INHALT:
So mancher Windsurfer verbringt die Winterzeit in den Bergen: sei es zum Skifahren oder Snowboarden. Wer aktuell kein flüssiges Wasser vor der Haustür hat oder wem das kalte Nass im Winter dann doch einfach zu ungemütlich ist, der kann beruhigt Neopren- gegen Snowboardklamotten tauschen und beim Schneesurfen trotzdem das Segelgefühl über den Winter nicht verlieren. Wenn es dann im Frühling wieder wärmer wird, liegt das Segel bei der ersten Session auf dem Wasser in den Händen – als sei es nie im Keller verstaut gewesen.
Während Snowboarder in der Sommerzeit beispielsweise auf Wakeboardanlagen trainieren können, um das Brettgefühl nicht zu verlieren, können auch wir Windsurfer den für uns eigentlich ungewöhnlichen Aggregatzustand – den Schnee – als Trainingsmittel einsetzen. Mittlerweile kursieren immer mehr Videos im Internet, in denen Sportler mit einem Segel, das auf ein Snowboard montiert ist, die Pisten herunterrasen, über Rampen springen oder auf der geraden, verschneiten Fläche Gas geben. Doch wie funktioniert das – und wie können wir das Segel auf das Snowboard montieren, ohne etwas zu beschädigen oder viel Geld dafür auszugeben?
Im Folgenden findet ihr eine vollständige Montageanleitung und einige Tipps und Tricks für den ersten Einsatz des Schneesurfers – nicht zu verwechseln mit dem Eissurfer, wiederum eine andere Winter-Windsurf-Disziplin, bei der die Fahrer auf großen, glatten Eisflächen mit speziellen Brettern auf scharfen Kufen extreme Geschwindigkeiten erreichen. Das Schneesurfen auf dem Snowboard hingegen könnte man als etwas spielerischer bezeichnen: Hier geht´s mehr ums Tricksen als um Effizienz und Top-Speed. Und wer bereits ein Snowboard besitzt, kann es ganz einfach selbst zum Schneesurfer umbauen. Viel Spaß beim Ausprobieren.
Mastfuß auf dem Snowboard montieren
Vorbereitung - Das benötigst Du:
- 1x Vinyl-Klickbodenplatte (5 mm)
- 1x Aluminium-U-Profil mit zwei Schenkeln und acht Schrauben (Größe und Länge weichen von Snowboard zu Snowboard ab)
Gesamtkosten betragen ungefähr 20 Euro, der Zeitaufwand ist mit ca. 45-60 Minuten sehr gering.
Revier & Wind
Um möglichst lange Spaß auf dem Board zu haben, ist es empfehlenswert, sich vorher mit dem Skigebiet auseinanderzusetzen und möglichst lange Abfahrten zu wählen. Außerdem sind Gondellifte für den Transport des Equipments besser geeignet als zum Beispiel Sessellifte. Des Weiteren solltest du darauf achten, nicht allzu überfüllte Pisten zu wählen, da Skifahrer und Snowboarder die Länge des Segels nicht so gut einschätzen können. Das Skigebiet rund um den Kronplatz in Südtirol hat sich für uns als eines der besten Reviere für Board mit Segel erwiesen. Durch die langen Abfahrten und breiten Pisten ist dieses Gebiet für uns die Nummer Eins fürs Schneesurfen.
Außerdem empfiehlt es sich einen Blick auf die Windkarte zu werfen: Aus eigener Erfahrung, ist es schwierig bei Windgeschwindigkeiten von über 15 Knoten die Piste herunterzufahren, da durch den Fahrtwind, je nach Anstellwinkel des Segels, bereits viel Druck im Segel entsteht. Mit einem kleinen Sturmsegel, das weniger Angriffsfläche bietet, ist dieser einfacher zu bändigen. Wenn jedoch noch verwirbelte Bergwinde aus verschiedenen Richtungen dazukommen, wird es auch mit dem kleinsten Segel schnell zur Herausforderung, überhaupt noch kontrolliert die Piste hinunterzukommen.
Falls es windig ist, sollte man lieber eine flache, zugeschneite Fläche (z.B. ein See mit geschlossener Schneedecke oder eine Wiese) aufsuchen und den echten Wind anstelle des Hanges als Antrieb nutzen. Auch dies funktioniert äußerst gut und es lassen sich Manöver wie zum Beispiel die Rotation eines Flakas sehr gut trainieren. Des Weiteren kann man auf ebenen Flächen das Fahren in Switch-Stance hervorragend üben, um im Frühjahr auf dem Wasser mit weiteren Manövern zu punkten.
