Die Themen in diesem Rückblick
Wie das alles anfing? Tommy Brandner erinnert sich.
Schwein gehabt. 83 hab ich beim Radiosender Garda 3 in Riva „Tommys Surf Radio Show“ gemacht. Ein Glücksfall für einen Surfsüchtigen. Täglich Vollgas-Rock von 10 bis 14 Uhr, danach am Europark aufs Wasser. In der Zeit hab ich viel von Sigi Hofmann, Lui Holzinger und anderen Topsurfern gelernt. Abends ging es dann regelmäßig in Walters Bar „Cutty Sark“ in Torbole. Hier traf sich alles, was tagsüber auf dem Lago rumtobte. Anfänger, Profis, Angeber, DIN-Surfer, Materialfetischisten – so ganz normal war da niemand.
Nach ein paar Wochen fing ich an, alles, was ich aufschnappte, zu notieren: Gespräche, Monologe, Geschichten. Daraus entstand im Lauf des Jahres ein vielseitiges Manuskript, mit dem ich im November bei surf aufkreuzte. Uli Stanciu (damaliger Chefredakteur) gewährte mir eine Audienz und meinte: „Ja, ganz nett, aber so können wir das nicht veröffentlichen.“ Tiefschlag. „Nein“, sagte Uli, „da machen wir ’ne Serie draus!“ Bam, das war’s! So kamen die ersten Storys als „CUTTY INTIM“ ins Heft und ich ins surf-Testteam. Irgendwann war’s aber dann mal gut mit dem Cutty und was Neues musste her. Etwas mit klarer Struktur, das konnte nur „TOMMYS TOHUWABOHU“ sein.
Jetzt kam Bernhard Förth als Illustrator dazu und es stellte sich sofort heraus, dass er ein kongenialer Partner war. Wir hatten und haben bis heute denselben Humor. Kein Witz kann zu platt sein, wenn er gut umgesetzt ist. Bernhard besitzt die seltene Fähigkeit, seine Illus so auf den Punkt zu bringen, dass es knallt. Chapeau.
Nach und nach entstanden aus unserer Zusammenarbeit dann surf-Serien wie „TOMMYS TOLLE TYPEN“, „TOMMYS LETZTE WORTE“, „DIE SCHREDDERS“, „TOMMYS TALKSHOW“, „TOMMYS WIPE-OUT“, „PORTER RIGGS“ und „TOMMYS GEHT’S NOCH?“. Außerdem Serien für das Kite Magazin und die „ROCKY RITZEL SCHOTTER SHOW“ für Bike. Protagonisten wie Porter Riggs, die Schröder-Wellentals, Bruno Brettschädel, Harry Zapf waren die Blaupausen all der Windsurfer, die wir im Laufe der Jahre kennengelernt hatten und deren Macken und Missgeschicke wir verarbeiteten. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie wir uns nach all den Jahren noch bei jeder Besprechung einer neuen Illustration schlapplachen.
Warum wir das alles immer noch tun? Im Prinzip ist das genau wie mit dem Windsurfen. Warum geh ich denn bei fünf Grad raus? Warum warte ich stundenlang auf Wind, warum fahre ich 2.000 Kilometer weit zum Spot? Genau, weil’s Spaß macht. Nur so geht’s.
Hang irgendwo, aber auf jeden Fall loose!
