Interview von 2008Robby Naish und Björn Dunkerbeck über ihre Rivalität

John Carter

 · 20.04.2023

Björn Dunkerbeck und Robby Naish 2008 - im Gespräch mit John  Carter
Foto: John Carter
Am 23. April wird Robby Naish 60 - unglaublich, aber wahr. Kurz vor dem Geburtstag von King Robby zeigen wir euch hier ein Fundstück aus dem surf-Archiv: Robby und Björn Dunkerbeck in einem Treffen der Giganten!

2008 sprachen Robby und Björn Dunkerbeck mit John Carter über ihre Rivalität, wie sie mit Niederlagen umgehen und wie sie auf die Zweikämpfe zurückblicken. Robby war damals 45, Björn war 39 Jahre alt und noch im Worldcup am Start. In den 15 Jahren seit diesem Interview hat sich viel getan - beide sind älter geworden, haben mit Verletzungen zu kämpfen gehabt und sich auf andere Bereiche konzentriert. Dennoch bleibt das Treffen der Giganten ein tolles Zeitzeugnis und gibt einen Einblick in den Worldcup der 80er und 90er Jahre. Garniert mit Bildern einer gemeinsamen Session von Naish und Dunkerbeck im Rahmen des Interviews. Enjoy!

Windsurflegenden gibt es nicht wie Sand am Meer. Und es gibt keine größeren als Robby Naish und Björn Dunkerbeck. Zusammen haben sie weit über 100 Worldcups gewonnen. Ikonen, von den Medien und der Industrie gerne wie Kampfhähne zur Schau gestellt. Wenn große Athleten rivalisieren, Athleten wie John McEnroe und Björn Borg, Joe Frazier und Muhammad Ali, Damon Hill und Michael Schumacher, Lance Armstrong und Jan Ullrich oder Sebastian Coe und Steve Ovett, leben wir jeden Moment mit ihnen mit, euphorisieren bei Siegen, leiden, wenn das Glück auf der anderen Seite winkt. Beide, Dunkerbeck und Naish, sind heute noch herausragende Athleten. Ihre Rivalität auf dem Wasser vor über einem Jahrzehnt ließ sie erst zu Legenden wachsen, kurbelte den Sport an. Sie besaßen beide die gleichen Fähigkeiten, stellten diese aber mit konträren Stilen zur Show. Auch heute noch ruhen sie sich nicht auf ihren Lorbeeren aus.

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Robby, der hawaiianische Waterman par excellence, tummelt sich mehr auf dem Wasser als während seiner Worldcup-Zeit. Und Björn, die ultimative Wettkampfmaschine, misst sich im Slalom und Speed mit den Besten der Welt. Können sich nach all den Jahren der Rivalität zwischen dem Publikumsliebling und Style-Master und dem eiskalten Hünen und erfolgreichsten Profi -Windsurfer aller Zeiten die beiden heute freundschaftlich in die Augen schauen?

Fotograf und Autor John Carter bringt die zwei Wettkampfhähne und Familienväter wieder zusammen – der letzte Kampf der Giganten.

Robby, wann rüttelte Björn das erste Mal an deinem königlichen Zepter?

ROBBY: 1987 machte er mir das erste Mal Probleme. Ab 1988 gewann er. Aufgefallen ist er mir zum ersten Mal während eines Mistral-Importeurtreffens in Bahia Feliz auf Gran Canaria 1982. Wir sind nach Pozo zum Surfen gefahren. Damals war das eine Müllhalde mit viel Wind – super hardcore. Ich fuhr mit meinem 3,7er und Björn war auch draußen.

BJÖRN: Ja, das war als ich 13 war. Meine Eltern hatten damals eine Mistral-Surfschule in Bahia Feliz.

Und Robby war der Dominator im Worldcup?

ROBBY: Ja, das stimmt. Von 1981 bis 1983 habe ich fast alles gewonnen.

BJÖRN: Aber bis 1987 warst du quasi der Beste.

