Diese Spots stellen wir euch im Spotguide vor:
Der kleine Chris möchte aus dem Smaland abgeholt werden….so klang früher mal die Durchsage bei einem schwedischen Möbelhaus, also dann, wenn ich keine Lust mehr hatte, im Bälleparadies zu spielen. Halland, die Region Westschwedens, klingt so ähnlich. Da mag der inzwischen nicht mehr so kleine Chris allerdings so schnell nicht abgeholt werden. Es gibt zwar kein Bälleparadies, dafür aber ein Windsurfparadies…
Bereits bei der Anfahrt in Richtung Norden vom Fährhafen Trelleborg aus werden so ziemlich alle Schwedenklischees bedient: Elche am Straßenrand, also nicht nur auf Schildern. Dazu entspanntes Autofahren wegen Tempolimit und den sehr entspannten Schweden. Überall rotgestrichene kleine Häuschen und die Schwedenflagge, die im Wind weht. Wälder, Hügel, kleine gemütliche Orte und ebenso kleine und schnuckelige Häfen.
Schwedisch als Sprache wirkt beim ersten Hören oder Lesen auch nicht völlig fremd. Vieles auf Schildern kann man sich zusammenreimen. Und wenn man einmal wie ich ratlos vor irgendwelchen Schildern steht, taucht garantiert der nächste wirklich freundliche Schwede auf, der einen erst mal herzlich in seinem Land begrüßt, wenn er feststellt, dass man hier zu Besuch ist.
Genau so idyllisch und geordnet ist es an den Stränden. Das Motto „Safety First“ zeigt sich an jedem Strandabschnitt durch den dort vorhandenen Rettungsring. Und scheinbar ragt auch an fast jedem Strand eine Badeleiter von den Felsen ins Wasser. Ganz offensichtlich gibt es eine große Badeszene in Westschweden, die auch im Herbst noch ins Wasser geht, während ich eher meinen dickeren Neoprenanzug raussuche. Ich bin allerdings weniger zum Baden, als zum Surfen hier.
Windsurfen ist in Schweden Schulfach
Das Kattegat, was Katzenloch bedeutet, wurde schon in frühen Zeiten als schwierig zu befahrenes Seegebiet eingestuft, auch aufgrund der vielen Untiefen. Genau die führen aber dazu, dass bei der richtigen Windrichtung manchmal innerhalb weniger Stunden ansehnliche Wellen an einem Spot entstehen, der kurz vorher noch eher einem Ententeich glich. Was früher ein Seegebiet für echte Wikinger war, ist heute der Spielplatz für deren Nachfahren. Erstaunlich hoch ist die Dichte an guten Windsurfern. Was auf den ersten Blick verwunderlich erscheint, erklärt sich aber durch die Vielzahl von Surfspots für alle Könnensstufen und Vorlieben. Und auch durch den Umstand, dass Windsurfen in vielen Schulen auf dem Stundenplan steht! Und auch Windmangel hindert die Schüler nicht daran, den Unterrichtsplan zu befolgen. Während der Lehrer vom Motorboot aus unterrichtet, macht es nicht den Eindruck, als gäbe es hier viele Schulschwänzer bei dem Windsurfunterricht.
Nur leider spielt der Wind nicht mit, es hat schönstes Herbstwetter, aber kein Herbststurm ist in Sicht. Da nutzt es auch nichts, dass der örtliche Surfshop „Surfparadies“ heißt. Bleibt also mehr Zeit für Sightseeing, etwa für die massive Festung Varberg. Bedeutendstes Exponat der heimatgeschichtlichen Sammlung ist eine mittelalterliche Moorleiche, der Bocktensmann. Durch den Torf gut konserviert wurde nicht nur die Kleidung gut erhalten, sondern auch der Holzpfahl mit dem diese Leiche durchs Herz am Boden fixiert worden war. Auf die Idee, dass es sich um ein frühzeitliches Windopfer handelt, ist bislang scheinbar noch niemand gekommen…
Als ich gerade soweit war, mich auf die Suche nach geeigneten Holzpflöcken für das nächste Windopfer zu machen, hatte der Windgott ein Einsehen. Ende August, Anfang September werden die meisten Strandhäuser eingemottet, die Restaurants schließen und man hat viel Platz und Ruhe für sich. Auch auf dem Wasser wird es um diese Zeit definitiv nicht voll und die Einheimischen freuen sich über jeden, mit dem sie ihre Spots teilen. Nach jeder Surfsession an einem der vielen Spots entlang der Küste verstehe ich mehr, warum das Niveau der Surfer hier so hoch ist. Soviel Auswahlmöglichkeiten auf relativ kleinem Gebiet findet man selten, noch dazu landschaftlich wirklich schön. Egal ob mit Slalom-, Freeride- oder Wavematerial, die Küste mit den vielen Naturschutz - gebieten bietet viel Platz und Reviere für jede Könnensstufe. Und am Ende ist ein Besuch in Halland dann doch wie ein Besuch in dem besagten schwedischen Möbelhaus: Eigentlich wollte man nur Teelichter kaufen, kommt aber dann doch immer wieder und fährt mit viel mehr wieder heim als eigentlich gedacht.