Tommys Surf-Test
Der Test, seit Anbeginn der Bringer in surf. Was ist neu, was funktioniert – und wenn ja, wie? Welche Marke ist in, wer ist Testsieger? Fragen über Fragen. Als Ex-Mitglied und Schreiber der surf-Testmannschaft hab ich so einiges erlebt und mir sind aus allen Richtungen Blödsinn und Vermutungen über den Test zu Ohren gekommen: Bestechung, Spionage, Abkupfern, gekaufte Tester, alles Schwindel, bezahlter Surfurlaub und so weiter und so fort. Natürlich, genauso war’s. Und damit alle surf-Leser endlich aus erster Hand erfahren, wie’s im Test wirklich zugeht, haben wir uns zusammengesetzt und unsere Erlebnisse unter notarieller Aufsicht zu Papier gebracht. Bernhard hat dann das Ganze so genial zeichnerisch umgesetzt, dass auch der letzte Verschwörungstheoretiker hechelt: „Mann, da möcht’ ich auch mal dabei sein …“
Tommys letzte Worte
2002 brauchte die surf einen Rausschmeißer, der dem Leser am Heftende noch eine Portion Spaß mitgab. Bernhard und ich kreierten die „Letzten Worte“. Meistens knöpften wir uns etwas Aktuelles vor und veräppelten es nach Strich und Faden. Dabei kamen auch Windsurf-Profis und schreibende Topkollegen auf den Rasierstuhl. Politisch unkorrekt, frei erlogen, lustig.
Tommys Tohuwabohu
Liebe TOHU-Leser, in meiner Eigenschaft als Revierreporter war ich für Euch auf der Supersurfinsel - auf Dings - na wie hieß die doch gleich? War’n ganz kurzer Name, drei Buchstaben - aber is ja egal. Ich landete direkt in - ah - Dings - is ja egal. Von dort ging’s im Bus zum Surfhotel namens - ah Dings-na-is ja egal. Dort bekam ich eine herrliche Suite, oder war’s nur ein Zimmer? Is ja egal. Einfach riesig! Genauso wie der Strand. Total supersandig, oder waren’s die Steine? - is ja egal. Jedenfalls. Sideshore-Wind von rechts - oder von links? Weiß ich jetzt nicht mehr so genau - aber is ja egal. Ich also sofort zur Surfschule von diesem Dings, na wie hieß er gleich - is ja egal, und hol’ mir einen 270er Dings, einen ah - is ja egal - tolles Brett übrigens! Und wie ich so los will, da kommt dieser Worldcup-Profi, der, der Dings - na, der ah - is ja egal, und sagt zur mir, also ich hab’ ja so gelacht, er sagt also, Dings, sagt er, mein Gott, jetzt komm’ ich da nicht mehr draus - aber is ja egal. Jedenfalls nahm der mich an den Hyperwellenspot mit, nach - ah Dings, na, wie hieß das doch gleich? Aber is ja egal! Also einfach galaktisch, dort trainiert auch dieser Hawaiianer oder Spanier, dieser, dieser Dings, na Ihr wißt doch, der Dings und - ah - ach ja genau. Krk hieß die Insel.
Tommys Wipe Out
Mein Vater hat Fanatic, aber Ägypt’n mir nich!
Neue Serie, neue Darsteller: „Blondie“, in Zeiten der Blondinenwitze eine sprudelnde Quelle der Weisheit. Der namenlose „Hey Guys“ erzählte seine Erlebnisse aus 564 Jahren Surferfahrung. Dazu ein Cartoon mit vielen kleinen Details, ersonnen vom Meister Bernhard Förth, und einige Sinnsprüche für die nächste Unterhaltung am Strand. Ein rundes Ding, das uns jeden Monat einige Lachfalten mehr gebracht hat.
Kommt gestern ein Rambo in mein Reisebüro und fragt:
“Ich möcht’ mal so ne voll hammermäßige Abenteuer-Surfreise machen. Hamse da was?”
“Klar, zum Beispiel den Nicaragua-See, da wimmelt’s vor Bull Sharks, huaaa!”
“Kinderkram!”
“Oder Moolokai, auch sehr spannend, das war mal Leprastation und soll es heute noch...”
“Bin immun seit Rambo II!”
“Na dann vielleicht Neapel, Müll-Slalom im Hafen bei Mafia-Sperrfeuer?”
“No Risk! Meine Muckis sind kugelsicher!”
“Und Koksschmuggeln mit dem Surfbrett von Kolumbien nach Florida?”
