RückspiegelDas waren die Highlights in surf 4/1999

Tobias Frauen

 · 21.06.2023

Die Highlights aus surf 4/1999
Foto: surf Archiv
Robby Seeger rotiert auf dem surf-Cover im April 1999, fotografiert von Sylvain Cazenave
Wir steigen ins Archiv und werfen einen Blick in alte Ausgaben! Hier zeigen wir euch die besten Fundstücke, bemerkenswerte Test-Ergebnisse, skurrile Anekdoten und vieles mehr! In dieser Folge geht es zurück ins Jahr 1999!

An der Schwelle zum neuen Jahrtausend: surf ist 1999 voll im Tech-Look, das Logo sieht aus wie ein Windows-Button und das noch junge Internet startet grade richtig durch. surf bietet einen Wind-Service für 36 Spots in neun Ländern, exklusiv von Meteorologe Dr. Michael Sachweh berechnet (der uns im vergangenen Jahr im großen Wind-Special die wichtigsten Windsysteme der Welt erklärt hat). Am Gardasee speisen lokale Wind-Checker die Bedingungen an den Spots in eine Datenbank ein, im Gegenzug gibt es Material gestellt.

Bretter: Volumen statt Länge

Auch bei den Shapes zeigt sich ein neuer Trend: Erste Bretter kommen als “Wide Body”-Konzepte, einige Jahre später sind dann der Großteil der Boards sehr viel kürzer, aber breiter als noch in den No-Nose-Neunzigern. Das betont auch der Test der Freerider in S und XS: “Die Länge der Boards [spielt] als Auswahlkriterium eine immer geringene Rolle. [...]. Besonders mit den neuen Wide-Body-Shapekonzepten führen Längenangaben schnurstracks in die Irre.” Die getesten Boards - heute würde man Freemove zu dieser Gruppe sagen - sollen grundlegende Wave-Eigenschaften und Starkwind-Heizen vereinen. Um dem gerecht zu werden, gibt es einige Bretter mit zwei Finnen-Optionen. Fanatic hat gar die Form eines älteren Waveboards verwendet, um den XS-Freerider Bee zu bauen. Viele der getesteten Boards verlangen allerdings ein hohes Fahrkönnen.

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Auch bei den getesten Freeride-Wavesegeln ist ein Schritt in Richtung Moderne erkennbar: Die Masten werden kürzer, die Gabeln sind noch relativ lang. Das NeilPryde MPR kommt jedoch sogar noch mit einem Camber - “antiquiert”, findet surf und gibt den “illegalen” Tipp: Einfach Camber ausbauen, dann wird das ansonsten mittelmäßige Segel zu einem überzeugenden Allrounder.

Mistral kauft Fanatic

Der Deal des Jahres: Mistral-Eigentümer Klaus Jacobs kauft Fanatic/ART und vereint damit zwei einstige Konkurrenten. “Wird Fanatic eine Billigmarke?” fragt surf, und Mistral-Chef Flo Brunner (heute mit APM Starboard/Severne-Importeur) skizziert, dass Fanatic im unteren Preissegment gegen Bic antreten soll, während Mistral im gehobenen Bereich als Gegner von F2 und Edelmarken wie RRD platziert wird. Fanatic soll jedoch weiter bei den Schütz-Werken im Westerwald Boards bauen statt in Fernost. Auch Mistral erhofft sich durch eine Produktion in Europa mehr Flexibilität. Auffälligste Änderung für die Kunden: Powerbox statt Trimbox im Heck. Heute ist Mistral im Windsurf-Bereich nur noch eine Randerscheinung, während Fanatic zu den größen Marken der Welt zählt.

Das schlimme Wort mit K...

“Kitesurfen, das ist Windsurfen mit Rundum-Blick, ist spektakulär, radikal und doch einfach zu lernen”, schwärmt surf-Autor Steve Chismar über den damals neuen Trend. Er stellt die noch junge Sportart vor, erklärt Funktionsweise, Board- und Drachentypen und berichtet von einem gewissen Robby Naish, der nach nur neun Trainingstagen gleich mal Vierter bei der Kite-WM wurde. Wie bei so vielen Wassersport-Trends war es auch hier die Maui-Gang um Laird Hamilton, Rush Randle, Pete Cabrinha und Co., die die Idee, sich von einem Drachen ziehen zu lassen, intensiv verfolgte und die Entwicklung vorantrieb. Der zentrale Vorteil: In den höheren Luftschichten, in denen der Kite unterwegs ist, ist meistens mehr und konstanterer Wind. Wichtig: “Der beste und sicherste Weg zum Kitesurf-Piloten ist die professionelle Schulung”.

