Der Kontrast hat es in sich – eine knappe Stunde vorher saß ich noch bei knapp 20 Grad im T-Shirt im Garten. Nun, keine 100 Meter hinter der dänischen Grenze, beginnt es wie aus Kübeln zu schütten und das Thermometer meldet neun Grad. “Hatte ich Haube und Schuhe eigentlich eingepackt?”
Wenige Kilometer von unserem Ziel Hanstholm entfernt hört der Regen so plötzlich auf, wie er angefangen hatte, die Sonne bricht durch die Wolken - Vorfreude pur! Der ersehnte Blick vom Hügel hinunter auf den Spot zeigt schräg ablandigen Wind und ein paar Lines, die sich den Weg in die Bucht bahnen. Nach einigen Wochen ohne Tiefdruckwetter und Wellen nehmen wir diese kleine Warmup-Session dankend an – so wie geschätzt hundert andere Windsurferinnen und Windsurfer, die sich auf den Weg gen Norden gemacht haben. Im Laufe des Abends werden die Wellen langsam besser, aufgrund des Frontenwetters sind die Bedingungen aber wenig konstant. Gleißendes Sonnenlicht wechselt sich mit Regenschauern ab, der Wind geht rauf und runter. Mal rast man herum, fünf Minuten später dümpelt man wieder bei gefühlten drei Windstärken dahin. Trotzdem genießt es jeder, endlich wieder Nordseewellen unterm Board zu haben. Gegen 21:30 gehen wir vom Wasser. Sonnenuntergang ist hier zwar derzeit erst um 22:20 Uhr, aber schließlich wollen wir nicht alle Körner bereits in der Warmup-Session verpulvern. Und die Vorhersage für den kommenden Sonntag verspricht nochmal ein Upgrade.
Der morgendliche Spotcheck bringt die Gewissheit – die Vorhersage hat nicht übertrieben. Logohohe Setwellen rollen in die Bucht, der ablandige Wind weht die Kämme der Wellen nach hinten weg. Wir riggen Segel zwischen 4,2 und 4,5 und verlieren keine Zeit, um aufs Wasser zu kommen. Der Weg durch die Brandung ist mitunter harte Arbeit, denn unter Land ist es böig und regelmäßig versperren große Wasserberge den Weg. Einmal draußen kann man aber voll angepowert surfen, sich auf eine der Setwellen setzen und, mit etwas Glück, mehrere Turns auf die glatt gewehten Faces zirkeln. Im Gegensatz zu gestern sind deutlich weniger weniger Leute draußen, was vermutlich an den selektiven Bedingungen liegt. Auch heute ziehen gelegentlich Schauer durch, insgesamt sind die Bedingungen aber deutlich konstanter als am Vortag und die Sonne tut ihr Bestes, die immer noch sehr frühlingshaften Temperaturen erträglich zu machen . Als wir nach zwei mehrstündigen Sessions vom Wasser kommen, fällt der Weg mit dem Material über die Düne schon erschreckend schwer. Den Kaffeebecher hält mein Mitfahrer Klaus bei der Abfahrt dann auch mit spitzen Fingern, wegen der Blasen. Wir werfen einen letzten Blick vom Hügel hinunter in die Bucht, wo noch immer endlose Lines hereinlaufen und einige Surfer die Wellen abreiten. Nach zehn Minuten Autofahrt schüttet es wieder wie aus Eimern.