“Weicheiertrip! Ich brauch Adrenalin, Testosteron, hochdosiert!”
“Dann bleibt nur noch eines, ultrahart, Erfolgschancen 1:917: Faaker See, Österreich!”
“Boah!”
“Und jetzt kommt’s, der totale Risiko-Kick: Selbstanreise ohne Autobahn-Vignette!”
“Brutal, das nehm ich!”
Der “Minister of Wind” beantwortet Reise-FAQs:
F1: “Gibt es an den ägyptischen Sports Haie?”
A1: Nein. Wo Krokodile sind, gibt’s keine Haie.
F2: “Ist das Surfen am Loch Ness gefährlich?”
A2: Nein. Nur das Essen.
F3: “Gibt es an ägyptischen Spots Krokodile?”
A3: Blödsinn. Wo Haie sind, gibt’s keine Krokodile.
Tommys tolle Typen
… so heißt unsere Serie jetzt und wir konzentrieren uns noch mehr auf den einzelnen Windsurfer und seine Schrullen. Manchmal musste ich nur genau zuhören und mitschreiben, wenn einer seine Italienischkünste in der Gastronomie auspackte, oder einige Selbstversuche anstellen, um das Fingerskateboard in ein Fingersurfboard weiterzuentwickeln. Da war es zum Fingersurfboard-Weltcup im Badezimmer nur ein logischer Schritt, oder?
Tommys Schredders
Eine schrecklich nette Familie, diese Schredders. Heinz, Doris, die Kinder Anne und Tassilo sowie Opa Hubertus und Oma Lisbeth sorgten ab 2005 dafür, dass sich jede noch so durchgeknallte Surferfamilie für völlig normal hielt – im Vergleich zu den Schredders. Sozusagen das surferische Pendant zu den „Flodders“.
Die Schredders: Himmelfahrtskommando
„Na, Familie“, fragte Heinz beim Frühstück, „wo wollen wir denn diese Himmelfahrtstage versurfen? Am Gardasee können wir uns nach eurer letzten Nummer die nächsten zehn Jahre nicht mehr blicken lassen. Außerdem ist es zu teuer. Wie wär’s mit unserem Baggersee?“ Tassilo würgte vor Schreck ein Stück Croissant hoch - mitten in die Marmelade. “Da ist nie Wind und die Jüngsten Typen dort sind schon zehn Jahre in Rente!”, bemerkte Oma Lisbeth leise, “aber mit diesem Versager und seinem lächerlichen Bankjob wird’s wohl beim Baggerloch bleiben.” Völlig unerwartet erwachte plötzlich Opa aus seinem Dämmerzustand und tönte: “Ich weiß was Besseres!” “Ach was!” sagte Heinz. “Wie viel Jahre kriegt man denn dafür?” “Quatsch, wenn die Knete knapp ist, dann muss generalstabsmäßig geplant werden. Wir fahren zum surf-Festival nach Fehmarn. Da ist alles umsonst, Bretter, Segel...” “Getränke...” warf Lisbeth ein.
“Brustvergrößerungen auch?” fragte Doris und Tassilo jubelte: “Das ist ne geile Idee, Opa. Das neueste Material, Action, die Stars der Szene...” “Und wir mittendrin, wenn das mal gut geht”, bemerkte Heinz. “Für die Fahrt nehmen wir den Camper von meinem alten Kriegskameraden Wiegald, der is mir von ‘44 noch was schuldig. Und er hat ‘ne Monatsrechnung an der Tanke, da knallen wir die Kiste vorher noch auf seine Kosten voll!” Die Familie war begeistert. Das Kommandounternehmen Himmelfahrt am Wulfener Hals kam ins Rollen.