ROBBY: Aber dann ging alles ganz schnell. Ganz ehrlich, ich wusste, wie gut der Junge war. Der war so gut, dass ich ihn in unser Team holen wollte. Wir shapten Björn 1982 schon ein Board. 1983 brachte ich das Brett nach Fuerte. Ich war zu langsam. F2 hatte ihn schon unter Vertrag.

BJÖRN: Meine Eltern wechselten mit ihrer Surfschule von Mistral zu F2. Sie kannten Peter Brockhaus ganz gut. Der hat mich dann gesponsert. Das Naish-Brett musste dann wohl wieder nach Hawaii zurück. (lacht)

ROBBY: Ich traute mich nicht, ihm das Brett zu geben.

BJÖRN: Ich weiß nicht, wer trauriger war, Robby oder ich. (lacht)

ROBBY: Damals bist du mir wie ein Hund in der Welle hinterher gezockelt, hast mir alles nachgemacht. Er war nur ein Kind, aber er war ein Ripper und wir wären beinahe im selben Team gewesen. Dann kam Guadeloupe.

BJÖRN: Nein, den ersten Worldcup gewann ich in San Francisco.

ROBBY: Daran kann ich mich nicht erinnern. Aber an Guadeloupe sehr wohl: In dem Jahr gewann ich zwar Overall, aber ich spürte: Scheiße, es ändert sich was. Nee, bei Björn wusste ich: Der Knirps wird jetzt nicht einfach einen Event gewinnen und verschwinden. Der hat mit zwölf Jahren sieben Sprachen gesprochen, der kam, um abzusahnen. (lacht)

BJÖRN: Das ist wohl übertrieben: Als ich 17 war, beherrschte ich fünf Sprachen.

ROBBY: Auf jeden Fall hast du mir Angst gemacht. Du warst nicht irgendein Kleinvieh.

Björn, hat dich Robby damals eingeschüchtert?

BJÖRN: Ich war von jedem beeindruckt. Vor allem von Robby, Ken Winner und Jürgen Hönscheid. Glücklicherweise hatte ich national und international viel Wettkampferfahrung vor dem Worldcup. An Land respektierte ich Robby sehr. Auf dem Wasser war es mir scheißegal, wer gegen mich fuhr. Ich war zum Gewinnen draußen, nicht mehr und nicht weniger.

Da fing also die wahre Rivalität an?

BJÖRN: Nach 1987 wurden wir richtige Rivalen – neben Nevin Sayre und Anders Bringdal. Klar, verlieren ist schwer, wenn man so lange gewonnen hat.

ROBBY: Wir wollten beide gewinnen. Björn dachte wie ich: Als Zweiter bist du der erste Verlierer. Klar, Wettkampf hat mir Spaß gemacht, gewinnen auch, aber Zweiter werden machte keinen Spaß, dritter Platz war noch schlimmer und vierter ging überhaupt nicht. Ich habe schon innerlich gespürt, dass eines Tages jemand kommen würde. Als Björn kam, war es ein Schlag ins Gesicht. Aber es trieb mich weiter an, noch besser zu werden. Wir waren beide angespannt, dachten nie an Partys oder an andere Sportarten. Es ging einzig ums Gewinnen. Die Medien und die rivalisierenden Teams Mistral und F2 verstärkten das alles noch. Meinen ersten Einbruch erlitt ich im Kursrennen. Diesen Kampf führte dann Anders Bringdal mit Björn weiter aus.

BJÖRN: Wenn wir alle Freunde gewesen wären, hätte das dem Sportsgeist nicht gut getan. Man darf niemanden da draußen Raum geben. Es ging mir nur um den Sieg. Später ging es um mehr: Um den Abstand zum Zweiten beim Sieg. Dieses Feuer brannte lange in mir.

Robby, irgendwann musst du Björn doch gehasst haben?

ROBBY: Ich habe ihn überhaupt nicht gemocht. (lacht) Aber wir kannten uns auch nicht.

Ihr habt nie am Strand miteinander gesprochen?

