Die Teilnehmerzahlen in den U13-Regattaklassen sind meist sehr überschaubar – nicht so in der olympischen Nachwuchsklasse Techn0 293. Bei Welt- und Europameisterschaften kämpfen regelmäßig 40 bis 50 Youngster um den Titel. Da ist dann nicht nur Masse, sondern bereits auch jede Menge Klasse am Start. 2022 holte sich mit Moritz Schleicher ein Nachwuchssurfer aus Süddeutschland sowohl den Europa- als auch Weltmeistertitel.
Klassischer Einstieg in die Karriere: Vater nimmt Sohn mit zum Windsurfen. War ’s bei dir auch so?
Überhaupt nicht, ich hab 2018 bei uns in der Loutsa-Bucht viele Windsurfer hin- und herflitzen gesehen. Das fand ich richtig cool, das wollte ich einfach mal ausprobieren.
Du bist gleich am Mittelmeer aufs Brett?
Wir, also meine Eltern, meine Schwester Emma und ich, sind von Erding nach Athen umgezogen, da mein Vater dort an der Deutschen Botschaft arbeitet. In der Nähe unseres Hauses wollte mich mein Vater in einem Surfclub für einen Kurs anmelden – die haben mich aber nicht genommen, weil ich angeblich zu klein war. Dann haben wir es im nächsten probiert, da hat’s geklappt.
Dein erster Surftag? Sofort mit Techno 293?
Nein, das war so ein softiges Einsteigerbrett mit einem 1,5 Quadratmeter großen Segel. Ich habe zwar mehr geschwommen, aber ich wollte unbedingt weitermachen.
Jetzt bist du in einer richtigen Trainingsgruppe dort. Erzähl mal, was da so abgeht?
Wir haben eine Gruppe mit eigenem Trainer, so etwa 25 bis 30 Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren. Wir sind eine homogene Einheit, trainieren vier Tage wöchentlich auf dem Wasser kleine Regatten mit Starts, Halsen, Speed zwischen zwei Bojen, Pump-Intervalle – aber auch Theorie wie Taktik und Regeln. Dazu kommt noch zweimal in der Woche Krafttraining. Manchmal machen wir aber auch Schmarrn, sogar der Trainer ist dann dabei. Einfach lustig.
Also mit acht Jahren der Einstieg, mit elf dann zur EM und WM?
Bei der EM 2021 bin ich zum Einstieg und Lernen gleich in der U15 gestartet, weil da ein großes Feld gemeldet war. Mein Trainer meinte, dass ich in der U15-Kategorie mehr lernen kann. Bei 35 Knoten ging’s aber den Bach runter.
Am Gardasee hast du im gleichen Jahr bei deiner ersten WM in der Altersklasse U13 nach 15 Rennen schon den 5. Platz unter 60 Kids geschafft. Und einen Lauf sogar gewonnen. Wie kam’s?
Die Erfahrungen, die ich bei zuerst bei der EM gemacht habe, konnte ich bei der WM richtig gut umsetzen. Vor allem meine Starts waren schon top. Zuerst lagen meine Stärken vorwiegend bei Leicht- bis Mittelwind, jetzt fahr ich auch bei Starkwind gut.
2022 wurde dann der Turbo gezündet?
Kann man so sagen, die beiden Titel bei der EM und WM waren natürlich die Krönung.
Deine Schwester Emma ist 15 und surft auch Regatten. Matcht ihr euch oft?
Nur im Training, bei Regatten startet sie ja bei den Girls. Sie ist richtig gut, bei viel Wind liegt sie meistens vorne, sie ist auch größer und schwerer.
Wie geht’s weiter? Noch Techno 293 oder bald Umstieg auf iQFOiL Youth?
Ab 2023 werde ich bei EM und WM zweigleisig fahren, weiter mit Techno 293 und zum Lernen auf iQFOiL Youth. Am Ende des Jahres sehen wir dann, ob ich komplett auf Foil umsteige. Demnächst kommt auch BSV-Trainer Diederik Bakker zu uns nach Griechenland, um uns zu beobachten.
Es gibt nun auch Materialunterstützung vom Bayerischen Seglerverband. Wie sieht die denn genau aus?
Der BSV stellt Emma und mir zwei komplette iQFOiL Youth-Boards mit Riggs auf Leihbasis zur Verfügung.
Gibt’s weitere Ziele, die du erreichen möchtest?
Mein Ziel seit Estland waren EM- und WM-Titel bei U13. Das habe ich ja 2022 erreicht. Ich bereite mich aber nicht auf eine bestimmte Platzierung vor. Ich will nur so gut wie möglich abschneiden.
Weiterhin mit GER im Segel? Oder wechselst du, wie Lennart Neubauer, auch mal auf GRE?
Das werde ich auf keinen Fall machen. Ich bleib deutsch!
Gibt’s neben dem Schwert-Board Techno 293 auch noch andere Disziplinen für dich? Slalom, Freestyle, Welle?
Ab und zu Slalom, ganz selten Freestyle – da bin ich eine Niete. Manchmal geh ich Kiten, bei Flaute auch SUPen.
Als Regattasurfer schließt man sich der Klassenvereinigung DWSV und einem DSV-Club an. In deinem Steckbrief steht „Die Schwimmflöhe e.V.“. Für einen Windsurfer ein etwas ungewöhnlicher Club. Wie kommt’s?
Emma und ich brauchten 2021 für die EM ganz schnell deutsche Segelnummern und einen DSV-Club. Weil wir aus Bayern sind, holte uns DWSV-Jugendabteilungsleiter Thomas Poggemann nach Bad Endorf zu den Schwimmflöhen, die ja auch Windsurfen anbieten.
Zum Schluss: Was soll es denn mal werden? Der Olympiasieg vielleicht?
Ich denk nicht ganz soweit voraus und habe da kein konkretes Ziel – arbeite aber in kleinen Schritten von Jahr zu Jahr. Sollte mal Olympia kommen, nehme ich das aber natürlich gerne mit.
Infos zu Moritz Schleicher
- Geboren: 19.7.2010
- Wohnort: Athen und Oberding (bei Erding/München)
- Beruf: Schüler (Deutsches Gymnasium Athen)
- Größe/Gewicht: 160 cm/44 kg
- Surft seit: 2018
- Regattadebüt: 2019 auf dem Techno 293
- Erfolge: 23. Platz U15 EM Tallinn/Estland 2021, 5. Platz U13 WM Torbole 2021, Europameister U13 Cagliari/Sardinien 2022, Weltmeister U13 Limassol /Zypern
- Lieblingsspots: Loutsa /Gardasee
- Lieblingsdisziplin: Foilwindsurfen
- Lieblingsmoves: Forward-Loop mit dem Techno 293
- Hobbies: Biken, bis zur U11 Eishockey bei Erding Gladiators
- Unterstützer: Mein Vater
- Instagram: moritz.schleicher_ger747