Nach Anzahl der Modelle ist Paddelbrett mit zwei Boardformen die vermutlich kleinste SUP-Marke der Welt.
Christoph - wie kommt man darauf, selber eine SUP-Marke zu gründen?
Das war ein Prozess. Ich habe seit 2013 Einsteiger-Workshops gegeben. Und da kam immer die Frage ‚Was ist denn das richtige Brett für mich?‘. 2015 habe ich mir dann die Domain Paddelbrett gesichert. Mein Grundgedanke war, puristisch und reduziert unterwegs zu sein. Ich hatte die Idee, nicht wie alle anderen Marken ein Kinder-, Frauen-, Allround- Touring-Board und so weiter zu haben. Ich wollte das auf ein Produkt reduzieren, womit ein Großteil der Leute Spaß auf dem Wasser haben kann.
Ein Brett für alle, war das eine Marketing-Idee?
Ich habe mir die Frage gestellt, warum es ein Allroundboard gibt, so 10‘2‘‘ bis 10‘8‘‘ lang mit einer 31er oder 32er Breite – also kippstabil. Durch die Kürze hast du keine Länge die läuft. Mein Gedanke war, eine Allroundbreite mit einer Touring-Länge zu kombinieren. Daraus kamen dann Entwürfe und Shapes, die ich an meinen Lieferanten geschickt habe und von denen ich die ersten Prototypen bauen lies.
Wie sieht das aus? Zeichnest du auf Papier, oder gibt es eine spezielle Software?
Ich verwende eine Grafik-Software. Ich komme ja aus der visuellen Kommunikation und konstruiere meine Verpackungen und Verkaufsdisplays auch im CAD.
Du hast einen außergewöhnlichen „eigentlichen“ Beruf.
Ich bin seit über 25 Jahren in der Beratung, Entwicklung und Produktion von dreidimensionaler Verkaufsförderung tätig – Displays und Verpackung mit Schwerpunkt Pappe. Das zweite Standbein ist die visuelle Kommunikation. Ich entwickle außerdem Verpackungen für Parfum-Flakons bis zu groß dimensionierten Industriegütern.
Solche wie diese verschachtelten Handyverpackungen, die man nie mehr so gefaltet bekommt wie sie waren?
Genau so. Ich überlege, wie man Platzhalter und Fächer gestaltet im Hinblick auf die Präsentation, aber eben auch hinsichtlich Versandsicherheit. Und für ein schönes Auspackerlebnis.
Hattest du vor der SUP-Marke Erfahrungen mit einer Produktion in Asien?
Gar nicht!
Wie schwierig muss man sich das vorstellen?
Ein Beispiel: Ich habe in meinem Board-Paket immer einen 5-Liter-Drybag dabei. Das ist das einzige Produkt, das ich in unterschiedlichen Farben zur Wahl anbiete. Da gab es einen Entwurf und mein Markenlogo sollte auf alle Bags in schwarz aufgedruckt werden. Zwei Wochen später bekomme ich eine E-Mail mit viele Entschuldigungen, weil statt schwarz war alles in pink gedruckt. Mit dem Angebot für einen Dollar Preisnachlass. Da habe ich eine andere Mentalität. Ich würde sogar einen Dollar mehr zahlen, wenn ich das Produkt genau so bekomme, wie ich es haben möchte.
Deine Designs sind sehr dezent, was steckt dahinter?
Mein persönliches Faible für puristisches, minimalistisches Auftreten. Dieter Rams inspiriert mich zum Beispiel, der für Braun ein ganz schlichtes, auf den Punkt gebrachtes Design rüber bringt. Das Motto „Weniger ist mehr“ spiegelt sich auch in meiner Produkt-Range. Ich suche nach Produkten, die ich als sinnvoll einschätze und die von der Nutzbarkeit langlebig und dadurch nachhaltig sind, zum Beispiel dadurch, dass ich kein Trends verfolge, was zum Beispiel die Farben angeht. Ich bleibe meiner Linie treu und versuche durch farbliche Akzente zu individualisieren. Wie die Farbwahl beim Packsack oder farbige Bungees für das Gepäcknetz.
Wo siehst du deinen Fokus im SUP?
