Das lateinische Wort „Levare“ verweist auf den östlichen Himmelssektor, wo sich die Sonne am Morgen über den Horizont „erhebt“. Daher nennt man auch den äußersten Osten des Mittelmeergebiets das Morgenland, heutzutage spricht man aber eher von der Levante.
Zugleich ist Levante – in der Straße von Gibraltar, ganz im Westen des Mittelmeers, auch Levanter – ein Sammelbegriff für alle Winde im Mittelmeer, die aus östlichen Richtungen wehen.
Dieser Wind ist also ein Vagabund und an keine bestimmte Küste gebunden – wie etwa die Bora. Mal weht er hier, mal dort, je nach Wetterlage. Er ähnelt in dieser Beziehung dem Tramontana. Insgesamt beobachtet man den Ostwind eher in den zentralen und südlichen Gewässern als im mediterranen Norden.
Die Abneigung gegenüber der Sesshaftigkeit ist aber auch die einzige Gemeinsamkeit mit dem Tramontana. Während jener oft mit einer klaren, sonnigen Atmosphäre und einem böigen Wind auftritt, bringt der Levante eine dunstige Atmosphäre, in der Straße von Gibraltar sogar Nebel. Er weht auch wesentlich gleichmäßiger als der böige Tramontana.
Die für ihn typische stabile thermische Schichtung der Luft – das heißt eine mit der Höhe nur geringe Temperaturabnahme, oft sogar eine Temperaturzunahme mit der Höhe (Inversion) – sorgt für eine unangenehme, für Surfer aber willkommene Eigenschaft in ost-westlich-orientierten Meerengen: Hier mutiert der sonst eher sanfte Levanter oft zu einem Starkwind oder gar Sturm.
Typische Wetterkarte
Da der Levante je nach Wetterlage allerdings in sehr unterschiedlichen Teilbereichen des Mittelmeers wehen kann, ist auch die entsprechende Großwetterlage manchmal sehr unterschiedlich.
Besonders beständig wehen Ostwinde häufig im westlichen Mittelmeer im Sommerhalbjahr, in der Straße von Gibraltar, im benachbarten Alborán-Meer und den nordafrikanischen bzw. andalusischen Küstengewässern. Verursacht wird diese Levante-Variante durch ein stabiles Luftdruckgefälle: Über Nordafrika herrscht permanent tiefer Luftdruck (Hitzetief), während der Druck vis-à-vis an der andalusischen Küste – und besonders in Richtung Balearen und Sardinien – höher ist.
Sehr zuverlässig ist der Levante auch an den südost- und ostspanischen Stränden im Sommer. Dort ist er bei ruhiger Hochdruckwetterlage nichts anderes als die tagsüber wehende, auflandige thermische Brise.
Bei einem Levante an den Spots im zentralen und nördlichen Mittelmeer herrscht hoher Luftdruck im Raum Südfrankreich, Alpen und nördlicher Balkan, während im südlichen Mittelmeergebiet der Druck verhältnismäßig tief ist. Diese Luftdruckverteilung erzeugt eine mehr oder weniger durchgehend östliche Luftströmung. Diese Levante-Großwetterlage ähnelt der Bora-Wetterlage.
In Südspanien und Süditalien entwickelt sich im Vorfeld eines Schirokkos mitunter eine Levante-ähnliche Situation mit Winden aus Ost bis Südost. Dies geschieht am ehesten vom Herbst bis zum Frühjahr, bei Annäherung eines Tiefs aus Südwesten – von den marokkanisch-algerisch-tunesischen Gewässern her.
Das östliche Mittelmeer steht im Sommer unter dem Regiment der Nordwinde (Etesien, Meltemi), der Levante schafft es da kaum, sich durchzusetzen. Levante-ähnliche Wetterlagen gibt es häufig im Winterhalbjahr, bei lebhafter Tiefdrucktätigkeit entlang der nordafrikanischen Küste.
Wirkungsgebiet und Hochsaison des Levante
Wenn ein Wind beständig weht und dabei mit einer typischen Witterung verbunden ist, bekommt er oft einen Eigennamen. Demnach zählt zu den klassischen Wirkungsgebieten des Levanter im Mittelmeer (von West nach Ost):
- Straße von Gibraltar (Levanter) und nordafrikanische Küste (Levanter/Levante) – vor allem in der wärmeren Jahreszeit
- Küsten Südspaniens (als Levante im Sommer, als Leveche-Schirokko-Wetterlagen ankündigend – vor allem von Herbst bis Frühjahr)
- Küsten Ostspaniens (Levante im Sommer, vor Schirokko-Wetterlagen im Herbst bis Frühjahr Solano oder Marinada)
- Balearen (Levante, auf Mallorca vor Schirokko-Wetterlagen im Herbst bis Frühjahr Xaloc)
- Ostküste Korsikas und Sardiniens, Straße von Bonifacio (Levante, vom Ursprung her ein Tramontana der italienischen Westküste) – vor allem Herbst bis Frühjahr
- Italienische Küsten des Ionischen Meeres (Levante oder Greco Levante (Ostwind von Griechenland); bei Schirokko-Wetterlagen an der sizilianischen Ostküste Maledetto Levante) – vor allem Herbst bis Frühjahr.
Typische Wind- und Wetterbedingungen
Viele Varianten findet man an den Ostküsten als Teil der dort bei ruhiger Wetterlage herrschenden, thermisch erzeugten Land-Seewind-Zirkulation. Besonders verbreitet ist dieser Typ an der spanischen Mittelmeerküste von Andalusien im Süden bis zur Costa Brava im Norden. Vor allem an nordsüdlich-orientierten Küstenabschnitten und in der warmen Jahreszeit weht der Levante als auflandiger Wind ziemlich zuverlässig vom Vormittag bis zum Abend, meist mit Stärken von zwei bis vier Beaufort. Dabei ist das Wetter freundlich, verbunden aber mit dem chrakteristischen Mittelmeerdunst. Die Sommerwärme ist moderat, verglichen mit dem heißen Hinterland.
