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Windsurfboards gehören aufs Autodach, so will es das Gesetz. Was jahrzehntelang galt, wurde von immer kürzeren Boards ins Wanken gebracht. Selbst ein VW Lupo kann ein Waveboard und zwei Riggs in seinem Inneren – bei entsprechender Sicherung – aufnehmen. Wer jedoch eine breite Range an Wind oder mehrere Disziplinen abdecken möchte, stößt beim Dachtransport schnell an logistische Grenzen. Ganz zu schweigen vom Verletzungsrisiko, wenn man bei acht Windstärken mit müden Armen auf einer wackligen Leiter steht, um Board und Co. wieder auf dem Dach des Wohnmobils oder Kastenwagens zu verstauen. Wenn mehrere Personen gemeinsam los wollen oder gar die ganze Familie aufs Wasser geht, gibt es bald nur noch eine Option für den Material-Transport: Einen Anhänger!
Die Vorteile eines Anhängers extra fürs Surf-Material liegen auf der Hand: Alles ist ordentlich auf Griffhöhe verstaut, jedes Teil kann einzeln herausgenommen werden. Kein (Salz-)Wasser läuft ins Auto, dort haben dann sonstiges Gepäck und Mitreisende entspannt Platz. Auf der anderen Seite stehen mehr oder weniger schwerwiegende Nachteile: Ein Hänger ist schneller geklaut als Surfkram vom Dach, außerdem wird zu Hause ein geeigneter Abstellplatz benötigt. Je nach Zulassung ist die Reisegeschwindigkeit auf 80 oder 100 km/h begrenzt. Auch am Spot nimmt man mehr Parkfläche weg und muss den Hänger möglicherweise per Hand rangieren.
Surfanhänger vom Hersteller
Wer sich nach einem geeigneten Gefährt umschaut, stößt eher früher als später auf den Surf-Anhänger der Firma Koch, der als einziger auf dem deutschen Markt auch genau mit diesem Profil vermarktet wird. Dass das Modell an den Spots im In- und Ausland weit verbreitet ist und die Firma einst die German Freestyle Battles sponserte, tut das Übrige. „Ein inzwischen pensionierter Mitarbeiter war selber Windsurfer und hat das Modell entwickelt“, erzählt ein Sprecher der Firma Koch. Etwa 400 Stück davon verkauft die Firma aus Winsen an der Luhe pro Jahr.
Basis ist ein herkömmlicher Deckelanhänger mit Wänden aus Alu und Verschlüssen aus Edelstahl. Auf Wunsch wird auch der Boden aus Alu gefertigt statt der serienmäßigen Siebdruckplatte, so dass auch Salzwasser keinen Schaden anrichten kann. Im Inneren wartet der Surf-Anhänger bereits mit einem Gestell fürs Material auf. Die Einzelteile dafür werden jedoch lose mitgegeben, so dass jeder das Regal für die eigenen Bedürfnisse passend einbauen kann.
Die Preise starten bei knapp 3.000 Euro und können bis an die 6.000er-Marke heranreichen. Übrigens: Wer nicht selber basteln möchte, kann sich bei Koch auch das Innenleben nach den eigenen Wünschen gestalten lassen, muss dann allerdings deutlich mehr Budget einplanen. „Wenn der Kunde es bezahlt, kann man alles machen“, so ein Mitarbeiter.
Surfanhänger im Selbstausbau
Wer ein wenig Basteln nicht scheut, kann sich seinen Anhänger individuell auf seine Bedürfnisse und Material zuschneiden. Basis kann dabei erst mal jeder Hänger sein, der von der Größe her passt. Doch bei der Wahl des Modells sollte man einige Pros und Contras bedenken:
Geschlossener Kasten
- + guter Diebstahlschutz
- + Schutz vor Witterung und Sonne
- + Aerodynamik
- + Dach ggf. für Fahrräder o.Ä. nutzbar
- - teuer
- - wenig Belüftung
- - schwerer
Kasten mit offenem Board-Halter
- + günstiger
- + einfach zu beladen
- - schlechterer Diebstahlschutz
- - Boards nicht geschützt
Anhänger mit Planen
- + Spanten gut zum Anbringen von Haltern für Boards etc.
- + gute Belüftung
- + Schutz vor Witterung und Sonne
- o unauffälliger Look
- - etwas weniger Diebstahlschutz
Anbieter von Koffer-Anhängern sind neben Firma Koch z.B. Böckmann, Humbaur oder Brenderup. Doch es lohnt sich auch ein Blick über die Grenzen: Der niederländische Hersteller Pak hat ebenfalls einen als Surf-Anhänger bezeichnetes Modell im Programm, der jedoch ohne Innenleben ausgeliefert wird. Die französische Marke Boxrider bietet zahlreiche Koffer-Anhänger mit frontalen und seitlichen Türen an, die noch mal variabler sind als die Standard-Modelle. Wer es etwas exklusiver und aerodynamischer mag, sollte sich die „Excalibur“-Modelle anschauen: Eigentlich für den Transport von Motorrädern gedacht, sehen die GFK-Modelle sehr edel und windschnittig aus, haben allerdings auch ihren Preis. Zudem sind Einbauten fürs Material deutlich aufwändiger.
