Stand-Up-Paddeln auf der Dove-Elbe? Selbst alteingesessene Hamburger müssen sich ein Stück weit ihre Gedanken machen, um den Nebenarm der Elbe im Süden Hamburgs einzuordnen und zu lokalisieren. Die 1,8 Millionen Einwohner der Hansestadt kennen „ihre“ Elbe, aber die Nebenarme? Und zum Stand-Up-Paddeln hat man ja schließlich die Außenalster mit ihren Kanälen, auf denen sich an warmen Tagen im Sommer hunderte Paddler – stehend wie sitzend – knubbeln. Wer genussvoll und in Ruhe seine Bahnen ziehen möchte, ist hier definitiv fehl am Platz.
Es geht aber auch anders: Klar ist die Alster für uns Hamburger die bequemste SUP-Variante, aber ein Trip auf der Dove-Elbe lohnt den kleinen Mehraufwand bei der Anfahrt allemal. Der im 15.Jahrhundert geschaffene Nebenarm der Elbe ist 18 Kilometer lang, eignet sich perfekt zum Stand-Up-Paddling und um ruhige, idyllische Naturlandschaften zu erkunden – und das alles noch auf Hamburger Stadtgebiet. Wirklich?
Das gehört wirklich noch zu Hamburg
Ja, dieser Abschnitt zählt immer noch zu Hamburg. Über die A25 von der Abfahrt Allermöhe ist es gerade noch einen Kilometer zum Eichbaumsee, von wo aus wir schon einige Mal gestartet sind. Es gibt angrenzende, kostenlose Parkplätze, die aber vor allem an sonnigen Wochenenden absolut kein Geheimtipp mehr sind. Die Hamburger kommen gerne und zahlreich zum Spazierengehen, Baden, Grillen, Chillen, oder so wie wir, zum SUPen hierher. Die Warteschlange vor dem Eiswagen spiegelt an warmen Tagen die Beliebtheit dieses Naherholungsgebietes wider. Wir nutzen den Steg vom „Jugendgruppen Segelzentrum“. An der angrenzenden Badestelle dürfen an diesem Frühsommertag zwei Pferde baden, sie genießen das sichtlich und stampfen voller Freude mit den Beinen ins Wasser.
Richtung Norden bewegen wir uns auf den Jachthafen Tatenberg und Sportboothafen Möller und mehrerer Bootsvermietungen zu, Einstiegsstellen sind hier eher schwieriger zu finden und mit der Tatenberger Schleuse erreichen wir das nördliche Ende der Dove-Elbe. Die Norderelbe macht hier einen kurzen Schwenk zur Dove-Elbe.
Hamburg Allermöhe
Von dem unter Bootsfahrern als „Rentnerbucht“ bekannten Ankerplatz geht es zurück Richtung Süden, wo die Dove-Elbe breiter wird. Wer möchte, kann hier auf der „Regattastrecke Hamburg-Allermöhe“ einmal richtig das Paddel fliegen lassen. Die 2000 Meter lange Regattastrecke ist für internationale Wettbewerbe im Rudern und Kanu ausgelegt und bildet zusammen mit dem Leistungszentrum den Olympiastützpunkt. Genutzt wird er allerdings nur noch selten. Häufiger hingegen sieht man kleine, schwimmende „Water-BBQ“-Inseln, auf denen allseits gute Laune herrscht. Auf unserer Sonntag-Nachmittag-Paddelrunde ist es eine Clique von Jungs, die nur wenig Salat, aber dafür umso mehr Steaks und Bierchen „wechhauen“.
Gose-Elbe
Ein kurzer Schwenk nach Westen und schon sind wir in der Gose-Elbe, dem zweiten Nebenarm der Elbe. Wir paddeln noch etwas weiter, zum Reitdeich. Hier treffen sich die meisten Stand-Up-Paddler, denn entweder wird dieser Punkt als Einstieg genutzt oder auch mal ein Geburtstag gefeiert, eine kleine Pause eingelegt oder ein kurzes Picknick gemacht. Auf jeden Fall macht es Spaß, hier mal einen „Schnack“ zu halten.
