Leaver dea as slaef – „Lieber tot als Sklave“, so lautet ein Wahlspruch der Friesen, der auf Fahnen, Häusern und auch auf einem Stein am Roten Kliff südlich des Surfspots Stavoren zu lesen ist. Wo heute gesurft wird, hatten im Mittelalter die Friesen lange für ihre Unabhängigkeit gekämpft und diese durch die Schlacht bei Warns, nahe Stavoren, im Jahre 1345 letztlich auch gewonnen. Etwas, auf das die Friesen bis heute stolz sind. So wird alljährlich der Jahrestag der Schlacht bei Warns am Roten Kliff feierlich begangen. Stolz können die Friesen am Ijsselmeer auch noch auf andere Dinge sein, etwa auf ihre Surfspots im Nordosten des Binnenrevieres.
Teilweise haben die Strände der ehemaligen „Zuiderzee“ auch heute noch ein wenig Südsee-Flair, zumindest bei passendem Wetter. Ähnlich wie die Südsee ist das Ijsselmeer in diesem Bereich auch ein eher ruhiges Revier und der Mangel an Riffen wird durch ausreichend Sandbänke wieder wettgemacht.
Die flachen Stehbereiche und eine sehr gute Infrastruktur machen die Ostseite des Ijsselmeers zu einem perfekten Ein- und Aufsteigerrevier und einem Hotspot der holländischen und westdeutschen Szene. Umso erstaunlicher ist es, dass man unweit abseits bekannter Surfhochburgen wie Makkum oder Hindeloopen noch relativ leere und wenig frequentierte Strandabschnitte zum Surfen findet – wie etwa Stavoren.
Vielen Spots gemeinsam ist, dass sie am besten bei südwestlichen bis nordwestlichen Winden funktionieren. Dann kommt der Wind side- bis sideonshore. Bei Westwinden bedarf es oft ein ganzes Stück Fußweg, bis man die ganz flachen Bereiche überwunden hat, um sich dann mit der kurzen steilen Ijsselmeerwelle auseinanderzusetzen. Weht der Wind mal aus östlichen Richtungen, dann gibt es eine ganze Reihe von Binnengewässern als Alternativen.
Allgemeine Infos:
Wind, Wetter & Neoprenempfehlungen: In Holland braucht man für gute Windsurfbedingungen ein Tiefdruckgebiet, welches vom Atlantik aus ostwärts zieht. Speziell im Frühjahr und Herbst ist daher die Wahrscheinlichkeit ein Tief abzupassen höher als im Sommer. Im Sommer kann es zu stabilen Ostwindlagen kommen, was für die Ostseite des Ijsselmeeres dann ablandigen Wind bedeutet. Ist nur leichter Wind aus westlichen Richtungen aber dafür Sonne angesagt, kommt es regelmäßig zu thermischen Verstärkungen und man erfreut sich vor Ort über ein paar Knoten mehr als eigentlich angesagt.
Luft- und Wassertemperaturen liegen im Sommer durchschnittlich bei 17-18 Grad, ein Kurzarm oder 4/3-Langarm sind dann ausreichend. Wer früh oder spät im Jahr unterwegs ist, oder ein ordentliches Tiefdruckgebiet erwischt, sollte einen 5/3er-Langarmneo dabei haben, ebenso Schuhe, da an einigen Spots auch Steine im Wasser lauern.
Die Wassertemperatur des Ijsselmeeres passt sich aufgrund der geringen Wassertiefe schneller an die Lufttemperatur an als beispielsweise die offene Nordsee. Das gilt sowohl positiv im Frühjahr als auch negativ im Herbst. Die großen Stehbereiche bieten auf der anderen Seite aber gerade bei kalten Temperaturen einen gewissen Komfort und Sicherheit – einfach wieder Aufsteigen ist ohne langes Schwimmen möglich, Abtreiben fast unmöglich. Daher ist man hier auch an kalten Wintertagen nie alleine auf dem Wasser.
Wohnen & Campen: In Holland ist wildes Campen generell verboten, es drohen Bußgelder bis zu 100 Euro. Es lohnt sich nicht nur deshalb einen der zahlreichen Campingplätze anzusteuern oder gleich eine Ferienwohnung oder ein Appartement zu mieten. Diese gibt’s oft direkt am Spot. Eine Camping-Auswahl haben wir hier für euch zusammengestellt:
Makkum
- De Hollepoarte (www.hollepoarte.nl/de)
- Sotterum (www.sotterum.nl)
Workum
- It Soal Aquaresort (www.itsoal.nl/de)
- Camping Suderse (http://suderse.nl/de/)
Hindeloopen
- Camping Hindeloopen (www.campinghindeloopen.nl)
- Camping Schuilenburg (www.camping-schuilenburg.nl)
Molkwerum
- Camping Séleantsje (www.surfcamping.nl)
Stavoren
- Marina Stavoren (direkt am Surfspot, Anmeldung im Restaurant Potvis; www.de-potvis.nl)
- Camping Sudermeer (www.campingsudermeer.nl)
Local-Tipp: Wer immer schon einmal in einem Weinfass wohnen wollte, sollte unbedingt das Hotel Vrouwe van Stavoren (www.hotel-vrouwevanstavoren.nl) in Betracht ziehen!
