Spots in diesem Artikel:
Aus surftechnischer Sicht ist viel im mitteldeutschen Raum passiert. Es ist gar nicht so lange her, dass dort, wo sich jetzt Wassersportler aller Art tummeln, mit riesigen Kohlebaggern Rohstoffe für den wirtschaftlichen Fortschritt gefördert wurden. Hinterlassen haben sie nach jahrzehntelanger Arbeit eine verwüstete Landschaft. Zwar wird weiterhin gebaggert, aber um die alten Hinterlassenschaften wurde sich gekümmert.
Der enorme Sanierungsaufwand bedeutet heute ein Riesenglück für die Natur und auch für alle Wasserratten. Im Rahmen der Expo 2000 in Hannover wurde der Cospudener See erstmals als Modellprojekt zur Naherholung vorgestellt. Das Konzept hatte sich bewährt. Es entstand ein Naherholungsgebiet direkt am Stadtrand. Seitdem konnten die gesammelten Erfahrungen der Renaturierung auf viele weitere Seen angewendet werden, es entstand das Leipziger Neuseenland.
Rund um Leipzig entstehen neue Surfspots
Liest man immer wieder, dass Surfspots von der Landkarte verschwinden, ist es im Großraum Leipzig genau anders herum. Prominentestes Beispiel ist der Geiseltalsee, der seit der Flutung 2014 zu den zehn wasserreichsten Seen Deutschlands gehört und nebenbei wohl einen der besten Surfspots im Binnenland beherbergt. Und so hat es zwar im Binnenland immer noch weniger Wind als an der Küste, dafür hat die mitteldeutsche Szene aber, wenn denn wenn es ballert, mittlerweile viele richtig gute Anlaufpunkte, um sich ordentlich auszutoben. Auch für unterschiedliche Windrichtungen und Könnensstufen gibt es immer den passenden Spot.
Der mittlerweile 15 Jahre alte Cospudener See bleibt durch die Nähe zur Stadt der Hotspot mit den meisten Surfern. Wie sich der direkt angrenzende und noch ganz junge Zwenkauer See weiterentwickeln wird, ist spannend. Hier sind noch Entdeckertum und Pionierarbeit gefragt. Und das mitten in Deutschland…
Neuseenland Leipzig - die besten Spots zum Windsurfen und SUPen
1) Cospudener See
(Koordinaten: 51.265184, 12.344528)
Flutungsende: 2000. Der „Cossi“ ist neben dem Schladitzer See DER Cityspot Leipzigs. Die Anfahrtszeit aus der Innenstadt beträgt 15 Minuten. Seit der Flutung hat der Baumbewuchs stark zugenommen, so dass es hier etwas böiger geworden ist. Der Ausspruch, dass früher alles besser war, ist dennoch fehl am Platz, mittlerweile ist der Spot ein Musterbeispiel für Infrastruktur: Große Parkplätze, Toiletten, Duschen, Appartements mit Seeblick, Sauna, Spielplatz für die Kinder, Surfshop (www.surfcenterleipzig.de), Verleih und Schulung, Imbiss, Cafés und Restaurants – alles am Start. Aufgebaut wird auf der Wiese am Auto. Auf dem Wasser kann es im Sommer schon mal eng werden, außerhalb der Saison hat man aber immer genügend Platz. In der Regel gibt es hier keinen Stress, neuerdings ist das Kiten verboten. Bemerkenswert ist außerdem die hervorragende Wasserqualität. Alle Windrichtungen mit östlichen Anteilen kommen ablandig und man weicht dann besser zum Markkleeberger- oder Hainer See aus. West- bis Nordwestwind sind am Spot auflandig, was dazu führt, dass sich alle Surfer auf den ersten 100 Metern tummeln und der Chop unerträglich wird. Dann fährt man besser weiter zum Geiseltalsee, als Anfänger und Aufsteiger ist man am „Cossi“ trotzdem am besten aufgehoben. In der Regel treibt man nicht weit ab und kann beim Surfcenter Leipzig Material ausleihen und Kurse besuchen. Einziges Manko ist, dass es nach wenigen Metern, wie bei allen Tagebauseen, richtig tief wird.
Local-Tipp: Wer im WoMo oder Bus übernachten will, zahlt auf dem Parkplatz die maximale Tagesgebühr von 6 Euro und kann damit auch übernachten – inklusive super Seeblick!
