2008 habe ich Frithjof Blaasch, auch Friedel genannt, hier im surf Magazin in der Rubrik „Wer ist eigentlich?“ einige Fragen gestellt. Wow, da ist einige Zeit vergangen und viel passiert, aber ein paar Dinge haben sich nicht verändert. Allen voran die Liebe zum Windsurfen und zum Meer. Zeit, einmal ein bisschen zu beleuchten, was der kleine 17-jährige Schüler ohne Führerschein die letzten Jahre so gemacht hat. Sein sehnlichster Wunsch damals war, endlich Auto fahren zu können, endlich allein zum Spot fahren ohne ständig auf Mitfahrgelegenheiten zu warten. Der Surf- & Schlaf-Corsa wurde nach zahlreichen Trips dann gegen einen doch etwas komfortableren älteren blauen Transit getauscht, der lange Friedels Markenzeichen ist. Inzwischen ist ein orangener Opel das Fahrzeug der Wahl.
Was sich bis dato aber nicht geändert hat, ist die unglaubliche Lust aufs Windsurfen. Noch immer ist die Aufrigggeschwindigkeit rasant und die Bedingungen sind auch mehr oder minder egal. Hauptsache Druck und das passende Board unter den Füßen. Temperaturen egal. Das gefällt mir, da ich so ganz egoistisch an den grauen und kurzen Winternachmittagen einen Surfpartner habe, der immer Lust hat aufs Wasser zu gehen. Ich hoffe, dass das noch zumindest kommenden Winter so bleibt.
Bulgenslag surft lieber in Europa als in Afrika
Friedel hat in den letzten Jahren eine Ausbildung zum Erzieher gemacht, in diversen Einrichtungen als sozialer Betreuer gearbeitet, in der Sommersaison fast Vollzeit an der Surfschule in Brasilien bei uns an der Ostsee oder er hat bei den „Fischerhütten“ Teller gewaschen. Mittlerweile ist das Studium der Sozialen Arbeit abgeschlossen und eine Mischung aus Teilzeit-Sozialpädagoge und Wassersportfotograf das aktuelle Lebensmodell, um sich nach wie vor die Zeit relativ frei einteilen zu können. Zeit - die natürlich auf oder in dem Wasser verbracht wird.
Ich habe nachgelesen und Friedels Traum war als Schüler eine Windsurf-Auszeit in Südafrika. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als er sich vor einigen Jahren seinen Wunsch erfüllt hat und drei Monate im Winter weg war. Er hat lange dafür gespart und fand den Trip auch spannend und interessant, aber das Südafrika-Virus hat ihn nicht erwischt und ich glaube nach wie vor, dass er von den unterschiedlichen Bedingungen in Europa faszinierter ist und seine nächste lange Reise garantiert mit dem Bus irgendwo in Europa sein wird. Das Highlight des Südafrika-Trips war die Entdeckung der Wasserfotografie, und in den letzten Jahren stockte er sein Equipment ordentlich auf und viele abgedruckte Bilder sichern das Weiterstudieren ab.
Beeindruckende Lernkurve
Nach wie vor begeistert mich die Lernkurve und den Ehrgeiz, den Friedel an den Tag legt. Klar sprang er bereits mit 17 eine Art Backloop und war auffällig unterwegs auf dem Wasser, doch mittlerweile ist das Repertoire und auch die Konstanz deutlich gewachsen. Durch die langjährige Zusammenarbeit mit Lutz von Windflüchter Boards hat Friedel auch Bretter unter den Füßen, die sein Wellenabreiten deutlich verbessert haben und mit denen er seinen Skatestyle mit flüssigen Turns kombinieren kann.
Es kommt immer wieder die Frage nach der Teilnahme an Wettkämpfen auf. Hier und da ist Friedel mal einen Event mitgefahren. Ein zweiter Platz beim DWC in Kühlungsborn 2015 hinter Max Dröge war ein Highlight. 2019 waren wir zusammen auf Sylt beim Deutschen Windsurf Cup. Absolut epische Bedingungen mit richtig viel Wind und super Wellen. Es muss einiges zusammenkommen, dass ein Heat gut läuft und 14 Minuten sind manchmal sehr schnell vorbei. Vor allem auf einer Insel wie Sylt.
Als außenstehender Betrachter entdeckt man viele kleine Fehler, die ein gutes Abschneiden im Contest verhindert haben. Ich weiß aber nur zu gut, dass es nicht so einfach ist, sein Können in eine so kurze Zeit zu packen. Das muss man üben und dann auch noch ein kleines Fünkchen Glück haben, gepaart mit guten Judges, die wissen wie Moves technisch gut ausgeführt werden.
Wenn das Licht gut ist, holt Bulgenslag immer die Kamera raus
Im freien Surfen ist ein guter Surftag eigentlich auch nur ein guter Surftag, wenn Moves klappen. Manchmal fieber ich hinter der Kamera richtig mit und hoffe, dass ein Manöver endlich klappt, denn ansonsten ist die Laune etwas im Keller und Aufbauarbeit steht an. Ich ziehe den Hut vor diesem Anspruch. Vielleicht liegt es am Alter oder am Typ? Auf jeden Fall ist es in unseren Gefilden an Nord- und Ostsee nicht so einfach auf ein hohes Niveau zu kommen und bedarf einiges an Commitment, Ehrgeiz und Aufwand. Und da nicht jeden Tag die gleichen perfekten Bedingungen sind, dauert es vielleicht auch das eine oder andere Jahr länger, ein Manöver konstant zu beherrschen. Ich finde das nicht schlimm, denn wir hätten ja alle die Möglichkeit irgendwo anders hinzuziehen. Aber das möchte auch Friedel nicht.
Ich habe ihn gefragt, ob sich an seinen Lieblingsspots zu 2008 etwas geändert hat und die Antwort ist nahezu die gleiche: Middles/Dänemark und Brasilien & Weissenhaus/Ostsee. Es scheint mir so, als gäbe es diese Nord- und Ostsee-Liebe. Bei Friedel ist sie sehr ausgeprägt, mag daran liegen, dass er hier aufgewachsen ist, aber mich hat sie definitiv auch erwischt und ich freue mich immer darüber, dass wir in den letzten Jahren so viele schöne Sessions zusammen hatten. Es macht einfach irre Spaß mit Menschen zu surfen, die Freude an diesem schönen Sport haben und die alle Bedingungen zu schätzen wissen. Es kommt nicht vor, dass Friedel nicht auf oder ins Wasser geht, wenn Wind ist. Entweder surfenderweise oder mit der Wasserkamera. Es ist auch völlig egal, ob es schneit oder er schon selbst vier Stunden windsurfen war – wenn das Licht schön ist, wird die Kamera im Wasser oder auch an Land gezückt. Die liebsten Motive sind Wellen. Echt „Bulgenslag” eben.
Text: Steffi Wahl