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Es soll Leute geben, die ihr GPS-Gerät auch im Auto während der Heimfahrt nochmal einschalten, um zu sehen, ob es Geschwindigkeiten über 30 Knoten überhaupt messen kann – beim Windsurfen weigert es sich ja beharrlich, solche Zeiten anzuzeigen. Das Ding muss kaputt sein!
Wer ohne technisches Hilfsmittel unterwegs ist und eher das Ziel hat, die Halse endlich mal sauber durchzugleiten oder den angesagten Power-Freestyle-Move auch endlich mal mit "Power" zelebrieren, dem bleibt nur der Spot als Sündenbock: “Zu kabbelig, zu chaotisch, wie soll man da bitteschön ein vernünftiges Manöver machen?!”
Weil es ja am Surfer nicht liegen kann, wird es Zeit fürs Manöverlabor – Spots, an denen die Schläge der Kabbelwellen einem gleichmäßigen Zischen weichen und alles möglich scheint – jeder Trick und Top-Speeds wie auf der Heimfahrt im Auto.
Vor allem im Wattenmeer warten glatte Pisten von Weltklasseformat, aber auch an der Ostsee gibt es die besonderen Spots abseits der bekannten Flachwasser-Hochburgen wie Wulfen oder dem Wieker Bodden auf Rügen. Einen Nachteil muss man allerdings an all diesen Top-Spots in Kauf nehmen: Wer hier langsam surft oder den Move versemmelt, hat hinterher eine Ausrede weniger.
NORDSEE
Das Watt mit seinen Prielen und Sandbänken ist für Speeder und Freestyler das gelobte Land. Wattwanderungen samt Material sind der Preis dafür – aber zum Glück nicht überall.
Platz 5: Büsum
"Der beste und zurzeit schnellste Speedspot Deutschlands ist Büsum", weiß Manfred Merle, Speedsurfer aus Hannover. Er muss es wissen. Bei SSW- bis SW-Wind ist das Wasser im Priel nicht nur so glatt wie die Beine von Paris Hilton, weil das nächste Hindernis mindestens 30 Kilometer entfernt ist, kommt der Wind auch unglaublich konstant und oft stärker als angesagt über die Sandbänke. Nur zwei Stunden vor und nach Hochwasser liegen die Sandbänke frei und formen die perfekte Piste für Speeder und Freestyler. Episch! Westwind geht zum Tricksen ebenfalls gut, nur die Zeit in der dritten und vierten Stunde vor und nach Niedrigwasser sollte man meiden, die Strömungen sind dann extrem stark! Der Spot ist nur für erfahrene Windsurfer zu empfehlen. Startpunkt ist der Parkplatz am Neuenkoog hinter dem Deich in Stinteck.
Besser geht’s nicht! Wenn du hier langsam surfst oder deinen Freestyle-Trick versemmelst, gibt es keine Ausreden.
Die Windstatistik ist top, selbst in den Sommermonaten weht es zu 60 Prozent mit mehr als 12 Knoten. Weil aber Tide und Windrichtung mitspielen müssen, können wir hier nicht mit Wellen um uns schmeißen.
30 Minuten im Schlick stapfen und durch Priele kreuzen – Büsum ist kein Platz, um das Trapez am Ufer zu vergessen oder sich bei der Segelwahl zu vergreifen.
Platz 4: Meldorfer Speicherkoog
Homespot vieler Hamburger Flachwasserfans ist Meldorf, genauer gesagt, der Speicher-koog westlich des 8000-Einwohner-Örtchens. Für das Gegurke durch Dithmarschen wird man mit Parkplätzen direkt an der Wasserkante entschädigt, die Spotbedingungen sind bei den Hauptwindrichtungen von WSW bis NW sehr passabel. Zu den Ufern hin kann man auch glatte Stellen für Manöver und kurze Top-Speed-Runs finden, im mittleren Bereich baut sich aber schnell eine steile Kabbelwelle auf. Bereits zehn Meter vom Ufer entfernt ist das Wasser auch für lange Slalomfinnen tief genug, aus diesem Grund treffen sich hier Anfänger (Surfschule am Spot), Slalom-Heizer und die Top-Trickser des German Freestyle Battle gleichermaßen.
Kein Spot für GPS-Runs und Power-Freestyle im spiegelglatten Wasser, in Ufernähe aber mitunter nettes Flachwasser. Plus: Sicher und gezeitenunabhängig. Minus: Dem Wasser schmeckt man die landwirtschaftliche Nutzung der Gegend mitunter an.