Die ersten Versuche beim Snowsurfen
Du kannst es sicherlich kaum erwarten, endlich die Pisten hinunterzudüsen oder auf dem verschneiten Feld ein paar schnelle Bahnen zu ziehen. Doch vor allem auf dem Gipfel sollte man ein paar Dinge beachten. Es ist zu empfehlen, möglichst vorher den Liftbetreiber zu fragen, ob es in Ordnung ist, Windsurf-Equipment mit in die Gondel oder den Lift zu nehmen. Ist dies in Ordnung, bereite dich darauf vor, dass du den ein oder anderen schrägen Blick zugeworfen bekommst.
Packe dir am besten ein Päckchen, um unter einem Arm das Snowboard und unter dem anderen das Segel (inklusive Mast, Gabel, etc.) tragen zu können. Hast du nun voller Vorfreude das Segel auf dem Gipfel aufgebaut, solltest du es zunächst an das Board montieren und dann erst in die Bindung rutschen. Nun heißt es: Probieren geht über studieren. Wähle zu Beginn lieber flache Pisten und probiere dich aus. Insbesondere das Abbremsen ist bei den ersten Versuchen nicht unkompliziert. Das Segel solltest du dabei aufrichten und mit der Frontside-Kante abbremsen, so dass dein Rücken in Richtung Tal zeigt. Auch beim Lenken und in den Kurven ist das Gefühl anfangs ungewohnt, da man aufgrund des Segelgewichts, im Vergleich zum Snowboarden, nicht zu viel Druck auf den vorderen Fuß geben darf. Doch bei ausreichenden Grundkenntnissen im Snowboarden und Windsurfen sollte der Fortschritt auf dem Schneesurfer schnell sichtbar werden – und es dauert bei vielen Einsteigern nicht länger als einen Tag, bis sie problemlos die Piste hinunterkommen.
Manöver beim Snowsurfen
Wir Windsurfer suchen den Nervenkitzel und versuchen natürlich immer etwas dazuzulernen. Wer die Grundkenntnisse im Schneesurfen jetzt beherrscht und sicher abbremsen und lenken kann, sollte schnell auch mal vertikale und radikale Turns ausprobieren. Wichtig ist hierbei zum einen die Geschwindigkeit, aber auch die Segelhaltung. Die Technik des Backsideturns im Hang hat enorme Ähnlichkeiten mit dem Cutback auf der Welle: In der Einleitungsphase greifst du etwas breiter an der Gabel und legst dein Gewicht auf die innere Kante. In der Transition bereitest du dich auf den Cutback vor und schaust über deine Schulter. Letztlich führst du nun die hintere Hand wieder nach vorne, während du beginnst, die Backside-Kante zu belasten.
Auch verschiedene Freestyle-Tricks können beim Schneesurfen ausgeführt werden. Der Vorteil ist, dass das Snowboard durch seine kürzere Länge schneller wendet und drehfreudiger ist als ein Windsurfbrett. Durch diese Eigenschaft ist das Schneesurfen optimal geeignet, um Rotationen wie den Flaka oder Spock zu trainieren, da die Segelausrichtung, Kopfsteuerung und die Grifftechniken auf dem Wasser dieselben sind.
Beim Flaka auf dem Snowboard beispielweise ist die Gewichtsverlagerung auf den Mastfuß ebenso wichtig wie auf dem Wasser (siehe Darstellung 2). Ebenfalls ist die Kopfsteuerung von hoher Bedeutung, um die Drehung einzuleiten, weiterzuführen und zu stoppen (siehe Darstellung 5-6). Als Vorübung kann man den Flaka, aber auch den Spock, hervorragend ohne Segel auf dem Snowboard üben, um erst mal ein Gefühl für die Drehung zu erhalten.
Das Schneesurfen auf Tiefschneepisten kann ebenfalls eine Menge Freude bereiten. Insbesondere das Gefühl, über frischen Pulverschnee zu gleiten, verbindet die Kombination aus Snowboarden und Windsurfen ideal – hier kommt man richtig in den Flow, wie auf einer langen, glatten Welle. Dennoch heißt es, keine Lawinenwarnschilder zu ignorieren und stets einen Helm zu tragen.
Die Segelausrichtung, Grifftechniken und Kopfsteuerung sind auf dem Wasser identisch.”
Fazit
Ein kleiner Einblick in ein doch relativ großes, aber noch nicht allzu populäres Spektrum des Schneesurfens. Ich hoffe, den einen oder anderen überzeugen zu können, diese kleine Investition zu unternehmen und an einem windstillen Tag ein wenig Zeit in der Werkstatt zu verbringen, um an einem verschneiten Wintertag Spaß mit Snowboard und Segel zu haben. Falls ihr noch nicht überzeugt seid, schaut euch unbedingt im Internet Videos von Balz Müller, Levi Siver oder mir, Nick Spangenberg, an. Einfach mal „Snow Windsurfing“ bei Google eingeben – und ihr werdet ganz schön staunen.