Die Frage nach dem passenden Trapez-Typ spaltet die Windsurf-Gemeinde. Wer ein Hüfttrapez verwendet, freut sich über mehr Bewegungsfreiheit, kämpft aber manchmal mit einem Hochrutschen und geringerer Rückenunterstützung. Sitztrapeze verlagern gemeinhin die Kräfte eher auf den Hüftbereich, die niedrige Hakenposition und die Beingurte empfinden jedoch viele Windsurfer als störend.
Das Liberty Trapez soll beides bieten: Die Bewegungsfreiheit eines Hüfttrapezes und die gute Kraftübertragung eines Sitz-Modells. Warum aktuell immer mehr Profis auf dieses Trapezkonzept setzen und ob das System auch für Hobbysurfer Sinn macht, haben wir einen der besten Racer im World Cup, Arnon Dagan, gefragt - und das Modell auch getestet.
Arnon, wie viele andere Profis benutzt auch du das Liberty Carbon Trapez. Warum?
An dieser Stelle sollte ich ein bisschen ausholen. Die Marke Liberty ist eigentlich nicht neu, gegründet hat sie ein Japaner namens Yasu, der schon in den 90er allerlei Windsurf-Accessoires im Portfolio hatte. Liberty hat 1998 auch das legendäre Team mit Anders Bringdal und Robert Teriitehau gesponsort, die das Trans Atlantic Race gewonnen haben. Danach wurde es ruhiger um die Marke, weshalb das Trapez, was es eigentlich schon seit Jahren gibt, nie jemand richtig bemerkt hat. Worldcupper Steve Allen war der erste, der mit dem Trapez ankam und in letzter Zeit wird es im World Cup immer populärer. Ich habe den Kontakt nach Japan, weil Yasu der Importeur für meine FutureFly Boards ist. Ich nutze das Trapez natürlich auch.
Es gibt unzählige Trapezmodelle auf dem Markt. Wie unterscheidet sich das Liberty Modell davon?
Man muss die Evolution im Slalom World Cup vor Augen haben: Früher fuhren alle Racer mit Sitztrapezen. Irgendwann haben wir gemerkt, dass es bei viel Wind Vorteile hat, mit Hüfttrapezen zu fahren: Du kannst den Hintern weiter raus schieben und überträgst nicht so viel Kraft über die Beine aufs Board. Denn: Wenn du bei viel Wind zu sehr Kraft ausübst und Druck auf Board, Foil oder Finne gibst, bekommst du die Quittung. Das Board steigt unkontrolliert und du musst vom Gas. Mit Hüfttrapezen ist also bei viel Wind die Kontrolle besser, was sich in höherem Topspeed niederschlägt. Das Problem: Hüfttrapeze tendieren dazu, hochzurutschen, wenn du an einem kraftvollen Segel hängst. Außerdem ist die Rückenunterstützung weniger gut und viele Pros plagten sich mit Rückenschmerzen. Das Liberty Carbon Trapez ist eine Mischung: Es gleicht oben einem normalen Hüfttrapez, umschließt aber einen Teil des Hinterns und kann dadurch nicht hochrutschen - obwohl es keine Beingurte hat.
Ihr Profis merkt natürlich im Rennen die kleinsten Nuancen. Kann das Trapez auch für Hobbysurfer Sinn machen?
Ich kenne viele Hobbysurfer, die genau darauf gewartet hatten. Endlich kann man ein Trapez fahren, was den Rücken entlastet wie ein Sitztrapez, ohne, dass man z.B. beim Wasserstarten mit den nervigen Beingurten und der damit verbundenen Einschränkung der Bewegungsfreiheit leben muss. Über zwei Gurte kann man zudem super anpassen, wie hoch oder tief das Trapez und damit auch der Haken sitzt.
Warum hat das Trapez ein Innenleben aus Carbon?
Es geht darum, den auftretenden Zug gleichmäßig zu verteilen. Man möchte auch nicht, dass sich mit jeder einfallenden Böe erstmal das Trapez lang zieht. Der Vortrieb soll ja direkt umgesetzt werden, das ist wie mit allen anderen Carbon-Komponenten auch. Das Liberty Carbon Trapez ist aber kein Hartschalentrapez. Es hat eine gewisse Steifigkeit, besitzt aber keine starre Hülle, die dann wieder für Druckstellen sorgen kann.
Arnon, danke für das Gespräch!
Das Liberty Trapez im Kurztest
Wir konnten das Liberty Carbon Trapez bereits kurz Probefahren – mit Wave-, Freeride- und Slalomequipment. Fixiert wird das Trapez über ein innenliegendes, dehnbares Klett. Der Verschluss ist simpel gehalten, ist aber funktional und lässt sich passabel bedienen. Unter dem Haken ist ein feste Platte verbaut, die den Haken gut abpolstert und die auftretenden Kräfte gut verteilt.
Die Hakenposition ist relativ niedrig – sie liegt spürbar tiefer als bei gängigen Hüfttrapezen der Fall, eher auf dem Niveau vieler Sitztrapeze. Eingehakt spürt man sofort, dass das gepolsterte Pad unter dem Hintern viel Zug aufnimmt und die auftretenden Kräfte vom Rücken- spürbar auf den Gesäßbereich verlagert. In der Praxis fühlt sich das Trapez also eher wie ein Sitztrapez an, allerdings ohne die manchmal nervigen Beingurte. Stattdessen gibt‘s hier kein Einschneiden und vor allem keine Bewegungseinschränkung beim Wasserstarten. Lediglich an der Seite der Hüfte spürten wir bei unserem Testmodell zu Beginn etwas Druckstellen. Ob man damit auf der Regattabahn spürbare Geschwindigkeitsvorteile hat, können wir nicht beurteilen – viele Profis schwören allerdings darauf.
Das surf-Fazit:
Das Konzept des Liberty Carbon Trapez geht gut auf. Es entlastet den Rücken wie ein gängiges Sitztrapez, bietet aber eine mit einem Hüfttrapez vergleichbare Bewegungsfreiheit der Beine. Damit dürfte es auch für viele Hobbysurfer interessant sein, die mit Racing und Regattabahn nichts zu tun haben. Das Liberty Trapez gibt’s für 349 Euro HIER im Onlineshop von Windlounge.