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Kaum eine Windsurfdestination hat in den letzten Jahren einen derartigen Zulauf erlebt wie das einstmals ruhige Fischerörtchen Klitmøller. Waren hier vor zehn Jahren nur wenige Verwegene aus dem Norden der Republik auf dem Wasser, sind die Bulli-Kennzeichen längst international geworden, der Begriff „Cold Hawaii“ zur Marke, und am Muschelriff herrscht an windigen Sommertagen Betrieb wie in einem Bienenstock. Für die meisten Dänemark-Reisenden bedeutet diese Gegend das Ende der Windsurfwelt, dahinter kommt Norwegen, dann gleich der Nordpol. Und wer auf die größten und kraftvollsten Wellen der Nordsee steht, sollte auch weiterhin seine Surftage an den Spots rund um „Klitti“ verbringen.
Doch wenn die Nordsee wieder mal brüllt und in Agger, Klitmøller oder Hanstholm nur noch die Experten zugange sind, oder wenn man es generell etwas entspannter und zahmer liebt, tut sich wenige Kilometer weiter gen Nordosten ein bislang vergessenes Paradies auf: Zwischen dem in der Jammerbucht gelegenen Løkken und Dänemarks nördlichster Stadt Skagen erstrecken sich einige der schönsten und längsten Sandstrände des Landes, endlose Dünenlandschaften und leere Windsurfspots. An einem windigen und warmen Wochenende im Juli sind wir auf die Suche gegangen und surften, während sich zeitgleich in Klitmøller 100 Leute um die Wellen prügelten, einsame Spots mit einer Handvoll Gleichgesinnter. Zeit also, „Cold Hawaii light“ mal einen Besuch abzustatten.
Dänemark - die besten Windsurfspots zwischen Lokken und Skagen
1) Gjol
Wer stehtiefes und perfekt glattes Wasser liebt, kann schon unweit von Aalborg seinen Spaß haben. Von der Autobahn erreicht man den Spot über die Bundesstraße 11, der Ort selbst ist ausgeschildert. Von der Hauptstraße führt der kleine Schotterweg (Ostre Jydevej) direkt an den Fjord. Hier finden Aufsteiger und Flachwasserfans die perfekte Spielwiese zum Heizen und Tricksen vor, zudem funktioniert der Spot in einem breiten Windfenster. Voll wird es nie, was sicher nicht an der Spotqualität liegt. Weiter in Richtung des Hafens gibt’s Parkplätze und auch ein wenig Infrastruktur. Das Wasser wird hier schneller tief, der Stehbereich ist nur etwa 50 Meter breit. Unbedingt ins Gepäck gehört am gesamten Limfjord eine Seegrasfinne!
2) Løkken
Løkken ist einer der beliebtesten Ferienorte Dänemarks! Hier gibt’s aber nicht nur einen tollen Sandstrand, Campingplätze und einen netten Ortskern mit Cafes und Kneipen, sondern auch super Windsurfbedingungen. Der Spot erinnert an eine Mischung aus Hanstholm, Rømø und Heiligenhafen. Bei SSW- bis WSW-Wind werden die Wellen von einer Mole sortiert und geglättet, in Lee laufen diese moderat und meist mit ein bis zwei Metern Höhe an den Strand, zudem ist die Strömung nur leicht. Da der Strand sehr flach abfällt, muss man sich vor materialmordendem Shorebreak nicht fürchten und kann sich langsam in die Wellen herantasten. Weiter draußen brechen über mehreren Sandbänken bei SW-WSW auch mal größere Klopfer zum Springen und Abreiten, allerdings deutlich harmloser als in der Klitmøller-Region. Ideal ist westlicher Swell und Südwestwind, dieser weht sideshore von links. Dreht der Wind zu sehr Richtung West, bildet sich Luvstau am steilen Kliff, dann lohnt sich der Weg nach Kjul oder Tversted.
surf-Tipp: Direkt in Lee der Mole laufen schöne Wellen zum Wellenreiten oder SUPen, Kurse und Verleih (und super Kaffee!) gibt’s bei North Shore Surf (www.northshoresurf.dk).
3) Kjul Strand
Kjul wirkt, mit seiner langen Mole in Luv, wie der kleine Bruder von Hanstholm. Der Weg von Hirtshals aus ist beschildert, man kann auf dem festen Sandstrand parken und aufriggen. Obwohl der Spot bei W-NW sehr exponiert liegt, sind die Wellen kleiner als beispielsweise in Hanstholm, was an stürmischen Tagen definitiv auch ein Vorteil sein kann. Der Einstieg am endlosen Sandstrand ist selbst für Waveeinsteiger problemlos, die Wellen laufen moderat aus und werden weiter draußen zwar auch mal größer als zwei Meter, aber nie hohl und materialmordend – echte Spaßbedingungen eben! Weiter in Luv kommt man zunehmend in den Schutz der langen Hafenmole von Hirtshals, hier lässt die Strömung etwas nach, die Wellen laufen meist noch etwas moderater. Mit Glück erwischt man Tage mit großem Swell aus West, dann ist auch WSW-Wind fahrbar und bietet moderate Down-the-Line-Ritte in dann etwas böigen Bedingungen. Ostwind ist auch surfbar.
