Reisende soll man nicht aufhalten. Vielen Griechenland-Urlaubern ist die brüllend heiße und stickigen Metropole Athen allenfalls einen Tagestrip wert, ehe es vom nahen Hafen Piräus aus endlich auf die Weiterreise zu den Surfhochburgen Naxos, Paros, Rhodos oder Kreta geht. Bloß weg!
Die wenigsten Windsurfer wissen, dass sich nur 50 Kilometer östlich von dem Ort, wo sie gerade im Begriff sind ihr Womo auf eine klapprige innergriechische Fähre zu fahren, eine Reihe hervorragender Spots befindet. Der Ort mit dem für viele Windsurfer und vor allem für Familien besten Gesamtpaket ist dabei das Örtchen Loutsa, auch Artemida genannt. Hier planschen die Kleinsten an einem Sandstrand im warmen Wasser, Tavernen, Bars und Unterkünfte liegen in fußläufiger Entfernung und auf dem Wasser gibt’s die volle Bandbreite von Flachwasser bis hin zu kerniger Brandungswelle. Bleibt der Wind mal aus, ist die Nähe zur Kulturmetropole Athen plötzlich eine willkommene Abwechslung – Kulturprogramm und Windsurfkultur liegen hier einfach unschlagbar nah beieinander.
Vielleicht ist der folgende Spot Guide ja ein guter Ansporn, den nächsten Surftrip nach Griechenland ausnahmsweise mal auf dem griechischen Festland enden zu lassen. Reisende muss man manchmal eben doch aufhalten.
»Wo der Himmel ist? Ich habe ihn mitten im Meer gesehen!«
Odysseas Elytis, Literatur-Nobelpreisträger
Windsurfen in Loutsa - allgemeine Infos
Anreise: Loutsa liegt nur rund zehn Kilometer entfernt vom internationalen Flughafen Athen. Verbindungen hierhin sind aus vielen mitteleuropäischen Städten möglich. Wie immer gilt es, die Gepäckbedingungen der Fluglinien zu checken und Surfgepäck im Vorfeld anzumelden. Vom Flughafen selbst sind ein Transfer mit dem Taxi (Dauer ca. 15 Min.) oder per Bus (KTEL, ca. 3,50 Euro) die einfachsten Möglichkeiten seine Unterkunft in Loutsa zu erreichen. Wer mit dem Womo anreist, bucht am besten eine Fähre von Italien (z.B. Ancona, Venedig, Triest) nach Patras, von wo aus man Loutsa in etwa drei Stunden erreicht. Zahlreiche Fährangebote unter:
- Blue Star: www.bluestarferries.gr/en
- Minoan: www.ferries.gr/minoan/deutsch
- Anek: www.ferries.gr/anek/deutsch
Wind, Wetter & Neoprenempfehlung: Auch Loutsa wird vom Sommerwind Meltemi versorgt. Dieser entsteht durch ein Hitzetief über der südlichen Ägäis und dem türkischen Festland, welches Luft aus Norden ansaugt. Die beste Windzeit ist dementsprechend zwischen Mai und Oktober, aber auch im Frühjahr und Spätherbst sind gute Meltemi-Phasen möglich. Dann sind die Temperaturen erträglich, durchschnittlich klettert das Thermometer auf über 20 Grad im Mai und Oktober, während im Sommer oft brüllende Hitze an der Tagesordnung ist – vor allem wenn der Wind ausbleibt. Im Frühjahr und Herbst reicht ein 4/3er-Neo allemal, im Hochsommer sind dann bei 25 Grad im Wasser Shorty oder Boardshorts angesagt. Meist weht der Meltemi aus Nord bis Nordost. Bleibt der Sommerwind mal aus, setzt am Nachmittag oft eine moderate Thermik mit durchschnittlich 10-16 Knoten aus Südost ein – mit großen Segeln gleitet man also fast immer. Windvorhersagen unter www.windfinder.com/forecast/loutsa oder www.poseidon.hcmr.gr
Wohnen & Campen: Hätte Loutsa auch noch einen Campingplatz in unmittelbarer Nähe, wäre es wahrscheinlich der perfekte Ort. Um die 15-minütige Fahrt zum zehn Kilometer nördlich gelegenen Campingplatz Kokkino Limanaki (http://athenscampings.com) kommt man aber nicht herum – Wildcampen ist in Griechenland verboten und allenfalls in der Nebensaison toleriert. In Loutsa/Artemida selbst hat man die Wahl zwischen einer Vielzahl von Appartements, Hotels und B&B unterschiedlicher Preisklassen. Local-Tipp: Rafina Avra Hotel und das Aquis Mare Nostrum Hotel.