ROBBY: Björn hat mit niemanden gesprochen, und ich hab’ nur mit sehr wenigen gesprochen. Wir waren beide introvertierte Charaktere. Ich benötigte ganze 20 Jahre des Reisens, um mich zu öffnen. Für mich ging’s nur um den Sieg. Ich hatte kein soziales Netzwerk um mich. Ich kannte viele, aber von vielen Worldcuppern kannte ich noch nicht einmal die Namen. Ich sagte immer nur ‚howzit‘ zu allen. Es war keine Respektlosigkeit, aber ich war zum Windsurfen gekommen. Der Wettkampf war für mich alles. Nein, mit Björn habe ich nie gesprochen. Heute können wir darüber lachen.

BJÖRN: Als ich anfing, war ich ein Kind und Robby ein Mann. Das Alter hat uns auch geteilt. Ich kann mir gut vorstellen, dass es schwer für ihn war, von einem Kind geschlagen zu werden. (lacht)

ROBBY: Besonders, weil er größer war als ich. Es gibt für mich nichts Schlimmeres!

Björn, man nannte dich auch Iceman oder Terminator. Wie fandest du das?

BJÖRN: Das war mir egal. Was die Magazine schrieben, war mir echt egal. Dass sie mich Terminator nannten, war ja auch nicht schlecht, Schwarzenegger und so. Ich hab’ darüber gelacht, war nie beleidigt. Die Hälfte der Sachen, die Journalisten schreiben, sind gut, die andere Hälfte schlecht. Wichtig ist, dass nach Siegen etwas geschrieben wird.

ROBBY: Jede Veröffentlichung ist eine gute Veröffentlichung.

Björn, bist du eine schüchterne Person?

BJÖRN: Nein, ich bin nicht schüchtern, ich öffne mich nur nicht jedem. Ich habe meine engen Freunde und sonst baue ich eine Art Wand um mich herum. Das ist auch mein Erfolgsrezept im Wettkampf gewesen: Keiner konnte meine Schwachstellen erkennen. Es machte mich stärker.

Ihr beide wart immer im Spotlight. Hat es euch nicht genervt?

ROBBY: Mich nicht, es hätte mir Angst gemacht, wenn es andersherum gewesen wäre.

BJÖRN: Es war Teil des Jobs. Ich musste es machen und ich habe mich so gut ich konnte verkauft. Ich bin natürlich nicht Schumacher, weißt du! (lacht)

ROBBY: Ich kann nicht für Björn reden, aber Windsurfen und alles was mit dem Erfolg zusammenhängt, war mein Leben. Es gab keine Garantie, dass ein Folgejahr genauso werden würde. Ich nahm, was kam. Ich wollte diesen Lifestyle und bin sauglücklich, diesen bis heute aufrecht zu erhalten. Ich mache, was ich liebe und werde dafür bezahlt. Viel mehr Glück kann man doch nicht haben. Meine Liebe zum Windsurfen reicht weiter als alle anderen Optionen, die man im Leben hat. Ich könnte von heute auf morgen aufhören, Rennautos fahren, golfen gehen, aber das kann und will ich nicht. Ich stehe morgens auf und möchte nichts anderes mehr, als vor Hookipa surfen zu gehen. Ich war damals einer der jüngsten Profiathleten der Welt und dachte so und heute bin ich einer der ältesten Profiathleten und denke so. Ich werde von Profi s, die halb so alt sind wie ich, für das, was ich auf dem Wasser zeige, respektiert.

Und warum fährst du keine Wettkämpfe mehr?

ROBBY: Die Zeit war einfach reif. Ich könnte heute immer noch in der Welle mithalten, aber ich lebte damals nur für die Punkte im Wettkampf. Jetzt kann ich den Sport voll auskosten.

Björn, wann hörst du auf?

BJÖRN: Ich habe einen guten Mix aus Wettkampf und Spaß gefunden. Ich konzentriere mich professionell jetzt nur noch auf Slalom und Speed. Ich möchte nicht wie letztes Jahr wieder Zweiter werden. (lacht)

Wie hast du dich gefühlt, als Kevin Pritchard dich 2000 entthront hat?

