Spot Guide NiederlandeDie besten Spots am westlichen Ijsselmeer

Chris Hafer

 · 08.10.2023

Chris Hafer fühlt sich wohl und zwirbelt eine Halse vor den Hafen von Andijk.
Foto: Chris Hafer
Spot-Reporter Chris Hafer aus dem Ruhrgebiet stellt euch in diesem Guide keine exotische Neuentdeckung vor, sondern eine Wiederentdeckung des Reviers, an dem er einst das Surfen lernte. Nicht nur die Ost-, sondern auch die Westseite des Ijsselmeers ist einen Besuch wert.

Diese fünf Spots haben wir für Euch wiederentdeckt:

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Revier Ijsselmeer West

Es muss irgendwann im Sommer des Jahres 1628 gewesen sein: Auf der Werft in Lelystad wurde gerade das Segelschiff Batavia fertiggestellt – ein sogenannter Ostindienfahrer, der nur ein Jahr später auf seiner ersten Fahrt an einem Riff vor der Westküste Australiens zerschellte. Die anschließende Meuterei unter den Schiffbrüchigen sowie die spätere Rettung und Hinrichtung der Meuterer machten die Batavia berühmt – oder besser berüchtigt.

Gefühlt ungefähr zu dieser Zeit muss es auch gewesen sein, als ich das erste Mal gegenüber von Lelystad in Enkhuizen Surfmaterial zum Wasser schleppte und in See stach, genauer gesagt ins Ijsselmeer – das jedoch eigentlich kein Meer ist, sondern nur ein abgedeichter Teil der Nordsee.

Das geschützte Ijsselmeer hat sich mit seiner geringen Wassertiefe zu einem beliebten, sicheren Wassersportrevier entwickelt.Foto: Chris HaferDas geschützte Ijsselmeer hat sich mit seiner geringen Wassertiefe zu einem beliebten, sicheren Wassersportrevier entwickelt.

Wir schreiben das Jahr 2023, und vor Lelystad liegt wieder die Batavia. Okay, nicht die echte – deren Überreste liegen in Geraldton, Westaustralien, teils im Museum und teils auf dem Meeresboden –, sondern der Nachbau, der zwischen 1985 und 1995 in Lelystad möglichst originalgetreu gefertigt wurde und dort nach einem Ausflug bis nach Australien (diesmal ohne Riffkontakt) nun als Kernstück eines Museums dient, das sich auch mit dem Handel der Ostindienkompanie und dem damaligen Reichtum der Niederlande aus dem Welthandel beschäftigt.

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Und auch ich schleppe wieder mein Surfmaterial in Enkhuizen zum Wasser. Einem Ort, der erahnen lässt, wie reich die Niederlande und speziell die Städte, die vom Handel profitierten, gewesen sein mussten. „Back to the roots“ quasi – zurück an die Anfänge meiner Surflaufbahn. Ich bin inzwischen zwar auch schon mehrfach an australischen Riffen zerschellt, aber irgendwie treibt es mich dann doch zu den Ursprüngen zurück.

Der größte Binnensee der Niederlande

Riffe gibt es zwar keine im Ijsselmeer, aber für die Seefahrt und die Finnen im Besonderen stellen die Sandbänke und das teilweise flache Wasser im Uferbereich eine ähnliche Gefahr dar. Vor allem im Herbst und Winter, wenn der Wasserspiegel des Ijsselmeeres gesteuert abgesenkt wird, ist Vorsicht geboten, zumal das Wasser relativ trüb ist und man die Untiefen eher an den brechenden Wellen erkennen kann. Dafür bieten die Spots aber gerade bei Nord- und Ostwindlagen, die ja scheinbar immer häufiger vorherrschen, perfekte Bedingungen für fast jede Könnensstufe.

Das Ijsselmeer ist der größte Binnensee der Niederlande und erst 1932 durch Eindeichung entstanden. Im Norden durch den Abschlussdeich zur Nordsee, im Südwesten durch den Houtribdijk vom Markermeer, an dem auch Amsterdam liegt. Durch die Deiche und geringe Wassertiefe hat sich das geschützte Ijsselmeer zu einem beliebten und sicheren Wassersportrevier entwickelt.

