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Herakles soll einst Riesen im Kampf besiegt haben, welche er sogleich ins Meer warf. Die zu Stein erstarrten Giganten sollen so die Grundlage der Insel Mykonos bilden – so die Legende.
Heute ist Mykonos eine der bekanntesten Kykladen-Inseln – ein Traum in Blau und Weiß und über alle Grenzen hinaus bekannt für eine lebendige Partyszene. Design- & Boutiquehotels, Privatvillen und Clubs gehören zum Standard. Hier treffen sich die Reichen, Schönen und Partyhungrigen aus aller Welt. Genau das Richtige für eine Familie wie uns, die um spätestens 22:00 Uhr Nachtruhe hält und sich bei mehr als zwei Dutzend Menschen am Strand bereits eingeengt fühlt.
In der Nebensaison ist auch Mykonos eher ruhig
Wir reisen also lieber Mitte April an und finden eine Insel vor, die zwar nicht mehr tief schlummert, aber gerade aus dem Winterschlaf erwacht. Die Insel ist gehüllt in üppiges Grün und bunte Blumenwiesen soweit das Auge reicht – nach einem extrem regnerischen Winter präsentiert sich das sonst eher karge Eiland ungewöhnlich prachtvoll. Die grün bewachsenen Mäuerchen aus Stein und dichten Wiesen voller Schafe erinnern eher an einen Urlaub in Irland, doch die weißen Häuschen mit ihren blauen Fensterläden im typischen Kykladen-Stil holen einen schnell wieder zurück in die griechische Realität.
Wo man hinkommt wird aufgebaut, gepinselt und repariert. Man macht sich für den großen Auftritt im Sommer bereit. Spätestens Ende Mai wird auch die letzte Bar in ihr weißes Kleid geschlüpft sein. In Mykonos Stadt – der Chora – ist bis auf wenige Pinselstriche schon alles fertig – zumindest für Tageslicht-Touristen. Nachtaktive Urlauber werden in der Nebensaison noch nicht auf ihre Kosten kommen.
Mykonos erfüllt alle Griechenland-Klischees
Mit ihren engen, blau-weißen Gässchen erfüllt die Altstadt alle kitschigen Griechenland-Klischees. Im Sommer kann es hier durchaus mal eng werden, vor allem, wenn Pelikan Pétros – inoffizielles Wahrzeichen und Maskottchen der Insel – hier auftaucht, gekonnt vor Kameras und Smartphones posiert, um sich dann ein Leckerli in den Restaurants abzuholen.
Doch Mykonos ist nicht nur Party und Trubel. Die Windmühlen am Rande der Stadt sind stumme Zeugen davon, dass hier schon immer mal ein „Lüftchen“ wehte. Für Windsurfer verlagert sich die Party daher schnell an jene Handvoll Spots, die Mykonos zu einer durchaus abwechslungsreichen Destination machen. An den Flachwasserspots im Süden cruist man im flachen Wasser, während man es keine 20 Kilometer entfernt, am Wavespot Ftelia, Herakles gleichtun kann. Riesen besiegen geht hier auch heute noch.
Die besten Windsurf-Spots auf Mykonos
1.) Korfos
Korfos liegt etwa fünf Minuten südlich des Flughafens. Die abgeschlossene Bucht punktet mit langem Sandstrand und unüblich großem Parkplatz. Der Stehbereich zieht sich knapp 100 Meter hinaus und bietet bei Leichtwind perfekte Bedingungen für Anfänger. Die Bucht ist nach Norden ausgerichtet, Meltemi weht daher auflandig. Durch die Trichterwirkung bläst es hier einige Knoten stärker als z.B. in Ftelia. Das Wasser bleibt bei Nord- bis Nordostwind recht glatt und gut geeignet zum entspannten Gleiten und Freestylen. Erst bei starkem NNW-Wind bilden sich größere Kabbel- und Dünungswellen, dann kann es auch kleinen Shorebreak geben. Tipp: Der Einstieg an der westlichen Seite, nahe der ersten kleinen Kapelle, ist besser. Allerdings reicht hier der kleine Sandstrand und dessen Parkmöglichkeiten gerade mal für eine Handvoll Surfer.
Wer Lust auf Windsurfing-Sightseeing hat, kreuzt einen Kilometer bis vor die Windmühlen und „Little Venice“ auf – außergewöhnliches Ambiente garantiert! Die Kite-Station in Korfos bietet in minimalen Dosen auch Windsurf-Material an, versteht sich aber als Kite-Center – im Sommer dominieren in Lee dementsprechend die Schirme das Bild. Dafür gibt es hier auch einen Segel-Reparatur-Service.