BJÖRN: Nach zwölf Jahre siegen dachte ich: Das kann doch nicht euer Ernst sein. Nur ich darf gewinnen. (lacht) Nein, es war wirklich kein Problem. Außerdem war es sehr knapp.

ROBBY: Er wurde ja nicht 15ter.

Heute dominiert Albeau im Slalom und Speed.

BJÖRN: Er hatte 2007 ein gutes Jahr. Und 2008 ist er mein härtester Gegner.

Reizt dich das jetzt mit Antoine noch mehr?

BJÖRN: Heute ist man limitiert, hat nur die Wahl von zwei Brettern und vier Segeln beim Slalom. Je größer und stärker man ist, desto schwieriger ist die Wahl.

ROBBY: Wir sprechen hier mit einem Mann, der einst mit 20 Boards gereist ist.

BJÖRN: Damals sind wir mit vielen Boards gereist. Wir konnten das Material bestens für die Bedingungen aussuchen. Heute gibt es den Glücksfaktor, das richtige Material für den Heat auszusuchen. Ich will Antoines Erfolg nicht schmälern. Er hat gutes Material, er ist jünger und hat viel Wettkampferfahrung. Das kann ihm keiner nehmen. Er will der Beste sein. Er hat das Zeug dafür, und ja, das macht es für mich umso interessanter.

ROBBY: Ernsthaft, seit Björn und mir ist Antoine der Erste, der in den Speed-Disziplinen anhaltend dominiert. Das ist gut für den Sport. Siege hier und da kurbeln den Sport nicht an. Wie gesagt. Es ist motivierend für jeden Wettkämpfer, einen Dominator zu schlagen, ob es Antoine ist oder..... (Björn unterbricht)

BJÖRN: Dieses Jahr wird er kämpfen müssen. Sagen wir es mal so: Es wird für ihn nicht so leicht sein, wie letztes Jahr. No way! (Anmerkung der Redaktion: Das Interview wurde vor dem ersten Worldcup 2008 geführt.)

Nach all den Jahren der Rivalität zwischen euch, gab es nicht einen Moment, an dem ihr die Barrieren fallen gelassen habt und zusammen einen heben gegangen seid?

ROBBY: Einige Male, aber seine Alkoholtoleranz ist besser als meine. Der hat mich mehr als einmal unter den Tisch getrunken. (beide lachen)

Ist das Windsurfniveau heute besser als früher?

BJÖRN: Es ist anders. Es war früher schwer und es ist heute auch schwer. Aber heute gibt es in allen Disziplinen mehr gute Windsurfer.

Warum warst du früher so unschlagbar?

BJÖRN: Das war aufgrund der Mischung aus meiner Einstellung und dem guten Team. Ich wollte nie auf dem gleichen Niveau bleiben, wollte immer weiter. Und bei dir Robby, wieso konntest du so lange dominieren?

ROBBY: Ich kam zur richtigen Zeit, zum richtigen Ort. Wenn Björn zehn Jahre früher aufgetaucht wäre, hätte ich ihm die Rücklichter gezeigt. Er wäre zu groß für das Material gewesen. Meine Größe und mein Style waren perfekt für meine Zeit. Der Sport wuchs mir sprichwörtlich über die Ohren. Das Material änderte sich und größere Surfer hatten einen besseren Hebel. Das war die Zeit für Björn. Zudem surfte er für seine Größe nicht wie ein Gorilla in der Welle. Wir hatten beide auch Glück als Athleten. Wenn du ganz gut bist, kannst du dein Glück auch noch steuern. Entscheidungen von heute bestimmen, was morgen passiert.

BJÖRN: Ich hatte Glück, dass meine Mom den Strand so liebte und deshalb unbedingt auf die Kanaren ziehen wollte. Und bei dir Robby?

ROBBY: Ich komme aus Kalifornien und mein Vater war ein Wellenreiter, der nach Hawaii ziehen wollte und so ging’s nach Hawaii! Ich könnte heut’ noch in Kalifornien leben...

BJÖRN: ...und Doktor sein. (lacht)

ROBBY: Ja, man muss auch Glück im Leben haben.