200 Meter nach der Tankstelle rollte nichts mehr. Wiegalds Camper spotzte und blieb stehen. “Du hast doch vollgetankt, Opa?” fragte Tass. “Jawoll, randvoll mit Benzin, das Fahrzeug!” “Benzin?!?” brüllte Heinz, “das ist ein Diesel! Das war’s dann wohl mit gratis Surfen.” “Dann kommt jetzt eben Plan B zum Einsatz”, befahl Hubertus, “hinten liegen noch drei Armeezelte, die nehmen wir und fahren per Anhalter!” Schnell wurde ausgepackt und Doris in Unterwäsche an den Straßenrand beordert. Kaum hielt die Kleine den Daumen hoch und die Brust raus, da krachten auch schon drei Autos zusammen. “Aufsitzen!” rief Opa, die Familie sprang aus ihrem Versteck und verteilte sich auf die ramponierten Kisten.
18 Stunden und sieben Mal umsteigen später erreichten die Schredders Fehmarn. “Lager aufstellen, zack, zack!” befahl Opa. Anne erschrak. “Was? Hier? Mitten in der Pampa? Wild?” “Klar, kostet nix! Anne, Heinz und Lisbeth bauen die Zelte auf. Der Rest - mir nach zur Stranderkundung”, krächzte Hubertus.
Spät nachts kamen die drei zurück. Opa mit ziemlich schwerer Schlagseite, Tass mit einer Tonne von Prospekten und Doris mit einem Schweden. Opa lallte noch kurz: “Melde: Unternehmen Beachparty - rülps - voller Erfolg!” Dann krochen sie in die Zelte.
Am nächsten Tag ging’s in die Vollen. Doris zischte ins Partyzelt, Anne stieg auf einen Freerider, Lisbeth säuberte die Zelte, Tassilo knallte auf einem F2 Eliminator Richtung Kiel und Heinz blieb gleich am Stand der Kreissparkasse hängen. Opa quatschte die beiden Charchullas blöd, bis sie ihm einen 30 Jahren alten Blow Up aus ihrem Windsurf-Museum gaben und beschäftigte damit dann für Stunden die Seenotrettung.
Inzwischen kam es zu Tumulten an der Speedstrecke. Hunderte von Surfern warteten vergebens auf ihren Start. Jemand hatte sich beim Wasserstartüben auf dem Strip mit dem Hintern im Schlick festgesaugt - Anne! Tassilo war mittlerweise auf einen Tiga umgestiegen und donnerte nach Süden. Auch hinter der Showbühne war was geboten. Backstage hatte eine Band ihren privaten Wet-T-Shirt-Constest gestartet, bei dem Doris schon zum elften Mal auftrat und immer noch nicht mitkriegte, dass sie die einzige Teilnehmerin war. Die Jungs hatten vielleicht Spaß.
Auch Heinz war begeistert. Hatte er gerade einem gewissen Dunkerbeck eine Schiffsbeteiligung aufgeschwatzt und Brian Talma konnte er für eine Zahnersatzversicherung gewinnen. Während Tassilo einem RRD die Sporen gab, erzählte Opa dem NDR-Fernseteam, dass er das Windsurfen schon 1944 erfunden hatte. “Auf dem Weg zum Patentamt nahmen mich diese verdammten Russen gefangen.” Aber erfunden hatte er’s.
Ein paar Meter weiter zwängte sich Doris gerade vor 500 Zuschaueern in einen vier Nummern zu kleinen Neoprenanzug. Die Typen vom Stand hatten ihr eine Darmspülung versprochen, wenn sie das Ding obenrum zum Platzen brächte.
Applaus am Speedstrip! Der Schlick hatte Annes Arsch freigegeben, worauf rund 700 Surfer gleichzeitig auf die Strecke donnerten, um den wohl größten Crash aller Zeiten hinzulegen. Von allen Ständen stürzte jetzt das Personal ins Wasser, um das intakte Material sicherzustellen. Das nützten nun wieder Horden von Strandpiraten und räumten die verwaisten Stände leer. Festivalsanitäter versorgten Verletzte, vier Seenotkreuzer kamen zur Rettung Boardbrüchiger und liegen auf Grund.
