Spots in diesem Artikel:
Mitte Oktober in Norddänemark. Seit Anfang der Woche beobachten wir gespannt in den Vorhersagen, dass ein mächtiges Tief im Anmarsch ist. Die Wind- und Wellenvorhersagen werden kontinuierlich nach oben korrigiert: Aus 30 Knoten werden 40 und statt zwei Meter Welle erwarten uns jetzt amtliche drei Meter.
Als der Tag gekommen ist, riggen wir in Hanstholm unsere kleinsten Segel auf und trimmen, bis der Mast die Form einer Banane hat. Wir alle haben ordentlich Respekt, denn wir waren noch nie in so großen Wellen windsurfen. Trotzdem schmeißen wir uns in die Brandung. Nach einer aufregenden Session mit viel Geschwimme – zum Glück ohne Schäden bei Protagonisten und Material – brauchen wir aber alle erst mal eine Pause und nach einem ausgiebigen Mittagessen beschließen wir: Wir wollen ins Flachwasser, damit auch die U-11-Fraktion ihren Spaß haben kann. Aber wohin?
Statt den bekannten Weg nach Krik am Limfjord schlagen wir, nach einem Blick auf Google Maps, den Weg zum Førby Sø in der Nähe von Vorupør ein. Was uns dort erwartet, als wir den Kiesweg zum Førby Sø entlangholpern, sieht vielversprechend aus: bronzefarbenes Wasser, glitzernde Schaumkronen, ein Schilfgürtel und rauschender Nadelwald. Die Sonne taucht langsam in die vom Wind zerzausten Wolken am Horizont und lässt den See in goldenem Licht erstrahlen.
Top-Spots auch für Aufsteiger und Kinder
Wir parken auf der Wiese direkt am See und wissen sofort – das hier sind schöne Flachwasserbedingungen zum Freeriden und Freestylen! Kram aufbauen und raus. Während ich den Mast in mein 4,4er stecke, verewigt mein kleiner Bruder beim hektischen Aufriggen mit einem gut hörbaren Knirschen den Mast im Lack unseres Autos – ein bisschen Schwund ist immer. Ich hätte den Kleinen auch geholfen, aber die sind immer so hoch motiviert und wollen alles selbst machen. Schon bald flitzen große und kleine Surfer mit Segelgrößen zwischen 4,4 und 1,5 Quadratmetern über den See.
Die Session wird sogar noch besser als erwartet, vor allem weil auch die Kleinen hier mächtig Spaß haben und die ganze Familie zusammen aufs Wasser kann. Am Abend schauen wir uns die Fotos an, die wir an diesem Tag am Førby Sø geschossen haben, und sind begeistert: die Moves, das Licht und besonders die Szenerie – es war wirklich ein perfekter Tag an einem neuen Spot, nicht mal drei Kilometer von Vorupør entfernt! Nun wissen wir: Wer in der Region Cold Hawaii der wilden Nordsee mal entkommen will und Flachwasser sucht, braucht nicht erst eine halbe Stunde zum Limfjord zu fahren. Der kleine Førby Sø, einige Kilometer ins Landesinnere, tut auch seinen Job und hat dabei nicht mal ein Seegrasproblem, wie man es sonst besonders von Krik kennt.
Falls auch ihr mal den Wellen der rauen Nordsee entfliehen wollt (oder müsst), findet ihr in diesem Guide die besten Fluchtpunkte rund um Cold Hawaii.
Flachwasser-Spots rund um Klitmøller und Thisted
1. Førby Sø
56.93007, 8.41594
Wer in der Nordseewelle bei heftigen Bedingungen keinen Spaß mehr hat, kann am Strand sitzen und zuschauen – oder sich unweit der Wavespots selbst auf dem Wasser austoben. Der Førby Sø, ein kleiner See mit Schilfufer, nur einige Kilometer von Vorupør entfernt, ist dafür perfekt – den längeren Weg zum bekannten Limfjord kann man sich somit oft sparen.
