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Diese Freeraceboards sind im Test dabei:
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Neun Boards sollten es sein bei diesem Test. Doch das Wechselwetter der letzten Wochen sorgte auch am Testrevier Gardasee nicht nur für schwierigste Bedingungen beim Slalom-Worldcup im Mai und extreme Hagelschauer Anfang Juni, sondern auch für lange Stunden, in denen wir für diesen Freeracetest auf Wind warteten. So konnten wir zwar alle neun Boards auf die Foiltauglichkeit checken und auch viele Testkilometer mit Finne abspulen – aber nicht genug, um bei allen Boards auch bei der letzten Testnote wirklich sicher sein zu können. Nur die fünf Kandidaten in dieser Ausgabe haben das volle Testprogramm bereits abgespult – die Boards von Goya, I-99, RRD und den Tabou Rocket+ präsentieren wir in SURF 8-2023 (ab 26. Juli am Kiosk). Dann auch im kompletten Notenvergleich mit den Boards dieser Ausgabe.
Ausstattung und Details der Freeraceboards
Selten war eine Boardgruppe beim wichtigsten Aspekt – in der Brettbreite – harmonischer aufgestellt. Mit 75 und 76 Zentimetern liegen die Boards dicht beieinander und wirken auf dem Wasser hinsichtlich der Größe sehr ähnlich. Bis auf Starboard setzten dabei alle Shaper auf besonders breite Hecks – was der Leichtwindleistung mit Finne ebenso wie der Foileignung zugutekommen kann.
Innerhalb dieser Fünferbande ist das Volumen bei Fanatic, Patrik und JP Supersport vergleichsweise gleichmäßig verteilt, beim Patrik nahezu klassisch und beim Fanatic mit weniger Volumen im Bug, bei jedoch sehr harmonischem Übergang vom dicken Deck. Starboard und Tabou verteilen das Volumen deutlich hecklastiger mit stärker sichtbarem Übergang in den dünnen Bugbereich. Da geht es zur Mastspur auf dem Starboard steil bergab, wo hingegen auf dem Patrik ein nahezu gleichmäßiger Übergang mit nur etwa einem Zentimeter Absenkung der Mastspur besteht. Im Unterwasserschiff findet man tendenziell weniger V und geringere Konkaven als bei vielen Freerideboards. Diese Gleitflächen sind mehr auf Leistung ausgelegt als auf Dämpfung. Lediglich der Tabou Fifty weist im Bereich unter der Mastspur sehr tiefe Konkaven und ein sehr starkes V auf.
Beim Tabou Fifty bleibt neben der äußersten Schlaufenposition etwas mehr Platz zum Einsortieren der Füße, und auch bei JP-Australia schlüpft man über das hier etwas flacher gehaltene Deck leichter in die Position ganz außen. Bei JP sind die Pads für gute Polsterung unter der Ferse auch besonders weit ums Rail gezogen – ähnlich wie beim Patrik-Board, das dazu die dicksten und bequemsten Fußpolster mitbringt.
Bei Tabou, I-99 und RRD findet man im Bereich der Finne bis zu den Schlaufen im Unterwasserschiff nahezu kein V und nur leichte Doppelkonkaven. Im Bereich unterhalb der Mastspur zeigt sich dann bei allen dreien ein sehr prägnantes V, mit der stärksten Ausprägung beim I-99 GT. Beim Goya dagegen erkennt man bereits bei der Finne ein V von etwa vier bis fünf Millimetern unter dem Messlineal, das vom Winkel nahezu unverändert durchgehend bis vorne weiter verläuft, unterstützt von einer nicht sehr spektakulären, aber bis zum Bug durchgehenden Doppelkonkave.