Gute Windquote mit 40 Prozent im Sommer, 60 Prozent im März – aber das Windfenster ist eher klein – daher nur zwei Sterne.
Vom Parkplatz auf dem Deich zum Wasser sind es keine 20 Meter!
Platz 3: Norderney Süd
Wie alle Spots im Wattenmeer sind auch die Spots an der Südseite von Norderney sehr tidenabhängig – mit dem Unterschied, dass sich hier zwei Optionen perfekt ergänzen. Rund drei Stunden vor und nach Hochwasser füllt sich das große Becken am Yachthafen, in dem es zwar nicht glatt wie auf einer Speedpiste ist, dafür aber weitgehend stehtief und sehr sicher – von Südwest über Ost bis Nord ist hier alles fahrbar. Zudem sorgt die Surfschule Norderney für perfekte Infrastruktur. Rund um Niedrigwasser fallen die Sandbänke auf der Südseite der Fahrrinne trocken, der Weg dorthin erfordert allerdings Ortskenntnis – am besten die Surflehrer an der Station fragen und keinesfalls auf eigene Faust losziehen. Was einen dann erwartet? Bei S bis SW ein Flachwasser-Wonderland – die Höhe der Chops ist hier vergleichbar mit der Haarlänge von Local Bernd Flessner.
Im Becken moderate Chops, die Sandbänke im Watt fallen steil ab und erlauben Runs nur wenige Handbreit in Lee des Sandes. Eine Speed-, Manöver- und Freestylepiste par excellence!
Die Kombi "Surfbecken/Sandbank" in Verbindung mit der guten Windquote (45 bis 60 Prozent) und dem breiten Windfenster ist für drei Sterne gut.
Der zehnminütige Fußweg durch den Schlick, das Kreuzen der Fahrrinne und die Gezeitenströmung sind nichts für Hobbysurfer – daher nur zwei Sterne. Das Becken ist hingegen easy erreichbar!
Platz 2: Neuharlingersiel
Irgendwie vergessen wurde dieser Top-Spot in Niedersachsen – und angesichts der Spotbedingungen fragt man sich: Warum? Vielleicht weil viele die eigentliche Spotperle des Örtchens gar nicht kennen: In Lee der drei Kilometer langen Mole des Hafens kann man bei Westwind in geringem Abstand seine Freestyle-Skills durch die Decke schrauben. Weil es hier auch für längere Finnen tief genug ist und die Mole weit ins Wattenmeer ragt, sind auch Speedruns mit dem GPS drin. Bei Ostwind gibt’s das ganze Programm spiegelverkehrt auf der anderen Seite. Ideal ist Niedrigwasser bis Halbtide, bei Flut schwappen die Wellen über die Mole und sorgen für Kabbelwasser. Dann kann man an den Hauptstrand zur Surfschule Windloop wechseln, hier gibt’s auch eine Strandbar. Bei Wind aus Süd bis Südwest bietet der nahe Jadebusen super Alternativen: Von der Mole in Eckwarderhörne kreuzen ambitionierte Freestyler einige hundert Meter durchs Fahrwasser zu den dann westlich freiliegenden Sandbänken. In Lee davon gibt’s Flachwasser der Kategorie "nicht Büsum oder Norderney, aber ziemlich gut" – allerdings nur zwei Stunden vor und nach Niedrigwasser. Und sonst? Hooksiel! Hier parkt man spotnah, Campingplatz und Infrastruktur sind am Start. W-NW-Wind ist ideal, O-NO geht ebenfalls gut.
1-a! Die Mole leistet ganze Arbeit und zieht jede noch so kleine Falte glatt. Nur mit einigen Kitern muss man sich anfreunden.
Ein Windfenster, das die Hauptwindrichtungen West und Ost gut abdeckt und mit im Jahresverlauf 30 bis 50 Prozent Gleitwind auch eine ansprechende Quote.
Easy! Parken am Hafen und der Weg hält sich im Vergleich zu anderen Wattenmeer-Spots sehr in Grenzen.
Platz 1: Borkum
Ja, Borkum ist eine Insel und nicht "mal eben" erreichbar. Damit wären aber auch alle Nachteile abgehakt! Im Gegensatz zu vielen anderen Weltklasse-Flachwasser-Spots surft man hier tidenunabhängig und dank der nahezu kreisrunden Form der "Lagune" quasi bei jeder Windrichtung direkt in Lee der Sandbank. Chops verirren sich nur in homöopathischen Dosen hierhin, deshalb man kann sein Manöver-, Speed- oder Freestylelevel im Zeitraffer nach oben schrauben. Weil auch das Ambiente und die Infrastruktur top sind – Unterkünfte und Surfschule befinden sich direkt am Spot – kann es diesmal nur einen Sieger geben: Borkum!