Genauso wie Hanstholm funktioniert der Førby Sø am besten bei West- bis Nordwestwind. Grundsätzlich kann man aber alle Windrichtungen von West bis Nordnordost an diesem Ausweichspot gut fahren. Nur wenn der Wind südlicher als West kommt, muss man mit böigerem Wind rechnen, denn ein kleiner Nadelwald, der sich vom Ost- bis zum Südufer erstreckt, verhindert dann, dass der Wind konstant ankommt. Parken und aufbauen kann man am Ostufer auf einer Wiese, nur wenige Meter entfernt von der Wasserkante. Hier gibt es auch eine Toilette. Ins Wasser läuft man am besten durch eine der vorhandenen Schilfschneisen, um diesen wichtigen Lebensraum nicht zu zerstören. Am Zugang bietet ein seicht abfallender sandiger Untergrund einen komfortablen Einstieg, hier gibt es auch einen kleinen Stehbereich. Weil westliche Winde auflandig ankommen, ist ein Abtreiben ausgeschlossen. Auch das Nordufer des Sees fällt, vor allem im östlichen Teil, nur langsam ab. Am Südufer gibt es einen nur sehr kleinen Stehbereich. Insgesamt wird der See zur Mitte hin immer tiefer, wodurch er auch zum Foilen geeignet ist. Im Sommer ist der Førby Sø ein beliebter Bade- und Angelsee.
2. Krik Vig Strand
56.77513, 8.26648
Im Nordwesten der Mole Kriks gibt es eine flache Landnase mit einem Knick in der Spitze. Dadurch entsteht eine nach Westen offene, stehtiefe Lagune. Wie Krik Mole funktioniert auch dieser Spot von Südost- bis Nordwestwind. Bei Südwind ist der Spot am besten, dann kann man hinter dem Kopf der Landzunge perfektes Flachwasser mit Stehrevier genießen. Insgesamt bietet der Spot einen größeren Stehbereich und ist weniger kabbelig, wodurch er für Anfänger besser geeignet ist als Krik Mole. Bei extremen Ostwindlagen ist der Wasserstand sehr niedrig, wodurch die betonnte Fahrrinne zum Priel wird, da der Rest des Spots trockenfällt. Dieser Priel ist eine tolle Flachwasserpiste, wie sie selten zu finden ist. Jedoch ist der Wind dann böiger, da er ablandig und somit über den Ort Krik weht. Wichtig: Seegrasfinne einpacken!
3. Krik Mole
56.77145, 8.27426
Die nach Süden ausgerichtete Mole bietet eine gute Möglichkeit zum Parken und Aufbauen. Am besten fährt man den Spot bei Windrichtungen zwischen Südost und Nordwest an. Nach dem Aufbauen geht es entweder im Osten oder im Westen der Mole ins Wasser. Auf der Westseite kann man über einen schmalen Strand in das ufernahe Stehrevier einsteigen. Wer keine Schuhe und/oder eine lange Finne hat, muss auf die faustgroßen Steine an Land und in Ufernähe achtgeben. Im Osten der Mole ist der Einstieg sowohl sandiger als auch seichter, womit er anfängertauglicher ist. Auf beiden Seiten liegen große Mengen an Seegras am Ufer, die das Hauptproblem des Spots darstellen. Eine Seegrasfinne ist für jede Session zu empfehlen. Auf dem Wasser gibt’s eine herrliche Piste zum Heizen, für Manöver und Freestyle, mit nur kleinen Chops.
4. Sennels
56.96014, 8.79096
Etwa zehn Minuten von Thisted entfernt befindet sich Sennels. Am Ortseingang rechts geht’s zum „Mallestrand“, hier gibt’s eine Wiese zum Aufriggen und auch einige Parkmöglichkeiten. Der Strand besteht aus groben Kieseln und fällt im Wasser recht steil ab – der Stehbereich beschränkt sich hier auf wenige Meter. Am richtigen Ort ist man hier bei Wind aus Nordost bis Ost, dieser kommt sideshore von links an, es baut sich im Uferbereich kleiner Chop, weiter draußen dann bei entsprechender Windstärke auch Dünungswelle auf, die man zum Springen und Tricksen nutzen kann. Südost- bis Südwind ist ebenfalls gut fahrbar und weht dann auflandig.
