„Wenn mir jemand bei meinem Einstieg ins Windsurfen gesagt hätte, dass ich vier Jahre später Olympia-Sechste werde, dann hätte ich das sofort genommen.“ Diese ausgewogenen Worte kamen aus dem Mund der 22-jährigen Team-Jüngsten Theresa Steinlein, die ihre herbe Enttäuschung über den so nahen und doch so unglücklich verpassten Halbfinaleinzug mit Blick aufs olympisch Erreichte schnell überwinden konnte. Zwar hatte sie ihr Windsurf-Viertelfinale so grandios bestritten, als wäre es einfach gewesen: Blitzstart, Führung, starker Speed, beständig in den Top-Zwei, alles unter Kontrolle. Doch so ging es am Ende nicht ins Ziel. Die Top-Akteurin vom NRV Olympic Team berichtet selbst, wie sie das Viertelfinale und den am Ende doch noch überraschend geplatzten Traum vom Halbfinaleinzug erlebte, in dem ein Winddreher die zuvor hinterherfahrenden Surferinnen aus Peru und China auf der anderen Kursseite das Rennen wie aus dem Nichts noch gewinnen ließ:
Ich hatte einen mega guten Start, war mega schnell.” Theresa Steinlein
“Ich habe das Feld von Beginn an angeführt, bin dann nach dem Gate als Zweite auf den Upwind gegangen. Fünf Mädchen sind mir hinterhergefahren. Es ging hier jetzt drei Monate lang über die rechte Seite. Deshalb habe ich mich auch heute bemüht, so schnell wie möglich auf die rechte Seite zu kommen. In diesen zwei Minuten ging es dann aber über die linke Seite. Die beiden letzten im Feld haben die linke Seite genommen, weil sie nicht Letzte bleiben wollten. Und haben damit den Lucky Punch gelandet. Manchmal spielt das Glück mit. Das ist heute den zwei Letzten zugefallen, leider nicht mir. Das muss ich so hinnehmen. Das ist halt Segeln. Ich würde die gleichen Entscheidungen nochmal treffen.“
“Resi” Steinlein hat Olympia 2028 im Visier
Die iQFOiL-Aufsteigerin verabschiedete sich mit Größe von ihrer Olympia-Premiere, hat die Fortsetzung ihrer Karriere im Visier. In der Beach-Arena vor den Pitlanes der Finalistinnen sagte Theresa „Resi“ Steinlein: „Wenn alles so bleibt wie in den letzten Jahren, dann mache ich auf jeden Fall weiter. Ich habe das beste Setup mit meinem Trainer Daniel Slijk. Und wir dürfen an einem mega coolen Ort am Gardasee trainieren, können dort ganz viele Wasserstunden sammeln. Dazu der coole DSV-Support – das ist zusammen das Beste, was man haben kann.“
Kördel enttäuscht von seiner Leistung
Weit weniger zufrieden war Sebastian Kördel mit seiner olympischen Woche. Der Weltmeister von 2024 war durchaus als einer der Favoriten im Vorfeld der Spiele gehandelt worden, hatte bei vielen Großereignissen der iQFOiL-Klasse vorne mitgespielt. Aber das Jahr 2024 lief schon vor den Spielen nicht ganz rund, trotzdem kam er als Weltranglisten-Sechster nach Marseille. Dass ihn dann kurz vor den Spielen noch eine schwere Erkältung erwischte, war nicht gerade förderlich. Dann kam der zweite Wettkampftag, an dem für Kördel schon fast alle Chancen auf einen Platz in den Medal-Series verloren ging. Doch Kördel kämpfte sich zurück, gewann zwei Rennen und führte im letzten Rennen der Serie, bis dieses wegen Windmangel abgeschossen wurde. Ein Sieg hätte ihn in die Top-Ten und damit ins Viertelfinal gebracht. So aber blickt der 33-Jährige aus Radolfzell nachdenklich auf die Olympia-Woche zurück: “Jeder liebt eine gute Comeback-Geschichte. Nach einem furchtbaren zweiten Tag habe ich weiter gekämpft, um wieder ins Medaillenrennen zu kommen. Mit zwei Rennsiegen lief es gut, aber am Ende spielte der Wind nicht mit, und ich landete auf Platz zwölf. Das hätte eine schöne Geschichte werden können. Ich bin enttäuscht über meine Leistung und brauche etwas Zeit zum Nachdenken,” schreibt Kördel auf seiner Instagram-Seite .
iQFOiL ein voller Erfolg - Rennformat umstritten
Niemand wird bezweifeln, dass die Entscheidung für das iQFOiL-Material ein Segen für das olympische Windsurfen war. Es gab auch bei wenig Wind schnelle und spannende Rennen zu sehen. Die Mischung verschiedener Kurse brachte auch viele verschiedene Sieger. Auch die Idee eines Marathons war gut, die Umsetzung dagegen eher nicht: Sehenden Auges ließ man die Damen gleich zweimal in eine große Windabdeckung hinter einer Insel surfen, in der sie über lange Zeit rumdümpelten und keine Chance hatten aufs Foil zu kommen. Das war keine Werbung für den Sport. Großartig war dagegen das Livetracking und die Aufnahmen in den Liveübertragungen. Kontrovers diskutiert wird vermutlich auch weiterhin das Platzierungsformat mit den Medal-Series am letzten Tag und die Medaillenvergabe. Braucht man wirklich bis zu 20 Quali-Regatten, um die besten zehn für den Finaltag zu bestimmen? Und dann werden die Viertel- und Halbfinale und auch das große Finale um die Medaillen in jeweils einem, nur siebenminütigen Rennen entschieden? Das macht es zwar super spannend, aber im Sinne der Sportler nicht unbedingt fair. Wir werden sehen, ob das Format bis zu den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles noch einmal überarbeitet wird. Auf jeden Fall hat das Windsurfen bei Olympia mit dem iQFOiL richtig Spaß gemacht.