Surfschulen & Shops: Abgesehen vom Spot Stavoren finden Ein- und Aufsteiger an jedem Strandabschnitt gut ausgestattete Surfschulen, an denen man Kurse buchen und Windsurfmaterial sowie SUP-Boards ausleihen kann. Vielen Schulen ist auch ein Shop angeschlossen:
Makkum
- Funsport Makkum (www.funsportmakkum.nl)
- Surf Makkum (www.surf-makkum.com/de)
Workum
- Core ’n More Surfshop (www.corenmore.nl)
- Soal Surf (soalsurf.nl)
Hindeloopen:
- Gearfreak NL, am Strand des Campingplatzes Schuilenburg (www.gearfreak.nl)
- OK Kite & Surfschule (www.oksurf.de)
Schattenseiten: Teilweise befinden sich Buhnen und Steine im Wasser (Hindeloopen), ansonsten sind die Sandbänke und das flache Wasser wie geschaffen für Schleuderstürze und Finnenschäden. Im späten Herbst wird der Wasserspiegel des Ijsselmeeres um 20-30 Zentimeter künstlich abgesenkt, um die Deiche vor Schäden zu schützen. Die flachen Bereiche der Spots werden dann entsprechend noch seichter. In der Hauptsaison tummeln sich auch viele Kiter und Kiteanfänger an den Spots.
Alternativprogramm: Sollte einmal kein Wind wehen, bietet sich das flache Umland mit seinem perfekten Radwegenetz für Fahrradtouren an. Wer sich vom Wasser nicht trennen will, der sollte mit einem SUP auf Erkundungstour in den zahllosen Kanälen und Grachten gehen, auch Touren von einem Ort zum anderen sind ohne Weiteres möglich. Leuwaarden, etwas nordöstlich gelegen, bietet als alte Universitätsstadt viel Flair und zahlreiche Partymöglichkeiten. Workum, Makkum, Hindeloopen und Stavoren lassen als ehemalige Handelsstädte mit direktem Zugang zu den Handelsrouten der Nordsee noch den Wohlstand vergangener Zeiten erahnen, mit Häusern wie aus dem Bilderbuch. Hier findet man neben vielen kleinen Geschäften auch ein reichhaltiges Angebot an Restaurants & Bars. Besonders empfehlen können wir das Restaurant & Whiskybar De Koebrug (http://dekoebrug.nl) in Stavoren. Dort dürfte fast jeder aus der umfangreichen Bestückung der Bar einen wärmenden Tropfen finden und sich kurzzeitig in Schottland wähnen.
Die besten Spots am östlichen Ijsselmeer
1) Makkum
Dieser Top-Spot war schon Austragungsort der damals sehr populären One-Hour-Slalomveranstaltung. Makkum unterscheidet sich vom Ambiente deutlich von den anderen Surfspots an der Ostseite des Ijsselmeeres, mit Hotelburgen anstelle von Deichen und Schafen. Vor Makkum wird durch das Beach Resort im Süden und einer Landzunge im Norden eine Bucht gebildet. In der Mitte der Bucht reicht eine begehbare Mole weit ins Wasser hinein und teilt so die Bucht in zwei Bereiche. Auch noch hinter dem Endpunkt der Mole bleibt das Wasser für weitere hundert Meter knietief, bevor man an die Nutzung längerer Finnen denken kann – perfekt zum Manöverüben, Freestylen und für Aufsteiger. Das Windfenster deckt alle westlichen Richtungen ab, Südwest und Nordwest sind aber ideal. Ostwind ist kein Tipp, Molkwerum oder Stavoren bieten dann Alternativen. Bei warmem Wetter sollte man in Makkum auch die vielen Schwimmer im Auge behalten!
2) Workum
Schaut man vom Hafen Hindeloopens gen Norden, denkt man zunächst an eine Fata Morgana – ein weißer Sandstrand leuchtet am Ufer. Macht man sich auf die Suche danach, wird man in Workum fündig. Man folgt der Beschilderung zum Campingplatz It Soal und parkt direkt davor auf einem kostenfreien Parkplatz in einem kleinen Wäldchen. Über eine Brücke gelangt man zum feinsandigen Strand. Das Ambiente stimmt also auf jeden Fall, die Wassertiefe ist manchmal jedoch kritisch seicht. Workum ist der Spot, bei dem selbst Wave- oder Seegrasfinnen auch noch weit entfernt vom Ufer an Sandbänken Bodenkontakt bekommen können. Also Vorsicht! Dafür bietet er perfekte Bedingungen für alle Ein- und Aufsteiger, die hier sicher die ersten Meter auf dem Windsurfboard zurücklegen können. Durch den nahen Campingplatz sowie Surfschule und Toiletten ist auch die Infrastruktur einwandfrei, allerdings muss man ein wenig auf die ebenfalls in der Bucht stattfindenden Kiteschulungen achten.
