Interview Malte Krummradt“Downwinden ist die ultimative Freiheit”

Manuel Vogel

 · 21.06.2023

Interview Malte Krummradt: “Downwinden ist die ultimative Freiheit”Foto: Wolfgang Herter
Downwinden wird unter Wingsurfern immer beliebter. Was die Faszination ausmacht und wie man damit beginnt, erklärt Malte Krummradt im Interview.

Wingfoilen entwickelt immer mehr Disziplinen. Neben Flachwasser-Freeride und Freestyle entdecken mehr und mehr Foiler die Welle als ihren neuen Spielplatz. Besonders das Downwinden wird immer populärer, ermöglicht es doch sogar bei moderaten Dünungswellen sehr lange Ritte. Wir haben mit Malte Krummradt von Wingfoil Fehmarn einen echten Pionier und Experten des Downwind-Foilens zum Interview gebeten.

Malte, du lebst auf Fehmarn und hast deine Leidenschaft fürs Downwinden entdeckt. Bist du damit ein Exot? Oder gibt’s bei euch schon eine richtige Szene?

Bekanntermaßen ist das Thema Downwinden ja ein bisschen aus Hawaii zu uns rübergeschwappt. Die ursprüngliche Idee vom Wingsurfen war nie Freestyle. Das hat sich z.B. parallel entwickelt und besonders stark bei uns in Deutschland. Die ursprüngliche Idee kommt von „Foil-Surfern“ die eine Möglichkeit suchten, schnell wieder nach Luv zu kommen und somit mehr Zeit auf der Welle zu verbringen. Beim Wingsurfen wird Downwinden immer mehr ein Thema, weil viele Leute mittlerweile über das Anfängerstadium hinaus sind, kleinere Foils fahren und neue Herausforderungen suchen. Downwinden ist definitiv eine! Dabei geht’s darum, mit dem Wind nach Lee (engl. ”downwind”) möglichst lange auf den Dünungswellen zu reiten. Dabei hilft Krafteinsatz nur wenig, vielmehr ist das richtige Wellenlesen die Kunst, um die es geht.

Hawaii und Australien bieten Traumbedingungen und richtigen Swell mit langer Wellenperiode - was man von der Ostsee nicht behaupten kann. Wie gut sind die Bedingungen hier bei uns überhaupt dafür?

Krasserweise viel besser! Durch das Foil kann man endlich auch kleine Wellen mal richtig lange absurfen. Viele, die keine Lust auf Flachwasser oder Freestyle haben, landen schnell in der Welle. Spots dafür gibt’s überall: Nord- und Ostsee sind super, aber auch auf Binnenseen wie dem Gardasee oder Bodensee gibt’s bei Wind entsprechende Wellen, die absolut ausreichend sind. Von großen Fjorden mal ganz zu schweigen.

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Braucht man zum Downwinden bestimmte Foils?

Die momentan sehr beliebten High-Aspect-Foils sind für diese Disziplin oft gar nicht die beste Wahl. Manchmal scheint es ja so, dass man unbedingt Mini-Boards und winzige Foils fahren müsste. Das ist natürlich quatsch. Es wird immer über Glide und Speed geredet und dabei wird vergessen, dass zu kleines Material den Lernfortschritt massiv verzögert. Schnell fahren ist geil, aber zu welchem Preis? Das schnelle Fahren bringt ebenso viele Nachteile mit sich, wenn man gar nicht bereit dafür ist. Hoher Stallspeed ist was für Profis! Mit kleinen Foils muss man viel genauer fahren, man muss auch ganz gezielt pumpen können, um den hohen Speed aufrecht zu erhalten. Dadurch bekommt man tendenziell viel weniger Wellen und braucht wesentlich mehr Wind oder größere Wellen. Jedes gängige Foil ist erstmal tauglich für die Welle. Beim reinen SUP-Foilen ohne Wing gehen z.B. nur die richtig guten Fahrer unter 1400 cm2 Foilgröße.

Wovon hängt das ab, welche Foilgröße man zum Wingfoilen nehmen sollte?

Es hängt davon ab, welche Winkel zur Welle du fahren willst und vor allem kannst. Mit einem kleinen, schnellen Foil kannst du Wellen überspringen, also von hinten über den Wellenrücken auf die nächste Welle kommen. Das erfordert aber viel Speed und sehr genaues Wellenlesen. Als Downwind-Einsteiger sackt man mit solchen Foils aber zu schnell ab, weil das Wellenlesen und die Pumptechnik noch nicht perfekt sind. Mit größeren, langsameren Flügeln hältst du dich eher auf einer leichten Woge, da du sie besser mit wenig Geschwindigkeit seitlich abreiten kannst. Das erleichtert es, lange Ritte hinzubekommen. Du wartest einfach bis die nächste Welle dich von hinten anschiebt. Ein Foil das sehr sehr langsam fahren kann, hilft enorm!

Der Trend zu Miniboards und winzig kleinen Foils ist eigentlich völliger Quatsch

Wie siehst du die Unterschiede bezüglich High- und Low-Aspect-Foils? Viele Wingsurfer denken, dass die schlanken, gestreckten Flügelformen der High-Aspect-Foils für die Welle die erste Wahl sind.