Bei der Volumenverteilung haben die Shaper teils sehr viel Speck im Heck untergebracht, das Goya-Board ist nach vorne sehr ausgedünnt und auch der Firestorm zeigt eine ausgeprägte Mulde vorne im Deck unnd ein fettes Heck. Dagegen verteilt sich das Volumen beim Tabou Rocket sehr gleichmäßig, das Board wirkt dadurch im Heck fast schlank. Beim I-99 sind die Finnenschrauben nicht versenkt, was im dicken Heck zehn Zentimeter lange Schrauben erfordert, die nicht zum Standardsortiment im Surfshop gehören. Bei der weiteren Ausstattung fallen die zwar großen, aber nicht sonderlich griffigen Pads bei I-99 auf, sowie die sehr breiten und weichen Schlaufen beim Goya Bolt. Bei Goya sind die Pads dünn, aber besonders griffig strukturiert und für große Füße so weit wie möglich nach außen gezogen. Auf dem RRD stehen dagegen auch Füße in Größe 38 hinten mit der Ferse nicht mehr auf dem Teppich.
Die Details der Test-Boards
Die surf-Typen-Empfehlungen für die Freeraceboards
Die top Leichtwindboards fürs Finnesurfen: Der Fanatic Jag zögert zwar noch minimal beim Angleiten, beschleunigt dann aber bereits bei leichtem Wind besonders souverän und ist mit der High-End-Finne ein Leistungstipp. JP-Australia liefert mit dem Supersport nicht nur einen Supergleiter, sondern ein schnelles Board für das gesamte Windspektrum dieser Volumenklasse. Und der Patrik-Shape schließlich zeigt seine Stärken ebenfalls bei leichtem bis mittlerem Gleitwind.
Als Freeracer mit Komfort sticht der Starboard Futura hervor – ein Board, das auch weniger geübten Surfern schnell das maximale Potenzial bietet: gedämpft und mit maximal stabiler Gleitlage. Aber auch der JP Supersport ist besonders einfach zu surfen. Als etwas anspruchsvoller, aber auch besonders sportlich wirkender Leichtwindracer empfiehlt sich der Tabou Rocket+ ganz besonders. Für Surfer, die viel Speed, aber eine Klasse unter extemen Race-Slalomboards suchen.
Nur eine knappe Nummer dynamischer als klassische Freerideboards, bieten Goya Bolt und RRD Firestorm viel Sicherheit und sind in dieser Klasse besonders einfach zu surfen. Das schmalere Heck des RRD ermöglicht geschmeidige Powerhalsen, der Goya Bolt halst mit etwas mehr Druck ebenfalls besonders rund. Zwischen Tabou und dem RRD-Goya-Gespann wirkt der I-99 GT bei Leichtwind ähnlich zahm wie RRD und Goya, bei mehr Wind lebendiger, aber nicht ganz so fliegend wie der Tabou Rocket.
Für den regelmäßigen Hybrideinsatz mit Finne und Foil stellt Tabou mit dem Fifty das beste Foilboard, aber auch JP, Fanatic und Starboard kommen aus dieser Runde in Frage. JP und Fanatic foilen sehr stabil und brav, wirken aber groß. Der Starboard Futura fliegt etwas anspruchsvoller, dafür kompakter und sportlicher wirkend. Das Patrik-Board fällt im Foilvergleich etwas ab und empfiehlt sich eher bei sehr gelegentlicher Foilnutzung.
Stärken und Schwächen der Freeraceboards
Freeraceboards fallen im Vergleich zu Slalom-Raceboards im Heck nicht ganz so martialisch dick aus – und auch ein paar Zentimeter länger. So gelingt der Übergang ins Gleiten harmonischer und schneller, die Standposition ist etwas bequemer und die Füße lassen sich leichter in die Schlaufen einsortieren. Mit durchweg guten bis besten Gleitleistungen stellen die Boards von Fanatic, JP-Australia und Patrik – neben einigen wenigen Frühgleit-Spezialboards – die Leistungsspitze in dieser Volumensklasse. Der Starboard Futura erreicht am anderen Ende des nutzbaren Windbereiches eine so gute Kontrollierbarkeit, die auch unter Freerideshapes herausragen würde. Sämtliche Freeraceboards bieten damit eine Mischung aus Leistung und Komfort, die auch für fortgeschrittene Freerider interessant sein dürfte. Lediglich die fehlende Mittelschlaufe oder zuindest besonders weit innen montierbare Doppelschlaufen nehmen diesen Boards die Aufsteigereignung. Von der Gleitlage wären diese Shapes völlig unproblematisch. Lediglich der Starboard Futura vermittelt auch beim Angleiten mit der sehr heckorientierten Volumensverteilung mehr Slalom-Race-Feeling – bei dem man auch den Bug beim Segelaufholen oder Wenden nicht zu sehr belasten darf.
