Mutter Steffie war erfolgreiche Seglerin, Vater Markus Steinlein gehörte ab Mitte der 80er und in den 90ern zu den dominierenden Raceboard-Cuppern in der Surf-Bundesliga, setzte dann später seine Erfolgsserie mit seinem Starboot fort. Im Fünf-Mädels-Haushalt segeln und surfen auch die Geschwister Theresa, Franziska und Valentina erfolgreich. Kein Wunder, denn das Elternhaus steht direkt am bayerischen Wörthsee. Hier bekommt man die Lust auf Wasser bereits in die Wiege gelegt.
Was kam zuerst bei dir, das Segeln oder das Windsurfen?
Wie bei vielen Kids begann es mit dem Segeln auf dem Opti, aber gleichzeitig hab ich am Gardasee am Hotel Pier einen Surfkurs mitgemacht. Allerdings bin ich dann viele Opti-Regatten gesegelt, das Windsurfen lief immer so nebenbei mit.
Deine Regattakarriere ging ja dann im Laufe der Jahre steil nach oben.
Zusammen mit meiner Zwillingsschwester Theresa war ich im Opti bis 14 Jahre schon international gut unterwegs, zum Beispiel beim berühmten Wettbewerb Lake Garda Meeting an Ostern am Gardasee, wo zum Teil bis zu 1000 Kinder antraten oder auch bei meiner ersten Europameisterschaft in Crotone, Italien.
Aus Altersgründen musstet ihr dann auf den 420er umsteigen, ging der interne Familienwettbewerb weiter?
Natürlich, Resi und ich segeln auf getrennten Booten, jeweils als Steuerfrauen, nicht nur gegen die Konkurrenz, sondern auch gegeneinander. Aber immer fair, wir verzichten auch schon mal auf die Vorfahrt, um uns gegenseitig möglichst nicht zu behindern.
Wer hat im Familienranking die Nase vorne?
In der deutschen Jahresrangliste 2019 der 420er lieg ich auf Rang zwei, Resi auf Rang vier. Dafür hat meine Schwester schon einige Meistertitel und auch Sponsoren, die ich noch nicht habe.
Du bist nebenbei jahrelang auf schnellen Slalomboards gesurft. Warum nur zum Spaß?
Die Konzentration lag eben auf Regattasegeln. Aber da wir direkt am Wasser wohnen, bin ich bei Wind immer auch ganz schnell aufs Board gestiegen, ist ja auch wesentlich weniger Aufwand, um startklar zu sein. Außerdem eignet sich meine zweite Leidenschaft als perfektes Fitnesstraining und Ausgleichssport fürs Segeln.
Du sollst auch schon mal mit dem noch aktuellen RS:X geliebäugelt haben? Sogar einen Start bei der Jugend-WM ins Auge gefasst haben?
Stimmt, mein Vater hat mir RS:X-Material besorgt, hab auch schon letzten Sommer am Gardasee darauf trainiert. Aber dann kam die Olympia-Entscheidung fürs Foiling.
Mittlerweile liegt in eurem Bootshaus auch ein Foilboard. Vor Kurzem kam auch noch das olympische iQFOiL-Brett dazu. Wie war der Umstieg generell aufs Foilen? Gab’s Unterricht bei Papa oder bei deinem Freund Dani Slijk?
Zuerst durfte ich mit den Tipps von meinem Vater auf sein normales Foilboard, nach einer Stunde klappte es schon ganz gut bei uns auf dem Wörthsee. Als Anfang Mai dann auch noch das iQFOiL-Board bei uns eintraf, stieg ich mit den Infos von Dani aufs Olympiabrett um, das dann mit seinen riesigen Ausmaßen, allein die Breite von 95 Zentimetern beeindruckt schon, noch eine ganz andere Nummer war.
Als sich Italien am 3. Juni wieder für die Einreise öffnete, bist du mit Freund, Eltern und Geschwister gleich ab an den Gardasee.
Wir konnten zwar im April und Mai bei uns auf dem Wörthsee bei guten Ostwindtagen mehrmals aufs Wasser, aber Wörthsee ist nicht Gardasee. Meine Schwestern wollten auch segeln, und das neue iQFOiL wollten wir natürlich bei guten Bedingungen gleich austesten.
Wenn so eine große Familie Wassersport treiben möchte, gibt es da manchmal Diskussionen, wer mit welchem Material lossurfen darf?
Hin und wieder, wenn mehrere die gleiche Segelgröße möchten. Aber am Schluss einigen wird uns immer, und dann haben alle Spaß.
Der Gardasee ist keine schlechte Trainingsbasis. Wenn Vento und Ora mitspielen, sind dort eine optimale Windausbeute und viele Trainingstage zu erwarten. Als Einsteigerin in den Foilsport also eine perfekte Revierwahl, zumal dort auch dein Freund und Trainingspartner Daniel Slijk wohnt.