5. Vandet Sø
57.00617, 8.58170
Einen Steinwurf von Klitmøller entfernt befindet sich der Vandet Sø, eines der beliebtesten Ausweichreviere der Gegend. Im Winter ist das Gewässer gesperrt, im Sommerhalbjahr aber ein lohnendes Ziel. Am Südostufer des Sees ist der beliebteste Einstieg für West- bis Nordwind. Dank des großen Stehbereichs surfen hier auch Aufsteiger und Kids selbst bei Sturm völlig gefahrlos. Regelmäßig schlägt hier auch die mobile Surfschule von „West Wind“ ihre Zelte auf. Der Untergrund ist sandig, mit kleineren Steinen, es bleibt bei kleinen Chops – ideal zum Freestylen, Heizen oder zum Üben von Wasserstart und anderen Manövern.
6. Amtoft
57.00633, 8.94067
Amtoft ist ein kleines Örtchen am Nordufer des Limfjords, etwa 35 Minuten von Klitmøller entfernt. Parken kann man gebührenfrei am Hafen. Den idealen Einstieg findet man am Sand- bzw. Kiesstrand rechts des Hafens, hier wird es, abgesehen von einem kleinen Stehbereich, aber recht schnell tief. Am besten funktioniert hier Südwestwind, dieser kommt sideshore von rechts, aber auch alle Richtungen von Süd (auflandig) bis Nordost (sideshore von links) sind gut fahrbar. Weht es stark auflandig aus südlichen Richtungen, schaufelt der Wind kleine Dünungswellen an den Strand, bei Westwind und auch Ost bis Nordost bleibt das Wasser hingegen glatt. Unterm Strich ist Amtoft ein netter Spot zum Heizen oder Freestylen und zum Foilen. Auf der Ostseite des Hafens befindet sich eine schöne Sandbucht, die etwas mehr Stehbereich bietet. Am Ufer gibt es sogar einen Schlauch mit Süßwasser zum Abspülen des Equipments, Toiletten und auch einen günstigen Stellplatz für legale Übernachtungen. Einen kleinen Supermarkt findet man in unmittelbarer Entfernung, sodass man es hier durchaus mal ein paar Tage aushalten kann.
7. Løgstør
56.96460, 9.24160
Etwa 45 Autominuten von Thisted entfernt befindet sich die Muschelstadt Løgstør. Man erreicht das Städtchen über die Aggersundbrücke, gesurft wird vor dem Limfjordmuseum („Limfjordsmuseet“), hier gibt es auch Parkmöglichkeiten. Der weiße Strand besteht nicht etwa aus Sand, sondern aus klein gemahlenen Muschelstücken. Westwind ist ideal, dieser kommt hier auflandig an. Weil sich einige Hundert Meter vor dem Ufer eine lange Sandbank erstreckt, bleibt der Spot vor größeren Wellen abgeriegelt, und man kann hier gefahrlos freeriden, freestylen oder den riesigen Stehbereich im linken Teil der Bucht nutzen, um an seinen Basic-Manövern zu feilen. Je nach Windrichtung kann es im linken Teil der Bucht für lange Finnen oder gar Foils auch mal zu flach werden; checkt hier vor dem ersten Speedrun erst mal die Wassertiefe. Im rechten (nördlichen) Teil der Bucht ist das Wasser auch für lange Finnen ausreichend tief, nur die kleine Fahrrinne sollte man im Blick behalten. Schuhe sind ratsam, da sich einige Muschelbänke im ansonsten sandigen Wasser befinden. Im Ort sind Wohnmöglichkeiten, Campingplatz, Restaurants und Einkaufsmöglichkeiten vorhanden. Auch bei Wind aus nördlichen und südwestlichen Richtungen kann man hier gut aufs Wasser, nur Ostwind ist aufgrund des hügeligen Hinterlandes ungeeignet.
Spot-Infos Dänemark/Thy
Anreise, Wohnen & Campen
Über gut ausgebaute Landstraßen erreicht man die hier beschriebenen Spots von Hamburg aus in gut 4,5 Stunden.