2) Ftelia
Mit eigenem Material kommt man an der Nordküste von Mykonos in den Genuss eines tollen Wavespots – die Welle hat hier satte 200 Kilometer Anlauf. Der Einstieg liegt am westlichen, linken Teil der Bucht direkt vor dem Restaurant „Ftelia Beach Club“. Hier steigt man auf sandigem Untergrund und von Wellen abgeschirmt ein. Kreuzt man vom Einstieg etwas auf, kann man seine Halsen in mächtige Dünungswellen setzen. Weiter in Luv ist nur auf einen großen, mittig der Bucht sitzenden Felsen zu achten, der markant aus dem Wasser ragt und nicht übersehen werden kann. Prinzipiell ist die Brandung relativ sanft – auch an großen Tagen bröselt die Welle eher moderat und hat nicht so viel Kraft, wie man es vielleicht erwarten würde.
Der Nordwind weht onshore in die Bucht, kernige Backsideturns und Sprünge sind immer drin. Je nachdem ob der Meltemi eine westliche oder östliche Komponente hat, springt man eher mit Wind von links oder rechts – kräftig anluven ist vor dem Absprung aber immer angesagt. Bläst der Meltemi moderat, haben auch Wellenaufsteiger in der sicheren, sandigen Bucht ihren Spaß. Ab 20 Knoten – im Sommer eher Regel als Ausnahme – kommen Waver voll auf ihre Kosten. Logo- bis masthohe Sets sind hier durchaus drin. Ein weiteres „Zuckerl“ an diesem Spot ist der Ftelia Beach Club, mit ausgezeichneter mediterraner Küche und Blick auf die Bucht. Am Club werden Sonnenliegen und Schirme vermietet, der Rest des langen Sandstrandes bleibt „wild“. Wohnen kann man hier spotnah. z.B. in der Villa Barbarossa oder dem Hotel Ftelia Bay, die Besitzer windsurfen selbst, man trifft sie oft hier auf dem Wasser.
3) Kalafati
Dass Kalafati der Windsurf-Hotspot von Mykonos ist, liegt auch daran, dass hier der Meltemi meist am verlässlichsten weht. Aufgrund einer lokalen Verstärkung kommen hier oft kleine Segel zum Einsatz. Der Wind weht auf den ersten Metern etwas böig und schräg ablandig von links. Mit der Windsurfstation von Pezi Huber hat sich hier ein professionelles Center niedergelassen. In der kleinen Windabdeckung bieten sich gute Einsteigerbedingungen, vor allem am Vormittag, wenn der Meltemi noch schwächelt. Wer kleinen Chop sucht, fällt einen Schlag in Richtung des gegenüberliegenden Fischerdorfs ab. Zwei Riffe – „Schlafender Mann“ genannt – ragen weiter draußen aus dem Wasser bzw. sind knapp unter der Wasseroberfläche. Diese sind in den Sommermonaten mit Bojen gekennzeichnet.
Der Einstieg ins Wasser führt die ersten zehn Meter über eine teils bewachsene Felsplatte. Ein kleiner Surfshop sowie eine Bar gehören ebenfalls zum Set-up, genauso wie eine kleine Reparaturwerkstatt und ein Kinderspielplatz. Abseits des Massentourismus und mit schattenspendenden Bäumen ist die Bucht auch im Sommer ein idealer Platz für Familien. Für die windlosen Tage hält die Station SUP-Boards und Kanus bereit. An windigen Tagen kann man das Material gegen einen kleinen Aufpreis zum Wavespot Ftelia mitnehmen. Spotnahe Wohnmöglichkeiten, Restaurants und das fußläufig erreichbare Fischerdorf runden das tolle Gesamtpaket ab.
4) Kalo Livadi
Starker Südwind schickt amtliche Dünung auf den Weg nach Mykonos, allerdings kommt diese Wetterlage meist nur im Winterhalbjahr vor. Surfen kann man Südstürme am besten in Kalo Livadi, an der Südküste der Insel. Die herrliche, 500 Meter breite Sandbucht ist nach SSO geöffnet und fängt Wellen daher bestens auf. Schon bei Windstärke vier rollt hier kleine Brandung an den Strand, dann ist der Einstieg dank des sandigen Untergrunds noch gut machbar. Bei Südsturm wird der Spot aber sehr anspruchsvoll und erfordert Wellenerfahrung. Mit voll auflandigem Wind eignet sich dieser Spot dann vorrangig zum Springen und für Backsideturns, weniger gut zum Abreiten nach Lee. Aufgrund fehlender Windsurf-Infrastruktur ist man hier auf eigenes Material angewiesen.
