Training für WindsurferDie besten Übungen fürs Foilen

Stephan Gölnitz

 · 24.04.2023

Akrobatische Einlagen – und das nicht nur wie hier bei den ersten Sprüngen – gehören beim Foilsurfen dazu.
Foto: Stephan Gölnitz
Foilsurfen ist – zumindest anfangs – besonders anstrengend. Wir wollten wissen, warum, was man dagegen tun kann und welche Übungen auch für klassisches Gleitsurfen helfen.

In diesem Artikel:

Warum tut selbst erfahrenen, geübten Windsurfern nach den ersten drei Foilstunden nahezu alles weh? Das „surf Foil Camp powered by Naish“ diente vor einigen Jahren als Freiluftlabor für die erste umfassende Analyse, warum beim Foilsurfen die Schmerzgrenze woanders verläuft als beim klassischen Gleiten.

Sportwissenschaftler Dr. Christoph Jolk hat seine Diplomarbeit über Belastung von Windsurf-Profis während der Worldcups auf Maui und Sylt in den 90ern geschrieben und bietet heute mit seinem Unternehmen Geko Gesundheitsprogramme für große Unternehmen an. Er hat eine der Gruppen aus der Sicht des Foilanfängers und Trainingsprofis gleichermaßen beobachtet und mit Teilnehmern die Belastungen analysiert und ausgewertet: „Wir haben selbst als fortgeschrittene Windsurfer wieder auf Anfängerniveau begonnen“, staunte auch der Experte, „mit Segel­aufholen, mühsamem Anfahren und Positionieren des Riggs“.

Foil Basics:

Unterschiede zwischen Foilen und normalem Windsurfen

Der Take-off in die Schwebefahrt ist eine wackelige Angelegenheit, klassisches Windsurfen dagegen stabil: „Der Surfer hängt sich auf einem Gleitboard ins Trapez, hält das Board flach auf dem Wasser und versucht mittels kompakter Körperspannung – Stichwort ‚Blockbildung’ – möglichst viel Kraft auf das Brett zu übertragen. Diese Position ist relativ stabil, solange nicht Wellen oder böiger Wind ständige Anpassungen erfordern. Ist die maximale Geschwindigkeit nicht das Ziel, kann der fortgeschrittene Windsurfer daher relativ entspannt über das Wasser düsen, denn mit 60 Prozent Kraftaufwand erreicht man bereits 80 Prozent der möglichen Geschwindigkeit, so ist lockeres Cruisen möglich. Und 30 Prozent des persönlich möglichen Gleichgewichts- und Koordinationsaufwands schaffen bereits rund 80 Prozent Fahrsicherheit“, weiß der Sportwissenschaftler.

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Anders beim Foilsurfen: „Um überhaupt eine Fahrsicherheit von vielleicht 70 Prozent zu erreichen, schätzten die Foileinsteiger ihren erforderlichen Kraftaufwand auf 90 und den Gleichgewichts- und Koordinationsaufwand ebenfalls auf satte 90 Prozent ihres maximalen Potenzials.“ Foilen am Limit also? Zumindest in der Anfangsphase steht der Foiler ganz anders auf dem Brett: aufrechter, nahezu nach vorne orientiert, mehr balancierend als kraftvoll und das ganze auch noch dreidimensional. „Man arbeitet anfangs sehr am Übergang von der Grob- zur Feinabstimmung.“

Für Einsteiger anstrengender, später einfacher

Die überschießenden Bewegungen, also eigentlich übertriebene Korrekturen, sind kraftraubender als eine beständige Last wie beim normalen Windsurfen. Das Board schießt mal steil nach oben, dann wieder abrupt nach unten. Man ist mit den Korrekturen eigentlich immer zu spät dran. Der Oberkörper verdreht sich dabei gegenüber dem Becken und der Hüfte, was zu besonders hoher Beanspruchung der Hüftmuskulatur und des unteren Rückens führt. Dazu kommt mehr Aktivität des Rumpfes durch Rotation – es dreht sich der Oberkörper deutlicher gegenüber dem Becken und der Hüfte, um das Rigg in einen guten Anstellwinkel zu positionieren.

Am stärksten zu spüren ist das nach einem langen Foiltag am Übergang Gesäß-Hüfte und im unteren Rücken. Die bereits erfahrenen Foilsurfer, die feinfühlig agieren – die Wiederholer im Camp – empfinden dagegen den statischen und dynamischen Krafteinsatz beim Foilen geringer als beim normalen Windsurfen. Auf gut Deutsch „sogar weniger anstrengend“, wie für Christian Breidach, der nicht seinen Top-Speed trackt, sondern die gesurften Kilometer ohne Trapez (!) – über 50 kommen da an guten Tagen zusammen.