Günstiger kommt man aber in den meisten Fällen mit einem gebrauchten Anhänger weg. Jedes nicht komplett runtergerockte Exemplar kann ein zweites Leben für euer Equipment bekommen. Entscheidend ist dabei vor allem die Substanz: Wenn Fahrwerk und Bremsen gut in Schuss sind und die tragenden Teile keine allzu schlimmen Rost-herde aufweisen, kann man zuschlagen!
Das gilt es beim Innenausbau zu beachten
Bei der Konzeption des Innenlebens gibt es so gut wie keine Grenzen. Grundlage aller Überlegungen sollte natürlich sein, wieviel Material untergebracht werden muss. Jedes Teil sollte schnell und unkompliziert zu erreichen sein, noch wichtiger ist aber die Sicherung. In scharfen Kurven oder bei einer Vollbremsung darf nichts rutschen, sonst bohrt sich eine umherfliegende Finne durchs Segel oder die Brettnase drückt sich an der Frontwand platt. Reichlich Polstermaterial ist also ein Muss. Die Segel sollten idealerweise so verstaut sein, dass sie nicht von den Streben oder anderem Material gequetscht werden.
Erste Wahl für den Innenausbau ist natürlich Holz, auch weil es in jeder einigermaßen gut bestückten Hobby-Werkstatt das richtige Werkzeug gibt. Ein Lagersystem aus Eisenstangen gerät am Ende recht schwer, Alu-Profile sind spürbar teurer und komplizierter zu verbauen. Eine Alternative können Kunststoffrohre aus dem Baumarkt sein: Mit jeder Menge Eck-, T- und Kreuzstücken und einer Säge lässt sich daraus ein leichtes und unempfindliches Gestell bauen.
Die besten Anhänger der surf-Leser
surf-Leser Bernhard Schandelmeier aus Neustadt an der Weinstraße optimiert und verändert seinen Anhänger seit vielen Jahren. „Basis ist ein gebrauchter Anhänger von 1989, den habe ich immer weiterentwickelt habe. Immer wenn neue Bretter kamen, hab ich den Anhänger angepasst.“ An der Seite hat er etwa eine Ausbuchtung geschaffen, um besonders breite Boards unterzubringen, vorne gibt es Öffnungen für lange Segel. „Hinten hatte ich erst eine einzelne Klappe über die gesamte Breite. Die schlug aber immer im Wind hin und her, deswegen habe ich da zwei kleinere Türen draus gemacht, die man besser festbinden kann“. Sein heißer Tipp für Selbstbauer: „Edelstahlschrauben! Normale Holzschrauben rosten sehr schnell, die kriegt man nicht ordentlich wieder los!“ Inzwischen ist er mit seiner speziellen Konstruktion mit jeder Menge Patina an vielen Spots bekannt. „Ich habe gedacht, er muss schön sein und ich streiche ihn mal an, aber dazu bin ich nie gekommen“, lacht Bernhard.
In den Niederlanden sind Anhänger an den Surfspots noch häufiger zu sehen als bei uns. Auch Marco Lambers aus Zeewolde hat sich einen Anhänger nach seinen Wünschen gebaut. Basis war ebenfalls ein gebrauchter Hänger. Das Innenleben aus Holz bietet eine eigene Ablage für jedes Segel, die Gabeln hängen an Haken für Gartengeräte, in den Türen warten die Verlängerungen fein säuberlich aufgereiht auf ihren Einsatz. „Mit etwas Hilfe habe ich vorne rechts noch eine Seitentür eingebaut, um alles gut erreichen zu können. Außerdem hab ich noch eine Innentür, die die Boards vor neugierigen Blicken schützt. Zu viele teure Spielzeuge darin“, berichtet Marco. Dazu kommen noch diverse Kisten für Kleinteile, alle mit Gummibändern gesichert. Ein Dachlüfter, der durch den Fahrtwind angetrieben wird, sorgt für zudem für Luftzirkulation.