Es kommen am Lago ein paar Dinge zusammen, die ideal für den Einstieg ins olympische iQFOiL sind. Neben der Möglichkeit, mit Dani, der jetzt auch das Olympiaboard bekommen hat, zu trainieren, eröffnet sich beim Circolo Surf Torbole mit der Foil-Trainingsgruppe eine Chance, die nächsten Monate weitere Fortschritte zu machen.
Im Oktober finden dort in Campione die allerersten iQFOiL-Weltmeisterschaften statt. Wäre das nicht gleich die perfekte Gelegenheit, die Trainingsfortschritte im Wettbewerb zu testen. Die Damen erhalten einen eigenen Start, das Feld wird nicht so groß wie bei den Herren sein. Bist du bereit?
Es ist mein erstes Ziel dort antreten zu können. Jede freie Minute werde ich auf dem Wasser sein. Ich bin schon total gespannt. Auch, ob ich viel von meinen seglerischen Erfahrungen auf das Foilen übertragen kann.
Falls es mit dem Start am Gardasee nicht klappt wegen Terminüberschneidung mit einer Segelregatta bei den 49ern FX, würde sich schon im August die Europameisterschaft auf dem Silvaplaner See in der Schweiz anbieten. Dort sind die Bedingungen mit dem thermischen Maloja-Wind ähnlich wie am Gardasee, allerdings mit deutlich weniger Welle. Wäre das eine Alternative für den Foilstart?
Klar! Es ist tatsächlich nicht einfach, Regatten und Trainingstermine der beiden Klassen zu finden, die sich nicht überschneiden, doch ich bin sehr zuversichtlich, dass sich eine geeignete Kombi ergeben wird.
Du hast eben das Abitur geschafft. Anschließend war geplant, auf diversen Segelregatten an den Start zu gehen, unter anderem auch bei der Jugend-WM der 49er FX am Comersee. Die wurde, wie viele andere auch, abgesagt. Was tut sich im Segeln überhaupt noch für dich in diesem Jahr?
So wie es aussieht, werden wir im 49er FX bei der Kieler Woche, die auf den Herbst verschoben wurde, und bei der Deutschen Meisterschaft auf dem Wannsee in Berlin starten. Vielleicht gibt es sogar noch eine Junioren-WM im Dezember.
Der Deutsche Segler-Verband (DSV) war zuletzt in der olympischen Klasse RS:X, nach dem Ausscheiden von Toni Wilhelm, mangels Athleten nicht mehr aktiv. Nun gibt der DSV richtig Gas, hat den DWC-Cupper Leon Delle sogar als hauptamtlichen Betreuer für das iQFOiL angestellt, um einen Kader aufzubauen. Was versprichst du dir davon?
Da ich jetzt an den Gardasee gezogen bin und es hier ebenso sehr gute Trainingsangebote gibt, habe ich bis jetzt noch nicht geplant nach Kiel über einen längeren Zeitraum zu gehen.
Segeln oder Surfen? Wo hängt dein Herz? Oder ist beides für dich als Leistungssport in den nächsten Jahren vorstellbar?
Mein Herz schlägt für beide Sportarten. Momentan liegt mein Fokus auf dem 49er FX, was jedoch meine Zukunft auf dem iQFOiL nicht ausschließen soll, denn man weiß ja nie was auf einen zukommt.
Mit dem Abi in der Tasche peilt man gewöhnlich ein Studium an. Hast du da schon konkrete Vorstellungen?
Ich bin sehr an Architektur und Design interessiert. Jetzt will ich mir aber erst mal ein Jahr lang Zeit nehmen, um für meine beiden sehr zeitintensiven Leidenschaften zu trainieren. 2021 werde ich ein Studium beginnen, was jedoch zum Sport zeitlich passen soll.
INFO-BOX
- Alter: 18 Jahre
- Geboren: 6.3.2002
- Wohnort: Walchstadt am Wörthsee
- Beruf: Schülerin/Gymnasium
- Größe/Gewicht: 162 cm/55 Kilo
- Segelt/Surft seit: 2007
- Regattadebüt Segeln: 2009
- Regattadebüt Surfen: Soll bei der iQFOiL-Europameisterschaft im August auf dem Silvaplaner See und/oder im Oktober bei der iQFOiL-Weltmeisterschaft am Gardasee erfolgen
- Segelnummer: GER-772 im Segeln und Surfen
- Erfolge: 2. Platz 420er Jahresrangliste 2019, 7. Platz 420er Weltmeisterschaft Vilamoura/Portugal 2019
- Lieblingsspot: Gardasee
- Lieblingsdisziplin Surfen: Slalom/Foil
- Hobbies: Bouldern, Malen, Wellenreiten
- Sponsoren: Bis jetzt nur die Eltern, ab und zu auch mein Opa