Die Gegend ist mittlerweile auch außerhalb der Wassersportgemeinde beliebt, dementsprechend wird es zur Ferienzeit schon mal voll – Campingplätze und Ferienhäuser sollte man daher rechtzeitig buchen. Spotnahe Campingplätze sind:
- Vorupør Camping vorupoercamping.dk
- Nystrup Camping Klitmøller nystrupcampingklitmoller.dk
- Camping Thisted thisted-camping.dk
- Hanstholm Camping hanstholm-camping.dk/
- Thy Minicamping thy-minicamping.dk
- Amtoft Havnecamping www.amtofthavn.dk
- Løgstør Camping www.logstor-camping.dk
- Bygholm Camping www.bygholmcamping.dk
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Probleme mit wildem Camping. Vor allem in der Hauptsaison wird regelmäßig kontrolliert, bitte nutzt zum Übernachten die offiziellen Plätze.
Bestens erschlossen ist die Gegend auch mit Ferienhäusern – wer außerhalb der Ferienzeiten bucht, kann hier sehr günstig und gemütlich wohnen:
Wind & Wetter
Der Norden Dänemarks gehört zu den windsichersten Ecken Europas, die Statistik weist ganzjährig mehr als 60 Prozent Wind über zwölf Knoten aus. Auch wenn im Hochsommer Mitteleuropa in der Hitze siecht, wird Cold Hawaii oft noch von Tiefdrucksystemen gestreift, die für entsprechende Belüftung sorgen. Das bedeutet aber auch, dass man in Hamburg bei 28 Grad und in Shorts ins Auto steigen kann und wenige Stunden später bei 16 Grad und Windstärke sieben feststellen muss, dass ein Pulli und feste Schuhe im Gepäck vielleicht doch eine gute Idee gewesen wären. Auch im Sommer ist ein langer 5/3er-Neo empfehlenswert, im Frühjahr und Herbst sollten auch Haube und Schuhe im Gepäck sein. An allen Spots können zudem Muscheln und kleinere Steine bleibende Spuren hinterlassen, auch deshalb sind Schuhe kein Fehler.
Generell ist die Gegend bei allen Windrichtungen surfbar, mit Abstand auf häufigsten weht es jedoch aus Südwest bis West. Jeder Dänemark-Local weiß bei Tiefdrucklage: „Wenn du nach Klitti fährst, pack immer auch die kleinen Tücher ein!“
Hohe Wellen gibt’s vor allem bei Wind aus Süd über West bis Nordost. Spots wie Hanstholm, Klitmøller, Nørre Vorupør oder Agger sorgen bei Wave-Fans für glänzende Augen, erfordern bei entsprechender Windstärke aber auch viel Erfahrung. Gerade dann sind die hier vorgestellten Alternativspots eine Reise wert, die teilweise stehtiefen und geschützten Fjorde sind für Kinder, erwachsene Aufsteiger, Freestyler und Freeride-Fans gleichermaßen ideal.
Surfschulen & Shops
Die Surfschule „West Wind“ bietet auf dem Vandet Sø unweit von Klitmøller im Sommerhalbjahr Kurse für Erwachsene und Kinder an. Ersatzmaterial bekommt man ebenfalls bei „West Wind“, hier kann man auch Wellenreiter, SUPs oder ein anderes Wassersportgerät ausleihen – zu finden in Klitmøller und Vorupør.
Alternativprogramm
Der Ort Vorupør bietet neben einem Surfshop noch ein paar Restaurants, ein Nationalparkcenter, ein großes Meerwasser-Aquarium mit leider sehr begrenzten Öffnungszeiten und einige Fischer, die den lokalen Fischladen mit Meeresfrüchten, Fisch sowie Krebsen und Hummern versorgen. Auch kann man bei sanfterem Wetter eine Angeltour auf einem der Kutter buchen oder sich ein Ruder-/Angelboot am Førby Sø ausleihen, mit dem man den See erkunden kann. Auch Wellenreiten ist eine Sportart, die zwar nicht an den beschriebenen Spots, aber besonders oft in Vorupør eine Erwägung wert ist.
Einen Trip wert sind auch die großen Dünenlandschaften und Strände rund um den Bulbjerg, diese laden zum Wandern oder Biken ein. Wer auf Sightseeing aus ist, sollte dem rund 60 Kilometer entfernten Aalborg mit seiner schönen Altstadt, der Kneipenstraße Jomfru Ane Gade oder dem Museum of Modern Art einen Besuch abstatten. Und warmes Wasser? Das gibt’s im Familien-Spaßbad des Danland Vigsø.