IN CANNES, UM CANNES, UM CANNES HERUM
Cannes, kennt jeder – zumindest aus dem Fernsehen: Filmfestspiele, Palmen, Glamour und Treff der Reichen. Aber stellt euch vor, ihr seid eine Möwe und fliegt kurz gen Westen. Dort fallen traumhaft schöne ockergelbe und rote Felsen ins Wasser und vermischen sich mit dem Blau der Côte d’Azur zu einem surrealistischen Farbenspiel. Wenige Flügelschläge nach Osten ragt das Cap d’Antibe in das Mittelmeer hinaus. Die immergrünen Pinienwälder suggerieren den unendlichen Sommer. Hier besitzen die reichsten Menschen dieser Erde Häuser. Na ja, und dann gibt es das betuchte Cannes, wie man es sich vorstellt: mit seinem Zentrum, seiner berühmte Palmenpromenade La Croisette, seinen Luxushotels, den Yachten und Ferraris – Nichtigkeiten in der Welt der Möwen und Stand-up-Paddler. Gäbe es da nicht auch die Lérins-Inseln, eine kleine Inselgruppe etwa fünf Kilometer vor der Küste von Cannes. Die Schönheit dieses Archipels hat bestimmt schon vielen Immobilienmaklern das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Sie sind jedoch geschützt und ein absolutes Paradies für Paddler – und natürlich auch für Möwen.
DIE SONNE KANN'S IN CANNES
Cannes’ Stärke ist das Klima. Hier ist es immer mild. Kein Wunder, dass die Reichen und Schönen dieser Welt von dieser Stadt angezogen werden wie Mücken vom Licht. Im Winter bleiben die Temperaturen angenehm mild, aber auch der Sommer ist dank der erfrischenden Meeresbrise erträglich. Neben der Insel Korsika ist die Gegend rund um Cannes die mildeste Region Frankreichs. Die Alpen sind nicht weit entfernt, deshalb kann es im Frühling und Herbst zu Wolkenstau und heftigen Regengüssen kommen. Auch das ist ein Segen, denn so erfreut sich Cannes trotz des mediterranen Klimas an üppigem Grün. Ein weitere Pluspunkt für Stand-up-Paddler: Aufgrund der geographischen Lage schafft es der starke Mistral oder die Tramontana nicht an diese Küste. Der Mangel an Wind hat zwar schon manch einheimischen Windsurfer zur Verzweiflung gebracht. Doch vor allem im Winter schaffen es Südostwinde nach Cannes und machen das Wasser unruhig. Im Hochsommer sind es jedoch nur die vielen Yachten, die das Wasser aufwühlen. Wer große Touren entlang der Küste plant, sollte die Wetterentwicklung genau beobachten. Die Côte d’Azur ist kein Waldsee und zu größeren Wetterkapriolen imstande. Lokale Wettervorhersagen sind für SUP-Fahrer nicht unbedingt vertrauenswürdig, da selbst Sommerthermiken zwischen April und August (vor allem im Estérel-Gebirge) das Paddeln erschweren.
MEHR KANN CANNES NICHT
Ich könnte nun vorschlagen, eine nette SUP-Promenade entlang der Croisette zu machen, aber wer will schon ein Luxushotel nach dem anderen bewundern? Einige Kilometer östlich von Cannes kann man dagegen mit Leichtigkeit den Reichtum der Umgebung genießen: an der Halbinsel Cap d’Antibe. Auch wenn an der Spitze des Kaps kleine Strände rar werden, möchte man jede Bucht erkunden. Hier und da verrät eine pompöse Villa die Herkunft des Besitzers aus Showbiz, Finanz oder Sport, die wie wir Wassersportler die bezaubernde Natur und das Flair des Mittelmeers genießen. Der Unterschied: Wir bezahlen keine Millionen Euro für den Anblick – und für einen Paddelschlag lang sind wir mit unserer Freiheit sogar besser bedient, als jeder Star. Erhobenen Hauptes atmet man auch gerne das Flair der Bucht der Milliardäre (Baie des Milliardaires), wo die Blumenpracht auch für uns ungeniert ins Blau des Meeres taucht. Der beste Startpunkt für eine Tour der Milliardäre ist der süße Strand "Plage des Ondes", erkennbar an dem kleinen Turm und dem feinsandigen Strand. An klaren Tagen kann man von hier aus sogar die Alpen bewundern.
CANNES NIX
Cannes, Nizza und Côte d’Azur sind magische Wörter in den Köpfen der Menschen. Und jeden Sommer verursacht diese Gehirnwäsche eine Masseninvasion. Die Côte d’Azur ist Opfer ihres Erfolgs. Die Verstädterung hat aus dem Idyll der 1950er Jahre eine proportional unverträgliche Entwicklung hervorgerufen: unschöne Wohnsiedlungen, Autobahnen, Massenverkehr und Verschmutzung. In Nizza kann man im Sommer kaum atmen. Das kleinste Stück Land an der Küste ist Gold wert. Alles wird verkauft, überall wird gebaut, spekuliert – auf Kosten der Natur und der eigentlichen Schönheit, weswegen ja jeder hier leben oder Urlaub machen möchte. Die schlimmste Zeit ist der Hochsommer von Juli bis August, wo selbst das Refugium Wasser mit Yachten und Motorbooten verseucht ist. Die Region besitzt dennoch einen unwiderstehlichen Charme. Vor allem aber das Hinterland, fernab des Massentrubels, ist einen Besuch wert.