Die leistungsstarken, dicken und breiten Hecks bieten einerseits viel Potenzial auf Amwindkursen und lassen Windlöcher unter der Finne verdampfen. In der Halse bleibt so viel Volumen im Heck allerdings ebenfalls nicht unbemerkt, enge Radien erfordern auch ordentlichen Körpereinsatz. Dabei bevorzugen Fanatic und JP schnelle Carving Jibes mit viel Körpervorlage und das Stellen aufs vordere Rail, wogegen der Starboard Futura sogar mit mäßigem Druck in klassischer Powerhalsentechnik, mehr übers Heck gesteuert, recht leicht durch die Halse gleitet.
So gut eignen sich die Boards zum Foilen
Alle getesteten Boards werden mit der Foil-Tuttlebox flugfertig ausgeliefert. Während einige sogar Business-Vielflieger überzeugen dürften, empfehlen sich andere eher für einen maximal einmalig jährlichen Urlaubsflug auf Economy-Niveau.
Die Vorstellung ist verlockend: Es bläst mit 15 bis 20 Knoten Wind – du presst die Finne in deinem 120er oder 130er Freeraceboard mit dem 7,8er Segel immer wieder über das innerstädtische Speedlimit. Alles super soweit. Doch dann lässt der Wind nach und du wirst bei zehn Knoten Wind mit Familien-Federball bestraft. Stop. Das war früher so! Naturgesetze ändern sich zwar nicht, aber heute wechselst du beim Pit Stop in drei Minuten das Fahrwerk und gleitest auch bei zehn Knoten Wind ungebremst weiter: mit dem gleichen Segel, aber im Tiefflug auf dem Foil.
Mit Foil lässt sich der Einsatzbereich bis in den einstelligen Knotenbereich erweitern. - Stephan Gölnitz, surf-Tester
Als Testfoil haben wir für alle Boards ein passendes, schnelles Foil (GunSails Hy-Foil Free 1050) verwendet, das den Boards auch beim Foilen einen guten Schuss Freerace-Charakteristik verleiht: mit frühem Take-off (bei etwas Pumpunterstützung sind zehn Knoten locker drin) und mit einem Speedpotential bis deutlich jenseits der 40 km/h.
Die Foileigung vom am besten geeigneten (Tabou Fifty) bis zum am wenigsten foiltauglichen Board (Goya Bolt) lässt sich in Schulnoten als Bandbreite – im Vergleich zu reinen Foilboards – von wirklich gut bis immer noch ausreichend beschreiben. Während der Fifty ein richtig kompaktes Flugfeeling vermittelt, dabei stabil in der Luft liegt und auch in Windlöchern und Halsen lange oben bleibt, erfordert der Bolt häufige Korrekturen der Flughöhe und tendiert in Windlöchern und Halsen zur frühzeitigen Landung.
Alle Boards haben mit Foil eine deutlich größere Windrange
Auch mit dem Bolt lässt sich die Windrange mit einem Foil spürbar nach unten erweitern, das Flugvergnügen ist auf dem Fifty aber deutlich schöner und stabiler. Schon knapp hinter dem Fifty reiht sich der Tabou Rocket+ ein. Mit ebenso stabiler Lage benötigt er aber geringfügig mehr Heckbelastung bei der Halse, um möglichst trocken durchzufliegen.
Sportliche Foils mit 900 bis 1100 CM2 Fläche passen zu diesen Boards am besten.
