Es geht zurück bis zu den Geburtsstunden der surf: Die Ausgabe im Juli/August 1977 ist erst das vierte Heft überhaupt, und damit eines der ersten in der Hauptsaison. Statt einer Redaktionsanschrift stehen noch zwei mutmaßliche Privat-Adressen in München und Hamburg im Impressum. Viel dreht sich um Verbände und Regulierungen, so wird beispielsweise der Syndikus des Segler-Verbandes zu drohenden flächendeckenden Surf-Verboten befragt. Doch daneben gab es auch deutlich leichtere Kost und ein Stück Windsurf-Geschichte!
Fahrtechnik Body Dip
“Es gibt kaum etwas beim Surfen, das nutzloser wäre”, räumt der Autor der Fahrtechnik gleich zu Beginn ein. Aber: “Body Dip, das ist extremes Starkwindsurfen!” Wenn die Zuschauer an Land noch denken, der wagemutige Brettartist sei ins Wasser gefallen, fährt dieser schon in einer Gischtwolke weiter. Nach einer Art “Po-Dip” als Vorübung kommt der “fast akrobatische Bewegungsablauf” des Body-Dips bzw. Body-Checks. Wer es übertreibt, kann dann auch gleich den Wasserstart üben. Für echte Profis kommt dann der Head Dip als ultimative Herausforderung, bei der der Kopf im Hohlkreuz in die Wellen geworfen wird. Wichtigster Tipp zum Dip: “Vergewissern Sie sich vorher, ob keine Hindernisse vor Ihnen liegen!”
Die legendäre Skagerrak-Querung der Charchulla-Zwillinge
Eine der Pioniertaten aus der Windsurf-Urzeit gelang 1977 ans Licht der Öffentlichkeit: Manfred und Jürgen Charchulla berichten exklusiv über ihre Skagerrak-Überquerung mit dem Tandem. Bereits im Herbst 1976 war das Projekt gestartet worden, die Bedingungen ließen aber erst im Mai 1977 einen Start zu. Statt wie geplant in Hirtshals starteten die Brüder nun in Hanstholm, weil der Lotse inzwischen dorthin umgezogen war. Beim Einfahren vor Ort (heute bekanntlich als einer besten Wavespots Nordeuropas berühmt) gingen drei Masten und zweimal die “Kupplung für das Großsegel” kaputt. Nicht zu unterschätzen die Bedeutung der Ausrüstung: Zwei wasserdichte Nierentäschchen aus Neopren enthielten “Pfeife, Tabak, Sicherheitstampen, Fernrohr, Messer, Stullenpakete und je ein Fläschchen Gin.”
Die Querung selber geriet nach einem entspannten Start und einer fünfstündigen Flaute in der Endphase dann zum Kampf: Mit 20 Knoten sprangen die Brüder über die haushohe Dünung, jeder Neustart nach einem Sturz kostete Kraft und Zeit. Kurz vor der norwegischen Küste hangeln sich die Charchullas dann an Bord des Begleitschiffes, das wegen Spritmangel von der Küstenwache in den Hafen von Mandal geschleppt werden muss. Dort wartet die letzte Hürde in Form der Einwanderungbehörden. Niemand hatte daran gedacht, einen Pass mitzunehmen.
Debakel für zahlreiche Test-Bretter
16 Bretter aus dem “kaum noch zu überschauenden” Angebot haben surf und das Schwestermagazin Yacht im Frühjahr getestet. Fazit: “Auch die besten sind nicht gut genug”, kaum ein Brett ohne eklatante Mängel. Kostprobe? Der Sailglider läuft voll Wasser und wiegt nach dem Test 12 Kilo mehr, der starre Kiel (!) des Starsurfer verformt sich in der Sonne, beim Jet-Surfer bricht der Testfahrer mit dem Fuß im Deck ein, der Windward ist offenbar nur ein Bausatz und läuft schon nach einer halben Stunde voll Wasser, so dass er beinahe sinkt. Alle anderen Boards haben Schwächen beim Mastfuß, dem Schwert oder der Haltbarkeit.
Mode für Windsurfer
Wer nicht nur mit dem Brett auf dem Autodach zeigen will, dass er einer dieser neuen, trendigen Windsurfer ist, der findet ein breites Angebot an Windsurf-Mode für Strand und Alltag. surf stellt die bemerkenswertesten Stücke in einer doppelseitigen Hochformat (!)-Fotostrecke vor. Mistral hat unter anderem einen roten, knappen Lycra-Anzug im Programm, außerdem einen Blouson mit “Backbord”/”Steuerbord”-Aufdrucken an den Ärmeln. Ein französischer Hersteller namens LSD hat Stücke mit dem Original Windsurfer-Schriftzug im Angebot.
Das gesamte Heft gibt es oben in der Galerie zum Durchklicken!
Und sonst so?
- Querelen aus den Abgründen der Verbandspolitik: Wer darf Surfscheine ausstellen? Während der Deutsche Segler-Verband (DSV) seinen Mitgliedern quasi Freifahrtsscheine erteilt, setzt der VDWS auf Schulungen. Wer wann von wem anerkannt wird oder eben nicht, bleibt noch lange ein Thema
- Perlen der Werbung, I: “Im Land der Blinden ist der Einäugige König! Wer ist dieser Einäugige? Jack O’Neill! [...] Der König aller Neopren-Anzug-Hersteller!”
- In den Leserbriefen spricht sich Graf von der Schulenburg, Beauftragter der Wassersportkommission des Deutschen Sportbundes, dafür aus, statt Windsurfen doch lieber die Bezeichnung Segelsurfen zu verwenden, weil “die Verbindung zum Segeln dadurch besser hervorgehoben” werde.
- Showmaster Michael Schanze ist bei der Windsurfer-WM auf den Bahamas 7. geworden und bekommt nun eine eigene Uhren-Kollektion
- Windsurfen bzw. “Brettsegeln” boomt auch in der DDR: Die VEB Waggonbau Ammerfeld lieferte “600 komplette Segelbretter” aus, die Regatten werden immer beliebter
- Mit der Algarve und dem Oortkatener See bei Hamburg stellt surf ein damals noch recht exotisches und ein Feierabend-Revier vor
- Zur Windsurfer-EM in Schweden kann man mit einem Surfer-Sonderzug reisen
- Perlen der Werbung, II: Auf der Heft-Rückseite prangt eine Windsurfer-Anzeige, die mehr an eine Gerichts- oder Patentakte erinnert: “Eins möchten wir vollkommen klarstellen... Windsurfer ist eine Marke” schreit es einem entgegen. Neben einer Darstellung aller Details warnt die Anzeige davor, mit einem anderen Brett bei einer Regatta aufzutauchen.
Weitere surf-Rückblicke:
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