Fabian Wolf übers iQFoil-Material“Den Lappen dichthalten und nicht zu viel nachzudenken!”

Stephan Gölnitz

 · 07.10.2023

Fabian Wolf: "Bei viel Wind kommt es auf die mentale Einstellung an."
Foto: Henning von Jagow
Fabian Wolf (25) startet erfolgreich in der iQFOiL-Klasse und ist Deutscher Meister im Foil-Slalom. Zu Material und Disziplinen hat er entsprechend viel zu erzählen.

Welches Material verwendest du neben dem IQ-Set?

Im Foil-Slalom fahre ich für Gunsails und FMX Racing sowie das Z-Foil. Ich habe zwei Boards. Ein 91er (Red.: Board-Breite) mit 178 Litern und ein 85er mit 158 Litern. Bei Wind zwischen sieben und 18 Knoten fahre ich normalerweise das 91er-Board und Segel zwischen 7,8 und 9,8 Quadratmetern. Dazu verwende ich Flügel mit 820 oder 680 Quadratzentimetern Fläche. Sobald es windiger wird, wechsle ich ziemlich schnell auf das 85er-Board mit Front Wings mit einer Fläche zwischen 680 und unter 500 Quadratzentimetern sowie Segeln bis zu 4,5 Quadratmetern. Mit dem 680er-Flügel kann man mit dem 9,0er-Segel bereits ab konstanten 12 Knoten fahren. Die neuen, kleinen High-Aspect-Wings funktionieren sehr früh. Sobald man oben ist, hat man genug Auftrieb und ist viel schneller als zum Beispiel mit dem 900er-Flügel vom iQFoil.

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In der Disziplin Foil-Slalom sind mittlerweile Frontflügel unter 600 Quadratzentimeter angesagt – sauschnell, aber auch nicht anfängertauglich.Foto: Nicklas Witt/Sailing EnergyIn der Disziplin Foil-Slalom sind mittlerweile Frontflügel unter 600 Quadratzentimeter angesagt – sauschnell, aber auch nicht anfängertauglich.

Für welche Kurse ist dein Foil-Slalom-Material optimiert?

Das Slalom-Material ist für Halbwind- und Downwind-Kurse optimiert. Es eignet sich nicht fürs Amwindsurfen. Es handelt sich um reine Slalom-Set-ups.

Wie sehen im Vergleich die Kurse in der iQ-Klasse aus?

Wir fahren auch Slalom, der jedoch vom Format in der PWA abweicht. Der Kurs beginnt mit einem langen Reach, der etwa halbwind/downwind liegt, dann geht es auf einen 300 Meter tiefen Downwind-Kurs ohne Tonnen. Man muss auf diesem Abschnitt zwei Halsen fahren und darf den Kurs bis zur Leetonne frei wählen. Anschließend folgen zwei Halbwind/Downwind Reaches bis ins Ziel.

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Ergänzend werden Kursrennen gesurft?

Ja genau, ähnlich wie beim Formula oder RS:X.

Ist das iQ-Material darauf abgestimmt?

Das iQ-Material kann man gut auf den Kursen fahren. Das Segel und generell das ganze Set-up haben eine große Windrange. Bis etwa 27 oder 28 Knoten funktioniert es noch gut, danach geht es zunehmend ums Überleben.

Was ist der stärkste Wind, bei dem du auf dem iQFoil gesurft bist?

In Böen über 35 Knoten. Das Wettkampfformat sieht Windgeschwindigkeiten zwischen sieben und 35 Knoten vor. Bei der EM in Patras hatten wir solche Bedingungen – über 30 Knoten wird es hart. Aber da müssen wir durch.

Fabian Wolf: "Bei viel Wind kommt es auf die mentale Einstellung an."Foto: Henning von JagowFabian Wolf: "Bei viel Wind kommt es auf die mentale Einstellung an."

Was kann man für so starken Wind am Material verändern?

Man kann die Power und den Rake des Foils verändern. Bei starkem Wind stelle ich etwas mehr Rake ein. Rake ist der Winkel zwischen Board und Foil. Dadurch hat man beim Absetzen mehr Kontrolle und das Brett klebt nicht so stark am Wasser fest. Dazu würde ich das Foil depowern, also dem Backwing weniger Winkel geben. Dafür gibt es Spacer mit verschiedenen Stärken wie plus eins, plus 0,5 und null. Bei Starkwind würde ich den Nuller-Spacer montieren. Ich schiebe den Mastfuß etwas weiter nach vorne und trimme das Segel ein bis zwei Zentimeter weiter durch. Dazu senke ich die Gabel und stelle die Trapeztampen länger ein. So gebe ich dem Material so viel Kontrolle wie möglich.