Da detonierte Doris’ Neo. Von gierigen Massen verfolgt, flüchtete sie ins Partyzelt, das unter diesem Ansturm zusammenstürzte, die Bühne und sechs Wurstbuden mit sich riss. Menschen mit Brettern und Riggs rannten durcheinander. Das TV-Team suchte den Kameramann, der suchte die Kamera, ein Charchulla suchte den anderen und Oma Lisbeth Opa Hubertus. Der landete gerade mit dem SAR-Hubschrauber mitten im Durcheinander, wodurch 50 Herstellerzelte durch die Luft wirbelten wie Schmitts Katze. Man konnte durchaus sagen, dass durch die Bemühungen der Schredders das Chaos jetzt perfekt war.
Und bevor die ganze Meute über seine Familie herfallen würde, sammelte Heinz seine Angehörigen zusammen. Opa hängte er einfach mit dem Tampen des Kanalbeschlags an den Sparkassentresen. Mit Omas Hilfe zog er Doris nackt unter zwei Dutzend Freestylern raus. Anne hätte er beinahe nicht gefunden, denn sie hatte sich einen Bart angeklebt, um unerkannt vom Strand zu entwischen. Fehlte noch Tassilo - nein, da boxte er sich schon durch die Menge. “Tass!”, rief Heinz, “hierher, schnell. Wo warst du nur die ganze Zeit?” “Ich bin mit jedem Board ans Festland gesurft!” “Wieso?” “Unsere Kasse aufbessern!” “Was?” “Na, ich hab die Bretter verkauft. Sind doch Testboards. Die sind doch sowieso abgeschrieben.” “Bist du irre?” schrie Heinz. “Die kriegen dich! Die haben doch deinen Ausweis!” “Nee, ich hab den von Doris genommen.” “Dann ist eben Doris dran!” “Nee!” “Warum nicht?” “Na ihr Ausweis, der ist doch schon lange abgelaufen!”
Tommys Porter Riggs
2008 wurde es Zeit für einen Identitätswechsel. Als Porter Riggs zog ich um nach Koahai, eine winzige, absolut Hai-freie Insel in Bayerisch-Polynesien, und blieb dort bis 2014. Bernhard besuchte mich jeden Monat und so standen wir gemeinsam wieder am Surfstrand und kümmerten uns um unsere Lieblingssportart und ihre lustigen Seiten.
Das Ding aus dem Keller
Mein Name ist Riggs, Porter Riggs. Ich bin ein Typ, der sich Gedanken macht. Gedanken über Dinge, die anderen wahrscheinlich so was von egal sind. Warum? Keine Ahnung. Es passiert einfach so. Beim Gehen, beim Essen oder unter der Dusche.
Dann drehe ich das Wasser ab und die Gedanken fliegen: „Klar, wäre unser Nachbar nicht nach Maui geflogen, hätte niemand in sein Haus eingebrochen. Andererseits hätte dann auch keiner in Paia sein Brett klauen können.“ Solche Sachen denke ich. „Hmm, aber eigentlich geschieht es diesem Drecksack schon irgendwie Recht.“
Neulich beim Kelleraufräumen stieß ich auf etwas Sonderbares. Ein flaches, weißes Etwas. Vielleicht zwei Kilo schwer, schätzungsweise 80 cm lang, 20 cm breit, 1,5 cm dick und, wie gesagt, weiß. Nein. Gelblich, vergilbt. Eher so, als wär’s mal weiß gewesen. Oben drauf war eine Art Knauf und die Vorderkante war dicker als die Hinterkante. „Was das wohl sein konnte? Ein stromlinienförmiger Skistock? Ein Designer-Spaten oder ein Tortenheber aus den 60ern?“
Nichts von alledem. Es war ein Schwert! Ein Klappschwert sogar! „Mein Gott, ein Schwert!“, dachte ich. „Wie lange mochte das wohl her sein, dass ich ein Brett mit Schwert fuhr? 100 Jahre? Länger? Jedenfalls als Anfänger. Wer ein Brett mit Schwert fuhr, konnte sich damals gleich ein Schild mit der Aufschrift >Nichtskönner< um- hängen.“ Ich hatte auf dem Weg zum Strand oft verschämt versucht, das Schwert in meiner Badehose zu verstecken, was mir prompt den Titel >Blöder Nichtskönner< einbrachte.