Weltklasse! Und das nicht nur für Trickser, sondern auch zum Freeriden und für Aufsteiger.
SO-Wind ist nicht wirklich ideal, der Rest funktioniert super und die Windstatistik kann sich wahrlich sehen lassen – 50 Prozent im Sommer, bis zu 75 Prozent im Winter – Top-Werte in Deutschland!
Das Gelaufe hält sich hier, im Gegensatz zu anderen Spots mit vergleichbarer Qualität, im Rahmen und erfolgt über harten Sand. Mehr als drei Sterne wären trotzdem zu viel des Guten.
OSTSEE
Auch abseits der Surf-Mekkas auf Fehmarn oder dem Wieker Bodden auf Rügen gibt es an der Ostsee weniger bekannte Spots mit "Lerngarantie”. Dass diese im Gegensatz zu den Nordsee-Prielen oft noch stehtief und leicht erreichbar sind, macht die Sache umso besser.
Platz 5: Salzhaff
Einst ein Geheimtipp hat sich das großteils stehtiefe Salzhaff nahe Wismar zu einem der Hot-Spots der ostdeutschen Windsurfer entwickelt. Vor allem am Südostufer, in Pepelow, ist man bei den gängigen Windrichtungen von Südwest bis Nord perfekt aufgehoben, dann weht es auflandig und konstant über das geschützte Binnengewässer. Dass es trotzdem ziemlich glatt bleibt, liegt in erster Linie an der geringen Wassertiefe, ein paar Chops muss man allerdings in Kauf nehmen. Bei S-SO-Wind ist auch Rerik am Nordostufer eine gute Wahl, auf Stehbereich, Surfschule und die reizvolle Landschaft des Naturreservats muss man auch hier nicht verzichten.
Überschaubarer Chop, große Stehbereiche und gute Infrastruktur – hier kann man es als Trickser oder Freerider bestens aushalten. Zum Speeden und Slalomheizen stört im Sommer wie an vielen Spots das Seegras.
Viele Windrichtungen sind am Salzhaff fahrbar, die Lage in der Lübecker Bucht sorgt allerdings dafür, dass die Gleitwindquote im Jahresverlauf mit 20 bis 40 Prozent etwas überschaubarer ausfällt als auf Fehmarn oder in der Region um Rügen.
Ohne Einschränkungen empfehlenswert – hier kommt man schnell und unproblematisch aufs Wasser.
Platz 4: Saaler Bodden
Durch eine flache Landzunge von der offenen Ostsee abgetrennt, bietet der im Durchschnitt nur zwei Meter tiefe Saaler Bodden für nahezu alle Windrichtungen eine ideale Spielwiese. Zum Speed- und Slalomsurfen fehlt es dort, wo es am glattesten ist, oft etwas an Wasser unter der Finne. Die Plätze mit dem besten Flachwasser sind Born am Nordufer bei West über Süd bis Südost sowie die Landzunge von Barnstorf (südlich des Wustrower Hafens) bei allen südlichen Windrichtungen. Saal am Ostufer sollte man vor allem bei SW bis NW ansteuern. An all diesen Spots findet man, abgesehen von einigen Chops, eine 1-a-Spielwiese für Manöver und Freestyle, die reizvolle Landschaft des "Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft" und riesige Stehbereiche. In Saal, Wustrow und Born sind sogar Surfschulen vor Ort – was will man mehr?
Mit kleinen Chops muss man leben, was für Power-Freestyle aber kein Hindernis ist. Heizer und Slalompiloten wünschen sich mehr Tiefgang, Seegras ist auch hier ein Thema.
25 bis 40 Prozent Gleitwind weist die Statistik für den Saaler Bodden aus – weil im Prinzip aber alle Windrichtungen fahrbar sind und Ostwind im Frühjahr und Sommer dank lokaler Thermik verstärkt wird, geht hier oft mehr als erwartet.
