Mit dem Bike zum SpotFahrrad-Anhänger zum Windsurfen selber bauen

SURF Redaktion

 · 16.05.2023

Diesen Anhänger hat Windsurf-Addict Anton Munz mit kleinem finanziellen Aufwand selbst gebaut. Hier kommen seine Tipps für den Nachbau...
Foto: Wanja Munz
Windsurfsport ist Motorsport, ohne Auto geht wenig bis nichts. Doch außergewöhnliche Zeiten erwecken häufig die Kreativität im Menschen. Anton Munz aus Kiel hat in der Corona-Krise eine CO2-sparende und dazu noch gesunde Form des Spot-Hoppings für sich entdeckt.

Eine alte Idee blitzte in der Corona-Zeit in meinen Gedanken auf: Der Fahrrad-Surfanhänger! Diese Idee wurde viele Jahre lang als unmöglich oder höchst beschwerlich abgetan. Angesichts Sperrungen von Parkplätzen und Spots schien es die einzig verbliebene, verantwortbare Option zu sein, nach langer Zeit mal wieder aufs Wasser zu kommen.

Tatendrang durchströmte meine surfhungrigen Glieder. Zunächst musste mein klappernder Drahtesel durch ein ordentliches Touren-Fahrrad ausgetauscht werden. Wenige Stunden vergingen mit einer gezielten Recherche auf Ebay-Kleinanzeigen und schon wurde ich fündig. Ein gebrauchtes, ehemals hochpreisiges Trekkingrad namens „Torpedo“ für 160 Euro sollte mein neues Geschoss werden. Es macht einfach einen riesigen Unterschied, ob man ein gutes oder schlechtes Fahrrad fährt, insbesondere, wenn damit Lasten transportiert werden sollen. Das merkte ich sofort und „Torpedo“ machte das Fahrradfahren wieder zu einem echten Genuss.

Jetzt fehlte „nur“ noch ein geeigneter Anhänger. Schon am nächsten Tag wurde ich wieder fündig und konnte für 35 Euro auf demselben Portal einen stark gebrauchten Fahrrad-Handwagen aus der Nachbarschaft erwerben.

Das Material wird zum tragenden Teil des Surf-Anhängers

Der Surfanhänger-Bau konnte beginnen. Erst mal zog ich die Schrauben dieses eher klapprig konstruierten Anhängers ordentlich fest und schraubte die viel zu kleine, unförmige Deichsel ab. Vollkommen planlos ging ich an das Projekt heran. Doch ich war fest entschlossen noch am selben Tag aufs Wasser zu kommen. (Surf-)Not macht erfinderisch. Und da war sie, die alles entscheidende Erkenntnis: Das Surfmaterial ist lang und formstabil. Warum nicht einfach das Windsurfmaterial als integralen Teil des Surfhängers nutzen?

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Als Erstes schob ich Board, Segel und Mast in das Boardbag, um das Material zu schützen und legte die Tasche auf den Kasten des Hängers. Hierbei handelt es sich um einen 08/15-Mörtelkasten mit 90 Liter Volumen. Anschließend kam der komplett auf 190 Zentimeter ausgefahrene Gabelbaum so oben auf das Bag, dass der Gabelbaumkopf vorne leicht überstand. Ein kleiner vorne am Hänger angebrachter Spanngurt (2 Euro Baumarkt) sollte die Surfladung sichern.

Der Gabelbaum ist gleichzeitig die DeichselFoto: Wanja MunzDer Gabelbaum ist gleichzeitig die Deichsel

Jetzt musste „nur“ noch der Anhänger mit dem Fahrrad verbunden werden. Zu meiner Rechten lag der Mastfuß und mir schoss ein Gedanke durch den Kopf: Warum nicht einfach wieder das Surfmaterial nutzen und den Mastfuß als Kupplung auf den Gepäckträger schrauben? Schnell fand sich eine geeignete Lücke im Gestänge des Gepäckträgers. Damit der Mastfuß sicher hält ist es wichtig, die Mastfußplatte abzunehmen und unterhalb des Gestänges zu befestigen. Um die Kupplung fertigzustellen erschien es mir sinnvoll, die Mastverlängerung am Gabelbaumkopf zu befestigen. Klick – und fertig war die Kupplung. Jetzt nur noch mit der Trimmschot der Verlängerung die Spitze des Boardbags an den Gabelbaum zurren und das Schothorn in ähnlicher Weise mit dem Tampen am Hinterteil des Hängers fixieren.