Wer hat mir und anderen diese Peinlichkeit nur eingebrockt? „Wer hat es erfunden? Die Finnen? Die Schweizer? Oder war es einfach schon immer da?“ Keine Ahnung. Auf jeden Fall war es nach gut zehn Jahren ganz plötzlich weg. Die neuen Boards hatten nur noch Finnen, wurden leichter, kürzer, schneller, luvten nicht mehr an und machten nur noch Spaß. Jahrzehntelang.
Aber: Now the Schwert strikes back! Schluss mit lustig. Jetzt kommen neue, lange Raceboards und die haben wieder Klappschwerter. „Wo waren die Klappteile eigentlich so lange?“ Gut, meines im Keller, aber das Klappschwert im Allgemeinen? „Einfach irgendwo weggeklappt oder was?“ Nein! Sie lagen in den Schubladen der Marketing-Menschen, bis die Zeit wieder reif war für was neues Altes. Alles kommt doch irgendwie immer wieder. In anderer Form. Etwa so, wie das Essen von gestern.
So schlimm wird es sicher nicht, denn das neue Schwert ist völlig anders. Very sophisticated. Die Hersteller beschreiben seine revolutionär neuen Eigenschaften für die verblüffte Surfgemeinde mit wenigen eindeutigen, doch ebenso eindringlichen Worten: Ausgeklappt für wenig Wind, eingeklappt für viel Wind. Respekt!
Was mich dabei stutzig macht, ist das Wörtchen „Ausgeklappt für wenig, eingeklappt für starken Wind. Das bedeutet doch, wenn ich das Schwert ausklappe, wird der Wind schwach und wenn ich’s einklappe hackt’s! Das Schwert beeinflusst also direkt den Wind!“ Na das nenne ich mal eine sensationelle Entwicklung! Ich kann mir auch schon gut vorstellen, wie es dann am Wochenende auf den Gewässern zugeht. Kaum haben 50 Anfänger auf Schwachwind ausgeklappt, schon klappt der Drecksack von Nachbar auf sechs Beaufort ein und die 50 Einsteiger liegen flach. Ist Mr. Testosteron dann überhypermegageil am Heizen, schlagen die Beginner zurück. Klapp!
„Wenn dieses Szenario überall so abläuft, dann beeinflusst die Ein- und Ausklapperei doch letztlich auch das Weltklima! Polkappen schmelzen! Die Meeresspiegel steigen dramatisch! Hawaii versinkt! Die Kanaren, Kapverden, Fehmarn und Lüdenscheid, alles weg! Oder noch schlimmer, alles versinkt – bis auf Lüdenscheid!“
Schon gut. Ich will ja nicht als berufsmäßiger Bedenkenträger dastehen. Wenn allerdings das Klappschwert so ein Desaster anrichten kann, komme ich doch ins Grübeln.“ Ob es wohl irgendeinen Sinn macht, mein Schwert wieder im Keller zu verrümpeln. Wenn ich damit den Klimawandel nur etwas aufhalten kann oder wenigstens diesen Drecksack von einem Nachbarn, dann hat es sich schon gelohnt.“
Aber jetzt wird es langsam Zeit, den Schlüssel für die Kellertür wiederzufinden, sonst geht’s mir noch wie meinem Schwert. „Darüber sollte man mal nachdenken...“
Porter Riggs
Tommys Geht’s noch?
„Geht’s noch?“ Eine Serie, in der alles erlaubt ist. Kritik an Ausrutschern in surf genauso wie an Politikern, die nicht genau wissen, was sie Foilern antun. Oder ganz was anderes, wie zum Beispiel Wetterkapriolen und wie man sie meistert, was ein Hund auf dem Brett macht oder warum manche Windsurfer so fantastisch aussehen. Fragen, die die Welt bewegen, eben. Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt: Lesen und Spaß haben.
Geht’s noch?! Gebraucht ist noch zu teuer
Alles wird teurer, nur die Ein-Euro-Briefmarke nicht. Windsurfboards sind aber keine Briefmarken. Rohstoffe, Gehälter, Transport, Vertrieb, Verpackung - alles kostet immer mehr, heißt es. Wenigstens ist der Wind noch gratis. Also muss man irgendwo sparen. Der Gebrauchtmarkt bietet dem pfiffigen da ungeahnte Möglichkeiten. Und was ist denn an einem neuen Freerider anders als an einem vom Baujahr 2021? Die Farbe vielleicht, oder er heißt statt Apex jetzt Apex pro. Also einschlägige Magazine und online Seiten nach einem günstigen Angebot durchstöbern, und beim Lokaltermin geht man genauso vor wie beim Gebrauchtwagenkauf: man sucht nach negativem, so kann man ganz professionell den Preis drücken. „ Tja, was haben wir denn da?“ „Ouuu, 2017, ist damit dein Opa gesurft? Und der Kratzer da…“ “Jaa, aber was ist ein Kratzer?“ „ ein Kratzer? Das ist sowas wie ein Strich, nur eben reingekratzt ins Material.“ „Weiß ich, passiert eben.“
Wichtig ist es auch, sich umzusehen, ob da noch mehr Gebrauchte rumliegen, nicht, dass man bei einem kleinkriminellen Garagenhändler gelandet ist. „Hmm, uraltes Modell, und direkt sauber ist es auch nicht.“ „ ja, aber der ist immer geil gefahren, schnell, super in der Halse und easy zu springen.“ „ was, du bist damit gesprungen? Dann ist das Deck durch getreten!“ „ Nein, nur so Chop-Hop.“ „ Ja, ja von wegen und beim ersten Jump steh ich im Schaum! Und diese Fußschlaufen!“ „Was ist denn damit schon wieder?“ „Der Verstellmechanismus, da gibt’s aber besseres, mein Freund.“ „Mein Gott, die Zeit vergeht….“ „Das kann man wohl sagen.“ „Wieso?“ „ diese Finne, diese Box, nicht mal ne Wingmast-Befestigung! Also, sag mal, sowas von extrem old school. Wurden da vielleicht schon irgendwelche Unfallschäden ausgebessert? Wie viele Vorbesitzer hatte die Schaluppe denn schon? Und wie sieht es mit einer Probefahrt aus, so für ein paar Tage am Gardasee?“ „ bevor du weiter nervst, nein, es ist kein TÜV mehr drauf – und es gibt auch kein Gratis Sportback dazu. Gib mir 100 €, nimm das Bord und verschwinde, aber halt endlich die Klappe!“ Mission Complete, Superbrett für einen Honi. So macht man das.
Mehr Speed durch höhere Geschwindigkeit
Eine dynamische Sportart erkennt man daran, dass Neuentwicklungen schon veraltet sind, wenn sie auf den Markt kommen. Deshalb ist es stets von Vorteil, sich über neues altes Material und wirklich neues Material zu informieren. Sonst weiß man bald nicht mehr, ob das neue Brett tatsächlich neu oder alt, das alte auch wirklich alt oder neu oder was überhaupt ist, oder so ähnlich.