Revier-Infos Mykonos
Anreise
Mykonos hat einen Airport und wird von vielen mitteleuropäischen Flughäfen direkt angeflogen. Ob mit Hotel-Shuttle, Mietauto oder Taxi, die Weiterreise zum Zielort dauert maximal eine halbe Stunde. Wer mit eigenem Material anreist, steht mitunter vor dem Problem, dass vom Autovermieter keine Dachträger bestätigt werden, deswegen empfehlen wir aufblasbare Reise-Dachträger mitzubringen. Generell ist es mit dem Auto vielerorts eher eng auf Mykonos, weshalb im Sommer viele Touristen auf Mofas unterwegs sind.
Die Fährverbindungen ab Athen sind gut, allerdings passen Wohnmobile und Mykonos nicht wirklich zusammen. Die wenigen Campingplätze werden, zumindest im Hochsommer, vorrangig von Low-Budget-Party-Urlaubern besetzt – Ruhe und Erholung gehen anders. Mehrere Surfreise-veranstalter haben Mykonos im Programm, z.B. Sun & Fun, Surf & Action Company, Travelworld4you oder Retter Surf.
Wind, Wetter & Neoprenempfehlung
Wie alle Inseln in der Ägäis wird auch Mykonos vom Sommerwind Meltemi belüftet, der letztlich eine Ausgleichsbewegung zwischen einem Hochdruckgebiet über dem nördlichen Mittelmeer und einem Hitzetief über dem türkischen Festland ist. Auf Mykonos kommt der Meltemi meist als Nordwind an. Auch in der Nebensaison sind gute Tage häufig, am verlässlichsten und stärksten pfeift es aber zwischen Juni und Oktober. In der Regel steigert sich der Wind im Tagesverlauf und erreicht am Nachmittag seine volle Stärke, kleine Segel sollten immer im Gepäck sein.
Die Durchschnittstemperaturen liegen auch im Mai und Oktober noch deutlich über 20 Grad, im Sommer klettert das Thermometer auch auf über 30 Grad – vor allem, wenn der Wind mal Pause macht. Wassertemperaturen von knapp 26 Grad sorgen dann nur bedingt für Abkühlung – ein Shorty oder Kurzarm ist im Hochsommer ausreichend, in der Vor- und Nachsaison ist ein 4/3er-Langarm ideal.
Wohnen & Campen
Die Campingmöglichkeiten sind, wie erwähnt, sehr überschaubar und im Sommer eher mit Partypublikum gefüllt. Deutlich entspannter und vor allem spotnah wohnt man an den Spots Ftelia oder Kalafati. Aufgrund kurzer Wege können Familien hier einen umkomplizierten Urlaub verleben und aufs Auto sogar ganz verzichten – zumal Shuttle-Busse in die Stadt verkehren. Unter www.pezi-huber.com sowie den genannten Surf-Reiseveranstaltern findet ihr zahlreiche Wohnangebote. Hier einige Beispiele:
Ftelia
- Villa Barbarossa (Buchung z.B. über Airbnb)
- Hotel Ftelia Bay
Kalafati
- Chaniotis Studio Estiades
- Villas Kalafati
- Hotel La Residence
- Hotel Anemoessa
Surfstation
Am Top-Spot Kalafati gibt’s mit dem gut ausgestatteten Windsurfcenter von Pezi Huber eine ideale Windsurf-Basis, um auch ohne eigenes Material anzureisen. Zur Verfügung steht aktuelles Material, insgesamt rund 100 Boards und 140 Riggs. Auch SUP-Boards und Kajaks können gemietet werden. Geöffnet ist die Station von 20. Mai bis Ende September, im kleinen Shop bekommt man auch Ersatzteile fürs eigene Material. Einen Segel-Repair gibt’s in Korfos am Kite-Center.
Alternativprogramm
In der kleinen Hauptstadt Mykonos gibt’s nette Boutiquen und im Hochsommer ein heißes Nachtleben, nicht nur entlang der von Bars, Clubs und Restaurants gesäumten Strandpromenade. Trotz der Touristenmassen, die hier die Nacht zum Tag machen, hat die Stadt ihren ursprünglichen Charakter weitgehend erhalten.
Schattenseiten
Die Hitze im Hochsommer kann bei Flaute anstrengend werden – zum Glück bringt der Meltemi fast immer Abkühlung. An Spots mit auflandigem Wind, z.B. in Ftelia, gehört Plastikmüll leider zum Surfalltag. Im Supermarkt auf Tüten zu verzichten ist ein kleiner Beitrag, den jeder Tourist leisten kann/sollte.