Wenn es ums Angleiten geht, gilt das alte Seglerprinzip „Länge läuft“ auch beim Windsurfen. Vergleicht man die Boards von vor 20 Jahren mit den modernen Shapes, fällt auf, dass diese heute viel kompakter sind. Ein Freerideboard ist jetzt bei gleichem Volumen knapp 30 Zentimeter kürzer und deutlich breiter als damals. Dies bringt spürbare Vorteile, wenn man erst mal im Gleiten ist: Ein sportlich-kompaktes Gleitgefühl, bessere Kontrolle, eine geringere Tendenz in Halsen zu verschneiden und vor allem mehr Kippstabilität.
In der Phase des Angleitens, also dann, wenn das Brett von der Verdrängerfahrt in die Gleitfahrt übergehen soll, ist auf den kürzeren Boards jedoch eine bestimmte Technik nötig – und wer diese nicht kennt, bekommt mit modernen Boards mitunter Probleme. Häufig kommt es vor, dass das Brett, just in dem Moment, in dem man in die Schlaufe steigen möchte, mit dem Bug wieder in den Wind dreht – die Gleitfahrt endet, bevor sie richtig begonnen hat.
Damit dies nicht passiert, zeigen wir euch im Folgenden die wichtigsten Knackpunkte zur Materialeinstellung und der Fahrtechnik auf dem Wasser.
Die passenden Bretteinstellungen zum Angleiten
Wenn’s auf dem Wasser mal nicht läuft, ist ja „gefühlt“ meistens erst mal das Material schuld. Zumindest im Falle des Angleitens ist die oft bemühte Ausrede aber tatsächlich immer wieder zutreffend, denn frühes Gleiten und die richtigen Materialeinstellungen hängen unmittelbar zusammen. Die häufigsten Fehler:
- zu kleine Boards
- falscher Brett-Typ
- schlechter Segeltrimm
Wir zeigen euch, worauf es ankommt: Wer das Gleiten erst lernt oder nach langer Pause wieder zurück aufs Brett kommt, profitiert von einem Brett mit ausreichend Volumen und Breite. Wie groß das Board sein sollte, hängt davon ab, ob man den Wasserstart sicher beherrscht oder nicht. Wer zwangsweise immer mal wieder Schotstarten muss, sollte ein Board wählen nach der Formel „Körpergewicht + 60 bis 70 Liter = empfohlenes Brettvolumen“. Wer sicher wasserstarten kann, orientiert sich hingegen eher an der groben Faustregel „Körpergewicht + 40 bis 50 Liter = empfohlenes Brettvolumen“.
Allen Auf- und Wiedereinsteigern raten wir zum entspannten Gleiten zur Verwendung von Boards des Typs Freeride. Diese haben einen auf Gleiten optimierten Shape und bieten die Möglichkeit, die Fußschlaufen zu Beginn weit vorne und innen zu montieren – einer der wichtigsten Faktoren beim Lernen des Gleitens. Wer hingegen der Verlockung eines Freerace- oder Slalomboards und der Aussicht auf maximalen Top-Speed erliegt, bekommt Boards, bei denen die Schlaufen nur weit außen auf der Kante sitzen – zu Beginn ist das ein „No go“. Die Schlaufen selbst sollten zu Beginn etwas größer eingestellt werden, idealerweise so, dass der Fuß weiter als nur mit den Zehen reinrutschen kann. Wer sicher in den Schlaufen gleitet, kann die Straps dann schrittweise weiter nach außen montieren und etwas enger machen, das bringt Kontrolle bei hohen Geschwindigkeiten.
Segeltuning für frühes Gleiten
Auch der richtige Segeltrimm hat einen großen Einfluss auf die Gleiteigenschaften. Damit das Segel Vortrieb erzeugen kann, muss sich das eingebaute Profil voll ausbilden können. Dies ist nur der Fall, wenn du das Segel an der Trimmschot (Tampen am Gabelbaumende) nicht zu flach ziehst. Dabei gilt: Zuerst das Vorliek auf das nötige Maß spannen!
Bei Freeride-, Freemove- und Wavesegeln sollte stets ein leichtes Loose Leech – also sichtbare Falten am Achterliek im Bereich der oberen beiden Latten – zu sehen sein. Um dieses zu erreichen, muss man in der Regel schon beherzt zupacken. Am Gabelbaumende hingegen wird nur moderat angezogen – wer sich hier mit dem Fuß abstützt und wie am Vorliek mit voller Kraft durchzieht, killt Segelprofil und damit auch die Gleitleistung komplett. Im fertigen Trimm darf das Segel die Gabel auf der Leeseite durchaus fast berühren.
Richtige Einstellung der Trapeztampen: Einfach mal abhängen...
Früher war es in Mode, mit kurzen Trapeztampen zu surfen – Längen von 18 bis 22 Inch waren weit verbreitet. Aus fahrtechnischer Sicht sind derart kurze Trapeztampen kompletter Unsinn, vor allem, wenn man das Gleiten erst lernt. Warum? Erstens, weil man mit kurzen Tampen sehr nah an der Gabel hängt und dementsprechend wenig Spielraum hat, auf Böen zu reagieren – Schleuderstürze passieren dadurch noch häufiger. Aber auch in Bezug auf frühes Gleiten lösen zu kurze Tampen eine regelrechte Fehlerkette aus, denn: Damit man sich mit kurzen Trapeztampen überhaupt ein- und aushaken kann, muss man zwangsläufig die Gabel niedriger fahren. Dadurch erfolgt die Kraftübertragung aufs Brett nicht mehr optimal, es entstehen Querkräfte, die in der Angleitphase dafür sorgen, dass das Brett mit dem Bug in den Wind dreht.
surf-Tipp: Nutze Variotampen mit einem Verstellbereich von 24 bis 30 Inch und versuche, sofern auch du aktuell noch sehr kurze Tampen fährst, diese schrittweise über einen längeren Zeitraum zu verlängern. Je länger die Tampen, desto höher kann man die Gabel anschlagen. Dies hat den Vorteil, dass die Trapeztampen in eingehaktem Zustand nicht mehr nahezu horizontal stehen, sondern der Zug eher nach unten gerichtet ist. Dadurch kann man in der Angleitphase das Körpergewicht besser über das Trapez auf den Mastfuß übertragen. Im Trapez eingehängt sollten Oberkörper bzw. die Brust und der vordere Fuß in Fahrtrichtung gedreht werden – die entsprechenden Technik-Tipps findest du unten in der Bildergalerie!
Die richtige Angleit-Technik
Das Angleiten lässt sich im Prinzip in drei Phasen unterteilen: Die Vorbereitungsphase, in der du beschleunigst, den Schritt in die vordere Schlaufe sowie das Vollgleiten am Ende. Alle Schritte erklären wir dir oben in der Galerie!