Kannst du erklären, wie man den Rake des Foils verändert?

Dafür gibt es Shims (Unterlegscheiben), meistens aus dem 3-D-Drucker, die man in die Foil-Box legt, um den Winkel zu verändern. Wir messen den Winkel zwischen Board und Frontflügel und peilen Werte von 1,5 bis knapp drei Grad an.

Das machen Hobby-Surfer selten.

Ja, manche haben viel zu wenig Rake eingestellt. Wenn der Rake unter einem Grad liegt, zeigt die Nase des Brettes schon leicht nach unten. Dann kommst du bei jedem Touch Down nicht mehr ins Fliegen, weil sich das Brett festsaugt. Wenn du das optimierst – das macht es so viel einfacher. Wenn man den Rake anpasst, ist das ein Gamechanger.

Den Lappen dichthalten und nicht zu viel nachzudenken!”

Wie lange muss man trainieren, um bei 30 Knoten mit dem 9,0er zu foilen?

Das erfordert eine Mischung aus Übung, Engagement und Fahrtechnik. Viel hängt von der mentalen Einstellung ab: den Lappen dicht zu halten und nicht zu viel nachzudenken. Wenn man zu viel denkt, geht man baden. Man muss sich einfach darauf einlassen. Man kann das auch nicht viel trainieren, weil solche Bedingungen nicht oft vorkommen.

Auf Raumwindkurs ist es wohl schon eine Herausforderung, überhaupt in die hintere Fußschlaufe zu gehen, wie man bei Livestreams sehen konnte?

Bis 20 Knoten ist das kein Problem. Aber wenn das Segel total mit Power überladen ist, kann man das Board mit dem hinteren Fuß auf der Kante nicht mehr kontrollieren. Dann stelle ich den Fuß weiter vorne auf die Brettmitte, weil ich so schneller auf das Aufsteigen und Absinken des Foils reagieren kann.

In welchem Windbereich ist das IQ-Material denn wirklich gut geeignet?

Wenn man sich nicht darauf spezialisiert hat, bei extrem leichtem Wind hochzupumpen, kann man bei etwa acht bis zehn Knoten aufs Foil kommen und dann ohne Probleme bis 18 Knoten fahren.

Und für welche Kurse eignet sich das IQ-Material am besten?

Im Windbereich von acht bis 18 Knoten kann man alle Kurse fahren. Aber was ich besonders liebe, ist das Upwind-Surfen, sich einfach reinzuhängen, man muss sich keine Gedanken machen. Beim Downwind-Fahren ist viel mehr Technik erforderlich, aber Upwind-Surfen kann jeder und es macht superviel Spaß.

Irgendwann muss man aber auch zurück?

Man kommt ja immer irgendwie runter, indem man auf Vorwindkurs eiert. Aber um richtig schnell und kontrolliert auf Raumwindkurs runterzufahren, erfordert es schon viel Übung.

Man kann ja den nahezu direkten Weg, ganz tief, fahren oder nur wenig tiefer als Halbwind. Was empfiehlst du, wenn man noch unsicher ist?

Im Wettkampf gilt: Richtig tief und langsam ist schlechter als nicht ganz so tief und schnell. Für Anfänger ist es jedoch einfacher, erst mal langsam und tief zu fahren, anstatt sich bedingungslos einzusetzen und dann mit weniger tiefem Winkel wirklich sehr schnell zu werden.

Das iQFoil hat gegenüber neueren High Performance Foils und neuen Slalom-Foilsegeln keine Chance.”

Wie lässt sich die Performance vom IQ-Material im Vergleich zu Foil-Slalom-Material einstufen?

Wenn es am unteren Limit darum geht, überhaupt auf dem Foil zu bleiben, kann man mit dem IQ-Material konkurrenzfähig sein. Es bietet extrem viel Auftrieb und Stabilität bei wenig Wind. Sobald man aber mühelos abhebt – etwa ab 10 Knoten – hat das IQ gegenüber den High Performance Foils und neuen Slalom-Foilsegeln keine Chance. Das Foil hat zu viel Fläche und ist zu dick. Und das Segel ist ein Kompromiss aus Slalom- und Kursrennsegel mit langer Gabel, bei engen Halsen kommt es dir mit Gegenbauch entgegen. Die neuen Foil-Slalomsegel haben einen längeren Mast und eine schmalere Outline, dadurch bekommt man fast keinen Gegenbauch mehr und kann mit viel mehr Speed carven und attackieren.

