Was macht eigentlich Karlheinz Stickl?

Alois Mühlegger

 · 21.05.2023

Karlheinz Stickl in den 70ern. Er gründete eine der ersten Surfschulen am Gardasee
Foto: privat
Karlheinz Stickl wurde der Wassersport in die Wiege gelegt. Seine Eltern betrieben schon in den Fünfzigerjahren eine Segelschule am Tegernsee. Sein Bruder Niko und er holten auf dem Surfbrett viele internationale Titel.

Groß geworden am Tegernsee, in der elterlichen Segelschule vom Wassersport infiziert: So kennt den Heinz eigentlich jeder nur vom Gardasee. In der Bucht Val di Sogno hinter Malcesine betreibt der mehrfache Weltmeister seit 1976 ein innovatives Wassersport-Camp, seit 20 Jahren unterstützt ihn dort seine Partnerin Brigitte. Neben Windsurfen und Segeln widmet sich das mehr als 20 Köpfe umfassende Team auch allem, was mit dem Foil abhebt. Egal, ob Windsurfer, Wing, Kite Katamaran oder Motte.

Zuerst gab’s nur Segeln für dich, oder?

Klar, wenn man in einer Segelschule aufwächst. Windsurfen kannte man in meinem Kindesalter noch nicht.

Was hat dich zum Windsurfen animiert?

Als wir 1974 bei der DM der FD (die Red.: Segelbootklasse) auf dem Berliner Wannsee gerade an der Luvtonne den Spinnaker setzten, schoss ein Windsurfer vorbei. Das hat mich elektrisiert. Ich hab dann mit dem schnellen Windsurfer Kontakt aufgenommen, es war Prof. Dr. Heinrich Schoop, der spätere Präsident der Deutschen Windsurfer Klassenvereinigung. Daraufhin besorgte ich mir einige Windsurfer, um den Sport in unsere Segelschule am Tegernsee zu integrieren.

Damals in diesem Segelrevier sicher nicht willkommen, stimmt’s?

Überhaupt nicht, es sollte gleich verboten werden! Wir haben dann den damaligen Miesbacher Landrat, Edmund Stoiber, zu einer Demo eingeladen. Mein Bruder Niko und ich sind, noch in Klamotten, aufs Brett und zeigten bei richtig Wind, dass ein Windsurfbrett sehr wohl manövrierfähig – und dieser Sport problemlos auszuüben ist.

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Im Gegensatz zu deinem noch erfolgreicheren Bruder Niko bist du bald wieder aus dem Regattasport ausgestiegen. Reichten dir die WM-Titel?

Absolut, ein Freund gab mir den Rat, mach was draus.

Du warst im Frühsommer 1976 am Gardasee beim weltweit allerersten Surfbretttest in der Test-Crew des Windsurfing Magazins. Hast du da das Wind-Potenzial sofort erkannt?

Schon vorher. Alle Leute waren extrem euphorisiert vom neuen Sport – aber auch vom Wind am Gardasee. Ich hatte im Mai schon die erste Windsurfschule Italiens in Malcesine eröffnet.

Eine Surfschule damals in Italien aufzumachen, nicht ganz einfach. Gab’s Probleme?

Ich war im März 1976 eine Woche am Gardasee unterwegs, um den richtigen Platz zu finden. Im Val di Sogno fand ich ihn – vormittags zum Schulen in der Bucht windgeschützt, außerhalb mit viel Wind. Ich konnte den Hotelier Heinzi Bonell von meiner Idee überzeugen und loslegen. Ich kaufte vier Windsurfer beim Italien-Importeur Giovanni Bertamini und legte im Mai los. Meinen 1976 erzielten Gewinn investierte ich in einen 16-seitigen Flyer mit hoher Auflage und verteilte ihn in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Von 1977 bis 1985 ging’s dann nur noch bergauf.

Wann kamen weitere Sportarten dazu? Und warum?

Windsurfen bekam 1985 einen kleinen Knick, da nahm ich Katamaran-Segeln mit Hobie Cats rein.

Das Stickl Sportcamp in MalcesineFoto: privatDas Stickl Sportcamp in Malcesine

Nach Surfen, Segeln, Kiten und SUP hast du als Erster am See das Foilen entdeckt, in sämtlichen Variationen. Bist du ein Trendsetter?

Na ja, wie immer man es nennt. Ich habe schnell gespürt, ob eine neue Entwicklung den Leuten gefällt. 2001 ging es mit Kiteschulung, gleich vom Boot aus, los. SUP nahm ich später für die Familien rein. 2016 begannen Segelboote zu fliegen – und wir starteten das erste Foiling-Camp mit Waszp, der Quant 23 und einem Foiling Cat IFLY 15, dazu kam noch Windsurf-Foilen mit Starboard. Damit bieten wir bis heute exklusiv das komplette Foil-Progamm an. Alles, was schwimmt, kann auch fliegen: So könnte man unser Motto nennen.