Eigentlich stimmt das ja auch. Nur muss das mit dem Fahrkönnen zusammenpassen. Es kommt ganz darauf an, was du in der Welle machen willst. Nehmen wir einen Spot wie Hanstholm in Dänemark. Da hast du draußen relativ runde, schnelle Wellen, die lange in die Bucht hinter der Mole reinlaufen. Hier sind gestreckte High-Aspect-Foils (Aspect Ratio 7 - 10) etwas im Vorteil, denn der Glide (wenig Widerstand) auf runden, schnellen Dünungswellen ist besser. Low-Aspect-Flügel (Aspect Ratio 6-7) haben aufgrund ihrer kürzeren Spannweite umgekehrt den Vorteil, dass sie enger drehen. Dort wo die Welle sich verlangsamt und steiler wird, fühlen sich diese Foils dann zuhause. Wenn du also dort, wo die Welle steil wird, richtige Cutbacks fahren willst, sind Flügel mit weniger Aspect Ratio (das bedeutet weniger Spannweite im Verhältnis zur Fläche, die Red.) im Vorteil. Bezüglich der Fuselage gilt: Lange Fuselages helfen dir auf langen Dünungswellen, die Spur besser zu halten. Ebenso beim Donwinden und dem energieschonendem Fahren. Kurze Fuselages erhöhen die Drehfreudigkeit bei Turns vor steilen, brechenden Wellen. Beim Downwinden weit draußen vor der Küste sind etwas längere Fuselages also meine erste Wahl.

Wie sieht der perfekte Spot zum Downwinden zu Beginn aus? Wo ist es schwierig, wo fällt es leicht?

Ein Revier wie in Hanstholm hinter der Mole ist z.B. sehr einfach, da die Wellen bzw. Wogen sehr sortiert in die Bucht laufen. Allerdings sollte man schon einige Vorkenntnisse mitbringen. Der Wind weht häufig schräg ablandig. In Lee sind Molen und Steine. Sicheres Höhelaufen in allen Bedingungen ist hier Grundvoraussetzung. Dann wird man hier aber mit Sicherheit seine ersten Wellenritte mit dem Wing „geparkt" hinbekommen. Auf dem offenen Meer bietet die Ostsee dann die einfachsten Bedingungen und perfekte sortierte, aber nicht zu große Wellen. Das Wellenlesen gelingt hier am einfachsten und man meistert schnell seine ersten 500-1000 Meter am Stück. Dabei verbindet man verschiedene Wellen miteinander. Das heißt dann auch Downwinden.

Malte Krummradt in Action
Foto: Privat

Welche Downwinder machst du privat gerne?

Da sich die Ostsee perfekt für Downwinden eignet, auch mit dem Paddel, sind wir natürlich oft auf Fehmarn unterwegs. Die Wellen haben den Charakter wie auf dem offenen Atlantik, allerdings ohne den dicken „Groundswell“, der einem oft in die Quere kommt und das Wellenbild negativ beeinflussen kann. Auf der Ostsee kann man also einfacher von Wellenrücken zu Wellenrücken gelangen und man bekommt schnell eine passende Welle. Am Anfang sollte man sich kleine, sogenannte „Bay-Runs" raussuchen - mal einen oder zwei Kilometer aufkreuzen und dann versuchen, Downwind runter zu fahren. Irgendwann wird man allerdings feststellen, dass der Wing zwar als Einstiegshilfe ziemlich genial ist, um auf die Welle zu kommen, beim Downwinden selbst aber eher stört. Das freie Gleiten auf der Welle ohne Wing ist nochmal eine andere Faszination - und genau dieses freie Fahrgefühl liebe ich am meisten..

Wenn du mit Downwinden anfangen willst, gewöhn’ dich ans Trapez

Was gibt’s beim Downwinden beim Thema Sicherheit zu beachten?

Ich würde empfehlen, ein Trapez zu fahren. Die langen Upwind-Schläge sind sonst echt anstrengend. Das Gute ist, dass man mit Board und Wing immer zwei Auftriebskörper dabei hat, an denen man sich im Notfall festhalten kann. Zu Beginn sollte man sich Strecken suchen, die parallel zur Küste laufen. Wenn du z.B. von Altenteil auf Fehmarn nach Puttgarden fährst, hast du 15 Kilometer freies Schussfeld, bist aber nur einen Kilometer vor der Küste. Natürlich sollte man die Grundregeln befolgen: Lass jemanden wissen, was du vor hast. Checke dein Equipment und nimm zur Sicherheit ein Handy in einer wasserdichten Hülle mit, falls mal was kaputt geht. Für längere Strecken nehme ich sogar nochmal einen Torx-Schlüssel mit. Falls sich das Foil mal lockert, kann ich es notfalls nachziehen. Ein Helm und eine Weste gehört auch mit dazu.

Viele Wingsurfer sind beim Thema Trapez noch skeptisch...

Zum normalen Cruisen kann ich das verstehen, hierfür ist es überhaupt nicht notwendig. Auch nicht für kleine Wellenritte. Vernichtet man aber sehr viel Höhe, wird man da nicht drum herum kommen. Das Wellenlesen kann man so einfach am schnellsten erlernen.

Fährst du beim Downwinden eigentlich mit Schlaufen?

Auf keinen Fall. Ich fahre immer strapless. Man muss die Standposition variieren können und einen schmalen Stance (Energiesparmodus) fahren können. Fest montierte Schlaufen würden da nur stören.

Malte, danke für das Interview und bis bald wieder auf der Ostsee!


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