Es gibt nicht allzu viele Orte, wo du vor einer malerischen Kulisse und einem Stadtbild, welches von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt worden ist, einfach so mit dem SUP auf Tour gehen kannst. Uns machte das richtig Lust auf die dreistündige SUP-Tour durch das Herz der schönen Hansestadt Lübeck. Ich nenne das Paddelrevier gerne „Amazonas des Nordens“. Die Innenstadt ist von Wasser umschlungen und durchflossen und zeigt sich in wunderschöner Altstadtarchitektur – mit vielen denkmalgeschützten Gebäuden, getrennt von kleinen Gassen.
Als Hamburger haben wir eine kurze Anreise und sind schon ein paar Mal auf verschiedenen Routen durch und um den Altstadtkern gepaddelt. Auf unserer heutigen Tour erweitern wir unsere SUP- Session mit einem Start an der Surfstation des Surf Center Lübeck, direkt an der Wakenitz und in Altstadtnähe. Die Möglichkeiten, das Auto abzustellen, sind in der Altstadt sehr begrenzt und mit Kosten für Parkuhr oder Parkhaus belastet. Außerhalb des Altstadtkerns entspannt sich dann die Situation deutlich. An der Falkenstraße gibt’s diese Probleme kaum, und die Tipps von Malte, dem Leiter der Surfstation, erleichtern uns die Planung unserer Runde und den Einstieg mit den Boards.
SUP-Tour durch Lübeck
„Für die große Runde braucht ihr etwa zwei bis drei Stunden“, erzählt Malte. „Dabei könnt ihr entlang der Strecke immer wieder Pausen machen, irgendwo einkehren und dann weiterpaddeln.“ Malte braucht man gar nicht um Tipps zu fragen, denn irgendwie erzählt er ununterbrochen, was wohl auch seine Anhängerschar aus der Lübecker SUP- Szene mit sich gebracht hat. Neben Familien, die kommen, um ein paar iSUPs zu mieten, stehen Stand-up-Paddlerinnen Schlange, die sich über den Schnack mit dem 38-Jährigen freuen und anscheinend regelmäßig hier Boards mieten. Der Plausch dauert jeweils einige Zeit, denn so richtig wird er von den Frauen gar nicht mehr losgelassen. „Der Mann hat ja einen Schlag bei Frauen“, denke ich – aber das ist ein anderes Thema. Die Surfstation des Surf Center Lübeck ist aber einfach ein Stück weit Treffpunkt der Lübecker SUP-Szene.
Heute strahlt uns der Sommer mit seiner vollen Kraft an. Bei Lufttemperaturen von locker 25 Grad und Schleierwolken haben wir zum Paddeln beste Bedingungen. Wir paddeln ein Stück weit die Wakenitz hinauf, wo auf der östlichen Seite große, prachtvolle Villen mit lang gezogenen Grundstücken gelegen sind. Die hier ansässigen Familien tummeln sich größtenteils in den Gärten oder an ihren Bootsstegen, genießen die Sonne und haben ihre Paddelboote und zum Teil auch SUP- Boards zu Wasser gelassen. Bei diesem herrlichen Sommerwetter wird entweder darauf gepaddelt oder – und das wohl noch häufiger – das SUP-Board als Badeinsel benutzt. Das Wasser ist an diesem Spätsommertag mit gut 20 Grad auf dem Saison-Höhepunkt, sodass hier gern gebadet wird. Auf der einen Seite bestaunen wir also die Villen und auf der anderen Seite verläuft der Wanderweg entlang der Wakenitz. Wir passieren den Kanusportverein und dann das Naturbad Falkenwiese, das Freibad, das im Sommer oft gut besucht ist. Der etwas später auftauchende Segelverein mit Segelschule bietet Gastronomie zur linken und rechten Seite.
Lübecks Altstadt mit dem SUP erkunden
Wir paddeln indes weiter in südliche Richtung, haben gegen die Strömung jetzt intensiver zu paddeln. Oder ist es eher der Wind, der heute mit drei Windstärken aus südlicher Richtung kommt und kabbelige Wasserbedingungen entstehen lässt? Vor der Moltkebrücke geht es an der Brücke Wakenitzufer rechts ab und darunter hindurch, endlich nehmen wir über die Düker Kurs auf die Altstadt. Tatsächlich macht dieser Kanal, die Düker, die SUP-Tour „zu einer herrlichen Runde einmal um den Pudding“, erzählt Frank Ziboll vom Surf Center Lübeck, oder besser gesagt es ist der Klassiker: die „Altstadtrunde“. Auf der Düker genießen wir das Flair einer Wohnstadt mit kleinen Gärten links und rechts des Kanals, und ein bisschen erinnert uns dieser Abschnitt an die Gärten in Friedrichstadt, der Holländerstadt in Nordfriesland.