Ich kann mich erinnern, dass ihr zwei in Pozo fünf Jahre lang im Finale standet.

ROBBY: Ja, ja, verlieren ist bitter. Ich habe gegen eine Hand voll Leute verloren. Gegen Björn zu verlieren war besonders bitter, aber ich sagte mir dann immer: Es war Björn. Wenn ich aber gegen jemanden wie Nik Baker verlor, dann war das verdammt beschissen

Du bist also nicht nach Hause und hast über Björn geflucht?

ROBBY: Ich kam nach Hause und habe Dinge zerschlagen, egal gegen wen ich verloren hatte. Ich habe Jahre lang meine Autos kurz und klein geschlagen. Ich habe Steine auf den Richterturm in Pozo geworfen. In Omezaki habe ich fast die Judges verprügelt.

Warum warst du so jähzornig?

ROBBY: Weil ich normalerweise Recht hatte. Wenn ich wirklich schlecht gefahren wäre, dann hätte ich nichts gesagt. Naja, ich war sowieso sehr egozentrisch. Ich ging nie auf Personen ab. Ich schlug halt auf eine Wand, eine Tür, kickte mein Auto. Ich habe Dinge geschlagen. Das war gut für mich. Das zeigte mir: Ich hab’s noch in mir, diesen Willen, ich will gewinnen, ich schlage Dinge, so wichtig ist das für mich. (lacht)

BJÖRN: Dein Temperament ist noch da, das Feuer brennt!

ROBBY: Zeig mir einen guten Verlierer und ich zeig dir einen Verlierer.

Björn, hast du auch Dinge geschlagen?

BJÖRN: Nein, ich war eigentlich ein guter Verlierer.

ROBBY: Ich war schrecklich!

BJÖRN: Ich würde meine Niederlage analysieren. Ich habe nie etwas getreten oder geschlagen.

ROBBY: Du hast Dingen weh getan. Ich hab’ sie nur geschlagen. Ich kann nicht so hart schlagen wie du. (lacht)

BJÖRN: Ich habe über 100 Worldcups gewonnen, es ist nicht immer wie der erste Sieg. Deshalb konnte ich die Niederlagen einstecken. Verlieren macht mir aber deshalb immer noch keinen Spaß.

Habt ihr vor dem Altwerden Angst?

ROBBY: Ja! Vor der Zahl mehr als vorm Körperlichen. Ich schaue nicht oft in den Spiegel, weil ich mich viel besser fühle als ich ausschaue. Ich bin fucking fit! Ich habe keine Verletzungen, keine Beschwerden. Habe nie einen Wettkampf auf Grund einer Verletzung verpasst. Heute surfe ich vielleicht nicht mit der Kraft von einst, aber ich glaube, ich surfe heute besser als damals. Ich surfe flüssiger, kalkuliere intelligenter. Ich fühle mich nicht alt, aber ich nähere mich einer beängstigenden Zahl. Solange ich nicht in den Spiegel schaue, ist alles im Lot!

BJÖRN: Ich bin 39 und kenne keinen 39-jährigen, der so gut erhalten ist wie ich. Windsurfen hält mich jung und stark. Das hat mein Vater auch immer gesagt. Er ist 64 und surft vier-, fünfmal die Woche.

ROBBY: Du kannst surfen, bis du 100 bist!

Welche Ziele habt ihr noch?

ROBBY: Um ganz ehrlich zu sein, ich hatte nie wirklich Ziele im engen Sinn. Wenn man diese professionellen Motivationsredner und Erfolgs-Coaches hört, dreht sich alles um Zielsetzungen. Ich habe mir in meinem ganzen Leben noch kein einziges Ziel gesetzt. Ich lebe einen Traum. Ich würde mich eher als einen Traumjäger als einen Zielsetzer bezeichnen. Ziele funktionieren für mich nicht, weil ich nicht enttäuscht werden möchte. Ich bin immer zufrieden, mit dem was ich habe und zwar gerade, weil ich ein ewiger Pessimist bin. Ich erwarte immer das Schlimmste und wenn es doch nicht eintrifft – geil! Der größte Luxus für mich ist nicht das Geld, das Auto oder der Besitz. Der größte Luxus ist morgens aufzustehen und zu machen, was mir Spaß macht. Wenn ich Freeriden gehe, dann pumpt mein Herz immer noch Adrenalin durch die Venen.

