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Ein bisschen ist es so, wie damals mit 14 vor der Dorfdisco. Man würde gerne mitfeiern, aber der grimmige Türsteher am Eingang schüttelt nur herablassend mit dem Kopf: „Du kommst hier nicht rein, Kleiner!“
Auch der Eintritt zum Brandungsspot wird mancherorts bewacht – und zwar vom Shorebreak. Wer kopflos drauflosrennt, rennt gegen die Wand und macht Kleinholz aus seinem Equipment. Aber mit der richtigen Taktik bleibt man unter dem Radar, schlüpft unbemerkt am Türsteher vorbei und darf auf jeder Wellenparty mitfeiern. Die Eintrittskarte gibt’s mit den folgenden Tipps.
Der Shorebreak – ein launischer Geselle
Der Begriff Shorebreak bezeichnet Wellen, die direkt am Ufer brechen – oft entladen diese ihre Energie hier sehr kraftvoll. Wer schon an verschiedenen Brandungsspots war, hat vielleicht gemerkt, dass es mancherorts Shorebreak gibt, anderenorts überhaupt nicht. Generell gilt: Dort, wo der Strand gleichmäßig und flach ins Wasser abfällt, entsteht kein Shorebreak. Die Kraft der anrollenden Wellen wird hier frühzeitig und weiter draußen gebrochen, die Wellen laufen dann sanft als Schaumwalzen aus. Umgekehrt entlädt sich an Orten, wo der Strand steil ins Wasser abfällt, die Energie der Wellen nahezu komplett im Uferbereich. Es entstehen dort, wo es plötzlich tief wird, jene kraftvoll auf den Sand donnernden Brecher, die so manchem Windsurfer die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Das Problem: An Stränden mit Shorebreak gibt’s eine steile Kante. Richtung Strand ist es zu flach, um zu starten, ein Schritt über die Kante, und man steht bis zum Hals im Wasser.
Oft gibt es an einem Spot Bereiche mit mehr oder weniger Shorebreak – ein ausführlicher Spotcheck und das Beobachten anderer Windsurfer kann an einem unbekannten Spot also die Sache erheblich erleichtern.
Nicht selten aber muss man da einfach irgendwie durch. Damit dies gelingt, sollte man sich vor dem Start am Einstieg etwas Zeit nehmen und die Wellen beobachten, denn: Wellen kommen nie gleichmäßig ans Ufer, sondern immer in Sets. Beträgt die durchschnittliche Wellenhöhe zum Beispiel 1,5 Meter, können Setwellen locker zwei bis 2,5 Meter messen. Oft herrscht nach einem großen Set für kurze Zeit relative Ruhe – das ist der Moment, den es abzupassen gilt.
Ein Shorebreak mit einem halben Meter kann Masten brechen wie Streichhölzer.
Wo ist der beste Startplatz?
Viele Küsten sind durch Buhnen oder Molen befestigt, um starke Erosion zu verhindern. Vor den Buhnen verläuft die Strömungsrichtung meist küstenparallel mit dem Wind. Dort, wo Buhnen die natürliche Strömung unterbrechen, kann das auf den Strand gedrückte Wasser nicht ungehindert wieder zurückfließen. Es kommt daher zu einem gebündelten Rückfluss, meist im Bereich genau zwischen den Hindernissen. Diese seewärts gerichtete Strömung wird als Brandungsrückstrom oder Rippströmung bezeichnet. Für Schwimmer kann diese Strömung gefährlich sein, wenn man versucht, panisch gegenanzuschwimmen. Surfer können diese gezielt nutzen, um durch den Shorebreak zu kommen. Beträgt der Abstand zwischen zwei flachen Buhnen z. B. 100 Meter, starte etwa 30 Meter in unterhalb der in Luv befindlichen Buhne. Auf diese Weise nutzt du eine eventuell vorhandene Rippströmung und hast genug Platz zur Buhne in Lee – falls du doch mal gewaschen wirst.
Starten bei Shorebreak
Wenn der Spot die Möglichkeit bietet, suche dir einen Strandabschnitt, wo der Wind sideshore oder zumindest sideonshore ankommt. Platt auflandige Bedingungen („onshore“) können in Verbindung mit Shorebreak eine Herkulesaufgabe sein, die nur sehr erfahrene Windsurfer meistern.
Wartest du zu lange mit dem Aufstieg, zieht dir die Strömung das Heck schnell nach Lee weg, und du kannst nicht aufsteigen. Mit einigen schnellen Schritten in Richtung Mastfuß schiebst du den Bug aus dem Wind, das Heck kommt wieder in Reichweite. Gelingt dir der Aufstieg nicht, blase zum Rückzug. Sortiere dich am Ufer neu, warte eine Setpause ab und starte einen neuen Versuch.
Beim Queren des Shorebreaks kommt es vor allem auf das richtige Timing an.
Richtig anlanden im Shorebreak
Auch das Anlanden bei Shorebreak will gelernt sein. Positioniere dich in sicherer Entfernung auf einer sich aufbauenden Welle und surfe mit ihr Richtung Strand (1). Rechtzeitig, das bedeutet einige Meter vor dem Ufer, verlagerst du dein Gewicht aufs Heck und lässt die Welle bewusst unter dir durchlaufen (2–3). Sobald du hinter dem Wellenkamm bist, hole wieder dicht und versuche, direkt hinter dem Kamm auf dem Wellenrücken zu bleiben. Surfe hinter dem Wellenkamm so weit wie möglich den Strand hoch (4). Springe nach Luv vom Board ab und greife mit der hinteren Hand die eine Fußschlaufe (5). Das Segel schlägt mit dem Wind nach Lee um, das zurückfließende Wasser dreht die Brettnase automatisch in Richtung Meer (6). Laufe zügig strandaufwärts (7).
Die 3 häufigsten Shorebreak-Fehler
1. Falsches Timing beim Starten
Das richtige Timing beim Starten hat viel mit Erfahrung zu tun. Wer einfach losrennt, wird nicht selten rückwärts wieder auf den Sand geworfen. Beobachte deshalb vor dem Start die Sets. Bereits wenn ein großes Set ankommt, solltest du dich bereit machen. Warte in der Startposition und gehe, während die Setwellen ankommen, langsam ins Wasser, jedoch nicht bis in die Brecherzone. Sobald die letzte Setwelle gebrochen ist, muss es schnell gehen. Normalerweise hast du dann eine Lücke, die dir das Starten massiv erleichtert.
2. Anlanden vor der Welle
Sich mit einer Welle im Rücken Richtung Strand schieben zu lassen, ist verlockend. Wer das bis zum (bitteren) Ende durchzieht, fährt aber buchstäblich aufs Trockene, um einen Sekundenbruchteil später vom Shorebreak durchgewaschen zu werden. Hier besteht die Gefahr, das Material zu schrotten oder sich sogar zu verletzen. Beachte deshalb: Vor der Welle surfst du nur so lange mit, bis sich die Welle in Strandnähe steil aufbaut. Lasse sie rechtzeitig unter dir durchlaufen und versuche dann, auf dem Wellenrücken auf den Strand zu fahren!
3. Backwash-Watsche
Wenn Shorebreak direkt auf den steilen Strand bricht, läuft das angeschwemmte Wasser zwischen den Wellen schnell wieder „bergab“ zurück Richtung Meer – das wird als „Backwash“ bezeichnet. Achte daher nach dem Absteigen vom Brett unbedingt darauf, das Segel hochzuhalten. Hängt das Schothorn zu tief, fließt der Backwash aufs Segel, das Gewicht kann schnell dein Material brechen oder dich unter dem Segel einklemmen.