Für mich ist die Entschleunigung vom Alltag das Thema beim SUP. Ich war schon immer sehr gerne draußen. Deshalb sehe ich das Thema ‚Abenteuer erleben‘ vor der Haustür als ganz zentral.
Du kommst als Naturbursche rüber?
Als ich die Marke ins Leben gerufen habe war die Idee, ein Brett zu schaffen, mit dem ein Großteil aller Interessierten Spaß haben kann. Auch wenn ich den Begriff „eierlegende Wollmilchsau“ nicht mag, ich wollte das damit erreichen. Ich war mit dem 11‘8‘‘ Touring mehrere Tage in Schweden auf dem See unterwegs. Mein Ziel ist nicht unbedingt, 35 Kilometer am Tag zu schaffen, sondern ich möchte lieber von einem schönen Fleck zum nächsten paddeln und die Natur dabei genießen. Nicht immer „schneller, höher, weiter“. Abenteuer in Deutschland, auf einem Fluss, oder auf der Mecklenburgischen Kleinseenplatte zu erleben, das ist es, was mir Spaß macht.
Jetzt gibt es aber auch ein zweites Board, den 12‘8‘‘ Touring?
Die Idee kam von Paddelbrett-Kunden der ersten Stunde. Die wollten 10 Tage eine SUP-Tour auf der Mecklenburgischen Seenplatte machen mit Minimalgepäck. Denen konnte ich – auch weil es nicht auf einen Euro ankam – auf Wunsch ganz individuell zwei Prototypen bauen. So kam das 12‘8‘‘er ins Programm.
Erreichst du deine Zielgruppe?
Mein Ziel ist, so eine Paddelbrett- Freundegemeinschaft aufzubauen, evtl. 2023 ein Paddelbrett-Treffen zu organisieren. Ich bekomme viel Feedback von meinen Kunden, die schicken mir Fotos von ihren Erlebnissen. Das ist der Spirit. Ich möchte meine Kunden in die Marke mit einbeziehen. Auch deren Ideen und Anregungen. Ich bin ja nur eine kleine Marke und mache von der Entwicklung über Einkauf, Versand, Produktkontrolle bis Rechnung schreiben und Marketing alles selber.
Du suchst auch weiterere Markenbotschafter?
Ja. Solche, die gerne in der Natur sind, auch Familien mit Kind und Hund, die nicht unbedingt das Ziel haben, jedes Wochenende noch einen weiteren Pokal zu gewinnen. Die einfach gemeinschaftlich eine tolle Zeit in der Natur auf dem Wasser haben wollen. Idealerweise natürlich mit Affinität zur Fotografie und aktiv im Social Media.
Hast du weitere Ideen im Kopf?
Ich möchte in mehrere Richtungen entwickeln. Es gibt demnächst einen richtigen Tourer – der für lange Touren länger und schmaler werden soll. Der wird wohl passend zu der Paddelbrett-Range 13‘8‘‘ lang mit 30er Breite werden. Das Board entwickle ich mit einem bekannten, sehr erfahrenen Touren-Paddler. Parallel entwickle ich im Angler-Bereich und ich möchte ein „Paddelbrettchen“ anbieten. Ein kurzes Board, etwas dünner und möglichst klein und kompakt verstaubar. Das soll auch den Van-Life-Sektor abdecken. Daneben arbeite ich mit Fachhochschulen daran, z.B. Finnenkästen nicht aus klassischem Kunststoff, sondern aus recyceltem Kunststoff oder aus Biomasse zu entwickeln und in Deutschland zu produzieren. Diese Finnenkästen sind flexibel und können nicht brechen.
Andere kleine Marken liegen bei 2000 Boards im Jahr. siehst du dich da in der Nähe?
Gar nicht! Es ist immer noch ein Liebhaberprojekt. Ich brauche zwar auch Wachstum, aber nicht um jeden Preis. Ich gucke mir jedes Board selber an und mache einen Quality Check. Dadurch habe ich eine Reklamationsquote unter 0,5 Prozent. Natürlich war da auch mal ein Ventil nicht richtig festgeschraubt, dafür hat jeder Kunde meine Mobilnummer. Aber das Gute ist, weil nicht viel passiert – rufen mich nicht viele an.