Spotguide Schweden – die besten Windsurf-Spots im Überblick
Diese Spots haben wir für euch besucht, mit dabei sind Reviere mit Brandung, aber auch tolle Flachwasserreviere.
Båstad (1)
Östlich vom Hafen des schönen Örtchens ist ein weiter Sandstrand mit Parkplätzen. Es gibt ein paar Fischernetze und Steine im Wasser, beste Windrichtung ist NW, dann kann es auch Wellen geben mit Wind von links. Meist aber entspannter Freeride- und Slalomspot. Infrastruktur im Hafen, daneben gibt es auch jedeMenge schöner Restaurants und Cafes.
Melbystrand (2)
Ein ewig langer Strand, den man auch mit dem Auto befahren kann. Am Surfcafe auf halbem Weg nach Båstad ist der Treffpunkt der meisten Surfer. Bei Ostwind gibt es Flachwasser, alle anderen Windrichtungen bieten Slalom-/ Freeridebedingungen, die Wellen sind eher zum Springen als zum Abreiten geeignet.
Västra Stranden (3)
Mitten in Halmstad gelegen, finden sich hier viele Einheimische, die mal eben kurz aufs Brett wollen. Auch die Bedingungen bieten für fast jeden etwas, von Slalom/Freeride über Bump & Jump. Die Kulisse ist mit Industrieambiente nicht besonders schön, dafür kann es auch erstaunlich hohe Wellen haben – wenn man ein Stück raussurft
Hamstad Simstadion (4)
Direkt am Hafen gelegen und daher landschaftlich gewöhnungsbedürftig, bietet der Spot einen großen Stehbereich für Anfänger und Freestyler und funktioniert bei jeder Windrichtung, lediglich bei östlichen Richtungen wird es ziemlich böig. Auch hier gibt es Netze im Wasser.
Tylösand (5)
Hier kann man sich richtig sicher fühlen, schließlich ist hier die Zentrale der schwedischen Rettungsschwimmer und deren Ausbildungscenter! Sehr gut für Slalom und Freeride, hier fand schon oft die schwedische Regattaserie statt. Durch die vorgelagerte Insel bei Westwind vor Swell geschützt, findet man hier meist gute Freeride- und Slalombedingungen. Im Sommer kann es hier sehr voll werden, dann wird auch die Suche nach einem Parkplatz schwieriger.
Ringenäs (6)
WSW bis W gibt es Wellen, zum Springen und Abreiten und zwar erstaunlich große, die an der Landzunge geordnet werden. Neben der Landzunge bietet ein sehr weiter Sandstrand genug Platz für Freeride und Bump & Jump – wenn die Wellen noch nicht groß genug sind. Großer Parkplatz oberhalb vom Strand.
Vilshärad (7)
An der nördlichen Seite der Landzunge direkt neben Ringenäs gelegener Wavespot, beste Windrichtung ist SSW. Sandbänke sorgen für große Wellen, wenn sich im Kattegat Swell aufgebaut hat. Auch hier gibt es nicht weit vom Strand einen Felsen dicht unter der Wasseroberfläche, also Vorsicht. W-NW geht auch als Windrichtung. Sehr schöner langer Strand und ein Naturreservat. Parkplätze und Infrastruktur vorhanden.
Stranninge / Petters brygga (8)
Direkt an der Mole findet sich ein kleiner geschützter Strand, bei starkem Nordwind kann es hier Wellen geben. Sonst eher Freeride- und Freestyle-Spot mit Flachwasser, Felsen am südlichen Ende der Bucht! Keine Infrastruktur, lediglich ein Dixi-Klo und auch begrenzte Parkmöglichkeiten.