Hast du Angst in großen Wellen?

ROBBY: Auf jeden Fall mehr Angst als früher. An Jaws-Tagen werde ich richtig nervös. Ich brauche nicht so viel Adrenalin, um die Glücksgefühle zu erleben. Vielleicht ist das Teil des Altwerdens. Aber mich zieht es mehr denn je aufs Wasser. Ich könnte mit meiner Zeit und meinem Geld locker mal zum Heli-Snowboarding nach Kanada fliegen. Ich will nicht, weil ich dann vielleicht einen guten Wintertag auf Hawaii verpassen könnte. Mich muss man nicht zum Surfen motivieren.

Björn, du scheinst auch keine Motivationsprobleme zu haben.

BJÖRN: Nein, im Gegenteil. Ich möchte der erste Mensch sein, der die 50-Knoten-Marke überschreitet und bis ans Ende meines Lebens windsurfen. Ich möchte aber auch viel Zeit mit meiner Familie, meinen Kindern, meinen Eltern verbringen und gesund bleiben, das sind meine Ziele.

Wie geht es denn deiner neuen Familie, Robby?

ROBBY: Es ist einfach der Wahnsinn. Ich möchte meine erste Tochter Nani nicht abwerten. Ich war damals ein junger Vater. Ich sagte immer: Sie ist das Beste, was mir passieren konnte. Sie war vielleicht der Grund, das ich mich in meiner Karriere so gut gehalten habe, so fokussiert war. Als alter Vater schätzt man viele Dinge mehr. Ich war früher noch viel egozentrischer und habe deshalb viel verpasst. Ich liebe Nani abgöttisch und wir können gut miteinander reden, aber für Christina habe ich viel mehr Zeit, bin für sie da, physisch und mental. Kinder sind ein wahres Geschenk. Ich bin auch glücklich, dass meine Frau Katie mit unserem Kind jede Sekunde aufblüht und mir ihre Liebe zeigt. Stellt euch vor, mit einem Typen wie mir 17 Jahre lang verheiratet zu sein, der egozentrischste Mensch aller Zeiten, nein im ganzen Universum. Sie war geduldig und hat gewartet, bis die Zeit reif war. Dafür bin ich dankbar. Mein Vater Rick sagt immer: Das Leben ist nicht fair, weil ich so einen Engel als Frau habe, obwohl ich als Kind so ein kleiner Scheißer war. So was verdiene ich nicht. (lacht)

Welche kleinen oder großen Scheißer könnten zu Legenden wie ihr wachsen?

ROBBY: Das ist wirklich schwer zu sagen. Typen wie Kai Lenny, der ist ein zukünftiger Super-Hero, kein Zweifel. Kauli ist ein wahrer Charakter mit viel Talent. Er müsste stärker fokussieren, um eine Legende zu werden, aber er ist noch jung, er hat Zeit.

Bedauert ihr irgendetwas in eurem Leben?

BJÖRN: Ich habe ein paar kleine Fehler begangen. Ich hätte damals mit 20 gerne die Erfahrung gehabt, die ich heute besitze. Man muss wohl Wegzoll zahlen, muss es sich verdienen. Fehler sind Teil des Lebens. Wenn man keine Fehler macht, lernt man nichts und man schätzt nicht, wenn man Gutes vollbringt.

ROBBY: Wenn ich alles noch ein Mal machen müsste, ich würde mich sogar dafür anstellen. Wenn ich könnte, würde ich mein Leben, so wie ich es führe, in alle Ewigkeit weiterleben. Wenn ich morgen sterben müsste, würde ich sagen: Danke, es war geil!

Dieses Interview erschien erstmals in surf 9/2008 - siehe Hinweis am Beginn des Textes!


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