Nunatak, Schweiz – klingt irgendwie nach sturmumtosten 4000ern, umgeben von mächtigen Gletschern. Und das stimmt sogar! Eine Paddeltour auf der Schwentine führt einen unweigerlich durch die Holsteinische Schweiz. Binnenländler reißt das norddeutsche Geständnis, dass die Berge hier maximal halb so hoch sind wie der Frankfurter Fernsehturm allenfalls zum herzlichen Schenkelklopfen hin. Und der Nunatak? Nun ja, Nunataks, das sind Berge, die wie Inseln inmitten mächtiger Gletscher emporragen – und genau das war der 167 Meter hohe Bungsberg einst. Während der letzten Eiszeit vor knapp 10.000 Jahren ragte er wie eine Insel aus dem Eis der skandinavischen Gletscher. Dort wo das Schmelzwasser der Eisriesen abfloß, bildete sich das heutige Flusstal. Wo größere Eisbrocken liegenblieben, entstanden Senken, die sich mit der Zeit mit Wasser füllten und eine große Seenlandschaft formten.
Paddelt man heute auf einem der 68 Flusskilometer zwischen Ostholstein und Kiel ist es nur schwer vorstellbar, dass dort wo heute seltene Pflanzen blühen, Eisvögel im dichten Auenwald brüten und Fischotter das klare Wasser auf der Jagd nach Beute durchstreifen, einst mächtige Gletscherzungen lagen. Auch Schildkröten sieht man immer wieder auf alten Baumstämmen in der Sonne liegen – von Privatpersonen ausgesetzt, haben sich die Reptilien hier scheinbar bestens eingelebt.
Auf ihrem Weg von Ost nach West bis zur Mündung in die Kieler Förde durchfließt die Schwentine nicht weniger als 18 Seen, darunter kleine, wie den nicht mal 20 Hektar großen Höftsee, und große, wie den Plöner See, der es mit 28 Quadratkilometern in die Top-10 der größten Seen Deutschlands schafft. Der komplette Flusslauf ist, von einigen kleineren Ausflugsdampfern rund um das Plöner Schloss mal abgesehen, frei von Motorbooten und ausschließlich den Paddlern vorbehalten.
Etwa 50 Kilometer zwischen Eutin und der Mündung in Kiel sind fast uneingeschränkt befahrbar, die schönsten und abwechslungsreichsten Streckenabschnitte liegen dabei zwischen Plön und Kiel. Mal paddelt man durch dichte Auwälder und enge Täler, vorbei an alten Gutshöfen und dicken Schilfgürteln, bevor sich hinter der nächsten Biegung die Landschaft plötzlich weitet und man einen der zahlreichen Seen durchkreuzt. Bei Querungen wie der des Lanker Sees südlich von Preetz darf es dann durchaus mal ein Blick auf die Google-Karte sein, um den Ausgang zwischen den zahlreichen Buchten nicht zu verpassen. Alle Tipps für die Tour im Norden gibt‘s nun nachfolgend:
SUP-Infos Schwentine
Route
Für eine Tagestour eignet sich der Abschnitt von Hof Wahlstorf bis zum Rosensee perfekt. Auch als weniger geübter Paddler sind die knapp 15 Kilometer flussabwärts in drei bis fünf Stunden gut zu bewältigen, je nachdem, wie engagiert man paddelt. Die Einstiegsstelle direkt am „Cafe am Fuhlensee“ liegt herrlich idyllisch und bietet die Gelegenheit die Kalorienspeicher nochmal aufzufüllen.
Ein passender Zielpunkt ist z.B. der Parkplatz an der B202 am Rosensee, oder der Parkplatz Jahnstraße, nahe des Freibads Schwentinental am Ende des Rosensees. Theoretisch lässt sich die Schwentine auch flussaufwärts befahren, da die Strömung an den meisten Stellen kaum existent ist. Lediglich bei Preetz gibt es einige Abschnitte wo man dann gegen eine spürbare Strömung anpaddelt. An Tagen mit spürbarem West- bis Nordwind ist die Route flussaufwärts aber sogar die einfachere Alternative, da man auf den Seen dann spürbaren Rückenwind hat.