Bauzeit für den Surfanhänger: Knapp zwei Stunden

Neo und sonstige Kleinteile kamen einfach unten in die praktische Wanne. Und schon konnte es nach nur zweistündiger Planungs- und Bauzeit direkt losgehen zum ersten Fahrrad-Surftrip nach Lindhöft. Aufgrund der mäßigen Vorhersage konnte ich davon ausgehen, dass der Spot wenig frequentiert war. Doch schon nach drei Kilometern machte es einen lauten Knall und ich wunderte mich zunächst, wer hier einen Böller nach mir geworfen hatte. Doch ein Blick nach hinten brachte schnell ernüchternde Klarheit: Ein Reifen des Anhängers war explodiert. Schon war ich kurz davor, alle Pläne über Bord zu werfen und endgültig frustriert nach Hause zurückzukehren. Doch ich hatte ja Flickzeug dabei. Unerwartet einfach konnte das daumengroße Loch geflickt werden. So kam ich zwei Stunden und 22 Kilometer später trotz der Panne in Lindhöft an.

Dort fand ich zwar wenige Artgenossen, aber doch einige Böen auf dem Wasser. Nach einer ordentlichen Portion Nudeln ging es für eine frühsommerliche Ostwind-Session aufs Wasser. Überglücklich über die erste Surfsession und den bisherigen Erfolg der Unternehmung kam ich zwei Stunden später wieder an Land. Schnell wurden die restlichen Nudeln verspeist und mit ausreichend Energie konnte ich nach fünfminütigem Hängerpacken die abendliche Heimreise nach Kiel antreten. Auf dem Rückweg durch das in Abendlicht getauchte malerische Umland Kiels zündete ich die letzte Brennstufe in Form einer Tafel Schokolade. So kam ich trotz defekter Anhängerreifen nach anderthalb Stunden am Ziel an. Etwas geschafft, aber komplett euphorisiert, rekapitulierte ich den Erfolg dieser einzigartigen Tour.

Gemütlich und kostenlos zum Surfspot

Die Vorhersage prophezeite Westwind zwei Tage später. Um meinen Surfdrang befriedigen zu können, musste zunächst der Hänger repariert werden. Die minderwertigen, halb kaputten 16-Zoll-Reifen machten eine Weiterfahrt unmöglich. Eine schnelle Lösung musste her und so wurde kurzerhand ein für 15 Euro auf Ebay-Kleinanzeigen erstandenes Kinderfahrrad zerlegt. Wenig später ging es mit stabiler Bereifung lächerliche zwölf Kilometer auf Surftour nach Kitzeberg ans Ostufer der Kieler Förde. In Anbetracht des deutlich reduzierten Rollwiderstandes und der kürzeren Distanz fühlte sich diese Tour im Vergleich zur ersten Unternehmung wie ein Katzensprung an.

Dass ich in knapp 45 Minuten gemütlich, kostenlos und komplett unabhängig zu einem passablen Surfspot kommen könnte, hätte ich mir bis vor wenigen Tagen nicht einmal im Traum vorstellen können. Das äußerst wendige und kippstabile Gefährt lässt sich überraschend leichtgängig manövrieren. Voller Energie und Euphorie öffnete ich nach dieser zweiten Surftour Google Maps und informierte mich über einige, in die Ferne führende Fahrradrouten. Ob mit dem Bike nach Büsum, nach Fehmarn oder gar nach Dänemark, nichts schien mehr unmöglich – wenn man nur genug Zeit und Nudeln hat.

