapes und neue Ideen für die Weiterentwicklung von Produkten rein zu holen. Das Gute ist, dass wir aktuell keine Altlasten mit rumschleppen - wir können bei null anfangen und auch investieren.

Auch beim großen Freeride-Test auf Tobago ist ein Modell von We One - das We Ride (links im Bild)  dabeiFoto: Tobias FrauenAuch beim großen Freeride-Test auf Tobago ist ein Modell von We One - das We Ride (links im Bild) dabei

Es gab in der Vergangenheit immer wieder neue Marken auf dem Markt, mit teilweise sehr guten Produkten. Trotzdem ist der Großteil nie über ein bestimmtes Stadium hinausgekommen. Warum ist der Schritt zu einer großen Marke so schwierig?

Gerhard Scharl: Man muss zwei Phasen beim Aufbau einer Marke unterscheiden: Die erste ist von Idealismus geprägt. Wenn du Windsurfen liebst und entsprechendes Wissen über Designs und Shapes hast, kannst du es schaffen, ein richtig gutes Produkt herzustellen und eine begrenzte Stückzahl davon verkaufen. Ein Windsurfboard ist keine Mondrakete. An Phase zwei scheitern die meisten - dem Aufbau eines Unternehmens. Dafür reicht es eben nicht, gute Boards oder Segel zu bauen, du musst ein Unternehmer mit großem Weitblick sein. Ich bin seit 25 Jahren Unternehmer im Bereich der Gebäudeautomation, einem hochtechnischen Gewerbe. Da habe ich den ganzen Tag mit Normen, Gesetzen und Vorschriften zu tun, dagegen ist das Windsurf-Business vergleichsweise simpel. Der Vorteil ist, dass wir bestimmte Strukturen meines Unternehmens für We One mit nutzen können - Buchhaltung, Bilanzerstellung, Warenwirtschafts-System und so weiter. 60 Prozent des Erfolges einer Marke macht unternehmerisches Knowhow aus, 40 Prozent gute Produkte.

Jörg Müller: Das war für uns auch ein wichtiger Grund, die Kooperation mit We One zu starten - zu wissen, dass Scharlie eine Marke aufbaut, die Hand und Fuß hat.

Inflation, Krisen, steigende Preise - du bist mit dem Start von We One in eine Zeit geraten, in der die Kauflaune auch im Wassersportbereich ziemlich gebremst ist. Hast du den Schritt jemals bereut?

Gerhard Scharl: Ich habe es nie bereut, mit We One angefangen zu haben. Ich habe ein paar Aufgaben in meinem Unternehmen für Gebäudetechnik abgegeben, um mehr Zeit für meine Leidenschaft zu haben - und das ist We One. Natürlich gibt’s Rückschläge aber letztlich sind das Erfahrungen, die wertvoll sind.

Gerhard, Jörg, danke für das Gespräch.


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