Dass ein Anhänger selbst einen Mini zum perfekten Surf-Mobil machen kann, weiß Jochen Auster. „Ich habe mir vor Jahren einen Anhänger passend zu meinem damals roten Mini von einem Landmaschinenbauer bauen lassen. Am Spot erkennt mich jeder wieder: Der Surfer mit dem Mini!“ Jochen transportiert seine Boards auf einem offenen Gestell, gesichert wird mit einem Boardschloss. Im niedrigen Kasten darunter finden Segel und alles andere Platz. Doch auch Jochen passt seinen Anhänger bei Bedarf dem neuen Material an: „Da die Segel inzwischen eine längere Gabel haben, musste ich vor kurzem mit einem professionellen Eimer den Anhänger verlängern. Gab sogar TÜV dafür!“
Noch mehr Anhänger-Varianten
Knackpunkt Führerschein
Surfzeug ist nicht schwer, aber sperrig. Selbst eine umfangreiche Ausrüstung kommt selten über 150 Kilo hinaus. Da für die Fahrerlaubnis aber nicht das tatsächliche Gewicht des Anhängers mitsamt Inhalt zugrunde gelegt wird, sondern das zulässige Gesamtgewicht, muss man hier genau hinschauen. Denn die meisten Modelle, die groß genug sind, mehrere Boards, Riggs und Zubehör aufzunehmen, sind für deutlich mehr Zuladung ausgelegt.
Wer seinen Führerschein vor 1999 gemacht hat, also noch die alte Klasse 3 besitzt, ist für unsere Bedürfnisse auf der sicheren Seite. Denn die alte Klasse 3 berechtigt zum Führen von Fahrzeugen bis 7,5 Tonnen, auch mit Anhänger. Dabei muss das zulässige Gesamtgewicht des Anhängers unter dem Leergewicht des Zugfahrzeuges liegen. Mit unserem zwar sperrigen, aber recht leichten Equipment dürfte man nur äußerst selten in diese Gewichts-Regionen vordringen.
1999 änderten sich die Führerschein-Klassen, aus 3 wurde Klasse B. Auch hier ist der Anhängerbetrieb erst mal ohne zusätzliche Prüfung enthalten, allerdings nur bis 750 Kilo. Das zulässige Gesamtgewicht des Gespanns darf 3,5 Tonnen nicht überschreiten, außerdem muss das Leergewicht des Zugfahrzeugs höher sein als das zulässige Gesamtgewicht des Anhängers. Wenn beides zutrifft, darf der Anhänger auch die 750 Kilo überschreiten. Die meisten Modelle, die als Basis für Surf-Anhänger infrage kommen, liegen allerdings darüber. Dann muss mit einer zusätzlichen Prüfung die Klasse BE erworben werden.
Noch komplizierter wird es bei Führerscheinen, die ab 2013 gemacht wurden. Dann gelten die Regeln der Klasse B, durch eine zusätzliche Prüfung und die Eintragung der Kennziffer B96 kann allerdings der Spielraum für Anhänger deutlich erweitert werden. Die zulässige Gesamtmasse des Gespanns darf dann bis zu 4,25 Tonnen betragen.
Knackpunkt Zulassung
Mit Anhänger zu fahren bedeutet erst mal, mit 80 km/h durch die Landschaft zu gondeln. Unter bestimmten Voraussetzungen können aber auch bis zu 100 km/h erlaubt sein. Dazu muss das Zugfahrzeug ABS haben, die Reifen des Anhängers müssen bis 120 km/h zugelassen sein und nicht älter als sechs Jahre sein. Außerdem müssen die Masseverhältnisse passen, diese werden anhand verschiedener Faktoren berechnet, die Basis ist dabei immer das Leergewicht des Zugfahrzeuges. Bei Anhängern ohne Bremse oder hydraulische Stoßdämpfer darf die zulässige Gesamtmasse maximal 0,3-mal Leergewicht des Zugwagens sein, bei gebremsten und hydraulisch gefederten Anhängern ist es 1,1-mal das Leergewicht des Autos. Verfügt dieses zudem über ein Anhänger-Stabilisierungssystem, darf der Hänger 1,2-mal so schwer sein wie das Leergewicht. TÜV, Dekra oder Zulassungsstellen können bei der Berechnung behilflich sein. Viele Anhänger-Hersteller bieten ihre Modelle aber auch mit 100 km/h-Zulassung serienmäßig an.
Eine lohnenswerte Überlegung kann die Zulassung als Sportanhänger sein. Dann gibt es ein grünes Kennzeichen, Steuern und Versicherung entfallen. Ist der Anhänger angekoppelt, ist er über die Haftpflicht des Autos mitversichert. Dennoch ist eine eigene Versicherung ratsam, dann ist er auch frei stehend versichert. Sportanhänger dürfen jedoch ausschließlich für den Transport der entsprechenden Ausrüstung genutzt werden. Wer eine Kiste Bier dazustellt, riskiert bei einer Polizeikontrolle ein Bußgeld.