Hast du noch einen Fahrtechnik-Tipp fürs Schiften?

Bei wenig Wind solltest du das Segel richtig weit nach vorne lehnen – vorderer Arm lang – und mit dem hinteren Arm dicht halten, sodass das Unterliek fast am Schienbein anliegt. Dann auf Vorwindkurs – nicht zu schnell – schiften, um einen Gegenbauch zu vermeiden.

Das IQ-Set wirkte bei unserem Test sehr flugstabil.

Ja, das IQ ist sehr stabil und bei leichtem Wind sogar für Foilanfänger einfach zu fahren. Man hat aber nur einen Flügel und ein Segel. Auf dem IQ musst du deshalb bei starkem Wind arbeiten, auf dem Foil-Slalom-Material hängst du dich nur rein und fliegst mit kleineren Segeln und Flügeln mit wesentlich mehr Speed.

Benötigt man denn im Foilslalom wirklich jedes Jahr neues Material?

Das hängt vom Fahrer ab, manche können alles kompensieren. Aber bei Gunsails zum Beispiel sind die Segel von diesem Jahr auf einem neuen Level. Bei wenig Wind kommt es auch sehr stark auf den Fahrer an: ob er fit ist und viel pumpen kann. Aber ich glaube, ohne die neuen Segel wäre ich dieses Jahr auf Sylt nicht Deutscher Meister im Foil-Slalom geworden.

Würdest du das IQ jemandem empfehlen, der es als Leichtwind-Freeracefoil einsetzen möchte?

Auf jeden Fall. Für Hobbyracer, die nicht die Absicht haben, High-Performance-Rennen zu fahren, ist es perfekt. Und gebraucht wird es günstig angeboten.

Für Hobbyracer, die nicht die Absicht haben, High-Performance-Rennen zu fahren, ist iQ-Material perfekt.”

Gibt es noch sinnvolle Tuning-Optionen?

Der 800er Front Wing aus dem Youth-Brett ist eine Option, wenn der 900er zu viel Power hat oder wenn man mehr in Richtung Geschwindigkeit gehen möchte.

Man muss in der offiziellen IQ-Klasse aber wenig am Material anpassen?

Obwohl alle das gleiche Material fahren, wird es zu einer großen Materialschlacht, weil nicht alles identisch aus der Produktion kommt. Die Varianten beim Foil und Segelmast sind riesig. Fahrer, die 20 Masten haben, haben einfach eine größere Chance, dass ein richtig guter Mast dabei ist. Dadurch artet die Materialschlacht bei einigen etwas aus. Positiv ist, dass man mit nur einem Set gleich mitfahren kann.

Was spricht sonst noch für die iQFOiL-Klasse?

Nicht nur die Perspektive Richtung Olympia. Man kann sich für verschiedene Kader qualifizieren und ab einer gewissen Stufe ist ein ganz anderer finanzieller Hintergrund vorhanden als beim normalen Windsurfen. Du bekommst geregeltes Training über den Verband, du kommst in die Sporthilfe und du kannst dich bei der Polizei oder bei der Bundeswehr bewerben. Das ist beim IQ schon richtig gut und überhaupt nicht vergleichbar mit dem, was im offenen Bereich passiert.

Hast du das iQ-Board eigentlich auch mal mit kleineren Segeln gesurft?

Ich weiß, dass es funktioniert. Ich kenne einen älteren Regattasurfer, für den das 9,0er-Segel zu viel Power hatte und zu schwer war. Er hat dann erst das 8,0er-Damensegel probiert und sich schließlich das 7,0er-IQ-Jugendsegel geholt. Das hat nicht so eine breite Masttasche. Er fährt damit ohne Probleme auf dem IQ-Board und es funktioniert super.

Beim iQFOiL wird auf Einheitsmaterial gesurft – bei allen Bedingungen. Die Herren mit neun Quadratmetern, die Damen mit einem 8,0er Segel.Foto: Sailing Energy/DSVBeim iQFOiL wird auf Einheitsmaterial gesurft – bei allen Bedingungen. Die Herren mit neun Quadratmetern, die Damen mit einem 8,0er Segel.

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