Dove-Elbe
Zurück geht es in östliche Richtung und damit wieder auf die Dove-Elbe. Wir paddeln weiter entlang der breiten Regattastrecke und der Straße Allermöher Deich, die wir vom Wasser aus aber nur selten sehen können.
Ruhe, Idylle und Tiere. Nach ein paar Kilometern sitzt auf einem Grundstück ein Pärchen, wir kommen ins Gespräch. „Stand-Up-Paddler? Ja, die kommen gelegentlich vorbei. Wir haben hingegen ein kleines Paddelboot, mit dem wir die Dove-Elbe und auch mal die Gose-Elbe erkunden. An einem sonnigen Tag haben wir den Rundkurs über beide Nebenarme gemacht, eine volle Tagestour ist es gewesen, wir sind stramm gepaddelt, und am Ende hatten wir einen Sonnenbrand!“
Die meiste Zeit ist man alleine auf dem Wasser
Haben wir um die Allermöher Regattastrecke und dem Eichbaumsee herum noch einige Menschen am und auf dem Wasser gesehen, so werden es in südliche Richtung immer weniger. Auf einer gut zwei- bis dreistündigen Tour sind es gerade mal drei Ruderboote, die wir flussauf- oder abwärts antreffen, wir sind die meiste Zeit allein auf dem Wasser. Übrigens muss man keine Angst vor Strömungen auf der Dove-Elbe haben. Der Seitenarm ist eher ein stiller Kanal.
Kühe, die auf dem Deich stehen, kommen auf uns zugelaufen, und ein Milchvieh baut sich Auge in Auge vor mir auf. Kommt sie ins Wasser und auf mich zu? Ich mache lieber einen Rückzug. Diese ländliche und platte norddeutsche Landschaft mit grünen Wiesen – nicht umsonst Marschlande genannt – lässt nicht vermuten, dass wir immer noch durch Hamburg paddeln.
An der Allermöher Werft liegen ein paar Hausboote, an denen der Zahn der Zeit bereits kräftig genagt hat. Ein Bauer mäht auf einem Trecker seine Wiese und weiter geht es durch eine etwas schmaler werdende Dove-Elbe, von der der angrenzende dicht bebaute Stadtteil Bergedorf nur zu erahnen ist. Inmitten dieser Stimmung sehen wir plötzlich einen Fischotter, der durch das Dickicht der Uferböschung schwimmt! Für uns ist es der erste Fischotter überhaupt, den wir in „freier Wildbahn“ sehen dürfen. Das „Tier des Jahres 2021“ steht auf der „Roten Liste gefährdeter Arten“. So plötzlich wir diesen Fischotter neben uns erblicken, so schnell ist das etwa einen Meter lange Tier wieder unter einem in den Fluss ragenden Baum verschwunden. Neben Enten und Gänsen sehen wir auch gelegentlich einen Graureiher. Mit einer Spannweite von fast zwei Metern treffen diese Vögel in der Dove-Elbe auf reiche Fischgründe.
Reitbrooker Mühle
Rund zwei Kilometer hinter der Allermöher Werft liegt die Reitbrooker Mühle. Die rund 150 Jahre alte Schrotmühle war noch bis in die 1940er Jahre in Betrieb und ist heute noch ein Hingucker. Das gegenüberliegende Ufer wird recht häufig als Platz zum Angeln genutzt und da dort Parkmöglichkeiten bestehen, haben wir hier auch schon mal unsere SUP-Boards zu Wasser gelassen. An dieser Stelle treffen wir auf zwei Paddler, die begeistert von ihrer rund zweistündigen Tour in südliche Richtung der Dove-Elbe berichten.