KANN CANNES RUHIG SEIN?
Ruhe und meditative Ausgelassenheit in Cannes? Dafür gibt es eine einfache Lösung – nur 50 Möwenflügelschläge weit vom Zentrum entfernt: die Lérins-Inseln. Die erste Insel liegt einen Kilometer vom Festland entfernt. Wer dort hinüber paddeln möchte, sollte Sicherheits-Equipment (Leash, Ersatzpaddel, Wasser etc.) dabei haben. Wer es gemütlicher angehen möchte, kann vom Hafen in Cannes aus mehrmals täglich auch mit kleinen Fährschiffen übersetzen, (iSUPs sind dafür optimal). Mein Herz schlägt für die etwas kleinere Insel Saint-Honorat. Man kann sie zu Fuß in fünf Minuten durchqueren. Das Kloster und die umliegenden Weinfelder sind überwältigend. Die Mönche, die hier leben, machen einen Wein, der über die Grenzen Frankreichs hinaus Bekanntheit erlangt hat – und über die Grenzen unsere Geldbeutel steigt. Schade – ich liebe Wein. Das Fort wacht schon einige tausend Jahre über die Bucht von Cannes. Zwischen Saint-Honorat und Sainte-Marguerite kann man genüsslich unter Pinien paddeln und durch karibisches Wasser schlitzen. Die größere Insel Sainte-Marguerite ist nicht so verträumt, aber abwechslungsreicher. Hier gibt es Hotels und sogar einen kleinen See. Die Inseln sind nicht nur reich an Naturschönheiten und Geschichte, im Sommer wimmelt es nur so von Touristen. Daher bietet sich für Paddler die Nebensaison an, denn wir wissen: Die Sonne fühlt sich hier immer zu Hause.
ARMES CANNES
Wenn ich von Armut spreche, dann natürlich von Wellenarmut. Das Baskenland ist weit entfernt, und Cannes bleibt von den heftigsten Stürmen verschont. Dennoch kennen die Locals ihre Wellenreit-Spots, wo es vor allem im Winter mit dem SUP-Brett lustig werden kann. Die einzige Chance, Wellen zu erleben, ist, wenn die Dünung aus dem Südosten oder aus dem Osten anrollt. Der Rest ist pures Glück und statistisch wertlos. Große Wellen aus dem Süden kann man am Strand von Mandelieu erleben, ein bekannter Beachbreak der Wellenreiter. Bei Ostdünung kann der Strand Mouré Rouge im Osten von Cannes eine kleine Welle hervorrufen. Am Cap d’Antibe können aus vielen Richtungen Wellen brechen. Ein guter Einsteiger-Spot bei Südostdünung ist Croûton. Bekannter jedoch ist der Strand des Ondes. Die Wellen brechen links und rechts an den Felsen. Experten können bei Nordostdünung in La Garoupe eine etwas steilere Welle in Angriff nehmen. Für Könner sind die Lérins-Inseln ebenfalls eine Wahl. Und direkt vor dem Fort von Saint-Honorat brechen schöne Wellen für Stand-up-Paddler und Surfer. Achtung: An stürmischen Tagen kann es hier gefährlich werden. Aber wer nach Cannes kommt, der kommt nicht wegen der Wellen, sondern wegen der Filmstars, der Croisette, der Luxushotels, der Yachten und selbstverständlich wegen der Ferraris. Oder?
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DIE DREI BESTEN TOUREN
Die Inseltour von Céline Guesdon
Ein Tourenvorschlag von SUP-Profi und Lokalmatadorin Céline Guesdon (für Fortgeschrittene): Start: Moure Rouge am Island Feeling Surfshop direkt an der Pointe Croisette mit großem Parkplatz. Tour: Die Strecke ist etwa zehn Kilometer lang. Für die Tour sollte man mindestens einen halben Tag, besser aber einen ganzen Tag, einplanen. Vorbei am Spielcasino und dem Cap de Croisette verlässt man die Stadt Cannes und quert etwa einen Kilometer zur größeren der zwei Lérins-Inseln, île Sainte-Marguerite, hinüber. Je nach Windrichtung wählt man die Umrundung im oder gegen den Uhrzeigersin. Die schönsten Paddelmomente erlebt man an der zweiten, kleineren Insel, île Saint-Honorat.
Die Tour l’Estérel von Stéphane Peillon
Ein Tourenvorschlag vom Besitzer des Surfshops Bat’ski Stéphane Peillon (leicht). Start: am Strand Plage de la Figueirette. Tour: Vom Strand aus paddelt man morgens gemütlich nach Westen Richtung Cap Roux. Die Strecke befindet sich mitten im Naturreservat und ist hin und retour gerade mal vier Kilometer lang. Vorsicht: Sollte der Mistral doch mal nach Cannes einkehren, sollte man auf diese Tour verzichten.