Was auf der einen Seite gemütlich ist, kann auf der anderen Seite für ungeübtere Stand-up-Paddler herausfordernder sein, denn die beiden Brücken, die im Zuleitungskanal durchpaddelt werden, haben von Mal zu Mal weniger Durchfahrtshöhe. Bei der zweiten Brücke müssen wir uns auf dem Board schon hinzusetzen, was zumindest auf dem nur 24 Inch schmalen Raceboard eine kippelige Angelegenheit ist. Der Zuleitungskanal endet für uns gefühlt viel zu früh, so positiv überrascht sind wir von der Kulisse und müssen unsere Boards jetzt in den Stadtkanal überzusetzen.
War eben noch alles klein und beschaulich, so paddeln wir nun auf einer Wasserstraße, die breiter ist, grundsätzlich etwas welligere Bedingungen hat und auf der nicht wenig Schifffahrt verkehrt. So zum Beispiel fahren die Ausflugsboote, Barkassen genannt, genauso um den historischen Altstadtkern wie wir. Berufsschifffahrt hat immer Vorrang, für gutes Miteinander bitte ausreichend (!) Abstand halten.
Paddeln auf der Obertrave
Wir paddeln auf der Kanaltrave Richtung Süden weiter, das Wetter zieht sich zu, und kurz hinter der imposanten Brücke der Wallstraße biegen wir rechts ab auf die Obertrave und damit auf ein sehr kurzweiliges Teilstück unserer Paddelrunde. Auf der rechten Seite geht es vorbei am Restaurant Alte Mühle und einem am Wochenende kostenlosen Parkplatz. Hier kann man sein Board auch einsetzen, von hier aus haben wir bei früheren Besuchen in Lübeck schon mal auf dem Mühlenteich und Krähenteich eine Extrarunde gedreht.
Weiter geht es auf der Obertrave Richtung Norden und damit an der sehenswerten Altstadt und Innenstadt vorbei. Anfänglich sind es Wohnbauten, die noch durch die Straße An der Obertrave und einen Grünstreifen vom Wasser getrennt sind. Gern sitzen hier Einheimische und genießen das Ambiente mit dem Fluss vor sich. Auf der linken Seite ist es der Malerwinkel, der, wie der Name schon sagt, bei Malern und Fotografen beliebt ist, weil sich von diesem Winkel aus eine besonders attraktive Perspektive der Altstadt mit den zahlreichen Kirchen ergibt.
Und genau hier, in Höhe der Dankwartsbrücke, ist es mit der grünen Kulisse und dem vielleicht „heimeligen“ vorbei, und uns zeigt sich die Stadt von ihrer vielbesuchten, belebten Seite. Cafés und Restaurants wechseln sich ab, es wird viel draußen gesessen, und es ist zugleich auch das Viertel, das die meisten Touristen anzieht. Die Barkassen starten nicht ohne Grund hier für ihre Rundfahrten. Auf der linken Seite stehen die historischen Salzspeicher, die zwischen 1579 und 1745 im Stil der Backsteinrenaissance und des Backsteinbarock gebaut wurden. Sie dienten zu jener Zeit, wie der Name schon sagt, der Speicherung des Salzes, welches aus Lüneburg und Bad Oldesloe herangeschifft und an Länder wie Norwegen weiterverkauft wurde, um dort den gefangenen Fisch zu konservieren. Der damalige Reichtum der Stadt begründete sich zu guten Teilen auf diesem Handel, heute ist im Salzspeicher ein Textilkaufhaus beheimatet.
Nur zu schade, dass die Salzspeicher und die angrenzende Holstenbrücke die Sicht auf das bundesweit bekannte Holstentor weitgehend versperrt. Das Wahrzeichen der Stadt gehört zu den Überresten der Lübecker Stadtbefestigung und ist das einzige erhaltene von ehemals drei Holstentoren. Heute befindet sich in den Räumlichkeiten das Stadtgeschichtliche Museum von Lübeck. Wissensquiz für zwischendurch: Auf welchem DM-Geldschein war das Holstentor abgebildet? Genau – auf dem 50-Mark-Schein.
Die Untertrave
Wir lassen die Holstenbrücke hinter uns und damit den Teil unserer SUP-Runde, den viele als den kurzweiligsten Teil beschreiben, denn das größte gastronomische Angebot mit den Möglichkeiten, auch draußen sitzen zu können, gibt es in genau diesem Abschnitt. Wer Hunger oder Durst hatte, sollte sich bis hierher darum gekümmert haben. Die Untertrave ist weitaus breiter, und je nördlicher wir kommen, desto kabbeliger wird daher auch das Wasser. Wir paddeln an einem weiteren Startpunkt für Stadt-, Kanal- und Hafenrundfahrten vorbei und erhaschen einen Blick auf den Lübecker Marzipan Speicher, wo man nicht nur Marzipan kaufen kann. Es gibt eine echte Marzipan-Schule und eine Marzipan-Show. Ja, wir sind in Lübeck!
„Ja, wir sind in Lübeck,“ geht uns erneut und erfreut durch den Kopf, als wir den am stärksten frequentierten Abschnitt hinter uns lassen, denn es geht hier im Vergleich zu den Hotspots der Hamburger Außenalster immer noch deutlich gemächlicher und ruhiger zu. An so einem Sommertag sind in Hamburg vermutlich 30-mal so viele Menschen auf dem Wasser unterwegs, und hier freuen wir uns sogar, wenn wir mal andere Stand-up-Paddler zu Gesicht bekommen.
Es geht an dem Theaterschiff und einigen im Museumshafen liegenden historischen Booten vorbei, und wir nähern uns geradewegs der Wassertreppe Lübeck (auch Drehbrückenplatz genannt), die zu einer Pause einlädt. Der neue Lieblingsplatz der Lübecker wurde 2020 neu gestaltet und zieht seitdem noch mehr Menschen an. Die Boards holen wir kurz an Land, kaufen Fischbrötchen und Pommes und chillen ein wenig auf dieser breit angelegten und nett aus Holz gestalteten Plattform.
Weiter geht es am Media Dock Lübeck an exklusiven Motorbooten vorbei und dann entlang der alten Hafenanlagen, an denen ein historisches, restauriertes Schiff, die Lisa von Lübeck, liegt, die aussieht wie das Piratenschiff Black Pearl aus „Fluch der Karibik“. Und haben die Kinder nicht eben noch den Piratenkapitän Johnny Depp alias Captain Jack Sparrow gesehen?!
Wir sehen schnell zu, dass wir in kein Piratengefecht kommen und paddeln Richtung Osten und dabei unter der Hubbrücke hindurch in den Stadtkanal. Ein paar Minuten weiter, und es gäbe jetzt an der Kanu-Einsetzstelle eine gute Gelegenheit, die Tour zu beenden, denn unser Ausgangspunkt dieser wunderbaren Nachmittags-SUP-Runde ist nur vielleicht 100 Meter entfernt.
Den Stadtgraben lassen wir schnell hinter uns
Oder soll es eine etwas verlängerte SUP- Tour sein? Vom Piratenschiff paddeln wir dafür ebenfalls etwa 200 Meter in nördliche Richtung. Aber anstatt nach Osten abzubiegen, geht es für uns kurz in westliche Richtung (nach links), um sofort runter in den Stadtgraben einzubiegen, der in etwa parallel zur Untertrave und Obertrave verläuft, nur eben ein Stück weit westlich gelegen und mit anderer Stimmung: Der Stadtgraben verläuft entlang von Bahnschienen, großen Werkhallen und den Parkplätzen großer Hotels. Und irgendwie fehlt es uns hier an Anziehungspunkten, an Natur, an Plätzen zum Chillen. Zum Paddeln ist der Stadtgraben nicht unsere erste Empfehlung, sondern eher eine Option, um nicht dieselbe Strecke wieder hinunterzupaddeln. So paddeln wir diesen Törn mit ein bisschen mehr Speed runter, und nach etwa zwei Drittel der Wegstrecke zur in etwa parallel verlaufenden Untertrave und Obertrave können wir links zur Obertrave abbiegen oder machen den Abschnitt mit dem Stadtgraben bis zum Ende und biegen zurück auf den Stadtkanal und nehmen Kurs auf die Kanu-Einsetzstelle.
Fazit zur SUP & The City Tour Lübeck:
SUP-Touren in der Hansestadt Lübeck sind auch eine weite Anreise wert. Die historische Altstadt kann mit dem SUP- Board gut erkundet werden, und immer wieder locken Cafés, Eisdielen oder einfach nur schöne Kulissen zum Halten und Verweilen. Aufgrund der nur geringen Strömungen kann die Tour in beide Richtungen gefahren werden. Weiterhin bietet Lübeck viele weitere Sehenswürdigkeiten und einige Museen, die sich bei einem Spaziergang durch die kleinen Gassen und Gänge auch gut zu Fuß erkunden lassen: In Lübeck liegt alles nah beieinander, und wir werden nicht das letzte Mal in Lübeck zum SUPen gewesen sein.
SUP-Adressen in Lübeck:
- SUP Station Surf Center Lübeck, Falkenstr. 56, 23552 Lübeck, von Mai bis September geöffnet.
- Surf Center Lübeck, Shop in Lübeck
- Paddelpoint Lübeck
- Boardrider, Shop in Lübeck
Weitere nützliche Links:
Touristeninformation Lübeck, Informationen zu Sehenswürdigkeiten und Kultur in Lübeck
Restaurant Alte Mühle, Restaurant am Mühlensee