2) Markkleeberger See – Nordstrand
(Koordinaten: 51.271525, 12.395662)
Flutungsende: 2006. Hier kann man bei östlichen Winden gut aufs Wasser gehen. Der Wind kommt dann recht konstant und oftmals deutlich stärker als angesagt durch. Wem es am Cospudener See bei südwestlichen Winden zu voll wird, kann hier alternativ starten, südliche Winde funktionieren ebenfalls. Wenn man früh genug da ist, ergattert man einen der wenigen kostenlosen Parkplätze direkt am Einstieg, sonst wird’s teurer und man muss ein kleines Stück weiter tragen. Der Wiesenplatz zum Aufbauen ist ebenfalls begrenzt, auf dem Wasser kommt man sich jedoch kaum in die Quere. Für die nichtsurfende Familie gibt’s einen Spielplatz und ein empfehlenswertes Café direkt mit Blick auf die Action auf dem Wasser. Die Kiter starten weit in Lee, so dass es keinen Stress gibt.
3) Markkleeberger See – Kanupark
(Koordinaten: 51.256474, 12.425072)
Flutungsende: 2006. Direkt neben einem der modernsten Kanuparks Europas liegt die ALL-on-SEA Surfstation. Der Spot ist super zum Lernen und Aufsteigen, da man bei westlichen Winden kaum abtreiben kann. Ansonsten ist das Windfenster für die Fortgeschritteneren recht klein. Bei westlichen Winden hat man hier Spaß mit etwas höherem Chop und mehr Windanlauf als am Nordstrand des Markkleeberger Sees. In der nahen Umgebung gibt es einen Campingplatz sowie Ferienhäuser und Appartements.
4) Hainer See – Kahnsdorf
(Koordinaten: 51.172495, 12.434538)
Flutungsende: 2007. Der Hainer See hat sich in den letzten Jahren zu einem Top-Spot gemausert. Zwar ist bis auf einen Imbiss in Kahnsdorf nicht viel los, dafür hat der Spot aus surftechnischer Sicht viel zu bieten. Fortgeschrittene Surfer bauen auf einer der kostenlosen Parkplattformen direkt am Wasser in Kahnsdorf auf und können bei konstantem Ostwind den gleichmäßigen Chop zum Springen nutzen. Auf der Landzunge zwischen Kahnsdorfer- und Hainer See ist das Bild ähnlich. Hier entfaltet sich jedoch erst das volle Potenzial des Spots, wenn es aus der anderen Richtung pustet. Bei Wind aus westlichen Richtungen kann man in Lee der Landzunge perfektes Flachwasser zum Heizen und Freestylen haben, aber Achtung: nur für erfahrene Surfer! Wenn etwas schiefgeht, treibt man über den gesamten Hainer See ab – im Winter nicht ungefährlich. Als Sahnehäubchen hat man karibische grün-türkise Wasserfarben, dies ist dem noch erhöhten Eisengehalt des Wassers geschuldet. Kostenloses Übernachten direkt am Wasser ist hier noch möglich. Wenn die Anwohner respektiert werden, ist das wahrscheinlich auch noch länger der Fall.
5) Hainer See – Wake Beach
(Koordinaten: 51.172654, 12.461828)
Flutungsende: 2007. Der recht abgelegene Spot liegt direkt an der Wake-Beach-Station von ALL-on-SEA. Die bieten Wakeboarden hinter dem Boot und Kiten an. Zum Windsurfen kann man noch kostenlos oben am Hang parken und muss ein Stücken das Material zum Wasser heruntertragen. Direkt neben dem Spot hat jüngst ein Campingplatz seine Tore geöffnet. Man steht am Südhang mit Seeblick – sehr empfehlenswert!