Auf jeden Fall noch im guten bis zufriedenstellenden Bereich foilen JP Supersport und Fanatic Jag, zwei sehr ähnlich wirkende, durchaus interessante Hybrid-Konzepte. Und auch der Starboard Futura gesellt sich zu diesen beiden, wenn auch mit etwas anderer Charakteristik: agiler, aber kompakter und auch in Halsen mit versehentlichem Wasserkontakt sehr fehlerverzeihend.
Der Fanatic Jag wirkt beim Foilen zwar vergleichsweise groß, liegt aber stabil in der Luft mit ausgewogener Standposition im unteren und mittleren Foilwindbereich. Die Kante bremst beim unbeabsichtigten Einsetzen kaum, lediglich bei Hybrid-Halsen mit Touchdown auf Vorwindkurs zieht die lange, gerade Kante stärker geradeaus und die Halse lässt sich schwieriger zu Ende steuern.
Als immer noch geeignet, wenn auch mit Einschränkungen, erscheinen der Goya Bolt Pro, I-99 GT 76, Patrik F-Race 130 und RRD Firestorm 135. Während Goya, I-99 und Patrik vor allem recht groß und lang wirken – und damit weniger leicht abheben und in Windlöchern aktiver in der Luft gehalten werden müssen – zeigt sich der RRD zwar sehr kompakt und vermittelt agiles Flugfeeling, erfordert aber wegen des schmaleren Hecks mit dem geringeren Schlaufenabstand mehr Gefühl, um die agilere Lage um die Längsachse zu kontrollieren.
surf-Fazit zu den Freeraceboards
Reine Foilboards foilen – in der Regel – besser. Mit geringerer Länge bleiben Foil-Shapes länger und leichter in der Luft, die dickeren Rails bouncen besser aus dem Wasser bei leichten Berührungen – auf den breiten Hecks stehen die hinteren Schlaufen weiter auseinander für einen guten Hebel und bieten damit optimale Kontrolle über das Foil. Der Tabou Fifty kommt aber bereits verdammt nah an reine Foilboards heran, und auch JP Supersport, Fanatic Jag oder Starboard Futura überzeugen gut als Hybridkonzepte, um mit Finne und Foil dauerhaft einen maximal großen Windbereich zu nutzen. Auch mit den übrigen Boards lässt sich mit einem Foil der Windbereich spürbar nach unten erweitern, mit überschaubaren Einschränkungen.
Diese Gruppe bietet mehr Leistung als die Freerideklasse, bei immer noch guter Kontrollierbarkeit. - Frank Lewisch, surf-Tester
In der insgesamt sehr gleitstarken Gruppe setzt sich das Goya-Board nochmals dadurch ab, dass es besonders einfach und harmonisch ins Rutschen kommt. In der anschließenden Beschleunigungsphase ist dann der Tabou Rocket nicht aufzuhalten und überspringt beim Hochschalten gefühlt einen Gang, während sich auf Goya, RRD und I-99 erst etwas mehr Segelzug aufbauen muss, um voll aufzudrehen. Auch im Topspeed hängt sich der Tabou Rocket mit seiner freien Gleitlage an die Spitzengruppe aus Fanatic Jag, JP Supersport und Starboard Futura. Dieses Grüppchen fliegt auch bereits bei mittlerem Gleitwind besonders frei, bietet dadurch bei hohem Fahrkönnen auch gute Kontrollierbarkeit, aber nur, wenn man mit Technik und Körperspannung eine stabile hohe Gleitlage halten kann. Für alle Boards gilt: Während der Speed im mittleren Windbereich durch die natürliche Gleitlage stark beeinflusst wird (Goya, I-99 und RRD gleiten etwas flacher), lässt sich der Topspeed, wenn alle Shapes frei fliegen, mit einer schnelleren Finne noch spürbar verbessern.
Die Noten der Freeraceboards im Überblick
Alle neun Boards wurden am Gardasee für die Leistungsnoten in Vergleichsfahrten gegeneinander getestet, die Testsegelgröße war 7,8 qm. Testbedingungen: Leichter bis starker Gleitwind, starke Kabbelwelle.
Alle Freeraceboards in der Einzelbewertung
Hier kommt ihr zu den detaillierten Test-Ergebnissen aller Freeraceboards: