Freeridesegel 2023Acht Freeridesegel um 6,5 qm im Test

Surf Testteam

 · 16.04.2023

Freeridesegel sind wie ein guter Mittelklasse-Kombi: nicht besonders sexy, aber ungemein praktisch und vielseitig. Die Testcrew hat acht 6,5er auf ihre 		Alltagstauglichkeit und darüber hinaus getestet
Foto: Stephan Gölnitz
Mit Windkraft und ohne feste Fahrbahnen: Für Freerider gibt es keine Tempolimits und kaum gesperrte Zonen. Freeridesegel sollen für entspanntes, aber dennoch sportliches Gleiten sorgen – und Halsen geschmeidig meistern. Von Manöversegeln bis zu getunten Antrieben mit einigen Extra-PS ist in diesem Test alles dabei.

In diesem Artikel:

Diese Segel waren im Test dabei:

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surf/sailguide-freeridesegel_2a946e596fca07bc731e07ad08d0c5f8Foto: surf Testabteilung

Freeride macht vermutlich 80 Prozent des Windsurfgeschehens aus: Gleiten genießen, Halsen üben oder verfeinern – und sich vielleicht mal an das eine oder andere neue Gleitmanöver heranwagen. Dafür eignen sich diese Segel perfekt. Einige davon außerdem richtig gut für Aufsteiger, die noch die ersten Versuche in den Fußschlaufen vor sich haben – andere liefern ambitionierten Freeridern, denen neben einfachem Handling der Topspeed nicht ganz unwichtig ist, die gewünschte Leistung.

So wirkt ein handlingorientiertes RRD-Segel fast wie aus der Manöver-Gruppe Freemove übergelaufen. Und ein NeilPryde Speedster würde auch in einer Freerace-Segelgruppe gut mitfahren. Keine Gruppe sei so vielfältig wie diese, meinte einer der Tester, nachdem wir alle Kandidaten bei Leistungsfahrten miteinander head-to-head verglichen und in zahlreichen Manöverrunden durch die Kurve gescheucht hatten. Und schon an Land sind die ersten, markanten Unterschiede sichtbar.

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Selten gibt es in einer Gruppe so viele unterschiedliche Charaktere – Vom Manöversegel bis zum entschärften Slalomsegel.” (Tobias Holzner, surf-Tester)

Ausstattung und Details der Freeridesegel

Masten: Dicke und Carbon-Gehalt

„Ich habe lange keinen 430er SDM mehr verkauft“, sagt surf-Tester Frank Lewisch, der sich aus seinem Job im Shop mit der Materie auskennt. Und das beschreibt auch die Masten-Melange in diesem Testfeld ziemlich gut. Nur GA-Sails zieht das Testsegel auf einem SDM-Mast auf.

Beim Carbon-Gehalt der getesteten Masten haben nicht die Designer, sondern die Redaktionskonferenz das letzte Wörtchen gesprochen. Mit einer Vorgabe von maximal 80 Prozent Carbon-Gehalt wollen wir realistische, sowie auch überwiegend verkaufte Produktkombinationen testen. Keine Phantasiekombinationen, bei denen der 100-Prozent-Mast mehr kostet als das Segel. Denn im Gegensatz zu einem Tempolimit werden mit unserem Limit-80 die Fahrleistungen bis zum Topspeed nicht merklich beschnitten. Das konnten wir bei zahlreichen Vergleichen immer wieder feststellen.

Mögliche Nachteile in der Härte werden durch den größeren Durchmesser auch bei wenig Kohle im Mast grundsätzlich besser ausgeglichen. Doch auch unter den RDMs, die sich unaufhaltsam von ihren Anfängen in Wave-Segeln – als besonders robust geltend – mittlerweile sogar bis zu reinen Race-Segeln durchsetzen konnten, funktionierten die getesteten 400er und 430er Masten tadellos. Der Systemvergleich zeigt ebenfalls erneut, dass sogar 2-Cam-Freerace-Segel wie das NeilPryde V8 in 6,2 Quadratmetern auf einem 400er RDM-Mast bestens funktionieren können.

Latten, Shape und Trimm

Mit fünf bis sieben Latten haben die Designer ihren Freeride-Segeln ganz unterschiedliche Korsetts geschnürt: von locker lässig bis strammgezogen. Denn neben Segelschnitt und Trimmkräften tragen die Latten einen guten Anteil zum Segelfeeling bei. Das RRD Evolution mit fünf Latten liegt so vom Lattenlayout nahe bei Freemovesegeln – und dass sich das Profil an Land komplett flach zieht, passt ebenfalls zu diesem Konzept. Am anderen Ende der Skala sind GA-Sails Matrix, NeilPryde Speedster und Severne NCX mit sieben Latten hochgerüstet. Diese drei Kandidaten zeigen schon an Land Profil und Shape im Segel und sind im Achterliek mit besonders viel Loose ausgestattet, was ein weites Twisten des Segels ermöglichen soll – so wie es speedorientierte Segel meistens zeigen.

Die übrigen Kandidaten setzen auf die, in dieser Größe vielleicht ausgewogenste, Ausstattung mit fünf Latten. Doch nicht nur bei der Lattenanzahl, auch bei der Auswahl setzen Ezzy und RRD auf softeres Manöverfeeling und verzichten auf sogenannte Tubelatten, die mit dickerem rundem Durchmesser im hinteren Teil für Steifigkeit im Segel sorgen – in Manövern aber nicht ganz so weich rotieren. Bei GA-Sails, bei beiden NeilPryde-Segeln, Sailloft und Severne ist das Segel am Gabelende recht zackig ausgestellt geschnitten und die Segelsehne wird dadurch direkt über dem Schothorn mal sehr deutlich (NeilPryde), mal eher dezent (Sailloft) verlängert.

Stark ausgeschnittenes Segel ab Gabelende (im Bild: NeilPryde Ryde)Foto: Stephan GölnitzStark ausgeschnittenes Segel ab Gabelende (im Bild: NeilPryde Ryde)

Allen gemeinsam ist eine diagonal durch die Gabel verlaufende Segellatte, die erforderlich ist, um den überstehenden Teil des Segels zu stabilisieren. Das sieht man häufig auf eher leistungsorientierten Segeln – und sorgt für ein straffer und besonders direkt wirkendes Profil, was sich im Test mit Ausnahme des Matrix so bestätigte. Besonders geringe Trimmkräfte erfordern Ezzy und RRD. Richtig hinlangen muss man dagegen beim Severne (trotz vier Rollen im Trimmblock), und auch Sailloft und NeilPryde Speedster fordern robusten Zug am Vorliek. Bei der Tuchauswahl haben vor allem Ezzy, Sailloft und Gunsails neben dem ansonsten überwiegend verwendeten Monofilm zu Gittermaterialien gegriffen, aber auch bei NeilPryde wirkt der Unterliekbereich robuster verstärkt als bei Severne beispielsweise.

Bei NeilPryde, RRD und Gunsails helfen aufgedruckte Markierungen im Segel, den richtigen Vorliektrimm zu finden – eine gute Orientierung, denn die Maßangaben sind erfahrungsgemäß nicht immer auf den Zentimeter genau verlässlich. Ezzy hat sich gleich zwei außergewöhnliche Specials für den Segeltrimm ausgedacht, die tatsächlich gut funktionieren. NCX, Speedster, Matrix und Cross werden überwiegend über das Vorliek getrimmt, haben dadurch viel Spannung im Segel und das Schothorn wird locker eingehängt bis leicht gespannt. Bei den übrigen Segeln ist mittlerer bis mehr (Ezzy) Zug am Schothorn erforderlich, um das weichere Profil zu spannen und zu stabilisieren. Bei Ezzy findet man auch den ausgefallensten Segelschnitt schon bei der Betrachtung am Strand: Die vorne weichen Latten bilden ein tiefes, immer vorhandenes Profil und enden schon hinter dem Mast, ohne diesen zu berühren.

Die wichtigsten Details der getesteten Freeridesegel:

Gut wegklappbar und mit Staufach für den Trimmtampen, das ist mittlerweile Standard wie hier bei Severne.
Foto: Stephan Gölnitz

surf-Typen-Empfehlung für das richtige Freeridesegel

Genauso vielfältig wie die Segel dieser Gruppe sind auch die anvisierten Surfertypen, zu denen Freeridesegel besonders gut passen. Denn vom Aufsteiger bis zum engagierten Speedsurfer lässt sich für nahezu jeden ein passendes Segel finden.

“Freeridesegel sind handlicher geworden und auch für leichte Windsurfer eine echte Option.” (Christian Winderlich, surf-Tester)
  • Aufsteiger oder Manöversurfer sind mit nahezu allen Segeln gut beraten, besonders aber mit den Segeln von Ezzy, RRD und dem NeilPryde Ryde. NeilPryde Speedster und Severne NCX könnten schon recht sportlich straff wirken.
  • Für den klassischen Freeride-Einsatz – also Heizen und Halsen – eignen sich alle Segel. Lediglich die etwas geringere Leistung muss man bei RRD einplanen.
  • Leistungsorientierte Freerider werden mit Gunsails Zoom, NeilPryde Speedster, Sailloft Cross und Severne NCX sicher besonders glücklich, wobei sich der jeweils optimale Windbereich zwischen Leicht- bis Mittelwind und Mittel- bis Starkwind zwischen den Kandidaten leicht unterscheidet.

Stärken und Schwächen der Freeridesegel 6,5 im Überblick

Fahrleistung: vom Gleiten bis zum Topspeed

Die Leistungsunterschiede fallen teils deutlich erkennbar aus und sind am besten aus unseren Testnoten ablesbar. Aus einem breiten Feld heben sich im Gleiten besonders Ezzy, NeilPryde Ryde und Sailloft hervor und im Speed-Duell haben Gunsails, NeilPryde Speedster, Sailloft und Severne die Masttasche am Ende deutlich vorne.

Manöver: Halsen und mehr

Halsen beispielsweise lassen sich ganz objektiv mit einem Sieben-Latten-Triebwerk wie dem NeilPryde Speedster zu 95 Prozent ebenso gut mit Vollgas durchziehen, wie mit einem eher spielerischen Ezzy Cheetah. Ob am Ende beim Schiften eher Zapp, Fluff oder gar nichts zu hören ist, entscheidet dann vielleicht noch ein bisschen über das subjektive Manöver-Empfinden. Bei gemächlichen Aufsteiger-Halsen oder auch bei Moves wie Duck Jibes, liegen dann einige der 5- oder 6-Latter mit flachem Profil und weicheren Latten (RRD und Ezzy beispielsweise) doch eine Spur spürbar leichter und neutraler in der Hand als ein 7-Latten-Tragflügel.

Die Noten der Freeridesegel:

Die Leistungsnoten wurden im direkten Vergleich von gleich schweren Testern auf identischen Boards (JP-Australia Magic Ride 109 Pro, zusätzlich getunt mit zwei 34er Maui Ultra Fins Slalomfinnen) ermittelt.

Angleiten
Foto: surf

Alle Freeridesegel 2023 in der Einzelbewertung

Hier kommt ihr zu den detaillierten Test-Ergebnissen aller getesteten Segel:


Freeridesegel 2023 um 6,5 qm im Video


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