6) Geiseltalsee
(Koordinaten: 51.313923, 11.913009)
Flutungsende: 2011. „Wie, da ist mehr Wind als hier? Ist doch keine 50 Kilometer weg?“ So oder so ähnlich hören sich die Gesprächsfetzen am Cospudener See über den neuen Geheimtipp der Region an, der offiziell aber nicht zum Leipziger Neuseenland gehört. Und es ist wirklich so. Der See vor den Toren Leipzigs wurde im März 2014 endlich freigegeben. Nach ausgiebigen Test- und Vergleichstagen hat sich gezeigt: Hier ist mehr Wind und der ist auch noch konstanter. Dies hat zwei Gründe: Der größte künstliche See Deutschlands bietet einen enormen Windanlauf und gleichzeitig verstärken die zwei Hügel im Norden und Süden des Sees westlichen Wind merklich. Bei sechs Beaufort und mehr baut sich eine beachtliche Dünung auf, auch weil der See knapp 80 Meter tief ist. Infrastruktur ist, bis auf einen kostenlosen Parkplatz, noch nicht vorhanden. Man trägt seinen Stuff über einen Trampelpfad etwa 100 Meter runter zum Wasser. Einmal auf dem Wasser ist es die perfekte Bump & Jump-Spielwiese: Mit Fullspeed durch die Wellentäler heizen, freestylen oder einfach nur springen bis der Arzt kommt. Bei richtiger Windrichtung wirklich empfehlenswert, aber eher nichts für Anfänger!
7) Störmthaler See
Flutungsende: 2011: Der See wurde im April 2014 freigegeben und bietet durchaus Potenzial. Im Bereich der Magdeborner Halbinsel zeigt sich ein großes Windfenster mit leeren Spots und günstigem Parken. An Surf-Infrastruktur ist leider noch nicht gedacht. Ein Feriendorf und ein kleiner Hafen laden jedoch zum Ausspannen ein. Neben der Surfaction ist die Magdeborner Halbinsel die Location des jährlichen Highfield Festivals. Mit Glück geht man während des Festivals surfen und hat danach Spaß bei den Bands.
8) Zwenkauer See
(Koordinaten: 51.234891, 12.330613)
Flutungsende: 2015. Der See ist recht neu auf der Surf-Landkarte, wurde er doch erst Anfang Mai 2015. Das Potenzial ist groß, viele Windrichtungen müssten funktionieren. Direkt anfahrbar ist momentan nur der Hauptspot, der sich direkt westlich des Hafens Zwenkau befindet. Westliche Winde werden hier durch eine Düsenwirkung verstärkt. Wie sich der Spot auf Dauer bewährt und wie mit Surfern am See umgegangen wird, bleibt abzuwarten. Eine surf-spezifische Infrastruktur ist, bis auf Parkplätze, jedenfalls noch nicht vorhanden.
9) Schladitzer Bucht
(Koordinaten: 51.438357, 12.343558)
Flutungsende: 2012. Die Schladitzer Bucht ist aus dem Norden Leipzigs schnell zu erreichen und bietet wie der Cospudener See eine herausragende Infrastruktur. Die Jungs und Mädels von ALL-on-SEA haben dort ihre Station immer weiter ausgebaut und bieten heute die Surfer-Vollversorgung wie man es sich wünscht: Parken am Wasser, Verleih und Schulung sind da nur die Standard-Schlagwörter. Im Sommer ist daneben auch regelmäßig Party mit Lagerfeuer usw. angesagt. Auf dem Wasser kommen südwestliche Winde erstaunlich konstant und stark an. Windsurfer und Kiter jeder Könnensstufe kommen hier voll auf ihre Kosten. Interessante Erfahrung: Die „Schlabu“ liegt in der Einflugschneise des Leipziger Flughafens. Wenn man mit richtigem Timing hoch genug springt, kann man den Fluggästen ein Hang Loose rüberwinken.
10) Kulkwitzer See
(Koordinaten: 51.315819, 12.252505)
Flutungsende: 1987. Der „Kulki“ war zu DDR-Zeiten der Hot-Spot in der Region. Heute ist dort meist eher Stehsegeln angesagt, die Abdeckung in Luv ist groß und der Windanlauf gering. Aufsteiger finden hier den Leipziger Sportverein Südwest
(www.lsvsw-surfen.de), sowie die Jungs vom Unisport (www.hochschulsport.uni-leipzig.de), die hier ihre Kurse durchführen.
Allgemeine Infos
Anreise
Das Neuseenland bei Leipzig ist durch die A9/A38 in Verbindung mit der Bundesstraße 2 super zu erreichen. Zur Schladitzer Bucht geht’s über die A14. Aus dem Leipziger Zentrum ist man innerhalb von 15 bis 30 Minuten am Spot der Wahl.