Olofsbo (9)
Zirka 20 Kilometer südlich von Varberg bietet die Bucht mit Sandstrand bei Südost bis West nur einen kleinen Stehbereich. Beste Windrichtung ist S/SO. Im Norden kann es durch ein Riff schöne Rampen zum Springen geben, aber auch bei Freestylern ist die Bucht beliebt. Toilette und Dusche am Strand, Campingplatz rund 900 Meter vom Strand: www.olofsbocamping.se/sv-SE
Träslövsläge/Läjet (10)
Südlich von Varberg liegen zwei sehr ähnliche, große Sandbuchten, Apelviken und Träslövslage, direkt nebeneinander. Träslövslage ist eine schöne Bucht mit großem Sandstrand. Der Spot ist sehr vielseitig und bietet je nach Windstärke und Richtung super Bedingungen für Aufsteiger bis zu Waveexperten. Auch als Ausweichrevier, wenn der Kultspot Apelviken überfüllt ist, perfekt geeignet. Die beste Windrichtung ist allerdings S-SO.
Apelviken (11)
Die Bucht südlich von Varberg ist so etwas wie das Surfcentrum der Region. Nahe an Göteborg gelegen ist A-Bay, wie es die Schweden nennen, auf Surfsport ausgerichtet. W-NW produzieren hier die besten Bedingungen. Das Surfcenter Varberg im Süden der Bucht bietet Verleih und Schulung an. Im Schulungsbereich im Südteil der Bucht ist ein großer Stehbereich, perfekt für Anfänger und Aufsteiger. Wie die gesamte Bucht mit feinem sandigen Untergrund. Direkt vor dem Surfcenter, ca. 200 Meter vom Ufer entfernt, lauert ein Felsen unter Wasser auf Finnen. Auch dieser Spot ist je nach Windrichtung ein Multispot, von entspannten Freeride- und Slalombedingungen bis zu sehr guten Wavebedingungen, die aber immer entspannt bleiben. Direkt am Strand gibt es Strandhütten zu mieten und auch einen Campingplatz.
Infos zum Windsurfen in Schweden
Beste Reisezeit
Die Schweden haben etwa neun Wochen Sommerferien, die im Juni beginnen und bis Ende Juli/Anfang August dauern. Deshalb sind im Sommer die Strände und die anliegenden Campingplätze oft gut belegt. Ab Mitte September wird es deutlich leerer und auch die Häufigkeit von Tiefdruckgebieten, die Wind und Wellen bringen, nimmt deutlich zu. Da das Wasser auch im Sommer nicht richtig warm wird, ist ein 4/3er- und im Herbst ein 5/3er-Neoprenanzug eine gute Empfehlung. Schuhe braucht man nicht zwingend, die meisten Strände sind sandig.
Anreise
Schweden ist ein klassisches Autofahrer-/Womo-Ziel. Es gibt diverse Möglichkeiten die Region zwischen Göteborg und Malmö zu erreichen. Fähren gehen etwa von Travemünde oder Rostock nach Trelleborg (www.ttline.de), von Kiel nach Göteborg (www.stenaline.de) oder aus Grenå (Dänemark) nach Halmstad (www.stenaline.de). Auch über Fehmarn und Helsingør (www. scandlines.de) kommt man schnell in die Region (ca. 550 km von Hamburg).
Surfshops
- Surfshop Surfersparadise in Varberg, ein riesiger Shop mit allem was Windsurfer, Surfer, Kiter, Stand-up-Paddler und Skater begehren. Inklusive Reparaturservice für Boards & Segel: www.surfers.se.
- In Halmstad gibt es den Surfshop Ohana; www.ohana.se
Wind und Wetter
Aktuelle Windmesswerte von Varberg gibt es hier: www.holfuy.com und www.stormhuset.se
Unterkunft
Camping ist aufgrund des in Schweden geltenden Jedermannsrecht fast überall kurzzeitig möglich, bitte aber unbedingt auch den Ort dann so verlassen, wie man ihn vorgefunden hat
An den Spots, wo Campen und Übernachten nicht möglich ist, wird dies auf Schildern deutlich angezeigt. Da Varberg ein Ferienhotspot im Sommer ist, gibt es jede Menge Campingplätze und Unterkünfte, auch direkt am Spot. Einige Beispiele:
Auch an den meisten anderen Spots sind die Campingplätze direkt am Wasser, meist auch mit kleinen Bungalows für jeden Geldbeutel.
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