Nach zwei weiteren Kilometern paddeln wir geradewegs auf die Krapphofschleuse zu. Diese führt auf die Stadtteile Nettelnburg und Bergedorf zu, und auf der rechten Seite gibt es eine Rollenbahn zum Umtragen von Boot oder Board. Für uns geht es aber weiter flussaufwärts. Der Bergedorfer Kanu-Club und der Ruder-Club Bergedorf sind mit ihren Vereinsheimen und Bootsstegen in diesem Abschnitt der Dove-Elbe ansässig. „Ach, die Stand-Up-Paddler!“, lacht uns eine Frau von einem Achter-Ruderboot nett an. Fahren andere SUPer euch häufiger mal in den Weg? „Ja, das passiert immer wieder. Aber ich habe doch auch ein SUP-Board und gehe damit immer wieder gern aufs Wasser. Möchtest du mal in unserer Runde mitrudern?“ „Acht Frauen und ich, das ist mir dann doch zu viel!“
Bootswerft Neuengamme
Flussaufwärts geht’s weiter Richtung Bootswerft Neuengamme. Drumherum ist dieser kurze Abschnitt dichter besiedelt. Auf der Bootswerft können kleinere Motorboote gemietet werden und ein Kanu-Verleih, der „Kanu-Hafen“, machen deutlich, dass wir uns in einem Naherholungsgebiet der Vier- und Marschlande befinden. Dieser Bereich war noch bis zum Bau der Tatenberger Schleuse immer wieder von der Elbe überflutet, was aber seit 1952 Geschichte ist. Pläne, die Dove-Elbe wieder zu einem Tidengewässer – mit bis zu zwei Meter Tidenhub – zu machen, wurden kürzlich wieder verworfen.
Der Protest der Anwohner und Wassersportler hat Wirkung gezeigt.
Rundtour
Der Neuengammer Durchstich bietet uns die Möglichkeit, eine etwa 20 Kilometer lange Runde paddeln zu können. Der Kanal, der „Durchstich“, wurde vor 100 Jahren als Verbindung zwischen der Dove- und Gose-Elbe gebaut, um bei Hochwasser Wasser in die Gose-Elbe zu leiten. So die Zielsetzung dahinter aus Sicht der Baubehörde. Heute hat der Durchstich noch eine Wassertiefe von etwa 0,5 Metern und soll – so hört man – in den nächsten Jahren auf 1,2 Meter vertieft werden.
Aus Sicht der Paddler ist der Durchstich beliebt, weil man so eine schöne Tour durch die Vierlande machen kann. Vom 15. April bis 15. Juni ist das Befahren dieser Verbindung aus Gründen des Naturschutzes nicht gestattet.
Fazit zur Tour auf der Dove-Elbe
Die Dove-Elbe zum Paddeln ist selbst unter Hamburgern nur wenig bekannt, der große Rundkurs aus Dove-Elbe und Gose-Elbe sogar noch ein echter Geheimtipp. Die vielfach überlaufene Außenalster ist die In-Location zum Paddeln, Chillen, Feiern. Wer diesem Trubel mal entgehen möchte, der findet auf der Dove-Elbe den Kontrast und Ruhe. Kaum zu glauben, dass die Dove-Elbe noch zu Hamburg gehört.
INFOS DOVE-ELBE
Strömungen und Gezeiten
Eine Strömung ist kaum auszumachen und dank der Schleusen sind die Nebenarme der Elbe gezeitenunabhängig.
Vermietung und Surf Shop:
- Vermietung ISUPs in Hamburg Curslack
- Surfshop Windsurfing Hamburg am etwa acht Kilometer entfernten Oortkatensee
Restaurants
- Zum Eichbaum, Moorfleeter Deich 477
- Bamboo Thai, Tatenberger Weg 1
- Fährhaus Tatenberg, Tatenberger Deich 162
- Hofladen Stender, Tatenberger Deich 154