Wohnen und Campen
In Leipzig gibt’s Unterkünfte aller Art und je nach Geldbeutel. An einigen Spots kann man direkt mit Seeblick eine Unterkunft beziehen. Wer lieber im Bus oder Wohnmobil übernachtet, findet an vielen Spots Stell- oder Campingplätze. Zum Teil ist auch freies Übernachten möglich. Dies wurde bisher geduldet und das soll auch so bleiben. Deshalb: Müllt nichts zu und respektiert die Anwohner!
Shops & Boardreparatur
- Der Surfshop24 ist eigentlich ein Onlineshop, aber mit Lager und Showroom. Ansässig in Brandis bei Leipzig hat Inhaber Klaus immer einen guten Rat und faire Preise. Info: www.surfshop24.de
- Kitefly in der Leipziger Innenstadt: Dort gibt’s hauptsächlich Neopren, etwas Windsurfzeug kann man neben dem vielen Kite-Stuff auch abgreifen. Info: www.kitefly.de
- Surfcenter Leipzig direkt am Surfspot Cospudener See: Kleiner Shop im Hafen, hat an sich alles was man braucht und repariert auch kaputte Boards. Info: www.surfcenterleipzig.de
- Segelstecherei: Recht neu und im Norden von Leipzig auf dem Weg zur Schladitzer Bucht ansässig. Hier werden professionell und bezahlbar kaputte Kites und Segel geflickt. Info: www.die-segelstecherei.de
- All-on-Sea direkt am Schladitzer See: Haben auch einen Shop mit allem Kleinteiligen, was wichtig ist. Daneben gibt’s Stuff von Severne und Sailloft zum Testen. Info: www.all-on-sea.de
Kontakt zur lokalen Community: Facebook Gruppe: „Windsurfen Leipzig“
Wind/Wetter/Neopren-Empfehlungen
Die vorgestellten Seen werden hauptsächlich von durchziehenden Tiefdruckgebieten mit Wind versorgt. Dabei sind westliche Winde die Regel, eher selten gibt es reinen Nord- oder Südwind mit schönen Bedingungen. Besonders im Frühsommer zeigen sich Wetterlagen mit östlichen Winden. Mit der richtigen Spotwahl kann man auch hier gute Sessions mit kleinen Segeln haben. Die beste Windzeit ist, wie überall im Binnenland, in den Wintermonaten von Oktober bis März. Durch die Kälte ist deutlich weniger auf dem Wasser los und ab und zu kann das 4,0er-Segel geriggt werden. Im Winter ist mindestens ein 5 mm dicker Neoprenanzug mit Haube, Handschuhen und Boots Pflicht. Im Sommer reicht an den ganzen warmen Tagen auch mal nur die Boardshort.
Foilen verboten
Im Mai 2022 entschied das Sächsische Verkehrsministerium, das Foilsurfen in ganz Sachsen zu verbieten, für die Saison 2023 wurde das Verbot - zumindest vorübergehend - aufgehoben. Alle Infos und Hintergründe gibt es hier
Und sonst
Leipzig hat als eine der größten Studentenstädte in Ostdeutschland viel zu bieten. Von alternativ bis schick ist immer was los. Es gibt unzählige Clubs, Bars und Kneipen, in denen man einen guten Surftag Revue passieren lassen kann. Empfehlen kann man hier besonders die Stadtteile Plagwitz und Südvorstadt. Hier gibt’s zudem viele gemütliche Cafés, um beim Frühstück – wenn man die Ruhe hat – den Surftag vorzubereiten.
Wer Städtetouren mag, ist in Leipzig ebenfalls gut aufgehoben. Ob Historie, Kunst oder Architektur, es gibt viel zu entdecken.
Aus sportlicher Sicht findet sich ebenso eine Vielzahl von Kompensationsmöglichkeiten. Grillen im Park mit der Slackline ist Standard, Longboarden funktioniert dank asphaltierter Rundwege an praktisch allen Seen wunderbar. Spaß hat man auch im Kanupark Markkleeberg (Insidertipp: Hier soll es auf Anfrage eine stehende Welle zum Surfen geben), in Kletter- bzw. Boulderhalle oder an der Wakeboardanlage am Kulkwitzer See. Ebenso kann man ausgezeichnet von den mit Schleusen verbundenen Seen mit dem SUP-Board gemütlich in die Innenstadt paddeln. Die Liste ließe sich, je nach individueller Vorliebe, beliebig weiterführen…