Wind-SpecialPassat-Auslaufzone – Das Ende des Passats

Dr. Michael Sachweh

 · 20.12.2022

Wind-Special: Passat-Auslaufzone – Das Ende des PassatsFoto: Pierre Bouras
Ganz im Westen des Atlantiks geht dem Passat langsam die Puste aus. Trotzdem gibt es noch Spots, die auf der Windsurfer-Landkarte mit einem Sternchen versehen sind. Wer weiß, wann er wohin fahren muss, surft oft in tollen Landschaften.

Jeder Ozean hat seine Bereiche im Passatgürtel, wo der Ostwind nach langer Wegstrecke allmählich zu schwächeln beginnt. Das liegt daran, dass das ihn antreibende Luftdruckgefälle schwächer wird. Diese, im Fachjargon Auslaufzonen des Passats genannten, Zonen liegen zum einen ganz im Westen der Ozeane – und zum anderen an seinem äquatorialen Rand. Also dort, wo der Passat ganz allmählich in die unsteten, schwachen Winde der äquatorialen Tiefdruckzone übergeht.

Die meisten Windsurf-Spots weltweit, die sich in einer passatischen Auslaufzone befinden, liegen im Nordatlantik. Deshalb wollen wir uns in diesem Passat-Kapitel auf dieses Meer beschränken.

Die Passatströmung im Atlantik resultiert aus dem Luftdruckgefälle zwischen der großen Subtropenhoch-Zone im Norden, die sich vom Seegebiet der Azoren (Azorenhoch) bis zu den Bermuda-Inseln und der äquatorialen Tiefdruckzone im Süden erstreckt. Der Passat startet in der Wurzelzone des Passats (zu der auch die Kanaren gehören) und entfaltet seine volle Kraft in der Kernpassat-Zone (Kapverden). Am westlichen Ende des Atlantiks, wie auch ganz im Süden zum Äquator hin, mündet er in seine Auslaufzone. Dort ist das den Ostwind antreibende Luftdruckgefälle schwächer als im Osten der nordatlantischen Passatzone. So geht ihm hier auf der Schlussgeraden etwas die Puste aus, zuweilen hält er sogar ganz inne.

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Nordbrasilien und und südliche Karibik

Zwei Ausnahmen gibt es: Das sind die Inseln in der südlichen Karibik vor Venezuela sowie die nordbrasilianische Küste im Bereich des Bundesstaats Ceará.

Auch wenn es keine Premium-Windsurfreviere sind, so finden sich auch hier in der Auslaufzone des nordatlantischen Passats gleitwindtechnisch gesehen durchaus brauchbare und auch beliebte Spots. Das liegt vor allem an den zahlreichen, gebirgigen Huks der Inseln, die zu lokalen Windverstärkungen führen.

Ihr mitunter schwächelndes Windpotenzial machen die Inseln mit ihren landschaftlichen Reizen und wohliger Wärme wieder wett. Viele der Spots in der Auslaufzone des nordatlantischen Passats befinden sich in der nördlichen Karibik (Kleine und Große Antillen), zu ihnen gehören unter anderem St. Lucia und Jamaika. Während auf St. Lucia vor allem die Gegend von Vieux Fort durch ihren Düseneffekt noch ein perfekter Geheimtipp für Windsurfer ist, steht Jamaika nicht unbedingt auf der Wunschliste der Windsurfer. Ganz anders sieht das mit der Dominikanischen Republik aus.

Dominikanische Republik

Die zweitgrößte Antilleninsel nach Kuba ist Hispaniola, dessen östlicher Teil von der Dominikanischen Republik eingenommen wird. Durch den Staat ziehen sich mehrere Gebirgszüge mit zwischengelagerten Ebenen.

Auch wenn der nordatlantische Passat in seiner karibischen Auslaufzone schon ein wenig schlapp macht, helfen ihm an einigen Spots die topografischen und thermischen Gegebenheiten noch mal auf die Sprünge. Bekannt sind vor allem die Südspitze von St. Lucia und Cabarete in der Dom Rep.Foto: Pablito GuzmanAuch wenn der nordatlantische Passat in seiner karibischen Auslaufzone schon ein wenig schlapp macht, helfen ihm an einigen Spots die topografischen und thermischen Gegebenheiten noch mal auf die Sprünge. Bekannt sind vor allem die Südspitze von St. Lucia und Cabarete in der Dom Rep.

Das Hinterland der dem Passat zugewandten Nordküste wird von einem Bergzug gebildet, die Küste selbst ist in mehrere Kaps gegliedert. Der Schöpfer dieser Küstentopografie muss ein großes Herz für Windsurfer gehabt haben. Anders kann man sich diese ideale Ostwind-Küstenform-Kombi einfach nicht erklären. Der hier vorherrschende Ostwind in Gestalt eines ziemlich altersschwachen Passats bekommt an dieser Küste – und dann zusätzlich noch einmal an den Kaps – einen Speed verpasst, der sicher jedes Surferherz höherschlagen lässt.

Der schwächelnde Passat wird durch landschaftliche Reize wettgemacht.

Der beliebte Spot Cabarete, bei dem der Surfsport mit dem karibischem Lifestyle die perfekte Ehe eingeht, profitiert von beiden topografischen Passat-Düsen: dem Leitplankeneffekt und Kapeffekt. Tagsüber sorgt die thermische Seebrise, die mit der Passatrichtung am selben Strang zieht, für weiteres Steigerungspotenzial beim Wind. Die Allianz der drei Potenzmittel hievt den altersschwachen Passat bei Cabarete im Laufe des Vormittags regelmäßig über die magische Gleitwind-Schwelle.

All das Topo-Thermik-Tuning funktioniert aber natürlich nur, wenn der Passat beständig weht, was er nicht immer tut. Das liegt zum Beispiel an den tropischen Störungen, die die Insel besonders Ende August bis Ende Oktober heimsuchen – und von denen sich einige zu den gefürchteten Hurrikans weiterentwickeln können. Im Winter und Frühjahr dagegen sind es die gelegentlichen Kaltluftausbrüche vom nordamerikanischen Festland her, die den Ostwind aus dem Konzept bringen. Diese „Norder“ bescheren Cabarete Wolken, Regen und Winde aus West bis Nord. Im Mai hat sich der Passat sein Revier zurückerobert. Von nun an geht es bergauf, und zwar mit allem: Windstärke, Beständigkeit des Windes und auch mit den Temperaturen. Die beste Zeit zum Windsurfen ist Mai bis August. Dann gilt der Passat in Cabarete so zuverlässig wie auf Barbados.

In dieser Zeit verwöhnen den Surfer außerdem:

  • Lufttemperaturen zwischen 23 (morgens) und 30 Grad (nachmittags)
  • Wassertemperaturen von 28 bis 30 Grad
  • täglich sechs bis sieben Sonnenscheinstunden, mit kurzzeitigen Schauern, statistisch an jedem dritten Tag
Nordatlantischer Passat in seiner karibischen Auslaufzone: An einigen Spots unterstützen die topografischen und thermischen Gegebenheiten den Passat.Foto: Dr. Michael SachwehNordatlantischer Passat in seiner karibischen Auslaufzone: An einigen Spots unterstützen die topografischen und thermischen Gegebenheiten den Passat.

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