Surfstationen: Direkt am Spot befindet sich der Tony Frey Windsurf Club (http://tonyfrey.gr), am südlichen Ende der drei Kilometer langen Bucht, etwas nördlich des kleinen Fischerhafens von Artemida. Man erreicht die Surfschule durch den angesagten Albatross Beach Club von der Straßen- oder Strandseite. Die Deutsch-Griechin Tony und ihr Team bieten in dieser VDWS-Schule ganzjährigen Surfunterricht für Anfänger und Fortgeschrittene an. Wenn es die Bedingungen zulassen, kann man hier auch private Einsteigerkurse buchen, mit Inhalten wie Springen oder Waveriding. Aktuelles Material von Goya steht zur Verfügung. Auch die Lagerung von eigenem Material ist möglich, bei Flaute kann man SUP-Boards leihen oder Wellenreitkurse buchen.
Am nahen Wavespot Nissakia, befinden sich mit Athens Watersports (www.athenswatersports.gr) und dem Nissakia Surf Club (http://nissakia.gr/en) weitere Stationen – das Leihmaterial ist hier zum Teil aber nicht auf dem neuesten Stand.
Surfshops: Ersatz bei Materialbruch gibt es bei Right Stuff (www.rightstuff.gr), Windsurfing at 100 (www.windsurfingat100.gr) und Wind Warrior (www.facebook.com/windwarrior.gr).
Alternativprogramm: Athen ist ein Muss! Wer Abkühlung braucht, kann um Loutsa SUPen, Tauchen, Wasserski fahren und vieles mehr.
Schattenseiten: Die Hitze im Hochsommer wenn der Wind ausbleibt, der Andrang an windigen Wochenenden und viele Kiter am Wavespot Nissakia können die Freude trüben.
Die besten Spots
1) Loutsa
Das lebhafte Dorf Loutsa, auch Artemida genannt, befindet sich nur wenige Kilometer nordöstlich des Athener Flughafens und ca. 35 Kilometer östlich des Zentrums von Athen. Mit seinem feinen Sand und sicherem Flachwasser eignet sich die drei Kilometer lange Bucht gut für Familien und Flachwasserfans. Weil der Wind am Morgen meist schwächer weht und ein kleiner Stehbereich knapp 70 Meter weit hinausreicht, kommen auch Aufsteiger auf ihre Kosten. In der Bucht lauern keine Gefahren wie Untiefen oder Strömungen. Loutsa funktioniert bei vielen Windrichtungen, außer dem ablandigen und seltenen Westwind. Thermischer Südostwind weht auflandig, perfekt ist Meltemi aus Nord bis Nordost, dieser weht sideshore von links. Abgesehen von einigen Chops bleibt das Wasser auch bei Starkwind über fünf Windstärken angenehm glatt – perfekt, um mit dem Slalombrett seinen persönlichen Rekord zu jagen oder in Ruhe an Halsen oder Freestyletricks zu feilen. Dass das Kitesurfen in der Bucht zwischen Mai und Oktober verboten ist, trägt maßgeblich zur Entspannung bei.
2) Nissakia
Wer auf echte Brandungswellen steht, sollte sich ans nördliche Ende der Bucht orientieren, hier liegt der Wavespot Nissakia. Starker Meltemi pfeift durch eine Düse zwischen der bewohnten Landzunge und der vorgelagerten Inselgruppe, wobei Brandung zwischen einem und zwei Metern Höhe entsteht, die über ein Riff bricht. Mit Wind von links kann man sich dann bei Sideonshore-Wind in den Himmel schrauben. Aber Achtung: Nissakia hat große Steine unter Wasser und ein langes, mit Seeigeln verziertes Riff, das ehemals die vorgelagerten Inseln mit dem Festland verbunden hatte. Dieser Wavespot ist somit eher für erfahrene Surfer mit eigenem Material geeignet. Die guten Bedingungen in Nissakia haben sich auch in der Kiteszene herumgesprochen, allerdings müssen diese ab Windstärke 6 den Spot frei machen – auch wenn sich nicht alle Kiter daran halten, gibt es dann trotzdem mehr Platz. Im Sommer herrscht hier ein mittleres Parkchaos und es gibt auch keinen Sandstrand, sondern nur einen schmalen, steinigen Einstieg. Wer beim Wavesurfen gerne seine Ruhe hat, der kann an Tagen mit gutem Meltemi ins sieben Kilometer nördlich gelegene Rafina ausweichen. Die Welle ist hier sogar höher und bricht bei schräg auflandigem Wind relativ harmlos auf Sand. Gestartet wird in Lee des Hafens, der Spot eignet sich zum Springen und Abreiten gleichermaßen.