Spruch für die Ewigkeit
„Mehr Speed durch höhere Geschwindigkeit“ – oh Mann, den Spruch hätte ich mir schützen lassen sollen. Er stammt aus einer ganz frühen Cutty-Sark- Story und ist tatsächlich von MIR. Damals war eine Zeit lang Speed das Thema und einige selbst ernannte Spezialisten wussten mehr als alles darüber. Für mich ein gefundenes Fressen, diese Burschen ein wenig durch den Kakao zu ziehen. Ich denke, fast jeder Surfer kennt den Spruch „Mehr Speed durch höhere Geschwindigkeit“ und wer sich an dieses Geheimrezept hält, wird damit sofort schneller. Fersporchen.
Zwei Bücher – fast eine Trilogie
Warum der ganze Wahnsinn?
Ein Erklärungsversuch von Bernhard Förth.
Nun ja, es muss ja einen trifftigen Grund geben, warum man sich morgens aus dem Bett quält und in die Senkrechte begibt. Bei mir war das immer schon, seit ich einen Stift halten kann, die Kunst. Damit einhergehend wurde mir die Fähigkeit in die Wiege gelegt, meine Umwelt permanent aus einer zynischen Distanz zu betrachten. Anders ging es nicht. Ein Geschenk.
Und schon hatte man die Grundlagen beisammen, um als Cartoonist und Humorist durchs Leben zu wandeln. Das wurde dann aufs Beste befeuert, als Tommy Brandner in mein Leben trat. Das war vor, man glaubt es nicht, annähernd 40 Jahren. Wirklich guter Humor ist ja eher selten, gerade wenn es sich um Satire dreht. So war die Begegnung mit Tommy ein Gewinn. Bis heute macht es uns großen Spaß, wenn wir wieder unterwegs sind, um das aktuell zu bearbeitende Thema bestmöglich auf den Punkt zu bringen. Im Grunde müsste ich hierfür neben Einkommensteuer auch Vergnügungssteuer entrichten. So ist mir im Lauf unserer Zusammenarbeit Tommy ein wunderbarer, mich bereichernder Freund geworden.
Durch viele, sehr günstige Zufälle und Konstellationen ergab es sich, dass ich vor mehr als 35 Jahren begann, als Illustrator mein Brot zu verdienen. Offiziell studiert habe ich nie. Lieber habe ich begonnen, gleich Geld zu verdienen. Als Autodidakt. In der Rückschau muss ich sagen: eine wunderbare Zeit. Ich war tätig in der Werbung, im Kinder-, Jugend- und Schulbuchbereich und in der Industrie. Und natürlich der Satire. Mit etwas, das Spaß macht, Geld zu verdienen und obendrein hauptsächlich gute Leute kennenzulernen, besser geht es doch nicht!
Wie gesagt, offiziell studiert habe ich nie. Ich studiere täglich und das werde ich bis zum letzten Atemzug tun. Wenn man möchte, gibt es tausend Lehrer. Man muss nur die Augen und Ohren offenhalten und dabei halbwegs bei Trost bleiben. Die Freude am Schaffen hält den Kopf jung, alt wird nur der Body. Ich hab noch viel vor, neben dem Betätigungsfeld Satire und Cartoon gewinnt der Bereich Malerei immer mehr an Gewicht. Ich hatte das Glück, meine Bilder schon auf etlichen Ausstellungen zeigen zu dürfen, weitere werden folgen.
Und damit ist sicher, für mich gibt es wirklich sehr gute Gründe, mich morgens aus dem Bett zu quälen – es werden immer mehr.
Das Leben ist schön! Immer euer Bernhard Förth |
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Es war eine lange Reise vom ersten CUTTY INTIM bis zum GEHT’S NOCH? Es hat uns von Anfang an Spaß gemacht und macht es heute noch jeden Monat. Und wer glaubt, uns würden die Themen ausgehen, der ist gewaltig auf dem Holzweg. Denn dafür sorgt ihr schon. Immer wieder und überall dort, wo ihr auf dem Windsurfboard steht. Und wir sagen: Danke! (Tommy Brandner und Berhard Förth)
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