Vom Herbst bis zum Frühjahr weht an den spanischen und süditalienischen Ostküsten mitunter für mehrere Tage ein Levante – im Vorfeld sich von Westen oder Südwesten her nähernden Tiefdrucks. Dieser Levante weht auch nachts und pflegt sich Tag für Tag zu steigern. Gegen Ende kann er durchaus Starkwind-Charakter haben, dann wird er an den andalusischen Küsten Levantada genannt. Bei beginnender Schirokko-Wetterlage dreht der Levante auf Südost und heißt dann an den südspanischen Küsten Leveche, an den ostspanischen Küsten Solano bzw. in Katalonien Marinada (auf Mallorca nennt man ihn Xaloc).
Das Wetter ist stets sehr dunstig, anfangs mit Sonnenschein. Später ziehen Wolkenfelder über den Himmel, und gegen Ende kann es auch zu teils gewittrigen Regenfällen kommen. Besonders regnerisch ist es bei Levante-Wetterlage im Stau der ostsizilianischen Berge (häufig vor dem Ätna), die Locals nennen den Wind auch den verfluchten Levante (maledetto Levante).
Verstärkungsfaktoren
Erstrecken sich Meerengen in West-Ostrichtung (also in Levante-Richtung) und sind dabei von Bergen nahe der Küste gesäumt, verwandelt ein starker Trichter-Effekt die östliche Brise in einen Starkwind mit Sturmböen-Potenzial. Das geschieht in den Meerengen der Straße von Gibraltar zwischen Spanien und Marokko und der Straße von Bonifacio – zwischen den Inseln Korsika und Sardinien.
Bei der Gibraltar-Straße sattelt noch ein weiterer Effekt auf dem normalen Düseneffekt auf: Das dort einströmende kalte Atlantikwasser kühlt die unterste Luftschicht, darüber aber befindet sich wärmere Luft. Die Grenzschicht zwischen kalt/unten und warm/oben nennt man Inversion. Sie wirkt wie ein Deckel, der den starken Levanter in der Meerenge von den (schwächeren) Winden der höheren Atmosphäre abschirmt – und diese Düse daher noch stärker macht. Nicht zufällig liegt Tarifa, das Mekka der südeuropäischen Starkwind-Surferszene, voll in dieser Düse.
Während ein starker Levante in der Straße zwischen Korsika und Sardinien selten länger als zwei bis drei Tage anhält, vermag der Tarifa-Levanter-Starkwind durchaus auch mal drei bis fünf Tage lang zu wehen. Aus fünf Tagen können im Sommer auch mal Wochen werden, wenn man die schwächeren Levanter-Phasen miteinbezieht.
Dabei ist das Wetter meist schön, allerdings ausgesprochen dunstig. Im Westen des Alborán-Meeres bis hin zur Straße von Gibraltar sinkt die Sichtweite im Sommer auch immer wieder unter einen Kilometer, was definitionsgemäß Nebel bedeutet. Tarifa allerdings – und das ist neben der Windgarantie ein weiterer Pluspunkt des Spots – liegt außerhalb dieser nebelgefährdeten Küstenabschnitte.
Störfaktoren
Generell gilt: Da der Ostwind auf höherem Luftdruck im Norden und tieferem Luftdruck im Süden des Spots beruht, beendet ein Abbau dieses Druckgefälles die Levanter-Phase.
Handelt es sich bei dem Ost um die thermische Seebrise, wie an vielen Mittelmeerküsten Spaniens, führt das Ende dieser ruhigen Hochdrucklage – etwa durch eine Tiefdruckstörung – auch zum Ende des Levante. Die Ostwinde, die im Zusammenhang mit sich von Südwesten her näherndem Tiefdruck stehen, steigern sich zunächst Tag für Tag. Mit dem Durchzug des Tiefs oder einer Tiefdruckfront endet die Levante-Phase ziemlich abrupt, und der Ost wird durch Winde aus südlichen oder westlichen Richtungen abgelöst. Dann ist‘s vorbei mit der Starkwind-Surferei.
Levante – der Tarifa-Wind
Im westlichen Mittelmeer, in der Straße von Gibraltar, wird der Levante oft sehr stark. Die Windverteilung zeigt gut die Beschleunigung – und warum Tarifa ein Hot Spot für Windsurfer wurde. Auch an der spanischen Ostküste sowie an italienischen Ost- und Südküsten gibt es Levante-Winde bei der gezeigten Wetterlage.
Alle Teile des Wind-Specials:
- Der Westwind
- Der Ostwind auf der Ostsee
- Ora und Vento am Gardasee
- Der Föhn in den Alpen
- Der Meltemi in Griechenland
- Die Bora in Kroatien
- Der Schirokko im zentralen Mittelmeer
- Der Mistral in Südfrankreich
- Der Tramontana im nördlichen Mittelmeer
- Der Levante in Südspanien
- Die Passatwindzone
- Die Wurzeln der Passat-Winde
- Kernpassat – Im Zentrum des Passats
- Passat-Auslaufzone – Das Ende des Passats
- Interview: Klimaforscher Dr. Michael Sachweh – “Stürme jagen ist meine Leidenschaft”
- Windfinder: So entstehen Wind-Vorhersagen, das unterscheidet Forecast und Super-Forecast