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Lago geht immer, heißt es vor allem von April bis Oktober bei (süd-)deutschen Flachwassersurfern. Nicht nur die Windsicherheit aufgrund der konstanten thermischen Winde sind dafür verantwortlich, dass der Lago ein Klassiker und für die meisten ein alter Bekannter ist. Dazu kommen die einfache Erreichbarkeit, eine top Infrastruktur mit der höchsten Surfschul- und Stationsdichte Europas, die netten Restaurants und das Gefühl von Dolce Vita.
Lago-Kritiker hingegen behaupten, es sei zu teuer, überlaufen und es gäbe nicht genügend Parkplätze. Liebe oder hasse es? Ist das das Motto am Gardasee? Unsere Lago-Liebhaber und Ex-Freestyle-Profis Tilo Eber und Adi Beholz sagen Nein – man müsse ihn nur erst lieben lernen, den Lago. Daher haben sie im Jahr 2014 einen ausführlichen Guide eingereicht, indem sie einige ihrer wertvollsten Insider-Tipps verraten, wie man den Gardasee, auch mit kleinem Geldbeutel, mal anders abseits des Mainstreams erleben kann – und ihn somit vielleicht zu lieben lernt.
Da der Gardasee jedoch nicht alleiniger Begründer von Berg- und Talwind ist, lohnt es sich, ebenfalls einen Blick – noch weiter hinaus über den Tellerrand von Torbole – nach Ost und West entlang der Alpen zu werfen. Und somit gehen wir für diejenigen, die auch Adis und Tilos Tipps nicht überzeugen konnten (oder die ein wenig abenteuerlustig sind und trotz vorhandener Lago-Liebe nur mal etwas anderes sehen wollen) noch einen Schritt weiter und präsentieren hier drei alternative Alpenseen, die man nächstes Jahr zum Saisonstart anstelle des Gardasees ansteuern könnte.
Man sollte dabei allerdings im Hinterkopf haben, dass es zum Saisonstart zu Ostern im April an den Alpenseen in Norditalien (vor allem am Santa Croce, aufgrund seiner hohen Lage) noch recht frisch sein kann – insbesondere die Nächte und das Wasser. Tagsüber hingegen kann es in der Sonne bereits sommerlich warm werden. Und genau dies – der große Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht – sorgt auch für die starke Thermik im Frühjahr. An einem sonnigen Tag kann man die Uhr nach dem Wind stellen. Es darf tagsüber nur nicht regnen, das bringt das System etwas durcheinander. Also, dichten Neopren und eventuell etwas Warmes für den Kopf beziehungsweise die Ohren einpacken – und ab aufs Wasser mit euch. Die Ostereier Norditaliens entdecken!
Die besten Alternativen zum Gardasee
Lago di Como
Ein schlechter Ruf unter Windsurfern eilt ihm voraus: Es gäbe weniger Wind als am Gardasee und zu viele Kiter. Stimmt nicht ganz, wie wir finden. Der Comersee hat durchaus Daseinsberechtigung – auch bei Windsurfern. An Spots wie Cremia, wo der See schmal und die Wände gardaseeähnlich steil sind, wird die Südthermik im Frühjahr mittags regelmäßig stark genug für Segel um die sechs Quadratmeter (bei Freestylern oft auch kleiner). Wer sich ein kleines Stück abfallen lässt, halst dort meistens ganz allein vor traumhafter Kulisse.
Man kann gemütlich direkt am Spot campen, sucht nicht ewig nach Parkplätzen und zahlt keine unangemessen hohe Parkgebühren. Es fühlt sich alles sehr ähnlich an, ist aber eine Nummer kleiner, ruhiger und überschaubarer – als 150 Kilometer weiter östlich, beim großen Bruder namens Gardasee. Den morgendlichen Nordwind findet man am Comersee ebenfalls – jedoch generell eher im späteren Sommer und am anderen Ende des Sees, ganz im Süden bei Lecco.
Lago di Cavazzo
Noch deutlich stärkeres Kontrastprogramm und pure Idylle bietet der kleine, im Nordosten Italiens gelegene Cavazzo-See. Hier ist man weit, weit weg vom Trubel des Gardasees und kann ein paar Tage inmitten der Natur abschalten. Hier sind Naturliebhaber und Frühaufsteher, die noch anderen Hobbys wie Mountainbiken und Wandern nachgehen, bestens aufgehoben. Denn am Cavazzo surft man hauptsächlich den morgendlichen Nordwind, der die steilen Berge aus den Alpen hinabfällt. Der Bergwind kann ganzjährig auftreten, weht aber im Frühling und Herbst am stärksten. Am Nachmittag fächelt oft nur eine leichte Thermik aus Süd über den See. Dann sind Anfänger, Aufsteiger oder Foil-Fans bestens auf dem Wasser aufgehoben.
Lago di Santa Croce
Circa in der Mitte, zwischen Gardasee und Cavazzo, liegt der Santa Croce. Unser Spot-Reporter Wolfgang Strasser konnte es damals kaum glauben, als er auf Empfehlung von Bekannten aus Venetien den See das erste Mal anfuhr – und bei soliden fünf Windstärken sage und schreibe nur drei Windsurfer das grünlich schimmernde Wasser kreuzen sah. Das Zauberwort für Wind am Croce nennt man „il thermico da sud“ – also thermischen Südwind, der bei Hochdruck-Einfluss meist ab der Mittagszeit entsteht und im Frühjahr zwischen März und Mai (oft ab elf Uhr) mit bis zu sieben Beaufort weht. Trotzdem wäre der heilige Ort der Geruhsamkeit, versteckt hinter den Zacken der Dolomiten, keine vollwertige Alternative zum Gardasee, wenn sich nicht ein weiteres, morgendliches Geheimnis hinter dem 400 Meter hoch liegenden See (der Gardasee liegt bei 60 Metern fast auf Meeresniveau) verbergen würde: Der tote See, il lago morto – hier wird nämlich der Nordwind gesurft.