Problemlos! Mit Ausnahme von Barnstorf kann man an allen Startpunkten direkt am Spot parken
Platz 3: Maasholm
Einer der schönsten Ostsee-Spots ist zweifelsfrei Maasholm. Im Mündungsgebiet der Schlei gelegen, fängt diese Halbinsel Wind aus nahezu allen Richtungen auf. Auf der Westseite gibt’s eine Windsurfschule, hier kann man bei allen westlichen Windrichtungen gefahrlos, teilweise in stehtiefem Wasser, üben. Ostwind bügelt das Wasser hier spiegelglatt, dann wird’s aber auch böig. Wechselt man dann ans Ostufer weht der Wind auflandig und im Frühsommer oft thermisch verstärkt. Hier hat man unendlich Platz, um die Finne glühen zu lassen oder ein paar Moves aufs Wasser zu zaubern. Und sonst? Fischbude, Parkplätze und ein nettes Örtchen – hier kann man es wirklich aushalten!
Abgesehen von kleinen Kabbelwellen ein super Flachwasserspot, mit großem Stehbereich. Im Sommer darf eine Seegrasfinne keinesfalls fehlen!
Großes Windfenster (alles außer Nord) und gute Gleitwindquote – 40 Prozent im Sommer, bis 60 Prozent im Spätherbst. surf-Tipp: Ostwind im Frühjahr kommt meist stärker durch als angesagt!
Von Kappeln ist man in wenigen Minuten da. Parken kann man in unmittelbarer Nähe zum Spot – easy!
Platz 2: Schaproder Bodden
Der flache Bodden zwischen Rügen und der vorgelagerten Insel Hiddensee bildet ein El Dorado für Flachwasser-Fans. Die besten Startpunkte sind Suhrendorf und Schaprode, die Spotbedingungen gleichen sich hier nahezu: Eine spiegelglatte Speedpiste für Hochgeschwindigkeits-Runs darf man nicht erwarten, die kleinen Chops bleiben aufgrund der geringen Wassertiefe aber meist im Rahmen und stören beim Tricksen und Slalom-Heizen kaum. Angesichts der tollen Bedingungen ist es kein Wunder, dass sich auch Surfschulen und Surfhostels hier niedergelassen haben und man sich um das Fehlen von Gleichgesinnten keine Gedanken machen muss.
Kleine Kabbelwelle ist die Regel, bei Ost kann es auch richtig glatt werden. Wie überall ist im Sommer die Seegrasfinne im Dauereinsatz.
Süd, West, Nord und teilweise sogar Ost – alle Windrichtungen sind hier fahrbar – das ist selten! Auch die Quote stimmt, 40 bis 60 Prozent Gleitwind weist die Statistik aus. Top!
Problemlos: Rügen erreicht man ohne Fähre, Parken (und Campen) kann man direkt am Spot.
Platz 1: Großenbrode
Unter Freestylern und Speedern ziemlich beliebt, von Hobbysurfern eher sporadisch besucht. Eine 500 Meter lange Mole trennt das Binnenrevier südlich von Großenbrode von der offenen Ostsee ab, ein leichter Knick in der Mole sorgt dafür, dass man bei allen Hauptwindrichtungen (Ost und West) immer einen perfekten Winkel findet. Bei OSO-NO wird im Becken gesurft, bei W-WNW auf der offenen Ostseeseite – voll ablandig ist das nächste Stück Land dann aber 80 Kilometer entfernt, Wasserstart und Kreuzen sollten also sitzen, wenn man hier aufs Wasser will! Auf beiden Seiten der Mole ist es schnell ausreichend tief, sodass man keine fünf Meter in Lee Vollgas geben oder Manöver aller Art aufs Wasser zirkeln kann – die Verwirbelungen halten sich erstaunlicherweise in Grenzen. Vorsicht ist nur bei östlichen Winden und dem Einstieg auf der Binnenseite geboten, hier lauern rostige Metallstäbe an der Wasserkante auf nackte Surferfüße! Und sonst? Parken am Spot, Surfschule, Café, Toiletten und Fischbude machen Großenbrode zum würdigen Top-Spot! Weiteres Plus: Zumindest auf der ablandigen Seite nervt hier kein Seegras!
Der Maßstab hinsichtlich glattem Wasser auf der Ostsee. Bei Hack vielleicht der einzige Spot abseits der Nordsee-Priele für Labor-Freestyle und lange Speedruns mit 40 Knoten plus X.
Großes Windfenster! Von OSO-NO und WSW-WNW kann man alles fahren. Auch die Statistik überzeugt: 30 Prozent Gleitwind im Sommer, 55 Prozent im Winter – nicht schlecht! surf-Tipp: Wenn der Wind hier nicht reicht, ab nach Wulfen!
Easy, beinahe zu einfach! Am Yachthafen parken, Aufriggen auf Gras, 200 Meter bis zum Wasser laufen und los geht‘s.