Wenige Tage später fragte mich mein in Lübeck wohnender Bruder Jakob, ob ich angesichts der guten Vorhersage denn nicht an den 50 Kilometer entfernten Weißenhäußer Strand kommen wolle. Vermutlich war seine Frage nicht ganz ernst gemeint, doch für mich stand sofort fest: Das muss ich machen!

100 Kilometer Radfahren und Surfen zehren an den Kräften

Um den Anhänger für die weite Tour noch kompakter und stabiler zu machen modifizierte ich den Hänger. Neopren, Kleinteile, Zelt und Schlafsack kamen in den Staukasten. So konnte ich ausreichend verkehrssicher und windschnittig auf große Reise gehen. Um 16 Uhr Ortszeit fuhr ich in Kiel los und traf keine zweieinhalb Stunden später mit ordentlich Rückenwind in Weißenhaus ein. Die Fahrt verlief reibungslos und führte mich an Rapsfeldern, Seen und Wäldern vorbei durch die im Frühling besonders schöne „Holsteinische Schweiz“. Lediglich der Ort „Kaköhl“ machte durch seinen zähen Anstieg seinem Namen alle Ehre.

Am Ziel angekommen dann die obligatorische Nudel-Pause, um wenig später mit meinem Bruder Jakob aus Lübeck, der über meine Anwesenheit mindestens so überrascht war wie ich selbst, saubere Freestyle-Wave-Bedingungen zu genießen. Bis nach Sonnenuntergang tobten wir uns in der paradiesischen Bucht aus.

In der letzten Abenddämmerung baute ich schnell mein „Surf-Lager“ auf dem menschenleeren Parkplatz auf, aß die restlichen Nudeln und begab mich in mein kuschelig kleines Zelt. Das Boardbag diente dabei als passable Schlafunterlage. Nach einer kurzen, aber ausreichend erholsamen Nacht ging es frühmorgens wieder zurück nach Kiel. Nach satten dreieinhalb Stunden mit mäßigem Gegenwind kam ich noch am Vormittag wieder in Kiel an. Der Anhänger hielt und alle Reifen blieben prall – nur meine Kraftreserven waren erschöpft. Natürlich machten sich die 100 Kilometer Fahrradfahren, eine ausgedehnte Surfsession und eine kurze Nacht bemerkbar: Müde, aber hochzufrieden über diese eindrückliche 19 Stunden-Unternehmung fiel ich ins Bett.

Die nächste Konstruktion mit einem Hunde-Anhänger

Gleich am nächsten Tag ging es wieder los auf Surftour. Diesmal in Begleitung meines ebenfalls in Kiel wohnenden Bruders Wanja. Aufgrund eines nicht vorhandenen Surfanhängers nahm er ausnahmsweise seine Kite­sachen mit an die Förde. Trotz des überaus fahrradkompatiblen und einfachen Transports der Kite-Ausrüstung stand für ihn fest, das nächste Mal lieber wieder richtig zum Windsurfen zu gehen. Und so erstand er direkt am nächsten Tag über Kleinanzeigen seinen ersten Anhänger. Ein sogenannter Hundeanhänger für schlappe 35 Euro sollte die Basis seines Surfanhängers bilden. Wanja ließ sich dabei von meiner Konstruktion inspirieren: Der ausgefahrene Gabelbaum wurde fest an den Unterbau des Hundehängers gespannt und der Gabelbaumkopf diente zusammen mit dem Mastfuß als Anhängerkupplung. Den für den Zweck des Surftransports unnötigen Überzug des Hängers schnitt er kurzerhand ab. Übrig blieb das durchaus praktische Gestänge, woran er gut das Surfboard befestigen konnte.

Mastfuß an den Gepäckträger geschraubt, Gabel eingehakt - fertig ist die KupplungFoto: Wanja MunzMastfuß an den Gepäckträger geschraubt, Gabel eingehakt - fertig ist die Kupplung

Am nächsten Morgen ging es dank anhaltenden Nordwinds wieder an das Westufer der Kieler Förde. Da der Windgott es gut mit uns meinte, gab es auch am folgenden Tag ordentlich Wind. Anstatt in nur 45 Minuten gemütlich die 13 Kilometer nach Friedrichsort zu radeln, sollte es auf die doppelte Distanz nach Heidkate gehen. Auf dem Weg dahin fuhren wir das ganze Ostufer der Förde ab, um Spots wie Kitzeberg oder Laboe abzuchecken. Die jeweiligen Spotbedingungen rieten dringlich zur Weiterfahrt. Schließlich kamen wir gute anderthalb Stunden später an der Surfschule Heidkate an, um dort in trauter Zweisamkeit beste Freestyle-Wave-Bedingungen bis in den Abend abzugreifen.