Alternativrouten
Natürlich lässt sich unsere vorgestellte Route problemlos strecken oder verkürzen. Wer z.B. erst am Strandbad Lanker See einsteigt, verkürzt die Strecke um gut ein Drittel. Umgekehrt kann man die Strecke auf knapp 25 Kilometer verlängern, wenn man schon in Plön startet und den Paddeltag mit einem Blick aufs wunderschöne Plöner Schloss beginnt. Eine Einstiegsstelle mit WC und Imbis gibt‘s z.B. in der Hamburger Straße in Plön. Auch ein Zielpunkt an der Mündung in Kiel ist möglich, dies bedeutet allerdings, dass man sein Board am Ende des Rosensees vor dem Wasserkraftwerk und Naturschutzgebiet schultern und ca. 1,5 Kilometer bis zum nächsten Einsetzpunkt an der Oppendorfer Mühle tragen muss.
Wind & Wetter
Der überwiegende Teil der Strecke verläuft geschützt durch Auwälder und Schilfzonen. Teilweise verengt sich die Schwentine auf wenige Meter – man paddelt daher auch an windigen Tagen geschützt. Anders sieht es auf den großen Seen aus, z.B. dem Lanker See, Großen Plöner See oder weiter flussaufwärts auf Behler- und Dieksee. Schon bei fünf bis zehn Knoten Wind aus West, Nordwest oder Nord wird die Strecke aufgrund des Gegenwindes und der spürbaren Kabbelwellen mühsam.
Zwischenstopps/Gastro
Möglichkeiten zum Einkehren gibt es auf der Strecke einige. Das Café am Fuhlensee wurde bereits erwähnt, vor allem aber rund um Preetz wird man fündig, z.B. am Strandbad Lanker See, dem Bootshaus Kanu & Café oder rund um den Kirchsee in Preetz. Der Streckenabschnitt zwischen Preetz und dem Rosensee ist hingegen sehr abgeschieden – man findet hier zwar schöne Stellen zum Pausieren, allerdings keinerlei Infrastruktur mehr.
Camping- & Biwakplätze
Da es entlang der Strecke diverse Übernachtungsmöglichkeiten gibt und die Schwentine bereits ab Eutin gut fahrbar ist, lässt sich die Tour auch auf knapp 50 Kilometer Länge und mehrere Tage ausdehnen. Wildes Campen/Biwakieren ist streng verboten, es wird kontrolliert und bei Nichtbeachtung konsequent abkassiert. Offizielle Plätze zum Übernachten findet man z.B. hier (Sortierung flussabwärts):
- Bad Malente: www.camping-bad-malente.de
- Timmdorf: www.landgasthof-kasch.de
- Plön: www.camp-ruhleben.de | www.augstfelde.de | www.spitzenort.de
- Wahlstorf: Fischer Bock (Tel. 04342-81273)
- Preetz/Lanker See: www.camp-lankersee.de
- Preetz
Naturschutz
Sämtliche Inseln im Naturpark „Schleswig-Holsteinische Schweiz“ dürfen aus Naturschutzgründen nicht betreten werden. Auch die oftmals von Schilfgürteln gesäumten Ufer sollten nur an den markierten Rastplätzen betreten werden.
Sicherheit
An einigen Abschnitten rund um Preetz ist die Strömung spürbar und das Wasser teilweise seicht. Die Verwendung einer Leash kann hier sinnvoll sein. Verkehr durch Schifffahrt ist kein Thema, abgesehen von einigen Ausflugsdampfern sind auch die Seen für private Motorboote gesperrt. Die Seen sind teilweise groß und die Flussausgänge sind nicht immer sofort zu erkennen, das Mitführen eines wasserdicht verpackten Smartphones samt Google-Karte kann in diesem Fall hilfreich sein.
Dieser Artikel erschien erstmals in SUP 1/2019