Wiederentdeckung der Westküste des Ijsselmeers

Viele Windsurfer kennen die Ostseite mit Spots wie Makkum, Hindeloopen, Stavoren – die Westseite hingegen dürfte für viele eine Neuentdeckung darstellen. Oder eben, wie in meinem Fall, eine Wiederentdeckung. Warum ich eigentlich so lange nicht mehr hier war, frage ich mich. Auf dem Wasser ist viel Platz und auch der obligatorische Fußmarsch mit längeren Slalomfinnen wird aufgrund der durchweg guten Infrastruktur an den Spots wieder wettgemacht.

Mit langen Slalom-Finnen ist hin und wieder Fußmarsch angesagt.Foto: Chris HaferMit langen Slalom-Finnen ist hin und wieder Fußmarsch angesagt.

Generell herrscht eine sehr entspannte Atmosphäre auf und am Wasser, die man auch in den Ortschaften wiederfindet, hektisch oder überlaufen wirkt hier nichts. Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass im beschaulichen Medemblik eher Segler statt Windsurfer in den Cafés sitzen und das örtliche Bier oder sonstige niederländischen Spezialitäten genießen. Denn die Häfen sind gut besucht von Booten aller Größen – der Ton des Windes in den Wanten der Masten gibt verlässlich darüber Auskunft, ob sich für den Windsurfer ein Blick über den Deich schon lohnt beziehungsweise welche Segelgröße zu empfehlen ist.

Bei einem Feierabendbier im schwindenden Licht am Deich sehe ich mich vor meinem inneren Auge damals nach meinem ersten Surftag – und hinten im Dunst, das sieht fast aus wie ein altes Segelschiff.


Die besten Windsurf-Spots am westlichen Ijsselmeer

Fünf verschiedene Spots auf der Westseite des Ijsselmeers stellen wir euch im Guide vor.Foto: Google MapsFünf verschiedene Spots auf der Westseite des Ijsselmeers stellen wir euch im Guide vor.

1. Medemblik

Südlich vom Olympiastützpunkt des niederländischen Segelverbandes befinden sich Parkplätze, sanitäre Anlagen und ein Café. Der Einstieg erfolgt über Sand und Muscheln, Schuhe sind daher empfehlenswert. Der linke Bereich, abgegrenzt durch gelbe Tonnen, ist Naturschutzgebiet und Befahren unter Bußgeldandrohung verboten. Bitte auch beachten.

Als Faustregel auf dem Ijsselmeer gilt: Wo die Wellen brechen, ist Vorsicht geboten. In Medemblik reicht der Stehbereich bis 300 Meter vor den Strand.Foto: Chris HaferAls Faustregel auf dem Ijsselmeer gilt: Wo die Wellen brechen, ist Vorsicht geboten. In Medemblik reicht der Stehbereich bis 300 Meter vor den Strand.

Der Stehbereich reicht bis circa 300 Meter vor den Strand, im ersten Drittel liegen Sandbänke und es ist teilweise sehr flach. Als Faustregel gilt, da wo die Wellen brechen, ist Vorsicht geboten.

Die besten Windrichtungen sind von Nord über Ost bis Süd. Bei auflandigem Nordost bietet sich als Challenge ein Halbwindschlag bis Andijk an. Bei Nord- bis Ostwind können sich schnell die Ijsselmeer-typischen kurzen, steilen Wellen für Bumpand-Jump-Bedingungen bilden.

Wichtig: Ende Mai bis Anfang Juni findet in Medemblik die Allianz Regatta statt, der größte niederländische Segelevent, vergleichbar mit der Kieler Woche. Entsprechend voll sind dann nicht nur die Unterkünfte, sondern auch auf dem Wasser und am Strand wird es sehr voll.

MedemblikFoto: surf MagazinMedemblik

2. Andijk

In der Nähe des Yachthafens, direkt vor dem Dorf Kerkbuurt, befindet sich der kleine Strand, mit Wiese zum Aufriggen, sanitären Anlagen und kostenfreiem Parkplatz. Anders als in Medemblik ist der Untergrund hier sandig, ohne Muscheln. Der Stehbereich ist circa 350 Meter breit, vor der Hafeneinfahrt wird es dann tief. Bitte auf Schiffsverkehr achten. Bei Wind aus westlichen Richtungen bleibt es relativ flach, bei nördlichen Richtungen entsteht wie in Medemblik schnell eine steile Windwelle.

An der Hafeneinfahrt von Andijk sollte man gut auf Schiffsverkehr achten.Foto: Chris HaferAn der Hafeneinfahrt von Andijk sollte man gut auf Schiffsverkehr achten.Spotbeschreibung AndijkFoto: surf MagazinSpotbeschreibung Andijk

3. Enkhuizen

An der Nordseite der Stadt Enkhuizen befindet sich ein kleiner Strand mit Wiese zum Aufriggen und kostenfreiem Parkplatz. Es gibt eine Station der Reddingsbrigade (niederländische DLRG), sanitäre Anlagen waren zum Zeitpunkt des Besuches allerdings nicht vorhanden, da das Café und der angrenzende Campingplatz geschlossen waren. Der Stehbereich ist auch hier mit 300 Metern Breite relativ groß, der Untergrund ist sandig.

Der Stehbereich  bei Enkhuizen ist zirka 300 Meter breit.Foto: Chris HaferDer Stehbereich bei Enkhuizen ist zirka 300 Meter breit.

Aus nordöstlichen Richtungen bläst es auflandig, auch hier ist es erstaunlich, wie schnell sich dann die berüchtigte Ijsselmeer-Welle aufbaut und Bump-and-Jump-Bedingungen angesagt sind. Für Ein- und Aufsteiger ist es bei Sideshore-Wind aus Nordwest oder Südost bis Süd mit glattem Wasser am besten. Mit langen Slalom-Finnen ist hin und wieder Fußmarsch angesagt.

Spotbeschreibung EnkhuizenFoto: surf MagazinSpotbeschreibung Enkhuizen

4. Trintelhafen

Mit Sicherheit ein ungewöhnlicher Surfspot. Der Spot Trintelhafen ist quasi nur ein Parkplatz auf dem Houtribdijk, dem Verbindungsdeich zwischen Lelystad und Enkhuizen, wo sich selbst das dortige Café „Checkpoint Charlie“ als im Outback gelegen bezeichnet.

Trintelhafen: Surfspot auf dem Verbindungsdeich Lelystad–Enkhuizen.Foto: Chris HaferTrintelhafen: Surfspot auf dem Verbindungsdeich Lelystad–Enkhuizen.

An der Nordseite vom Parkplatz muss man sein Material nur wenige Meter über den Deich bis ans Wasser tragen. Dort sind die gespannten Fischernetze zu beachten, doch es steht mehr als genug Wasserfläche zur Verfügung. Hier funktioniert fast jede Windrichtung – nur bei Westwind sorgt der Deich im Uferbereich für ein wenig Windabdeckung. Im Gegensatz zu den übrigen Spots wird es relativ schnell tief. Wenn das Café geöffnet ist, stehen auch sanitäre Anlagen zur Verfügung.

Spotbeschreibung TrintelhafenFoto: surf MagazinSpotbeschreibung Trintelhafen

5. Lelystad

Direkt am Beginn des Deiches zwischen Ijssel- und Markermeer liegt ein kleiner Strandabschnitt, wo man auf dem Markermeer, also der westlichen Wasserfläche, surfen kann. Watersportstrand Bataviastrand oder Hoekipa Dijk nennt sich der Strand. Auch wenn eine gewisse Ähnlichkeit beim Namen besteht, mit Hookipa hat der Surfspot wenig zu tun. Allerdings ist er die beste Option, um bei Winden aus westlicher Richtung auflandigen Wind mit etwas Bump-and-Jump-Bedingungen abzubekommen. Der Sandstrand fällt relativ schnell ab, das Stehrevier ist hier kleiner als an den anderen Spots.

Lelystad: Klassisches Holland eben. Nicht vom Namen „Hoekipa Dijk“ täuschen lassen.Foto: Chris HaferLelystad: Klassisches Holland eben. Nicht vom Namen „Hoekipa Dijk“ täuschen lassen.Spotbeschreibung LelystadFoto: surf MagazinSpotbeschreibung LelystadLegende zu den SpotbeschreibungenFoto: surf MagazinLegende zu den Spotbeschreibungen

Spot-Infos Ijsselmeer

Anreise

Aus dem Ruhrgebiet ist man in rund drei Stunden da, unter Beachtung des Tempolimits von 100 km/h in Holland zwischen 7.00 und 19.00 Uhr. Das sollte man besser auch beachten, die Bußgelder in den Niederlanden sind gesalzen. Aus dem Kölner Raum muss man eine knappe Stunde Fahrtzeit draufrechnen – länger als an die Ostseite des Ijsselmeers, um an Spots wie Hindeloopen zu gelangen, braucht man nicht.

Wohnen und Campen

Wildes Campen ist verboten und auch mit hohen Bußgeldern belegt. Es gibt eine Reihe von Campingplätzen:

Alternativ gibt es eine Reihe von Ferienwohnungen und Hotels in der Gegend, etwa über Airbnb oder auch im Bungalowpark Zuiderzee.

Surfschulen und Shops

Surfshops sucht man vergebens in dieser Region, in Medemblik gibt es einige Segelläden. Also besser eigenes Material und Ersatz mitnehmen. In Enkhuizen gibt es eine Surfschule Toms Beach & Surf.

Wind & Wetter, Neoprenempfehlung

Im Wesentlichen liegt Holland, und damit auch das westliche Ijsselmeer, in einer Westwindzone, bei der Tiefdruckgebiete über Großbritannien entsprechend für Belüftung aus meist südwestlicher Richtung sorgen. Allerdings haben die letzten Jahre gezeigt, dass besonders zur warmen Jahreszeit immer häufiger auch längere Perioden mit Winden aus Nord oder Ost herrschen. Und gerade dann spielt die Westküste des Ijsselmeers ihre Vorteile aus, während an der gegenüberliegenden Seite, beispielsweise in Hindeloopen, der Wind ablandig und böig weht. Das flache Ijsselmeer wärmt sich schnell auf, somit kann man im Sommer oftmals den Shorty rausholen. Im Frühjahr und Herbst empfiehlt sich dagegen ein warmer 4/3eroder 5/3er-Neo, auch stark abhängig von der Wetterlage. Schuhe sind definitiv eine Empfehlung, da man im trüben Wasser nicht sieht, wohin man tritt.

Windstatistik rund MedemblikFoto: WindfinderWindstatistik rund Medemblik

Gut zu wissen

Die Spots sind grundsätzlich für fast jedes Niveau geeignet. Für Anfänger, die hier wie damals der Verfasser des Guides den Beachstart lernen wollen, bis hin zum ambitionierten Surfer, der Spaß an Bump and Jump oder anspruchsvollen Bedingungen mit Kabbelwelle und kleinen Sprungrampen hat.

An den Spots sind in der Regel auch viele Kitesurfer auf dem Wasser, es herrscht eine friedliche Koexistenz, genug Platz für alle ist jedenfalls da! Mit den Sandbänken sollte man vorsichtig sein, um unliebsame Schleuderstürze mit Folgen für Mensch und/oder Material zu vermeiden.

Die Infrastruktur ist an fast allen Spots sehr gut und die Wege zwischen den Spots relativ kurz. Es lohnt sich ein Blick über den Deich an verschiedenen Stellen.

Alternativprogramm

In Lelystad bietet die Museumswerft, auf der neben der eingangs erwähnten Batavia auch viele andere historische Schiffe auf traditionelle Weise nachgebaut oder restauriert werden, einen sehr interessanten Einblick in frühere Zeiten und Handwerkskunst.

Medemblik hat neben vielen Museen im Ort auch den sogenannten Stoomtram, eine traditionelle Dampflok, mit der Fahrten nach Hoorn möglich sind, wenn man sich mal wie Lukas der Lokomotivführer fühlen will. Die Burg von Medemblik aus dem 13. Jahrhundert ist mit ihrem Museum auch für Kinder interessant und sehr schön am Ijsselmeer gelegen.

Das Zuiderzeemuseum in Enkhuizen vermittelt einen Eindruck von der früheren Bedeutung der Stadt als Handelshafen und auch von der Geschichte des künstlich, durch Eindeichung angelegten Ijsselmeeres. Es gibt außerdem ein Freilichtmuseum mit historischen Gebäuden und viel Sehenswertem.


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