Abriggen, Hänger aufpacken und noch schnell eine Tafel Schokolade zünden. Und schon ging es 25 Kilometer zurück ins nächtliche Kiel, wo wir uns überschwänglich zum nächsten Surftrip verabredeten. Doch der Folgetag brachte Flaute.

Radfahren und Windsurfen ergänzen sich perfekt

Drei Tage intensives Windsurfen in Folge und weder die Energiereserven noch die Muskulatur waren gänzlich erschöpft. Wie konnte das sein? Mein Bruder vermutete, dass die regelmäßige und ausdauernde Bewegung des Radfahrens gewissermaßen zur aktiven Regeneration des Bewegungsapparats beitrug. Das bestätigte meinen Eindruck, wonach das dynamische und locker ausdauernde Muster des Radfahrens ein gesundes Gegenbild zum kraftbetonten, primär statischen Bewegungsmuster des Windsurfens darstellt. So kommt man gut aufgewärmt am Spot an, surft sich die Seele aus dem Leib und regeneriert gewissermaßen aktiv auf der Heimfahrt. Dabei sollte man sich genügend Zeit lassen und mit regelmäßigem Krafteinsatz fahren.

Das sollte man bei einem Surfanhänger fürs Fahrrad beachten

Ein gut laufendes Tourenrad und natürlich ein guter, leichtgängiger Surfanhänger sind Grundvoraussetzungen für eine entspannte Surftour. Bis jetzt hat sich mein Modell des Surfanhängers vollends bewährt. Dabei habe ich folgende Prinzipien beachtet:

  • möglichst geringes Eigengewicht
  • stabiles Rollverhalten
  • Kippstabilität
  • geringer Windwiderstand
  • ganz wichtig: unkomplizierter Auf- und Abbau in unter fünf Minuten

Für einen tiefen Schwerpunkt und gute Aerodynamik empfiehlt es sich, die schweren Sachen (Neopren usw.) unten in den Anhänger zu packen, Segel und Mast unterhalb des Boards (durch die Trapeztampen) zu befestigen und das Board flach oben aufzulegen. Selbst gute 20 Knoten Seitenwind auf einem Deichweg konnten meinen Surfanhänger nicht im Ansatz kippen. Zudem sollten die Räder des Anhängers generell weit hinten positioniert werden. So kommt der Hänger nie ins Schlingern und toleriert selbst höchste Geschwindigkeiten. Mein Anhänger hat kurzzeitig schon die 50 km/h geknackt – ohne auch nur zu wackeln. Außerdem weiß ich meinen Mörtelkasten mit grünem Deckel nicht nur als stylische Transportbox zu schätzen: Am Spot angekommen kann man darin wunderbar seine Klamotten regen- und diebstahlsicher verstauen.

Auf weiten Touren mit steilen Anstiegen erleichtert ein Fahrrad mit elektrischer Unterstützung das schnelle Vorankommen. Getreu dem Motto – „Pimp my ride!“ – ziehe ich z.B. einen einfachen elektrischen Umrüstsatz für mein Fahrrad in Erwägung. Doch auch ohne elektrischen Schub kommt man ziemlich komfortabel zum Spot.

Abschließend kann ich nur jeder Windsurferin und jedem Windsurfer empfehlen, einen Fahrrad-Surftrip auszuprobieren. Ihr werdet überrascht sein, wie unkompliziert und spaßbringend eine derartige Tour gerade jetzt im Sommerhalbjahr ist.

Text: Anton Munz

Dieser Artikel erschien erstmals in surf 7/2020


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