GalleryAgger am Karfreitag - von null auf logohoch in 60 Minuten

Manuel Vogel

 · 30.03.2024

Bild 1
Foto: Steffi Wahl
Der morgendliche Spotcheck geriet am Karfreitag zur Enttäuschung - das Meer vor Agger lag flach da wie ein See. Aber das Warten sollte sich lohnen

Windsurfen ist doch der letzte Sch....! Den ganzen Gründonnerstag hatte ich zuhause rumgehetzt, Termine verschoben, Ostereinkäufe erledigt, gearbeitet. Am Abend wurde noch hektisch der Bus gepackt, bevor ich mich mit medizinisch bedenklicher Kaffeedosis auf die vereinsamte Autobahn gen Dänemark begeben hatte - diesmal leider allein, denn alle potentiellen Mitfahrer waren entweder krank oder längst auf dem Weg gen Süden. Voraussichtliche Ankunftszeit: 0:45 Uhr.

Nach einer kalten Nacht mit zu wenig Schlaf (ja, der Kaffee) klingelt mich der Wecker um 7:00 Uhr aus dem Delirium. Der Bus wackelt in den Böen bereits ganz ordentlich, also rein in die Klamotten und ab zum Spotcheck. In Agger, unweit nördlich von Thyboron gelegen, ist “Spotcheck” allerdings gleichbedeutend mit einem knapp 700 Meter langen Fußmarsch durch die Dünen. Und hier stehe ich nun, am erwiesenermaßen wildesten Wavespot Dänemarks, und schaue auf die Nordsee - und die ist flach wie ein Pfannkuchen. Die höchste Welle ist kaum knöchelhoch.

surf/agger-webres-08595_55d4effdde219a5c445876e19a059be0Foto: Steffi Wahl

Als ich gefrustet zurück zum Parkplatz laufe, kommt mir ein Hamburger Surfer entgegen: “Na, ist es immer noch so flach wie um 6:00 Uhr?”, will er wissen. Offenbar war ich nicht der Erste beim Spotcheck. Auch er kann nicht verstehen, dass die angesagten Wellen nicht ankommen. Ich verkrieche mich erstmal im Bus, Kaffee kochen. Und Wetterupdate checken. Der Wind soll jetzt am Morgen eigentlich am stärksten sein und zum Mittag hin langsam abnehmen. Das ist die schlechte Nachricht. Mut macht mir nur, dass die Vorhersage auch verheißt, dass die Wellenrichtung etwas westlicher drehen soll. Und auch, dass einige weitere Wassersportler in Agger aufschlagen, lässt mich meinen Gedanken, es an einem anderen Spot zu versuchen, erstmal verwerfen. Ich wiederhole meinen Marsch ans Wasser im Stundentakt um 8:00 Uhr und 9:00 Uhr - aber die Nordsee bleibt flach und so habe ich morgens um 9:00 Uhr schon vier Kilometer in den Beinen, drei Kaffee im Bauch aber noch keinen gesurften Meter in den Armen. Wieder ertappe ich mich dabei, die Vorhersage für andere Spots zu checken. Um 9:30 Uhr linse ich nochmal über die Düne und diesmal kann sehen, dass sich erste Lines über der vorgelagerten Sandbank aufstellen. Noch brechen diese nicht, aber ich entschließe mich, das 5,0er aufzubauen und es wenigstens mit dem großen Board zu versuchen.

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Dominik Roeckl bei der ArbeitFoto: Steffi WahlDominik Roeckl bei der Arbeit

20 Minuten später bin ich auf dem Wasser und reite den ersten runden Hügel. Zehn Minuten später kann man bereits kernige Turns in den brusthohen Beachbreak zimmern und irgendwie ist das 5,0er auch ganz schon groß. Weitere 30 Minuten später renne ich hektisch zurück Richtung Parkplatz, um das kleine Zeug zu holen - denn Agger feuert plötzlich aus allen Rohren!

Auf dem Weg zurück treffe ich Dominik Roeckl und seine Freundin Steffi Wahl, die mir humpelnd entgegenkommt. Vor acht Wochen hatte sie sich beim Surfen in Hanstholm das Sprunggelenk lädiert und kann leider noch nicht wieder aufs Wasser. Wer Steffi kennt, weiß, wie sehr sie das Zuschauen schmerzen muss, trotzdem schnappt sie sich kurzerhand die Kamera und hält den Tag bildlich fest. Als ich nach der vierten Laufeinheit mit kleinem Board wieder auf dem Wasser bin, kann ich kaum glauben, wie schnell Agger gerade mutiert ist: Logohohe Sets rollen rein und brechen sauber nach Lee weg. Der Shorebreak macht wie immer keine Gefangenen, aber die Turns kann man hier ziehen wie mit dem heißen Messer durch die Butter - die Wellen sind spiegelglatt, der Wind weht einen Hauch offshore und erlaubt sogar Aerials. Dass die Sonne mittlerweile vom blauen Himmel scheint, ist das Sahnehäubchen auf diesem Tag, der sich - lässt man die Kopfhauben mal außen vor - eher anfühlt wie ein guter Tag in Südafrika oder in Chile.

Vier Stunden später krieche ich auf dem Zahnfleisch zum Parkplatz. Unterwegs musste ich dreimal das Material absetzen wegen krampfender Unterarme. Jetzt schnell Kaffee kochen und ab nach Hause. Windsurfen ist der beste Sport der Welt!

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