Surf-Destination Madeira

...genauer gesagt: Porto Santo, die Nachbarinsel von Madeira. surf-Autor Josh Welz hat einige Weltenbummler überredet, einen Trip auf das zu Portugual gehörende Archipel zu wagen, weil man sich von sagenhaften Wellen und zuverlässigem Wind erzählt. Nach einer aufreibenden Anreise mit Propeller-Maschine und widerspenstigem Mietwagen-Anbieter ist der Wind zwar da, aber zunächst kein Strand: Die Nordküste ist felsig und steil, an Windsurfen ist nicht zu denken. Im Süden hingegen, einer langgezogenen Bucht mit Sandstrand, müsste es immer einen Sideshore-Spot geben - doch nun macht der Wind Pause. Erst kurz vor Schluss des Trips setzt der Passat ein und lässt zumindest durchblitzen, wozu die Insel in der Lage ist. Fischer erzählen von peitschenden Winden und monströsen Wellen - das macht neugierig auf mehr.

Aussteiger in Tarifa

“Wer es schon nicht nach Hawaii schafft, muss wenigstens Tarif gesehen haben” - so schreibt es Autor Steffen Dittrich und schaut sich die Tarifa-Locals mal genauer an, die dauerhaft in der Surf-Hauptstadt Europas leben. Da ist Anwalt Clemens, der als einzige deutschsprachiger Rechtsbeistand der Gegend kleine Drogendealer vor dem harten Knast in Algeciras bewahrt und parallel solvente Immobilienkäufer unterstützt. Da ist auch Shaper Wolle Weber, der nebenbei vom Wind zerfetzte Windmühlen-Rotoren repariert. Da sind Beat Steffan und Max Ziegler, die in Tarifa unter dem Namen Bull Sails Starkwind-Segel bauen. Da ist “Tramontana-Franz”, der nach dem Abi auf dem Weg nach Marokko einfach in Tarifa hängengeblieben ist und das relaxte Leben zu schätzen weiß. Mit Monty Spindler, Stephane Etienne, Nicole Boronat und anderen leben und entwickeln aber auch viele bekannte Namen aus der Branche in Tarifa und wissen Spots und Wind zu schätzen - daran hat sich auch mehr als 20 Jahre später nichts geändert.

Das gesamte Heft gibt es oben in der Galerie zum Durchklicken!

Und sonst so?

  • 77 statt 67 Liter: Der Mistral Naish 8’4 entpuppt sich im surf-Test als deutlich dicker als im Prospekt angegeben. Hintergrund: Während surf damals noch akribisch selber misst (heute durch CAD-Shapes nicht mehr nötig), hat Mistral das Volumen auf Basis der Schätzungen der Testfahrer angegeben
  • Die Patent-Zeiten sind eigentlich vorbei, doch North will sich die Erfindung der Trimm-Punkte im oberen Segelbereich bezahlen lassen. Andere Hersteller, die solche Punkte ins Segel drucken, sollen zehn Mark Lizenzgebühren zahlen. Heute hat fast jede Marke ähnliche Markierungen
  • Sturm und Drang: Eine Fotostory zeigt, wie sich Anders Bringdal, Robby Seeger und Co. an einem Sturmtag auf Maui an Mini-Segel klammern, dazu erzählt eine Reportage von Sturm-Surfern in Norddeutschland.
  • Klitmøller-Locals nennen Volcans und Air Jibes neuerdings Hymer - “weil nur noch deutsche Surfer mit fetten Hymer-Wohnmobilen auftauchen und das Manöver probieren”.
  • “Wer ist Daniel Bruch?” fragt surf und stellt den Teneriffa-Local vor. Gerade Jugend-Weltmeister in der Welle geworden, will Dany 1999 im World Cup angreifen. Hat funktioniert - nach vielen Jahren in der Weltspitze pusht er inzwischen seine eigene Marke Bruch Boards.
  • Fahrtechnik für Fortgeschrittene: Robby Naish springt Backloop und Onehanded Backloop vor, Kevin Ponichtera den nach ihm benannten Ponch
  • “Toll, daß ihr die Lage des Spots Gatter bei Renesse verraten habt, so daß dort noch mehr Heiopeis auftauchen und die Locals langsam kochen”, motzt ein Leser. surf fragt: Sollen Spots und Zufahrten weiterhin im Magazin veröffentlich werden?

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