Foilsurfen ist wie Einradfahren

Foileinsteiger kämpfen dagegen mit der fehlenden Feinabstimmung, denn beim Foilen haben kleinere Bewegungsfehler größere Auswirkungen. Ein Teilnehmer brachte den perfekten Vergleich vom Wasser mit: „Windsurfen ist wie Fahrradfahren, Foilsurfen wie Einradfahren“. Es erfordert ständige Ausgleichsbewegungen in alle Richtungen vor- und zurück, seitlich, rauf und runter, dabei deutlich mehr in der Achse vorne-hinten. Als Folge werden Waden- und Schienbeinmuskel stärker beansprucht. Aber auch die „großen“ Beinmuskeln im Oberschenkel müssen in Form der Hoch- und Tiefbewegungen mehr leisten, die Anforderungen sind nicht so statisch wie beim Speeden, sondern deutlich dynamischer mit mehr Bewegungsumfang.

Grobe Bewegungsmuster und hohe Bewegungsumfänge erweitern so das Belastungsspektrum. Nicht wesentlich anders als beim „normalen“ Windsurfen, aber gefühlt multipliziert mit Faktor zwei bis drei. Insbesondere die notwendige Rumpfrotation gegenüber der Fußposition und damit dem Becken und der Hüfte beansprucht die kurzen, tiefen Rückenmuskeln deutlicher. „Das kann sich nach den ersten Foilflügen fast wie ein Hexenschuss anfühlen – ist aber ‚nur’ Muskelkater“, entwarnt Sportwissenschaftler Jolk und ergänzt sein persönliches Fazit nach vier Tagen Foil Camp: „Einmal die Schallmauer des Anfängers überschritten, werden die Bewegungen genauer, besser dosiert. Das Gesamtniveau niedriger. Höchster Anspruch bleibt aber die Feindosierung und Abstimmung des Gleichgewichts über die Füße und Beine zur optimalen Gleitlage des Foils. Durch die insgesamt instabilere Lage im Raum wird es niemals ruhig und Feinabstimmung wird immer nötig sein.“

Und auch die Teilnehmer loben, trotz müder Arme und verspannter Rücken durch den empfundenen „Ritt auf der Rasierklinge“ oder „Schwebebalkenübungen“, die schnellen Lernerfolge und das völlig neue Fahrgefühl: „Ich hätte nie gedacht, dass man so schnell so weit kommt“, „es ist schwerer als gedacht, aber mit einer super steilen Lernkurve“ und „das Abheben und Schweben – wenn man nur noch das leise Zischen hört – ist einfach MEGA!“

Après Surf-Übungen gegen den „Kater“ am Tag danach - für Windsurfer und Foilsurfer

Eigentlich sind wir Menschen für Bewegung gebaut. Unsere Vorfahren haben über 15 Kilometer am Tag zurückgelegt. Jagen und Sammeln mit unterschiedlichen Bewegungen und Beanspruchungen haben unsere Körper über Jahrmillionen geformt. Ein optimaler Körperbau für acht Stunden Bürostuhl und PC-Arbeiten sähe ganz anders aus. Selten und unregelmäßig aufs Wasser zu kommen, bringt die dafür wenig trainierte Muskulatur aber innerhalb kürzester Zeit an Grenzen. Übersäuerung, Verspannungen, Muskelkater sind die Folge. Idealerweise bereitet man den Körper vor der Saison mit gezieltem Training vor, aber wer schafft das schon im täglichen Arbeitsalltag? Wenige, gezielte Dehnübungen nach der Session lassen den geschundenen Körper aber zumindest schneller regenerieren. Selbst Bundesligaprofis setzen nach harten Spielen direkt im Anschluss kurze, aktive Erholungseinheiten. Insbesondere Verbrennungsstoffe werden dadurch schneller aus der Muskulatur ausgeschwemmt, Verspannungen reduziert oder gar vermieden. Mit den folgenden Übungen werden die am stärksten belasteten Bereiche beim Windsurfen – ob mit oder ohne Foil – effektiv erreicht.