Die Cap d’Antibes-Tour von Jean-Denis Mouchon
Ein Tourenvorschlag von Jean-Denis Mouchon, dem Präsidenten der SUP-Schule Paddling in Antibes (leicht). Start: bei Windstille am Strand Plage des Ondes, gleich nach dem Hafen an der Westseite der Halbinsel. Parken kann man in der kleinen Staße gegenüber des Strandes. Wenn es dort überfüllt ist, ist der Strand Plage des Pêcheurs mit Parkplatz eine Alternative. Tour: Man paddelt nach Süden Richtung – und bis zur – Baie des Milliardaires. Die Tour dauert nicht länger als zwei Stunden. Am besten morgens starten, denn ab Mittag wimmelt es hier von Yachten und Booten. Erfahrene Paddler können die Tour auch bis zur Plage de la Garoupe im Osten verlängern. Damit haben sie dann die Halbinsel umrundet.
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INFO CANNES
Anfahrt Von München kommend über die Brennerautobahn, dann Richtung Mailand, Piacenza, Genua nach Nizza und Cannes (hin und zurück ca. 150 Euro Maut). Von Freiburg/Bésançon über Lion nach Cannes (hin und zurück ca. 100 Euro Maut).
Klima/Reisezeit Wie im Text beschrieben: Die Sonne lacht auch schon im März. Dennoch: In den Wintermonaten können auch Stürme und längere Regenfälle das Wetter bestimmen. Die beste Zeit ist September bis Ende Oktober, da das Wasser warm ist. Von April bis Juni explodiert die Vegetation förmlich, aber das Wasser ist vor allem im Frühling frisch (15–18 °C).
Hotel/Camping • Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis: Le Patio, Théoule sur Mer, 48 avenue de Miramar, Théoule sur Mer, Tel. 0033/4/93/750023 • Familiär und nur zwei Schritte vom Meer: Hôtel familial California, Golfe Juan, Tel. 0033/4/93/637863 • Gehoben am Cap d’Antibe: Hôtel Beausite, 141 Boulevard Kennedy, Tel. 0033/4/93615343 • Campingplatz, gepflegt und nah am Strand: Park Belle Vue in Bocca, www.parcbellevue.com
Weitere nützliche Adressen: www.cannes-destination.fr/se-loger-cannes/residences-canneswww.antibesjuanlespins.com/fr/hotelswww.theoule-sur-mer.org
Schulen/Verleih • Bat’ski: 25 Avenue du Trayas, Théoule-sur-Mer, Tel. 0033/4/93/750239, Leihmaterial von RRD, SUP-Guiding, SUP-Fitness und Yoga, Kinderkurse • Mandelieu Stand-up Club: 809 Boulevard des Écureuils, Tel. 0033/6/11252829. SUP-Gruppen-Einsteigerkurse • Paddling in Antibes Center: Tel. 0033/6/ 18083510. www.paddlinginantibes-center.com
Surf/SUP-Shops • Island Feeling Surf Shop am Pointe Croisette, 25 Avenue Reine Astrid, Cannes, Tel. 0033/4/93/434048 • Billabong Cannes, Verkauf und Verleih, Tel. 0033/4/93/391689 • Cannes Stand-up Paddle Location, Naish-Material, Tel. 0033/6/82/17087, www.cannesstanduppaddle.fr • Airxkite, Scho, Schule und Verleih, 110 Boulevard du Midi, Cannes la Bocca, Tel. 0033/4/93/930658 • Freeride Attitude, Fréjus, Tel. 0033/4/94/517300 • No limit, Saint-Laurent-du-Var, Tel. 0033/4/93/319595
Restaurants In der Altstadt von Cannes in der Rue du Suquet gibt es viele nette Restaurants. Weitere Tipps: • Snack La Cabane, Avenue de Lérins, Tel. 0033/4/92/593539 • Le Couby’s Café, 3 Bd de Lorraine, Tel. 0033/4/93/300337 • La Tonnelle, auf der Insel Saint-Honorat (April bis September), Tel. 0033/4/92995408. • Le Spot, Port de Mandelieu la Napoule, Tel. 0033/4/93/492883
Tipps in Antibes: • L’Ilette, 2 Avenue des Chênes, Tel. 0033/4/93/614043 • Mamalu, 11 Cours Masséna, Tel. 0033/4/93/344007 • Entre deux vins, 2 Rue James Close, Tel. 0033/4/93/344693
Fähren von Cannes zu den Inseln Lérins Fähren verkehren täglich und ganzjährig. Eine Überfahrt hin- und zurück kostet 13 Euro. • Trans Côte d’Azur, Tel. 0033/4/92987130, www.trans-cote-azur.com • Riviera Lines, Tel. 0033/4/92/987131, www.riviera-lines.com • SARL Horizon, Tel. 0033/4/92/987136, www.horizon-iles-lerins-cannes.com • Planaria, Tel. 0033/4/92/987138, www.cannes-ilesdelerins.com