3) Hindeloopen
„Loopen“ bedeutet „laufen“, und das ist auch Programm in Hindeloopen am Ijsselmeer. Zunächst gilt es südlich des Örtchens einmal über den Westerdijk zu kraxeln und dann kann man sich auf einen weiteren Fußweg im Wasser einstellen. Geparkt wird entlang des Deiches, falls man nicht direkt auf dem Campingplatz Schuilenburg wohnt, von wo aus man direkten Wasserzugang hat. Entlang des Surfbereiches, der sich vor dem auf dem Deich befindlichen Pavillon befindet, ragen Holzbuhnen ein Stück weit ins Wasser, aber auch danach bleibt es sehr weit stehtief mit teilweise sehr flachen Sandbänken und einzelnen Steinen im Wasser. Die besten Windrichtungen sind hier Südwest oder Nordwest, bei Westwind muss man erst einige Meter weit laufen oder kreuzen, um den ganz flachen Bereich hinter sich zu lassen. In Richtung Ijsselmeer gesehen rechts des Camping Hindeloopen ist der für Kiter vorgesehene Bereich, nach links ist das Ufer für Surfer freigegeben.
Ein relativ unbeachteter aber nach unserer Meinung guter Spot in Hindeloopen befindet sich direkt in der Stadt: Südlich des Hafens, in der Nähe der Kirche mit dem markanten schiefen Turm, kann man hinter dem Deich kostenfrei parken, zumindest wenn der Ort nicht völlig überlaufen ist. Hier kann man auch bei Westwind, der hier sideshore weht, relativ schnell nach wenigen Metern ins tiefere Wasser kommen, ohne Angst um seine Finne zu haben. Man kreuzt allerdings dabei die Schifffahrtsrinne des Hafens, also unbedingt die Vorfahrt der ein- und ausfahrenden Boote beachten! Dafür ist die Kulisse der Stadt vom Wasser aus grandios und auch für die Freizeitgestaltung nach dem Surfen bietet der Ort mehr als ausreichende Möglichkeiten.
4) Molkwerum
Wer sich nach tieferem Wasser und gefahrlosem Heizen auch mit längeren Finnen sehnt, oder auch mal an Chop Hops oder sonstiger Luftakrobatik feilen will, der findet vor dem Campingplatz Séleantsje den perfekten Spot. Hier ist es meist deutlich leerer als am drei Kilometer entfernten Hotspot Hindeloopen und aufgrund der größeren Wassertiefe kommen hier bei starkem Westwind auch ein paar schöne Rampen zum Springen an. Einen kleinen Stehbereich gibt es auch hier und selbst bei Nordostwind, der vor allem im Frühjahr regelmäßig vorkommt, ist Molkwerum eine gute Alternative zu den dann ablandigen Bedingungen in Makkum & Co. Stichwort „ablandig“: Auch Südwest ist gut fahrbar, im rechten Teil der Bucht gibt’s dann feinstes Flachwasser – eine kurze Freestyle- oder Seegrasfinne ist dann aber wieder ein Muss.
5) Stavoren
Vielleicht der beste Spot in diesem Bereich und noch ein echter Geheimtipp am Ijsselmeer! Südlich der Marina und des Ortes findet man windgeschützte und kostenfreie Parkplätze, Wiesen zum Aufriggen sowie sanitäre Anlagen. Dazu kommt, dass man im Vergleich zu den anderen Spots relativ schnell tieferes Wasser erreicht. Deshalb bauen sich auch hier bei stärkerem Wind schnell Wellen auf, die einem Waveboard auf einem Binnenrevier doch eine Berechtigung geben – ein gutes Bump & Jump-Revier zum Springen und Loops üben. Surfer mit Slalomambitionen finden vor den Sandbänken ausreichend Fahrwassertonnen, um sich einen ganz privaten Trainingskurs zu suchen. Der Spot bietet im linken Bereich einen ausgedehnten Stehbereich, so dass ein perfektes Kombirevier für Surfer aller Könnensstufen vorhanden ist.
Ein letzter Tipp: Warum nicht einmal bei westlichen und damit auflandigen Winden mit Freunden auf Tour entlang der Küste gehen und die oben genannten Surfspots der Reihe nach besuchen – vom Wasser aus, versteht sich!