Übung für die Unterarme

Im Vierfüßlerstand die Hände mit den Fingern Richtung Körper auf den Boden...
Foto: Stephan Gölnitz

Durch das Greifen und Halten am Gabelbaum wird die Unterarmmuskulatur allgemein stark beansprucht, beim Foilen kommen besonders häufige, starke Steuer­bewegungen dazu. Setze im Vierfüßlerstand bei senkrechten Unterarmen die Hände so auf, dass die Finger zum Körper zeigen. Dann lehne dich langsam nach hinten bis die Dehnung deutlich zu spüren ist, dort mindestens 30 Sekunden bleiben. Wichtig: Die ganze Handfläche bleibt flach auf dem Boden.


Übung für die Schultern

Gehe in den Vierfüßlerstand, lege beide Hände weit vor dir auf den Boden
Foto: Stephan Gölnitz

Die Schultern sind geforderte Halteinstrumente bei jeder Windsurfart. Grundübung (rechts): Gehe in den Vierfüßlerstand, lege beide Hände weit vor dir auf den Boden. Bewege dich zurück Richtung Fersen, die Hände bleiben fest auf dem Boden, senke den Brustkorb so tief wie möglich. Ziehe den Po so weit von den Händen weg, bis du die Entspannung zwischen den Schulterblättern und dem unteren Rücken spürst. Hilft auch bei Rückenschmerzen. Variante: Lege die rechte Hand 90 Grad abgespreizt neben den Körper, drehe dich zur linken Seite und versuche den rechten Brustkorb Richtung Boden zu bewegen. Die Dehnung spürst du vorne am Brustkorb.


Übung für den unteren Rücken

Lege dich flach auf den Rücken, hebe zunächst das rechte Bein an, greif den Oberschenkel in der Kniekehle, dann das linke Bein. Ziehe beide Knie am Rumpf vorbei Richtung Achselhöhle soweit du kannst, dabei hebt sich das Becken dezent vom Boden. Der lange Rückenstrecker wird gedehnt.
Foto: Stephan Gölnitz

Die größte Kraftübertragung zwischen Becken samt Beinen und dem Oberkörper inklusive Halteapparat findet in der Lendenwirbelsäule statt. Kleinste Bewegungskorrekturen beanspruchen die sogenannten kurzen Rückenmuskeln, die im Alltag selten zum Einsatz kommen. Folge: Muskelkater! Da diese Stelle ganz ungewohnt ist, fühlt es sich fast an wie ein „Hexenschuss“. Doch keine Sorge, mit diesen Übungen lässt sich der Bereich entspannen – und das nicht nur nach Surf- oder Foiltagen.

Grundübung: Lege dich flach auf den Rücken, hebe zunächst das rechte Bein an, greif den Oberschenkel in der Kniekehle, dann das linke Bein. Ziehe beide Knie am Rumpf vorbei Richtung Achselhöhle soweit du kannst, dabei hebt sich das Becken dezent vom Boden. Der lange Rückenstrecker wird gedehnt.

Fortgeschrittene Version: Strecke das rechte Bein lang aus, hebe das linke Bein an und beuge das Kniegelenk. Lass das linke Bein über das rechte zur Seite sinken, versuche mit dem Knie den Boden zu erreichen. Die Hüfte verdreht sich gegenüber dem Oberkörper, die Schultern bleiben auf dem Boden! Der Blick geht nach links, du kannst versuchen mit der rechten Hand das linke Knie auf den Boden zu drücken. Auf der anderen Seite wiederholen. Klingt kompliziert, ist es auch.


Übung für die Gesäßmuskulatur

Setze dich auf den Boden, stelle den linken Fuß über das gestreckte rechte Bein in Höhe des Kniegelenks auf den Boden. Wichtig: Setze dich ganz aufrecht hin!
Foto: Stephan Gölnitz

Der größte Muskel am Körper ist durch den Bürostuhl, den Autositz oder das Sofa eher platt gesessen als wohlgeformt. Trotzdem gehört er zu den wichtigsten und kräftigsten Muskeln. Er wird durch Haltearbeit und Bewegungskorrekturen arg beansprucht und braucht nach einer intensiven Wassereinheit ein wenig Zuwendung.

Grundübung: Setze dich auf den Boden, stelle den linken Fuß über das gestreckte rechte Bein in Höhe des Kniegelenks auf den Boden. Wichtig: Setze dich ganz aufrecht hin! Ziehe jetzt das Knie Richtung Brustkorb. Es zieht in der linken Po-Backe .

Fortgeschrittenen-Übung: Wie oben. Zusätzlich drehe deinen Oberkörper nach links/hinten, stütze dich mit dem Ellenbogen am Knie ab. Entspannt zusätzlich den unteren Rücken. Jeweils beide Seiten dehnen.


Die besten Übungen fürs Windsurfen und Foilen im Video


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