4) Tversted
Durch einen leichten Knick im Küstenverlauf ist dieser Spot bei W-WSW besser als Kjul, es weht hier dann sideshore von links und auch die Welle dreht besser rein. Auch hier kann man direkt auf dem Strand parken und riggen. Die Wellen brechen in Ufernähe klein (1 - 1,5 Meter), aber kraftvoll. Weiter draußen dann größer, aber eher sanft. Auch als Wave-Einsteiger kann man hier recht gefahrlos aufs Wasser, da keine Hindernisse oder Gefahren unter Wasser lauern und man endlos Platz nach Lee hat. Einzig die Strömung kann bei Sturm beachtlich werden. Auch hier wird es nie voll, unweit des Spots gibt’s zudem Campingplätze und diverse Restaurants. Nordost ist auch fahrbar, bietet aber eher Windwelle und Chop zum Springen als echte Brandungsbedingungen.
5) Skiveren
Eigentlich könnte man den Text des Spots Tversted direkt hierhin kopieren – Parken am Wasser, Sandstrand, Platz ohne Ende, ähnliche Spotbedingungen und ebenfalls die Möglichkeit, direkt in Spotnähe auf einem Campingplatz zu übernachten. Der einzige Unterschied: Man fährt hierhin, wenn der Wind in Tversted einen Ticken zu ablandig und böig ist, da die Küstenlinie hier etwas mehr in Richtung Südwest-Nordost ausgerichtet ist. Bei Südwest sind die Wellen eher klein, das Kap von Hirtshals deckt südwestliche Swellrichtungen doch deutlich ab. Auch zum noch mal drei Kilometer weiter gelegenen Spot Kandestederne kann man bei SW-Wind ausweichen, je weiter man allerdings in Richtung Nordspitze Dänemarks kommt, desto massiver und chaotischer werden die Strömungen. Unsere Empfehlung bei starkem Südwestwind ist daher eindeutig Løkken.
Revier-Infos Nord-Dänemark
Wind & Wetter
An der gesamten dänischen Nordsee gibt es die beste Windausbeute bei durchziehenden Tiefs aus West – eine Wetterlage, die auch im Hochsommer regelmäßig vorkommt. Aufgrund der exponierten Lage gehört die Gegend zwischen Hanstholm und Skagen zu den windigsten Gegenden Europas, kleine Segel sollten immer im Gepäck sein. Das Wetter ist bei Tiefdruckphasen oft wechselhaft. Während man südlich von Hamburg in der Hitze brät, kann es hier oben in Dänemark auch im Sommer empfindlich kühl bleiben, ein warmer Neo (4/3 im Sommer, 5/3 im Frühjahr und Herbst) empfiehlt sich. Die durchschnittlichen Lufttemperaturen im Juli liegen bei 20 Grad, das Wasser bei 18 Grad. Beste Windzeit ist laut Statistik zwischen März und Mai sowie zwischen September und November, mit 50 bis 75 Prozent Windwahrscheinlichkeit über vier Beaufort. Aber auch im Sommer sind windige Tage keine Seltenheit. Je weiter gen Skagen man sich bewegt, desto windiger wird es, allerdings werden auch die Strömungen zunehmend chaotisch und gefährlich, weshalb sich die Strände im äußersten Norden zum Windsurfen nicht wirklich eignen.
Anreise
Die Reisezeit bis Hirtshals entspricht der nach Klitmøller, mit dem Unterschied, dass die Autobahn hier quasi bis an den Strand führt. Von dort ist man in 20 Minuten an allen Spots im Umkreis.
Surfschulen & Shops
...sind hier oben rar gesät, eigenes Material ist unbedingt erforderlich. In Løkken kann man im Sommer Wellenreiter und SUPs ausleihen (www.northshoresurf.dk), der nächste Surfshop ist in Aalborg (www.surfogskiaalborg.dk), das Sortiment allerdings überschaubar.
Wohnen & Campen
Dänemark ist das Land der Campingplätze und Ferienhäuser. Obwohl das Preisniveau allgemein über dem in Deutschland liegt, sind gemütliche Ferienhäuser vor allem in der Nebensaison zu sehr fairen Preisen zu haben. Dabei lohnt sich der Vergleich zwischen den bekannten Anbietern wie Novasol, Dansommer, Dancenter oder Feriepartner.
Alternativprogramm
Der Nordwesten Dänemarks bietet nach durchziehenden Tiefs oft noch ein bis zwei Tage schöne Wellen zum SUPen oder Wellenreiten, auch wenn die Qualität der Wellen nicht ganz an die der Top-Spots zwischen Klitmøller und Hvide Sande heranreicht. Auch ein Ausflug in die 120.000-Einwohner-Stadt Aalborg lohnt sich. In der netten Altstadt mit ihren kleinen Gassen wie der Jomfru Ane Gade kann man gut essen, bummeln oder einen der kleinen Szeneläden und Kunstwerkstätten besuchen.
Dieser Artikel erschien erstmals in surf 9/2015