Mittlerweile erobern auch die Wingfoiler den Gardasee. Verschwinden jetzt die Windsurfer und Kiter?

Nein, es werden zwar einige umsteigen. Aber es kommen auch neue Leute dazu, die bisher noch keinen Wassersport betrieben haben. Aber Wingsurfen und Foilen hat eine große Zukunft.

Man hört, dass du am Lago mit Funk unterrichtest. Bietet das Vorteile?

Absolut, seit 35 Jahren setze ich auf dieses System. Man kann alle Schüler erreichen, muss nicht rumschreien, und kann jeden individuell korrigieren. Am Anfang arbeiteten wir mit Kopfhörern, das war aber nicht sehr praktikabel. Jetzt kommt die Ansage aus einem winzigen Lautsprecher an der Schwimmweste.

Zwischendurch, Ende der Siebziger, haben Niko und du für den weltbekannten und sehr erfolgreichen Skihersteller Kneissl ein Board, den Kneissl Regatta S, entwickelt. Nicht ganz unentgeltlich. Das gab dann Knatsch.

Und wie! Wir sollten unseren Amateurstatus verlieren, weil wir in Wort und Bild für die Marke geworben haben. Das kollidierte mit den Werbe-Richtlinien des IOC, da der nationale Segler-Verband DSV uns keine Ausnahme dafür gegeben hatte. Da Kneissl außerdem gegen das Windsurfer-Patent von Hoyle Schweitzer verstieß und bald darauf in Konkurs ging, war unsere Karriere als Brettentwickler wieder schnell zu Ende.

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Seit langer Zeit bist du auch unter die Hoteliers gegangen. Warum?

Vom Bett aufs Brett, das schätzen viele Windsurfer. Seit 1993 haben wir die Pension La Vela inklusive Restaurant am Strand betrieben, 2004 ein Zwei-Sterne-Garni-Hotel geführt, 2014 sind wir dann umgezogen ins Hotel Olivi als Stationsbasis. Seit 2022 betreiben wir da Beachhotel und Restaurant Rosa, in Partnerschaft mit einem Gastronom aus Malcesine.

Kommst du selber noch aufs Board?

Seit vielen Jahren nicht mehr, da ich hauptsächlich als Unternehmer und Organisator tätig bin, aber auch noch als Instruktor für Cat- und Foiling-Kurse. Da bleibt wenig Zeit für privaten Wassersport.

Am Lago ist ja Mitte Oktober schon Saisonende. Überbrückst du den Winter in der Karibik? Oder auf dem Sofa?

Früher war ich im Winter schon viel in der Welt unterwegs, auch vorwiegend in der Karibik. Jetzt gehe ich im Winter noch ein wenig Skifahren und organisiere mit meiner Partnerin Brigitte und meiner Schwester die nächste Saison.

Wie soll die Zukunft für die nächsten Jahre für dich am Lago aussehen?

Momentan bin ich noch voll fit. Aber ich befasse mich allmählich mit dem Gedanken, in den nächsten Jahren einen Partner oder ein Team für die Nachfolge oder Übernahme des Sportcamps einzuarbeiten.


Fakten zu Karlheinz Stickl

  • Alter: 70 Jahre, 27.8.1952
  • Wohnort: Malcesine/Italien
  • Beruf: Unternehmer im Wassersport (Segel- und Surfinstruktor)
  • Größe/Gewicht: 183 cm/92 kg
  • Segelt seit: 1958
  • Surft seit: 1974
  • Regattadebut Segeln: 1965 auf dem FD bei der Clubmeisterschaft
  • Regattadebut Windsurfen: 1975 auf dem Windsurfer
  • Erfolge Segeln: zweimal 1. Platz bei DM und EM auf dem Korsar, auf dem FD im Top-Kader des DSV
  • Erfolge Windsurfen: Deutscher Vize-Meister Windsurfer 1975 Berlin, Weltmeister Windsurfer Schwer 1976 Bahamas, 7. Platz Windsurfer EM Schwer Schweden 1977, 3. Platz Windsurfer WM Schwer 1977 Sardinien, Deutscher Meister Windsurfer Schwer 1978 Bodensee, Weltmeister Windglider Schwer 1978 Martinique
  • Lieblingsspots: Gardasee, British Virgin Islands
  • Hobbies: Skifahren, Foilsegeln
  • Internet: www.stickl.com

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